Rede:
ID0816901300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 10
    1. Als: 1
    2. nächster: 1
    3. Redner: 1
    4. hat: 1
    5. der: 1
    6. Herr: 1
    7. Abgeordnete: 1
    8. Gärtner: 1
    9. das: 1
    10. Wort.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/169 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 169. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Inhalt: Verzicht der Abg. Nordlohne, Dr. von Bismarck und Wohlrabe auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . . . . . 13425 A Eintritt der Abg. Erpenbeck, Dr.-Ing. Oldenstädt und Bahner in den Deutschen Bundestag 13425 A Wahl des Abg. Weiskirch (Olpe) zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 13425 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 13425 B Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksache 8/3100 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1979 bis 1983 — Drucksache 8/3101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1979 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/3099 — Dr. Häfele CDU/CSU 13427 B Westphal SPD 13436 C Hoppe FDP 13444 A Haase (Kassel) CDU/CSU 13447 D Löffler SPD 13452 C Gärtner FDP 13456 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 13458 D Roth SPD 13461 C Dr. Kohl CDU/CSU 13464 D Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . . 13478 C Rohde SPD 13483 B Mischnick FDP 13489 D Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 13490 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 13495 A Franke CDU/CSU 13499 B Glombig SPD . . . . . . . . . . 13502 D Cronenberg FDP 13505 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 13507 C Burger CDU/CSU 13510 C Kuhlwein SPD 13512 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 23 02 Tit. 896 05 — Leistung einer einmaligen finanziellen Sondermaßnahme im Rahmen der Konferenz für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit - Drucksachen 8/2883, 8/3033 — . . . . 13516 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 60 04 Tit. 671 02 — Erstattung von Kredit- und Verwaltungskosten und Ausfällen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Zusammenhang mit der Bildung eines Fonds für Direktinvestitionen und dem Erwerb von Auslandsforderungen auf Grund des deutsch-amerikanischen Devisenausgleichabkommens vom 8./19. August 1969 — Drucksachen 8/2935, 8/3034 — . . . . 13516 B Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1978 —— Drucksache 8/3060 — 13516 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Auslieferungsvertrag vom 20. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika — Drucksache 8/3107 — 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die Ergänzung des Europäischen Ubereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung seiner Anwendung — Drucksache 8/3138 — . . . . . . . 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes (TabStG 1980) — Drucksache 8/3114 — 13517 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (AO 1977) — Drucksache 8/3142 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung — Drucksache 8/3077 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. November 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika über den Luftverkehr — Drucksache 8/3058 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ubereinkommen vom 3. September 1976 über die Internationale Seefunk Satelliten-Organisation (INMARSAT) — Drucksache 8/3057 — . . . . . . . 13517 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Maßnahmen zur Umstrukturierung und Umstellung der Industrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsinvestitionen der Schiffbauindustrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsmaßnahmen der Textilindustrie, insbesondere der Kunstfaserindustrie — Drucksachen 8/2465, 8/2687, 8/3145 — 13517C Nächste Sitzung 13517 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordheten . . 13518*A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 13425
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 14. 9. Amrehn ** 14. 9. Dr. Bayerl 13. 9. Blumenfeld 14. 9. Dr. Corterier *** 13. 9. Dr. Dregger 13. 9. Dr. Enders * 14. 9. Fellermaier **** 14. 9. Frau Fischer ** 14. 9. Friedrich (Würzburg) **** 14. 9. Haberl 14. 9. Dr. Hennig ** 14. 9. Hoffie 13. 9. . Dr. Holtz ** 14. 9. Dr. Jaeger ** 14. 9. Jaunich 14. 9. *) für die Teilnahme an. Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **) für die Teilnahme an der 66. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ****) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c . Kiesinger 14. 9. Dr. Klepsch **** 14. 9. Klinker 14. 9. Koblitz 14.9. Dr. Köhler (Wolfsburg)** 14. 9. Dr. Kraske ** 14. 9. Kraus ** 14. 9. Dr. Kreutzmann 14. 9. . Dr. Kunz (Weiden) ** 14. 9. Lemmrich * 14. 9. Lücker **** 14. 9. Männing ** 14. 9. Mattick ** 14. 9. Dr. Meinecke (Hamburg) ** 14. 9. Dr. Mende ** 14. 9. Dr. Möller 14. 9. Dr. Müller-Hermann **** 14. 9. Polkehn ** 14. 9. Reuschenbach ** 14. 9. Schetter 14. 9. Schmidt (Würgendorf) 14. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) **** 14. 9. Seefeld **** 14. 9. Frau Simonis 14. 9. Frau Tübler 14. 9. Voigt (Frankfurt) ** 14. 9. Dr. Wulff ** 14. 9. Wurbs ** 14. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir uns hier in diesem Saal über Haushaltspolitik unterhalten, versteht uns der Bürger in den meisten Fällen nicht. Was erwartet er eigentlich von uns? Er erwartet in einer Demokratie natürlich zu Recht, daß wir alle Anstrengungen unternehmen, um für ihn ein Höchstmaß an Zufriedenheit zu erzielen. Worin bestehen die einzelnen Elemente der Zufriedenheit für die Menschen unseres Landes? Da geht es um gesicherte Arbeitsplätze, um soziale Absicherung in Notfällen. Da geht es um einen sorgenfreien Lebensabend, der nicht nur das Warten auf das Ende ist. Die Menschen wollen keine Angst vor der Zukunft haben, und dann geht es darum, daß Verdienst und Preisstabilität dafür sorgen, daß sich die Leute für größere Anschaffungen auch noch etwas auf die Seite legen können. Da wir nicht alleine auf der Welt leben, müssen wir diese Politik im Innern durch eine nach außen gerichtete konsequente Politik der Friedenssicherung, durch unsere Verteidigungsbereitschaft und durch internationale Solidarität, die wir in allererster Linie den ärmeren Völkern zugute kommen lassen sollten, absichern. Diesem Ziel ist die sozialliberale Koalition verpflichtet. Ihre Finanzpolitik dient diesem Ziele in einem besonderen Maße.
    Wir alle wissen, hinter uns liegen wirtschaftlich schwere Zeiten. Bundesregierung und Koalition haben durch ihre Finanzpolitik entscheidend mit dafür gesorgt, daß die Folgen der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung sowohl für den einzelnen als auch für die gesamte Gesellschaft zumutbar blieben, auch wenn nicht alle Beeinträchtigungen von jedem Menschen unseres Volkes abgehalten werden konnten. Diese Finanzpolitik ergab und ergibt sich ganz konsequent aus der politischen Auffassung, daß im Mittelpunkt des politischen Strebens der Mensch zu stehen hat; denn er lebt immer konkret und nicht von den schönen Worten, die unter anderem hier von dieser Tribüne herab gesprochen werden. Jeder weiß, daß der Mensch nur in einem bestimmten Maße in der Lage ist, die Bedingungen seines Lebens selbst zu gestalten. Die wichtigsten Lebensbedingungen kann er allein überhaupt nicht beeinflussen, sondern er ist darauf angewiesen, im demokratischen Zusammenwirken mit anderen und in gesellschaftlicher Solidarität zu handeln. In diesem Sinne haben sich Parlament und Regierung als Beauftragte des Volkes zu verstehen und die Steuermittel, die ihnen anvertraut



    Löffler
    werden, so einzusetzen, daß der größtmögliche Nutzen für das Volk entsteht.
    Genau das hat die Finanzpolitik der letzten Jahre getan. Wir haben in Zeiten der konjunkturellen Schwäche die Ausgaben nicht gesenkt, sonder haben sie erhöht, um der stagnierenden Wirtschaft Wachstumsimpulse zu geben. Gleichzeitig wurden Steuern gesenkt, um die Kosten zu mindern und die private Nachfrage anzukurbeln. Das kann so schlecht nicht gewesen sein, denn Herr Häfele konnte heute morgen, wenn auch etwas verklausuliert, nicht anders, als dieser Politik doch zu bescheinigen, daß sie zum Wirtschaftsaufschwung beigetragen hat.
    Diese doppelt abgesicherte Finanzpolitik hat natürlich ihren Preis. Der Bundesfinanzminister hat ihn gestern in seiner Haushaltsrede genannt. Hier noch einmal die Zahlen: Es wurden 35 Milliarden DM zusätzlich ausgegeben, die Steuern wurden um fast 50 Milliarden DM gesenkt. Zugegeben, diese Politik ist teuer, aber sie ist erfolgreich.
    Wir brauchen, nebenbei gesagt, Herr Haase, diese Politik nicht wie Sie mit großen Worten zu begründen und zu verteidigen, sondern die Tatsachen sprechen eindeutig für sie. Sie war allerdings nur durch eine höhere Staatsverschuldung möglich. Regierung und Koalition haben sich nicht, wie uns unterstellt wird, leichtfertig auf den Weg einer hohen Staatsverschuldung begeben, sondern haben sehr, sehr sorgfältig abgewogen, mit welcher Politik am besten Schaden von unserer Gesellschaft abgewendet werden kann. Ich weiß, daß das in diesem Augenblick nicht populär ist, aber es muß einmal ganz klar gesagt werden, daß die hohe jährliche Zinsbelastung, die wir jetzt zu tragen haben und die sich aus der erhöhten Nettokreditaufnahme der letzten Jahre ergibt, den einzelnen in unserem Volke weniger drückt als der Verlust des Arbeitsplatzes, als empfindliche Einschnitte in unser System der sozialen Sicherung, als düstere Zukunftsaussichten und als hohe Preissteigerungsraten und unerträgliche Verteilungskämpfe. Die Sicherung unserer sozialen Gesellschaft hatte natürlich ihren Preis.
    Die kräftige Absenkung der Nettokreditaufnahme für 1980 beweist eindeutig, daß sich die Koalition nicht, wie uns die Opposition immer unterstellt, an die hohe Neuverschuldungsrate der letzten Jahre gewöhnt hat. Sie beweist gleichzeitig, daß die hohe Nettokreditaufnahme nicht als ein selbstverständliches Mittel der Finanzierung von Staatsausgaben angesehen wird, sondern eine hohe Nettokreditaufnahme bleibt für uns ein Mittel des Staates, um wirtschaftliche Schwierigkeiten wirkungsvoll bekämpfen zu können. Die Konsequenz aus dieser Haltung erkennen Sie im zweiten Nachtragshaushalt, wo wir die Steuermehreinnahmen voll zur Absenkung der Nettokreditaufnahme für dieses Jahr verwenden.
    Herr Kollege Hoppe hat von der Wende in der Haushaltspolitik gesprochen. Um diese Wende sind wir natürlich alle bemüht. Aber man kann sie nicht von oben herab einfach dekretieren, sondern diese
    Wende setzt eine Wende in unserer Wirtschaftspolitik voraus. Die Bundesbank spricht davon, daß eine weitere Absenkung der Nettokreditaufnahme positiv wäre. Aber niemand soll doch so tun, als ob es in unserem Land oder überhaupt in einem Land jemanden gibt, der ganz präzise Voraussagen für mehrere Monate geben könnte. Ich will nicht die Bundesbank kritisieren. Aber die Bundesbank hat vor einem Jahr gesagt: Der Nettokreditrahmen der öffentlichen Hände kann 1979 bei 60 Milliarden DM liegen. Wir haben es dank der wirtschaftlichen Entwicklung nicht nötig, diesen Kreditrahmen auszunützen. Er wird unter 50 Milliarden DM liegen. Das heißt, allein schon durch die Entwicklung und durch unser genaues. Reagieren auf diese Entwicklung haben wir zur Konsolidierung schon ganz erheblich beigetragen.
    Nun wissen wir, daß die Opposition diese Finanzpolitik von Anfang an bekämpft hat, ohne Ansätze für eine gangbare Alternative aufzuzeigen. In diesem selbstverständlich legitimen Kampf gegen die Finanzpolitik der Koalition unterlaufen der Opposition eine Reihe von Widersprüchen, Fehleinschätzungen und Falschdarstellungen. Mit einigen möchte ich mich auseinandersetzen.
    Erstens. Die Opposition behauptet, daß der Anteil des Bruttosozialprodukts, der durch die öffentlichen Kassen geht, ständig wächst und so durch die Hintertür eine immer größer werdende Reglementierung der . Bürger durch den Staat eingeführt werden soll. Das ist falsch. Richtig hingegen ist, daß der Anteil der öffentlichen Kassen am Bruttosozialprodukt je nach der Wirtschaftslage schwankt. So betrug er 1975 34,8 v. H. des Bruttosozialprodukts. Er wird 1980 bei 33,2 v. H. liegen. Er nimmt gegenwärtig also ab und nicht zu.
    Zweitens. In diesem Zusammenhang behauptet die Opposition auch, daß die steuerliche Belastung der Bürger unseres Landes ständig steigt. Das ist falsch. Richtig ist, daß die volkswirtschaftliche Steuerquote seit 1977 — damals lag sie bei 25 v. H. des Bruttosozialprodukts — in den letzten Jahren mäßig gesunken ist und nach den gegenwärtigen Schätzungen 1980 bei 24,3 v. H. liegen wird. Die Zahlungen für das Kindergeld herausgerechnet, würde diese Quote sogar bei 23,3 v. H. liegen. Sie war in früheren Jahren schon höher, z. B. 1969. Finanzminister war damals Herr Dr. Franz Josef Strauß.
    Drittens. Die Opposition wird nicht müde, immer wieder zu behaupten, daß durch die hohe Nettokreditaufnahme der letzten Jahre die Staatsfinanzen zerrüttet worden sind. Das ist falsch. Richtig hingegen ist, daß die Bundesrepublik in der westlichen Welt einer der stabilsten Staaten ist,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    was Wirtschaft, Preisstabilität und soziale Sicherheit anlangt. Herr Haase, ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang in allem Ernst das eine sagen: Wer einen der stabilsten Staaten der westlichen Gemeinschaft aus vordergründiger politischer Absicht herabsetzt, diffamiert damit die gesamte Gemeinschaft und schwächt notwendigerweise ihre innere



    Löffler
    Widerstandskraft. Das soll jeder bedenken, der glaubt, bei jeder Gelegenheit über diese Republik herziehen zu sollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Viertens. Die Opposition behauptet, daß durch die Finanzpolitik der Koalition die Leistungsfähigkeit der einzelnen Menschen schwer beeinträchtigt wird, weil die Motivation für Leistung immer geringer wird. Das ist falsch. Richtig hingegen ist, daß der Bergarbeiter, die Frau und der Mann in der Fabrik, der Unternehmer und die Menschen in den Dienstleistungsbereichen mehr leisten als früher. Die Zahlen unseres wachsenden Bruttosozialproduktes weisen das eindeutig aus. Das ist nur möglich, weil die Regierung und die Koalition vernünftige Hilfen angeboten und Rahmenbedingungen geschaffen haben, die es den Menschen sinnvoll erscheinen lassen, ihren Fleiß zu entfalten. Unsere Bürger wissen, wofür sie arbeiten.
    Fünftens. Die Opposition gebraucht immer wieder das Argument, daß die private Verwendung des Geldes unter allen Umständen besser ist als die öffentliche Verwendung. Das ist falsch. Richtig ist, daß der private Erfolg in entscheidendem Maße von der öffentlichen Vorsorge abhängig ist. Der Unternehmer kann zwar eine Fabrik bauen, aber er kann nicht allein für Energie und Rohstoffe sorgen, für Wasser- und Abwasserversorgung, für Verkehrswege, für Wohnungen seiner Mitarbeiter, für Schulen und andere Ausbildungsstätten und für all die anderen Dinge, die für seinen wirtschaftlichen Erfolg ebenfalls wichtig sind. Öffentliche und private Verwendung von Teilen des Bruttosozialproduktes stehen nicht im Gegensatz zueinander, wie es die Opposition immer wieder behauptet, sondern sie ergänzen sich.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

    Das wissen die Menschen unseres Volkes, wenn sie unsere öffentlichen Leistungen zur Kenntnis nehmen und genießen.
    Sechstens. Die Opposition fordert einerseits Sparsamkeit und liebäugelt andererseits — Herr Kollege Hoppe ist darauf eingegangen — mit Versprechungen, die hohe zusätzliche Staatsausgaben zur Folge hätten. Eine solche Politik ist falsch. Richtig hingegen ist, daß mit Augenmaß das Mögliche und das Notwendige auf einen Nenner gebracht werden müssen, um nicht die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft zu überfordern und um nicht die Stabilität unseres Staates auf die Klippen zu hoher Erwartungen auflaufen zu lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Siebentens. In den letzten Wochen hat die Opposition zum wiederholten Male massive Steuersenkungen gefordert, und zwar ungeachtet derjenigen Steuersenkungen, die bereits beschlossen, aber noch nicht voll wirksam sind. Eine solche Politik ist gegenwärtig falsch. Richtig ist, daß in Zeiten der wirtschaftlichen Erholung der Staat Steuermehreinnahmen für die Absenkung der Nettokreditaufnahme verwenden muß, um den Kreditmarkt zu entlasten und um neuen Handlungsspielraum für
    Zeiten zu schaffen, in denen der Staat wieder stärker stützend und anregend eingreifen muß.
    Achtens. Die Opposition behauptet immer wieder, daß wir künftige Generationen durch unsere Nettokreditaufnahme schwer belasten. Kollege Haase sagte einmal, wir verfeuerten das Holz, das in den nächsten Jahren für die nachfolgende Generation vorhanden sein sollte. Das ist falsch. Richtig ist, daß wir heute der nachfolgenden Generation durch entsprechende Vorsorge die Möglichkeit geben, auch eine gesicherte Zukunft zu' erleben, ähnlich wie wir sie haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Finanzpolitik der sozialliberalen Koalition hat unter anderem aber auch dafür gesorgt, daß der Herr Kollege Häfele politisch nicht arbeitslos geworden ist. Die voraussehbaren Steuermehreinnahmen dieses Jahres, Herr Kollege Häfele, haben es Ihnen ja ermöglicht, die Steuersenkungsdebatte zu beginnen; aber diese Steuermehreinnahmen hätten Sie ohne die erfolgreiche Politik dieser Regierung nicht gehabt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Forderung der Opposition nach Steuersenkungen ist eigentlich die schönste Bestätigung, die eine Regierung erwarten kann, denn diese Forderung beweist, daß es wirtschaftlich kräftig aufwärtsgeht und die düsteren Voraussagen der Opposition zusammengebrochen sind, die sie jahrelang von dieser Stelle hier verkündet und in vielen Artikeln dargestellt haben.

    (V o r s i t z: Vizepräsident Leber, mit Beifall begrüßt)

    Ich glaube, eine bessere Bestätigung der Finanzpolitik der Regierung gibt es nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Die düsteren Voraussagen der Opposition hätten sich allerdings erfüllt, wenn ihre Finanzpolitik zum Tragen gekommen wäre, eine Politik, die sich in dem finanzpolitischen Dreieck von Senkung der Nettokreditaufnahme, Steuersenkungen und Ausgabenkürzungen konzeptionslos von einem Widerspruch zum anderen bewegte. Wir hingegen bewegen uns in dem finanzpolitischen Dreieck, das uns der Sachverständigenrat in seinem Gutachten von 1978 empfohlen hat. Es besteht aus den Punkten Rückführung der Nettokreditaufnahme, Sorge um, die Preisstabilität und Wachstumsimpulse durch öffentliche Nachfrage.
    Über Geschmacksfragen kann man streiten. Daß Herr Häfele die zufällige Identität von zwei Zahlen hier verkündet, ist seine Sache. Nur, Herr Häfele, das macht natürlich deutlich, wie Sie über Finanzpolitik denken. Finanzpolitik ist eben keine Buchhalterei. Wenn man einen solchen Vergleich schon anführt, hätte man sagen müssen: Die Schuldenaufnahme von Hitler hatte einen furchtbaren Krieg zur Folge, hatte Trümmer, Not, Elend, Tod, Mord zur Folge.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Löffler
    Was wir getan haben, ist, unserem Volk den Weg in eine blühende Zukunft zu ermöglichen. Das sind doch ganz erhebliche Unterschiede. Herr Häfele, die darf auch derjenige nicht vergessen, der nun einmal, wie Haushälter und Finanzpolitiker, besonders gern mit Zahlen herumspielt.
    Gestern konnten Millionen von Menschen die ehrliche und genaue Haushaltsrede des Bundesfinanzministers hören.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Niemand von den Zuhörern und Zuschauern wird den Eindruck gehabt haben, daß hier eine verfehlte oder gar abenteuerliche Finanzpolitik vorgetragen wurde. Wenn Sie ehrlich sind, meine Damen und Herren von der Opposition, haben auch Sie diesen Eindruck nicht. Sachlich klar und verständlich wurde dem Bürger und uns dargelegt — zum Teil durch Angabe von Zahlen untermauert —, welchen großen gemeinsamen Zielen der Haushalt 1980 dienen soll: 1. der Förderung von Forschung und Entwicklung; 2. der Bereitstellung von Hilfen für Unternehmer, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse in ihren Betrieben durchsetzen wollen; 3. der Förderung des Steinkohlenbergbaus, der einzigen nennenswerten inländischen Energiequelle; 4. der Beteiligung an Vorhaben zur Erschließung neuer Erdöl- und Erdgasfelder; 5. der Aufstockung unserer Rohölreserven; 6. der Erschließung nichtnuklearer Energiequellen; 7. der Förderung von Energiesparmaßnahmen; 8. der Vorratshaltung wichtiger Rohstoffe; 9. der Ersetzung und Wiedergewinnung von Rohstoffen; 10. der Förderung der Entwicklung und Anwendung neuer Technologien in kleineren und mittleren Unternehmen; 11. der Förderung der Gründung selbständiger Existenzen. So könnte ich die Reihe jetzt fortsetzen. Das ist ein Programm; dem haben Sie tatsächlich nichts entgegenzusetzen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Leute draußen werden, wenn sie diese einzelnen Punkte zur Kenntnis nehmen, wissen, daß hier eine Regierung sehr sorgfältig nach den Interessen des Volkes gehandelt hat.
    Wir sind nicht so vermessen, für uns in Anspruch zu nehmen, daß wir alles und jedes richtig machen. Wer kann das schon? Insofern sind wir für sachdienliche Hinweise und vernünftige Vorschläge der Opposition -stets dankbar. Nur: Gegen pauschale, im einzelnen nicht qualifizierte Vorwürfe im Stil von Sonthofen werden wir uns zur Wehr setzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dabei haben wir es nicht einmal nötig, starke Worte zu benutzen, sondern wir können die geschaffenen Tatsachen und die beabsichtigten Maßnahmen für sich sprechen lassen. Das Volk wird uns gut verstehen; da bin ich sicher.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein Blick auf die Struktur des Haushalts läßt die Vorwürfe, daß mit dem Geld des Steuerzahlers nicht sorgsam genug umgegangen wird, in sich zusammenbrechen. Der Haushalt für 1980 soll um 5,6
    v. H. steigen. Die Ausgaben für Personal, die sächlichen Verwaltungsausgaben und die Ausgaben für militärische Beschaffungen steigen aber lediglich mit Sätzen von 3 bis 4 v. H., also unterdurchschnittlich. Die Zuweisungen und Zuschüsse hingegen steigen überproportional mit 5,8 v. H.
    Mit anderen Worten: Es ist nicht so, Herr Haase, wie Sie es eben hier oben wieder verkündet haben, daß der Staat für seine eigenen Einrichtungen und Organe tief in die Tasche des Steuerzahlers hineingreift, sondern er trifft mit dem größten Teil der Haushaltsansätze Vorsorge für die Menschen in unserem Volke. Er sieht den Haushalt nicht als einen Selbstbedienungsladen an. Wer etwas anderes behauptet, sollte das hier alles klar und deutlich vortragen.
    Wir reden heute über einen Haushaltsplanentwurf. Das heißt, daß dieser Entwurf im Laufe der Beratungen noch verändert wird. Dabei wird es nicht nötig sein, durch Veränderungen die durch den Entwurf des Haushalts für 1980 konzipierte Politik in eine andere Richtung zu lenken. Die Politik ist gut und bedarf keiner Revision.
    Der Haushaltsausschuß wird als Teil dieses Parlaments und im Auftrag dieses Parlaments Ansatz für Ansatz, Stelle für Stelle sorgfältig prüfen und mit den Vertretern der Regierung erörtern. Wenn Veränderungen vorgenommen werden, so werden sie von der Sache her begründet sein und das politische Gesamtwerk nicht verwässern.

    (Beifall des Abg. Wehner [SPD])

    Was, sehr geehrter Herr Hoppe, nachher dabei herauskommt, ob 1 Milliarde DM weniger oder vielleicht auch 1 Milliarde DM mehr, ob der Prozentsatz der Steigerung bei 5,1, 5,2 oder 5,3 liegt, das sollten wir tatsächlich unseren Beratungen überlassen und uns nicht von vornherein schon jetzt in ein Korsett zwängen, das möglicherweise kneift und das wir dann während der Beratungen aufhaken müssen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Natürlich wird bei dieser Arbeit zu prüfen sein, an welchen Stellen die Ansätze korrigiert werden können. So könnte ich mir z. B. vorstellen, daß es einen breiten Konsens im Hause darüber gibt, daß unsere Verpflichtungen gegenüber dén ärmeren Ländern durch die Aufnahme der einen oder anderen zusätzlichen Maßnahme auch von seiten des Parlaments zu unterstreichen sind. Aber wir werden. sehen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion kommt bei der Bewertung dieses Haushaltsentwurfs zu folgendem Ergebnis: Der Haushaltsentwurf 1980 paßt in die konjunkturpolitische Landschaft, weil er mit seiner Steigerungsrate von 5,6 v. H. unter dem vorausgesagten Anstieg des Bruttosozialprodukts von 7 v. H. bleibt. Er ist offen für neue wirtschaftliche Herausforderungen, er hilft die Zukunft unseres Volkes sichern, er leistet entscheidende Hilfe beim weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit, er festigt unser System der sozialen Sicherheit, er trägt durch Verminderung der Nettokreditaufnahme zur Entlastung des Kapital-



    Löffler
    markts bei und dämpft damit den Preisauftrieb, und er ist insgesamt eine hervorragende Grundlage für die parlamentarische Beratung.
    Herr Bundesminister der Finanzen, die SPD-Fraktion dankt Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Als nächster Redner hat der Herr Abgeordnete Gärtner das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus Gärtner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Löffler hat dem Kollegen Häfele in einem Punkt ja schon eine passende Antwort gegeben. Es wäre sehr notwendig, Ihnen, Herr Häfele, auch in bezug auf einige andere Punkte noch einmal zu sagen: Sie können natürlich Führung verlangen. Das, was Sie hier tun, ist eher Verführung als Führung.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Sie stellen sich hier hin und bringen das Beispiel einer Schreibkraft, die in Vergütungsgruppe VII BAT eingestuft ist und die 300 DM Urlaubsgeld erhält. Sie als Mitglied des Finanzausschusses müßten doch wissen, wie so etwas zustande kommt. Es gibt eben noch keinen Urlaubsfreibetrag, weil es — Ihren Vorschlag habe ich bisher noch nicht gehört — gar nicht anders möglich wäre, als das Geld in dem Monat zu versteuern, in dem man es bekommt. Dann hätten Sie fairerweise noch hinzufügen können, daß es im übrigen noch den Lohnsteuerjahresausgleich gibt. Aber das gehört natürlich auch noch zu einer - —

    (Dr. Häfele [CDU/CSU] : Es kommt nicht so viel heraus!)

    — Ich gebe Ihnen recht. Es kommt nicht so viel heraus. Aber Ihr dramatisches Beispiel hätte sich nicht mehr so gut angehört, wenn Sie vollständig zitiert hätten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Im übrigen meine ich, daß man sich hier auch nicht hinstellen und sagen sollte — ich habe das schon einmal so als spät altbadisch und sozialrevolutionär bezeichnet —: Der Staat muß zwar alles finanzieren, was wir wollen; aber im übrigen soll er auf Steuermehreinnahmen verzichten. Das geht nicht. Man kann auch nicht hingehen und seiner Klientel alles mögliche versprechen. Es wird ein höheres Kindergeld verlangt, es wird ein Erziehungsgeld verlangt; in diesem Fall muß ich sagen: mit Ausnahme von Herrn Häfele; der hat das damals nicht unterschrieben. Man kann nicht milliardenschwere Ausbauprogramme im Bereich der zivilen Verteidigung verlangen und auch nicht wie Sie eben, Herr Haase, darüber klagen, daß wir im Bereich des Verteidigungsetats nicht so viel machen, wie Sie vielleicht wollen. Das kann man nicht alles machen, wenn man gleichzeitig einen Spitzenkandidaten hat, wie Sie ihn im Augenblick haben, der darüber schwebt und sagt: Diese sozialliberale Koalition treibt uns in den Staatsbankrott. Man kann das so nicht machen. Ich hoffe, der
    Wähler wird Ihnen gelegentlich zeigen, daß eine solche Truppenformation ohne einheitlichen Marschbefehl etwas liederlich und zerfleddert durch die Gegend läuft. Das ist für mich jedenfalls kein überzeugendes Alternativkonzept.
    Man kann es z. B. auch nicht so machen, wie ich es im „Handelsblatt" nachlesen konnte. Da hat sich der baden-württembergische Wirtschaftsminister Eberle in einer Pressekonferenz über das verstärkte Eindringen des Bundes in die Mittelstandsförderung der Länder beklagt. Da heißt es: Eberle rügte die unverhältnismäßig hohe Ausweitung der Mittelstandsförderung des Bundes im Jahre 1979 gegenüber früheren Jahren. Ich finde das, mit Verlaub gesagt, merkwürdig. Man kann nicht dieser Regierung alles mögliche unterstellen und dort, wo sie auch von Ihnen gelegentlich noch ein paar Zusatzaufträge kriegt, wo man mehr Geld ausgeben könnte, das jetzt auf diese Weise kassieren. Ich finde, wenn man der Sache zuliebe die Mittelstandsförderung im Bund etwas verstärken will, dann aber in den Fällen, in denen es einem paßt, mit rechtlichen Bedenken kommt, dann dürften Sie in diesem Fall nach meinem Eindruck nichts mehr beantragen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Sie lehnen ja ein Bundesmittelstandsförderungsgesetz ab!)

    — Herr Kollege Friedmann, ich empfehle Ihnen, diesen Gesetzentwurf einmal zu lesen. Sie werden sich als Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses ja gelegentlich auch mit der Problematik der Bürokratisierung in unserem Lande befassen. Aber daß ausgerechnet Sie einen Kongreß über Bürokratisierung veranstalten und trotzdem einen solchen Gesetzentwurf einbringen, das paßt nicht zusammen. Sie verfahren nach dem Motto: Wir brauchen weniger Gesetze, aber diejenigen, die wir wollen, müssen gemacht werden.
    Ich finde auch folgendes etwas merkwürdig. Nach einer Sitzung des Finanzplanungsrats — zugegeben, das war vor der Sommerpause, am 25. Juni — wurde einvernehmlich, also auch mit der Stimme des CSU-Finanzministers, verkündet — ich zitiere —:
    Bei der Beratung über die gegenwärtige und künftige Haushaltspolitik bestand Übereinstimmung über die Notwendigkeit der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Die Teilnehmer waren sich einig, daß die öffentliche Hand der steigenden privatwirtschaftlichen Nachfrage insbesondere auf dem Kapitalmarkt mit einer Einschränkung ihrer eigenen Nachfrage Rechnung tragen sollte.
    Jetzt kommt der Satz, den man sich wirklich einmal anhören muß:
    Etwaige Steuermehreinnahmen der Gebietskörperschaften sollten vorrangig zur Verminderung der Kreditaufnahme verwendet werden.
    Dann verstehe ich aber die ganze Situation nicht, die wir hier heute morgen erleben durften, daß man das Konsolidieren zusammen mit der Steuerentlastung in einem machen will, während man ein



    Gärtner
    paar Monate vorher noch beschließen ließ: Alles, was an Steuern mehr hereinkommt, wird nicht zurückgegeben, sondern dazu benutzt, die Verschuldung des Bundes herunterzudrücken. Das paßt nicht zusammen. Ich hoffe sehr, der Wähler in diesem Lande merkt, daß es sich hier um eine Politik handelt, die man so nicht formulieren und mit der man dieses Land eigentlich nicht regieren darf.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Kollege Haase, nach meinem Eindruck ist es nicht fair, über das Thema Staatsverschuldung so zu lamentieren, Begriffe wie „Wechselreiterei" einzuführen und damit völlig aus dem Auge zu verlieren, wer denn an dem Zustandekommen dieser Entwicklung alles beteiligt war. Ich habe in den letzten drei Jahren jedenfalls keine Anträge von Ihnen gefunden, die auf eine massive Veränderung der Haushaltsstruktur in dem Sinne hinausgelaufen wären, daß wir weniger Neuverschuldung aufzunehmen hätten. Das Gegenteil war meistens richtig. Deswegen sagen Sie mir doch einmal, gegen welche Geldleistungsgesetze Sie hier gestimmt haben.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das hätten Sie wohl gern!)

    Sie haben zwar gegen Geldleistungsgesetze gestimmt — Herr Kollege Haase, das muß man den Leuten immer wieder sagen —, wenn es Ihnen aus taktischen Gründen paßte. Sie haben schon einmal gegen die Kindergelderhöhung gestimmt, aber aus rein taktischen Gründen. Aus taktischen Gründen haben Sie gegen die Vermögensteuersenkung und die Gewerbesteuersenkung gestimmt. Das ist für mich keine ehrliche Politik, und ich hoffe, daß man das auch draußen merkt.
    Der Finanzminister hat gestern in seiner Einbringungsrede nach meinem Eindruck deutlich darauf hingewiesen, daß die Verschuldung des Bundes ja nicht irgend etwas ist, sondern auch damit zusammenhängt, daß dieses Land international eine Position hat, die sich sehen lassen kann.
    Herr Häfele hat heute morgen Theoretiker von Übersee zitiert. Ich würde darum bitten, sich eher an der Praxis und der Wirklichkeit in diesem Lande zu orientieren; dann braucht man keine Theorien.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Kollege Biedenkopf hat in diesem Zusammenhang eine sehr verdienstvolle Aufgabe übernommen, als er mit seinem Memorandum darauf hingewiesen hat, daß es nicht genüge, die Welt so zu sehen, wie man sie sehen wolle, sondern daß man sie so sehen sollte, wie sie sei. Ich hoffe, dies wird bei der Opposition doch noch einmal Pflichtlektüre.
    Die Neuverschuldung des Bundes in Grenzen zu halten, ist unser gemeinsames Ziel, das wir auch schon im letzten Haushalt, d. h. im Haushalt 1979, zu erreichen versucht haben. So hätten Sie, Herr Kollege Haase, sehen müssen, daß wir von den 35 Milliarden DM im Entwurf der Regierung ganz erheblich heruntergekommen sind. Wir sind durch
    die Arbeit im Haushaltsausschuß ja immerhin bei 6 Milliarden DM weniger angekommen, als die Regierung gewollt hatte. Ich glaube, zu so einer Sache, die zum Teil auch gemeinsam gemacht worden ist, kann man ruhig einmal ja sagen; da muß man nicht so tun, als ob das alles an einem vorbeigegangen wäre.
    Wir nehmen insoweit auch gern die Vorschläge der Union auf, wenn es solche geben wird. Ich finde, das Versteckspielen mit Sparvorschlägen bringt nicht viel; es frustriert auf die Dauer jedermann. Das Publikum wartet immer gespannt, wann etwas kommt, aber es kommt nichts. Versuchen wir doch einmal, in dieser Frage aufeinander zuzugehen.
    Dennoch kann — darauf hat der Kollege Löffler eben auch hingewiesen — Konsolidierung des Haushalts, kann Sparen nicht — ich sage es einmal so — unterschiedslos für alle Politikbereiche gelten. Ich meine, daß man gerade in dem Bereich, den der Kollege Löffler erwähnt hat, im Bereich der Entwicklungshilfe, von einer Industrienation, wie wir sie sind, mehr verlangt, und ich meine auch, es steht uns ganz gut an, wenn wir dieses Thema möglichst offensiv angehen, weil Entwicklungspolitik ja nicht nur bedeutet, Geld oder Leistung ins Ausland zu transferieren, sondern Entwicklungspolitik ist für mich auch ein gutes Stück aktive Sicherheitspolitik, weil wir damit dazu beitragen, Konflikte und Spannungen in der Welt abzubauen, und weil wir damit auf dem Wege dahin sind, daß es mehr Länder auf dieser Welt gibt, denen es gut geht. Gerade die ärmeren und ärmsten Länder auf dieser Welt, die von der Ölpreisentwicklung besonders betroffen sind, werden es uns nicht abnehmen, wenn wir in diesem Bereich weniger tun.
    Ich finde es auch gut, daß der Bundesfinanzminister gestern deutlich gemacht hat, daß die Struktur unserer Entwicklungspolitik, unserer Entwicklungshilfe noch stärker darauf angelegt werden muß, daß wir die Fähigkeit der Länder erweitern, ihre eigenen Bedürfnisse zu definieren und von daher auch das zu übernehmen, was sie im Grunde brauchen, und nicht nur das, was für uns überflüssig ist. Man muß ihnen den Weg eröffnen, ihr eigenes Instrumentarium zu verbessern und von daher auch im echten Sinne des Wortes dazu zu kommen, daß sie selber ihre Grundbedürfnisse befriedigen können.
    Im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe ist in den letzten Jahren in der öffentlichen Debatte der Begriff „Rohstoffonds" streitig diskutiert worden. Die Bundesregierung hat immer darauf hingewiesen, daß ein solcher Fonds internationale Kartellierungsbestrebungen bedeuten würde. Nur sollten wir - um damit auf einen anderen .Einzelplan zu kommen — natürlich vorsichtig sein, damit wir das, was wir international brandmarken, nicht national nachvollziehen. Ich erlaube mir hier über das, was wir im Rahmen der Rohstoffversorgung vorhaben, die kritische Anmerkung, ob dieser Weg — d. h. eine Subventionierung aus dem Bundeshaushalt —, den wir, wie gesagt, international kritisiert haben, den wir national aber für zulässig er-



    Gärtner
    klären, nicht gelegentlich von dem berühmten schmalen Pfad der Marktwirtschaft abführen kann. Wenn wir nämlich einmal bei fünf Rohstoffen anfangen, ist doch auch die Frage zulässig, wann der sechste, warm der siebente, wann der achte und wann der neunte kommen. Und für welche Betriebsgrößen bedeutet das z. B. Probleme? Das ist eine ganz einfache Frage. Wenn derjenige, der es sich als Großunternehmen — wenn ich es einmal so sagen darf — leisten kann, eine Rohstoffbevorratung vorzunehmen, dafür aus dem Bundeshaushalt eine Subvention bekommt, wird das natürlich den kleinen und den mittleren Unternehmer, der nicht in jedem Falle so vom Wettbewerb ausgenommen ist, doppelt treffen. Ich finde, darüber sollte man noch einmal nachdenken, damit wir nicht dazu kommen, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland Rohstoffbevorratung sozusagen flächendeckend einführen.
    Im Haushaltsgesetz 1980 findet sich übrigens auch ein Punkt, den man hier kritisch ansprechen sollte, nämlich dieser neue § 19, der den Bundesfinanzminister ermächtigt, zur Beibehaltung des Anteils des Bundes an Unternehmen des privaten Rechts Kapitalerhöhungen zuzustimmen, und zwar ohne Beteiligung des Parlaments. Diese Totalermächtigung an den Bundesminister der Finanzen, jeder Aufsichtsratsentscheidung eines privaten Unternehmens zuzustimmen, drängt das Parlament in die Rolle, allenfalls noch Notariatsgehilfe zu sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dies erscheint mir auch unter dem Gesichtspunkt fragwürdig, inwieweit es ein unumstößliches Prinzip ist, daß der Bund seine Anteile an Unternehmen des privaten Rechts auf Jahre und auf Ewigkeit in gleicher Höhe beibehält. Man muß sich ernsthaft die Frage stellen, ob der Bund bei seinen Anteilen jeweils alles nachvollziehen muß. Ich halte es für vertretbar, auch darüber nachzudenken, ob man z. B. bei der anstehenden Kapitalerhöhung bei der Lufthansa wirklich auf Dauer 74 °/o beibehalten muß.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich finde, daß das auch nicht mit der Diskussion über unzulässige Privatisierungen zusammenhängt — unzulässige! —; denn ich kann den Unterschied bei der massiven Einflußnahme des Staates als Anteilseigner bei einem Verhältnis von 51 °/o und bei einem von 74 °/o nicht erkennen. Deshalb sollte man auch in dieser Richtung, meine ich, vielleicht noch einmal darüber nachdenken.
    Im übrigen finde ich es auch vernünftig, daß in diesem hohen Hause, in den Ausschüssen, über das Thema einer Kapitalerhöhung eines Unternehmens diskutiert wird, an dem der Bund beteiligt ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es kann nicht ausbleiben, daß dann auch diejenigen, die über das Geld nachher verfügen sollen — d. h. unterschreiben, wenn die Ausgabe gemacht wird —, sich hier dazu stellen und sich fragen müssen, ob unsere Vertretung in den Aufsichtsräten diese Entscheidung auch wirklich nachzuvollziehen hat.
    Der letzte kritische Punkt des vorgelegten Haushaltes ist der weite Bereich der Personalien. Es scheint auch mir etwas zweifelhaft zu sein — Herr Kollege Hoppe hat es heute morgen auch schon gesagt —, wenn man über den Haushalt das Thema „Konsolidierung" schreibt und dann in einem Bereich, wo die Haushaltsstruktur allerdings immer sehr zu leiden hat, weil er mittel- und langfristig angelegt ist, sehr großzügig verfährt — um es ganz vorsichtig zu sagen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    — Herr Kollege Haase, dann klatschen Sie aber an allen Stellen, auch dann, wenn es um die innere Sicherheit geht.
    Ich hoffe, daß wir in den vor uns liegenden Beratungen dort etwas mehr sachgerechte Entscheidungen hineinbringen und auch die vorgeschlagenen Hebungen und neuen Stellen auf ein vertretbares Maß zurückführen können.
    In dem Zusammenhang: Herr Kollege Vorsteher der Oppositions-Haushaltsgruppe, Sie haben meinen Bundesvorsitzenden in Ihrer Art karikiert. Ich darf nur sagen: Sie haben im Haushalt des Auswärtigen Amtes, glaube ich, Hebungen mit neuen Stellen verwechselt. Das kann vorkommen. Das waren, wenn ich das richtig sehe, sowieso nur 28 neue Stellen, das andere sind Hebungen. Darüber sollten wir uns mal unterhalten. Ich hoffe, daß wir dann auch in der Lage sind — und das glauben Sie ja auch selbst —, Gerechtigkeit gegenüber jedermann zu üben. Das haben wir bisher gemacht. Ich hoffe, daß dies auch in der anschließenden Beratung des Haushalts der Fall sein wird.
    Der Bürger hat nach meinem Eindruck einen Anspruch auf eine effektive, aber sparsame Verwaltung. Der Bürger wird es, wenn wir dies als Prinzip durchhalten, auch lohnen. Wie weit das von unseren eigenen Ministern gelegentlich auch so gesehen wird, darüber werden noch die nächsten Beratungen Aufschluß geben. Ich hoffe dennoch, daß wir am Ende unserer Beratungen zu einem ganz guten Ergebnis kommen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)