Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Burger, wir freuen uns natürlich, daß Sie in Zukunft nicht nur sonntags über Familienpolitik reden wollen, sondern die ganze Woche über. Was Sie hier mit dem Dritten Familienbericht getan haben — das gilt auch für den Kollegen Kohl —, entbehrt allerdings der notwendigen Logik, weil Sie selbst bei flüchtiger Lektüre festgestellt haben müßten, daß die Zahlen, die Sie hier angeführt haben, aus dem Jahre 1973 stammen. Das Jahr 1973 lag nur vier Jahre nach Beginn der sozialliberalen Koalition, die auf dem Felde der Familienpolitik leider eine ganze Menge aufzuarbeiten hatte.
Wenn der Familienbericht feststellt, daß die soziale Lage der Familien 1973 noch sehr ungünstig gewesen ist, dann haben ihre Freunde das in den 60er und 50er Jahren sicher mit zu vertreten.
Ich wollte mich aber auch mit einigen Thesen des Kollegen Kohl auseinandersetzen, der ja gemeint hat, der Familienbericht sei eine schallende Ohrfeige für die sozialliberale Koalition. Ich wundere mich darüber, daß dieser Familienbericht im Gegensatz. zu früheren von der Union als Empfehlung an die Regierung gutgeheißen wird, sich doch daran zu halten, während man den früheren Familienbericht als Stellungnahme der Regierung gedeutet hat, an den sich die Bundesregierung um Gottes willen nicht halten dürfe. Wir werden den Familienbericht hier sicher noch im einzelnen diskutieren.
Herr Kollege Kohl, wenn Sie sich auf das berufen, was darin steht, sollten Sie sich einmal die Zeit nehmen, sich von einem Ihrer Referenten vortragen zu lassen, was noch zusätzlich darin steht, z. B. die Aufforderung zu einer Anpassung der Arbeitsbedingungen von Vätern und Müttern an ihre Familienverpflichtungen, die versucht werden müßte. Ihre Initiative auf diesem Feld vermissen wir bis jetzt.
Als wir im Europawahlkampf die Forderung aufstellten, mittel- und langfristig die Arbeitszeit auf 35 Stunden zu senken, hat uns leider diese Unterstützung mit der familienpolitischen Begründung von Ihrer Seite gefehlt.
— Sie stimmt zumindest ziemlich weitgehend damit überein. Sicher ist es in erster Linie eine Aufgabe der Tarifpartner, sich darum zu bemühen. Aber eine Unterstützung in dem Ihnen nahestehenden Arbeitgeberlager für eine familienfreundlichere
Gestaltung der Arbeitszeit wäre sicher von Ihrer Seite sehr wünschenswert.
— Herr Kollege Hasinger, wir haben wirklich relativ wenig Zeit. Wir können im Ausschuß wieder miteinander ringen. Außerdem hatte der Bundeskanzler recht, Ihre Zwischenrufe sind sehr schwer zu verstehen. Ich meine weiter ein Zitat auf Seite 29 der Kurzfassung:
Die „Ausbeutung" der Menschen und vor allem der Familie durch die unkontrolliert angetriebenen Konsumansprüché dürfte ein gesellschaftliches Problem ersten Ranges werden.
Das steht so im Dritten Familienbericht. Wenn Sie diese Analyse teilen. werden wir sicher in ein sehr fruchtbares Gespräch kommen.
An anderer Stelle der Kurzfassung steht:
Die Zunahme des Beratungsbedarfs in unserer Gesellschaft — vielfach schon kritisiert und glossiert — ist die Konsequenz einer wachsenden Vielfalt von Freiheitsräumen und Handlungsalternativen, die immer weniger vom einzelnen durchschaubar sind.
Das als Feststellung. Und die Konsequenz: Wir brauchen mehr Beratungsdienste. Die Konsequenz, die Sie mittragen müßten, wäre: Wir brauchen auch ein vernünftiges neues Jugendhilfegesetz, das die Grundlage dafür bietet, daß diese Beratungsdienste ausgebaut werden.