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ID0816906100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/169 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 169. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Inhalt: Verzicht der Abg. Nordlohne, Dr. von Bismarck und Wohlrabe auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . . . . . 13425 A Eintritt der Abg. Erpenbeck, Dr.-Ing. Oldenstädt und Bahner in den Deutschen Bundestag 13425 A Wahl des Abg. Weiskirch (Olpe) zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 13425 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 13425 B Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksache 8/3100 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1979 bis 1983 — Drucksache 8/3101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1979 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/3099 — Dr. Häfele CDU/CSU 13427 B Westphal SPD 13436 C Hoppe FDP 13444 A Haase (Kassel) CDU/CSU 13447 D Löffler SPD 13452 C Gärtner FDP 13456 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 13458 D Roth SPD 13461 C Dr. Kohl CDU/CSU 13464 D Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . . 13478 C Rohde SPD 13483 B Mischnick FDP 13489 D Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 13490 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 13495 A Franke CDU/CSU 13499 B Glombig SPD . . . . . . . . . . 13502 D Cronenberg FDP 13505 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 13507 C Burger CDU/CSU 13510 C Kuhlwein SPD 13512 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 23 02 Tit. 896 05 — Leistung einer einmaligen finanziellen Sondermaßnahme im Rahmen der Konferenz für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit - Drucksachen 8/2883, 8/3033 — . . . . 13516 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 60 04 Tit. 671 02 — Erstattung von Kredit- und Verwaltungskosten und Ausfällen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Zusammenhang mit der Bildung eines Fonds für Direktinvestitionen und dem Erwerb von Auslandsforderungen auf Grund des deutsch-amerikanischen Devisenausgleichabkommens vom 8./19. August 1969 — Drucksachen 8/2935, 8/3034 — . . . . 13516 B Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1978 —— Drucksache 8/3060 — 13516 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Auslieferungsvertrag vom 20. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika — Drucksache 8/3107 — 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die Ergänzung des Europäischen Ubereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung seiner Anwendung — Drucksache 8/3138 — . . . . . . . 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes (TabStG 1980) — Drucksache 8/3114 — 13517 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (AO 1977) — Drucksache 8/3142 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung — Drucksache 8/3077 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. November 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika über den Luftverkehr — Drucksache 8/3058 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ubereinkommen vom 3. September 1976 über die Internationale Seefunk Satelliten-Organisation (INMARSAT) — Drucksache 8/3057 — . . . . . . . 13517 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Maßnahmen zur Umstrukturierung und Umstellung der Industrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsinvestitionen der Schiffbauindustrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsmaßnahmen der Textilindustrie, insbesondere der Kunstfaserindustrie — Drucksachen 8/2465, 8/2687, 8/3145 — 13517C Nächste Sitzung 13517 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordheten . . 13518*A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 13425
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 14. 9. Amrehn ** 14. 9. Dr. Bayerl 13. 9. Blumenfeld 14. 9. Dr. Corterier *** 13. 9. Dr. Dregger 13. 9. Dr. Enders * 14. 9. Fellermaier **** 14. 9. Frau Fischer ** 14. 9. Friedrich (Würzburg) **** 14. 9. Haberl 14. 9. Dr. Hennig ** 14. 9. Hoffie 13. 9. . Dr. Holtz ** 14. 9. Dr. Jaeger ** 14. 9. Jaunich 14. 9. *) für die Teilnahme an. Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **) für die Teilnahme an der 66. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ****) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c . Kiesinger 14. 9. Dr. Klepsch **** 14. 9. Klinker 14. 9. Koblitz 14.9. Dr. Köhler (Wolfsburg)** 14. 9. Dr. Kraske ** 14. 9. Kraus ** 14. 9. Dr. Kreutzmann 14. 9. . Dr. Kunz (Weiden) ** 14. 9. Lemmrich * 14. 9. Lücker **** 14. 9. Männing ** 14. 9. Mattick ** 14. 9. Dr. Meinecke (Hamburg) ** 14. 9. Dr. Mende ** 14. 9. Dr. Möller 14. 9. Dr. Müller-Hermann **** 14. 9. Polkehn ** 14. 9. Reuschenbach ** 14. 9. Schetter 14. 9. Schmidt (Würgendorf) 14. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) **** 14. 9. Seefeld **** 14. 9. Frau Simonis 14. 9. Frau Tübler 14. 9. Voigt (Frankfurt) ** 14. 9. Dr. Wulff ** 14. 9. Wurbs ** 14. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Bitte schön.


Rede von Herbert Wehner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Weil Sie plötzlich die Wahl 1980 in Ihren Ausführungen in diese Haushaltsdebatte einführen, möchte ich Sie fragen, Herr Kollege Dr. Kohl, ob die Sätze, die Ihr Kanzlerkandidat und Ministerpräsidentenkollege Franz Josef Strauß gestern ausgesprochen hat, nicht zeigen, daß es sich bei dem, worüber jetzt hier geredet und gestritten wird, für Sie um etwas handelt, das im letzten Teil der Ausführungen des Herrn Strauß so charakterisiert wird: Falls man 1980 eine Wahlniederlage erleiden sollte, wäre die Union für lange Zeit von der politischen Verantwortung ausgeschlossen. Deshalb müßten sich beide Parteien zu einer Kampfgemeinschaft zusammenfinden. — Ist dies Ausdruck Ihrer Angst davor, daß diese Koalitions-
regierung stärker ist als die Behauptungen, die Sie über sie verbreiten?

(Beifall bei der SPD)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Wehner, Sie sind, wenn ich das so salopp sagen darf, ein alter politischer Fuhrmann. Daß der Kanzlerkandidat der Union in der erstem Sitzung nach der Sommerpause zwölf Monate vor der Bundestagswahl vor seiner Fraktion klar und deutlich die Bedeutung dieser Bundestagswahl hervorhebt, ist die natürlichste Sache von der Welt. Daß Sie daran Anstoß nehmen, zeigt schon, wie abgestumpft Sie für das Denkvermögen anderer geworden sind.

    (Beifall bei der. CDU/CSU — Wehner [SPD]: Weil Sie sich für lange Zeit ausgeschaltet fühlen!)

    — Herr Kollege Wehner, merken Sie denn nicht, daß Familienpolitik, über die wir hier sprechen, eine Sache ist, die keiner von uns hier im Saal und überhaupt niemand von uns innerhalb eines Jahres oder im Blick auf einen Wahltermin entscheidend verändern kann?! Inzwischen besteht, wie ich hoffe, Übereinstimmung darüber, daß es für die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland lebenswichtig ist, eine solche Erkenntnis gewonnen zu haben. Deshalb müssen wir jetzt mit der Arbeit beginnen. Wir beraten hier den Haushalt. Ich brauche doch dem alten Abgeordneten Herbert Wehner nicht deutlich zu sagen, daß das Budgetrecht ein Recht des Parlaments ist, mit dem auch langfristige Entwicklungen der Politik auf den Weg gebracht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer den Wert der Familie nur in Sonntagsreden preist, Herr Wehner, aber nicht bereit ist, in der Praxis des parlamentarischen Alltags etwas zu tun zur Erhaltung der rechtlichen Selbständigkeit, zur Erhaltung und Wiederherstellung materieller Chancengleichheit oder zur Gestaltung einer familien-
    und vor allem kinderfreundlichen Umwelt, der ist unglaubwürdig. Wir erwarten, Herr Bundeskanzler, daß Ihre Regierung über das hinaus, was wir jetzt gehört haben, bereit ist, einen neuen Anfang im Interesse der Zukunft unseres Landes zu wagen.
    Das fünfte Kapitel, das ich ansprechen möchte, ist das Thema Sicherheitspolitik, Friedenspolitik. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich damit zu einem Sachbereich kommen, in dem die notwendige Gemeinsamkeit — das ist spürbar vor Ihrem Parteitag in Berlin im Dezember — wiederum durch wichtige Teile der deutschen Sozialdemokratie gefährdet wird. Es geht um die uns alle bewegende Frage: Wie kann der Frieden erhalten werden bei gleichzeitiger Sicherung unserer Freiheit? Wie kann der defensiv orientierte Westen angesichts einer offensiv orientierten Sowjetunion seine Sicherheit glaubwürdig wahren und gleichzeitig dem notwendigen Ziel ausgewogener Rüstungsbegrenzungen dienen?
    Verantwortliche Sicherheitspolitik und verantwortliche Rüstungskontrollpolitik müssen die beiderseitige Strategie berücksichtigen. Jeder von uns



    Dr. Kohl
    weiß, daß die sowjetische Militärtheorie offensiv ist. Sie lehnt für ihre Streitkräfte, auch für die Streitkräfte des Warschauer Pakts, den Grundsatz der defensiven Strategie ab. Offensiv ist auch die taktisch-operative Militärdoktrin, deren Schwerpunkt eben eindeutig auf dem Angriff liegt. Das militärische Potential der Sowjetunion ist nach Umfang, Gliederung, Bewaffnung und Ausrüstung auf großräumige Offensive angelegt. Offensiv sind unstreitig die über 20 000 Kampfpanzer des Warschauer Pakts. Offensiv sind die an Zahl und Qua- lität ständig wachsenden und auf Europa — vor allem Mitteleuropa — gerichteten Mittelstreckenraketen, denen wir im Westen gegenwärtig nichts Entsprechendes entgegensetzen können. Die sowjetische Versicherung, meine Damen und Herren, keine militärische Überlegenheit anzustreben, ist unvereinbar mit den Tatsachen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das gleiche gilt auch, Herr Bundeskanzler, für jenes Bekenntnis des Generalsekretärs Breschnew zur Parität, auf die Sie sich anläßlich des Besuchs des Generalsekretärs im Mai 1978 verbal, aber eben nur verbal, geeinigt haben. Was diese Einigung auf eine Vokabel in Wirklichkeit wert ist, zeigen die Zahlen des gerade jetzt vorgelegten Weißbuchs der Bundesregierung, das doch in seinen statistischen Angaben die Unaufrichtigkeit des sowjetischen Paritätsversprechens zugibt, das allerdings nicht den Mut findet — aus politischen Gründen —, die notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen und die Dinge beim wahren Namen zu nennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Offensiv ist auch die sowjetisch-kommunistische Ideologie. Der weltweite Endsieg des Sozialismus unter Führung der KPdSU ist nicht nur irgendein theoretisches Bekenntnis, sondern eine durchaus praktisch-politische Aktion, gestützt auf eine imperiale Militärmacht.
    Meine Damen und Herren, die soeben zu Ende gegangene Konferenz der sogenannten Blockfreien in Havanna hat auch dies wieder überaus deutlich gezeigt. Kuba, das sich wie Vietnam im Comecon und durch die Stationierung sowjetischer Militäreinheiten aufs engste mit Moskau verbunden hat, verfolgt eine mit den Sowjets abgesprochene Strategie und wird es immer weiter tun: nämlich eine möglichst große Zahl wichtiger blockfreier Staaten dem sowjetischen Hegemonialblock langsam zuzuordnen.
    Seit 1970 wuchs die sowjetische Aufrüstung gegen Westeuropa ebenso wie die weltweite politisch-militärische Expansion der UdSSR, Kubas und der DDR in einem Maße — vor allem im Bereich der DDR —, das unseren Mitbürgern überhaupt noch nicht bewußt geworden ist. Über all das sagen Sie, Herr Bundeskanzler, der Bundesaußenminister und der Verteidigungsminister nahezu nichts in der deutschen Öffentlichkeit. Unsere Bevölkerung will aber nicht nur ein statistisch richtiges Weißbuch, sondern auch ein Weißbuch, in dem die politische Richtung unübersehbar deutlich gemacht wird, in dem der Mut zu einer klaren Bewertung und auch Verurteilung einer den Weltfrieden destabilisierenden Politik zum Ausdruck kommt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Meine Damen und Herren, wir treten in diesen Monaten in die wichtige Beratung der Wehrpflichtnovelle ein. Die Diskussion ist draußen verständlicherweise in vollem Gange. Aber wie wollen wir eigentlich der jungen Generation in der Bundesrepublik Deutschland die Notwendigkeit der Wehrdienstbereitschaft näher bringen, wenn wir nicht die Fähigkeit besitzen, auch solche Tatsachen klar und deutlich beim Namen zu nennen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bevor ich zu unserer Haltung zu den aktuellen Fragen der Sicherheits- und Abrüstungspolitik komme, lassen Sie mich noch einige grundsätzliche Bemerkungen zu unserem Verständnis von Friedenspolitik machen, weil natürlich die Themen Verteidigung und Rüstungskontrolle Teil einer Friedenspolitik sind und weil, mein? Damen und Herren von der SPD und FDP, auch hier schon das Drehbuch, wie schon 1972, im Blick auf die Auseinandersetzung im nächsten Jahr geschrieben wird. Deswegen soll hier klar und deutlich noch einmal unsere Position, die Position der CDU/CSU, vorgetragen werden.
    Frieden bedeutet für uns auch die schrittweise Beseitigung der Spannungsursachen. Das heißt: Friedenspolitik ist ganz wesentlich auch gewaltfreie Durchsetzung der Menschenrechte in aller Welt. Das bedeutet für uns Deutsche verständlicherweise vor allem auch: Menschenrechte in ganz Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir haben Grund, darauf hinzuweisen, daß in den letzten Monaten neben dem Monstrum von Mauer in Berlin die geistige Mauer wieder dichter gemacht wurde. Der Erlaß bezüglich der Arbeit der Journalisten, die Verschärfung des Strafgesetzbuches in bestimmten Bereichen, die Abschnürung und der Kampf gegen oppositionelle Intellektuelle in der DDR: Das alles ist ein Signal für einen weiteren Mauerbau. Deshalb dürfen wir nicht müde werden zu sagen: Wir sind für die Menschenrechte überall in der Welt. Ob ein Volk von einer faschistischen oder kommunistischen Diktatur unterdrückt wird, ist für uns das gleiche, weil die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Aber Menschenrechte in ganz Deutschland: Das ist das Allernächste, was wir im Auge haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, wir sollten als Deutsche dankbar sein, gerade auch im geteilten Vaterland, daß jetzt eine der mächtigsten moralischen Mächte unserer Zeit und unserer Erde,. nämlich der Papst Johannes Paul II. in einer klaren und deutlichen Sprache gerade auch dieses Thema angesprochen hat. Wir sind dankbar für diese Äußerung — und als Deutsche vor allem auch für die Klarheit, in der dieser



    Dr. Kohl
    Papst aus Polen zur Welt und damit auch zu den Deutschen gesprochen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist nicht unwichtig für uns. Papst Johannes Paul II. nimmt in seiner Äußerung ausdrücklich Bezug auf drei wichtige Enzykliken von Vorgängern. Er nimmt Bezug auf die Enzyklika gegen den Faschismus, gegen den Kommunismus und gegen den Nationalsozialismus. Das heißt: Wir müssen immer und überall gegen die Unterdrückung der Menschenrechte auftreten — gleichgültig, ob es sich um kommunistische oder faschistische Diktaturen handelt. Das ist unsere Position.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Der Papst sagt in seiner Botschaft:

    Die Menschenrechte bilden für den sozialen und internationalen Frieden eine grundlegende Voraussetzung. Frieden ist ein Werk der Gerechtigkeit. Letztlich führt sich der Frieden zurück auf die Achtung der unverletzlichen Menschenrechte, während der Krieg aus der Verletzung dieser Rechte entsteht und noch größere derartige Verletzungen nach sich zieht.
    Mit der Friedenspolitik ist der Begriff der Entspannung eng verwandt. Während für uns im Westen Entspannung die schrittweise Verwirklichung der personalen Menschenrechte und der nationalen Selbstbestimmung bedeutet, verstehen die politisch Verantwortlichen im sowjetischen Machtbereich darunter die Verhinderung gerade dieser westlichen Ziele. Während für uns im Westen Entspannung auch Abbau von Disparitäten — etwa bei den Wiener Truppenabbauverhandlungen — und ausgewogene Rüstungsbegrenzung bedeutet, versteht Moskau auch hier unter Entspannung etwas völlig anderes, nämlich die westliche — möglichst endgültige — Besiegelung sowjetischer Überlegenheit auch bei den Wiener MBFR-Verhandlungen oder die westliche Hinnahme einer ständig wachsenden, politisch wie militärisch offensiven Überlegenheit der Sowjetunion im Bereich der taktisch-nuklearen Waffen, vor allem im Mittelstreckenbereich.
    Friedenspolitik war für uns in der Union stets auch die Bereitschaft zur beiderseitigen Rüstungsbegrenzung sowie zu wirklich realistischen Konzepten zur Abrüstung — vor allem die Beteiligung an allen Bemühungen des Atlantischen Bündnisses, die politischen Rüstungsursachen in Europa abzubauen und in Verbindung damit das Ausmaß der militärischen Ost-West-Konfrontation in einer sicherheitspolitisch ausgewogenen Weise zu mindern. Solange uns die politischen Ziele und militärischen Machtmittel des Warschauer Pakts bedrohen, ist glaubwürdige Sicherheit eine unerläßliche Voraussetzung des Friedens.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sehr vereinfacht heißt das: Wollen wir Abrüstung ohne Sicherheit oder Abrüstung mit Sicherheit? Das letztere muß Grundlage der Politik der Bundesrepublik Deutschland sein. Das letztere ist auch unsere Politik, die in dieser Frage auf Gemeinsamkeit — ob in Regierungsverantwortung
    oder Opposition — großen Wert legt. Dies ist wirklich eine der Schicksalsfragen der Bundesrepublik Deutschland. Es muß möglich sein, hier zu einem Konsens zu kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Atlantische Bündnis steht angesichts der sowjetischen Aufrüstung vor schwerwiegenden Entscheidungen. Sie beziehen sich einerseits auf die notwendigen militärischen Maßnahmen der Nachrüstung und der Modernisierung derjenigen amerikanischen Waffensysteme in Europa, die ein Gegengewicht zu dem großen, gewachsenen Mittelstreckenpotential der Sowjets darstellen, andererseits auf die notwendige Bereitschaft des Westens zu realistischen Ost-West-Verhandlungen über Rüstungskontrolle und -beschränkung. Beides muß — so will es ja auch das Bündnis — sachlich, politisch und zeitlich aus einem Guß sein. Beides muß der Tatsache Rechnung tragen, daß glaubwürdige Fähigkeit und zweifelsfreier Wille zur Abschrekkung unerläßliche Voraussetzungen des Friedens sind und daß auch Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung der Sicherheit zu dienen haben.
    Meine Damen und Herren, die Haltung der CDU/ CSU beruht auf folgender Überlegung: Notwendige westliche Maßnahmen der Nachrüstung und Modernisierung dürfen als konkrete Voraussetzung der Friedenssicherung nicht von einem ungewissen Ausgang von Ost-West-Verhandlungen abhängig gemacht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich finde, wir sollten hier aus der Geschichte lernen. Es ist kein einziger Fall bekannt, daß Moskau in all diesen Jahrzehnten einem anderen Staat oder einem Bündnissystem ein wirkliches Zugeständnis gemacht hätte, ohne daß der Verhandlungspartner gegenüber der Sowjetunion mit realer, greifbarer Verhandlungspotenz ausgestattet gewesen wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn irgendwo, dann gilt hier das Prinzip „do ut des"; das ist die Erfahrung im Umgang mit der Sowj etunion.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das heißt: Wer im Westen erfolgreiche Rüstungsbegrenzungsverhandlungen mit dem Warschauer Pakt will, der muß vorher in freier, unabhängiger Entscheidung das tun, was er angesichts der ungehemmten Rüstung der östlichen Seite kraft eigener sicherheitspolitischer Verantwortung für unerläßlich hält. Wer — als Bündnis, als Regierung, als Parlament, als Fraktion — seine verteidigungspolitische Pflicht nicht erfüllt, der verringert nach allen Erfahrungen auch die Chancen einer sicherheitspolitisch vertretbaren, ausgewogenen Rüstungsbeschränkung und Abrüstung. Und gerade wir als Deutsche müssen für dieses Ziel eintreten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Meine Damen und Herren, aus sicherheitspolitischer Verantwortung, aber auch mit dem entschiedenen Willen zu realistischen Ost-West-Verhand-



    Dr. Kohl
    Lungen über die Begrenzung furchterregender Massenvernichtungswaffen werden wir als CDU/CSU diejenigen Bündnispositionen mittragen, die jede Bindung der jetzt fälligen militärischen Maßnahmen an den Verlauf der Rüstungskontrollgespräche ablehnen. Das hat gar nichts — wie sowjetische Propaganda jetzt sagen möchte — mit „Aufrüstungsfieber" zu tun. Dieser Vorwurf wird ja seitens der Sowjetunion auch an die Bundesregierung gerichtet. Das ist vielmehr das Ergebnis einer nüchternen, vernünftigen Lageeinschätzung.
    Deswegen ist es so wichtig, daß jener Gedanke, der jetzt in der SPD umgeht, der Gedanke eines Moratoriums zwischen den erstrebten Verhandlungsergebnissen und den jetzt fälligen Modernisierungsentscheidungen, der ins Gespräch gebracht wurde, von uns aus nicht aufgenommen wird. Ich kann vor einem solchen Moratorium nur warnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer sich — was immer seine Motive sein mögen
    — auf diesen Weg begibt, der gefährdet unsere Sicherheit.

    (Glocke des Präsidenten)

    — Meine Damen und Herren, ich gehe doch davon aus, daß der Oppositionsführer in dieser wichtigen Frage seine Ausführungen machen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Der Führer steht über der Geschäftsordnung!)

    — Herr Kollege Wehner, damit das einmal zwischen uns ausgetragen wird: Sie und ich waren dabei, als wir gemeinsam die Überzeugung zum Ausdruck brachten, daß der Sprecher der Opposition die gleiche Redezeit wie der Hauptsprecher der Regierung haben muß.

    (Wehner [SPD] : Nur hat bisher keiner so lange gesabbelt, wie wir es jetzt hören!)

    — Herr Kollege Wehner, wie Sie diese Rede qualifizieren, ist Ihre Sache, aber Ihre Art zu qualifizieren fällt auf Sie selbst zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, wir können Sie nur bitten und ermuntern, jenen Kreisen in Ihrer eigenen Partei nicht nachzugeben, die die Vorstellung von einem solchen Moratorium pflegen. Der Rang einer verantwortungsbewußten Friedens- und Sicherheitspolitik gestattet es nicht, aus innerparteilichen Gründen ein solches Entgegenkommen möglich zu machen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben in einem anderen Zusammenhang mit Recht auf die singuläre Lage der Bundesrepublik hingewiesen. Ich meine, angesichts des werdenden Interesses der Sowjetunion an der außen- und sicherheitspolitischen Orientierung der Bundesrepublik können wir unsere Haltung in einer so schwerwiegenden Frage eben auch aus singulärem Interesse nicht von den innenpolitischen Konstellationen in uns befreundeten Nachbarländern — ob das die Niederlande sind oder Belgien oder Luxemburg -- abhängig machen.
    Es kommt noch ein Argument hinzu, das Sie, Herr Bundeskanzler, gerne verschweigen: daß nämlich in den mit uns vergleichbaren verbündeten Staaten Frankreich und England bereits nukleare Abschreckungswaffen lagern, seien es nun eigene wie in Frankreich, seien es eigene und amerikanische wie in Großbritannien. Diese Länder entwikkeln dieses Potential auch so, wie sie als souveräne Nationalstaaten, aber auch als loyale Verbündete der Bundesrepublik Deutschland es für notwendig halten.
    Vor diesem englischen und französischen Hintergrund ist, glaube ich, die These von der Singularisierung der Bundesrepublik so nicht überzeugend.
    Entspannung darf nicht zu einer Art Parkuhr werden, in die wir finanziell oder politisch oder militärisch immer wieder neue Münzen einstecken müssen, damit es mit der Entspannung weitergeht — zumal wir außerordentlich hohe Parkgebühren zu Eingang des Unternehmens bereits entrichtet haben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)