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ID0816901100

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    Plenarprotokoll 8/169 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 169. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Inhalt: Verzicht der Abg. Nordlohne, Dr. von Bismarck und Wohlrabe auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . . . . . 13425 A Eintritt der Abg. Erpenbeck, Dr.-Ing. Oldenstädt und Bahner in den Deutschen Bundestag 13425 A Wahl des Abg. Weiskirch (Olpe) zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 13425 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 13425 B Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksache 8/3100 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1979 bis 1983 — Drucksache 8/3101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1979 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/3099 — Dr. Häfele CDU/CSU 13427 B Westphal SPD 13436 C Hoppe FDP 13444 A Haase (Kassel) CDU/CSU 13447 D Löffler SPD 13452 C Gärtner FDP 13456 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 13458 D Roth SPD 13461 C Dr. Kohl CDU/CSU 13464 D Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . . 13478 C Rohde SPD 13483 B Mischnick FDP 13489 D Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 13490 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 13495 A Franke CDU/CSU 13499 B Glombig SPD . . . . . . . . . . 13502 D Cronenberg FDP 13505 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 13507 C Burger CDU/CSU 13510 C Kuhlwein SPD 13512 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 23 02 Tit. 896 05 — Leistung einer einmaligen finanziellen Sondermaßnahme im Rahmen der Konferenz für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit - Drucksachen 8/2883, 8/3033 — . . . . 13516 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 60 04 Tit. 671 02 — Erstattung von Kredit- und Verwaltungskosten und Ausfällen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Zusammenhang mit der Bildung eines Fonds für Direktinvestitionen und dem Erwerb von Auslandsforderungen auf Grund des deutsch-amerikanischen Devisenausgleichabkommens vom 8./19. August 1969 — Drucksachen 8/2935, 8/3034 — . . . . 13516 B Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1978 —— Drucksache 8/3060 — 13516 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Auslieferungsvertrag vom 20. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika — Drucksache 8/3107 — 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die Ergänzung des Europäischen Ubereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung seiner Anwendung — Drucksache 8/3138 — . . . . . . . 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes (TabStG 1980) — Drucksache 8/3114 — 13517 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (AO 1977) — Drucksache 8/3142 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung — Drucksache 8/3077 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. November 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika über den Luftverkehr — Drucksache 8/3058 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ubereinkommen vom 3. September 1976 über die Internationale Seefunk Satelliten-Organisation (INMARSAT) — Drucksache 8/3057 — . . . . . . . 13517 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Maßnahmen zur Umstrukturierung und Umstellung der Industrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsinvestitionen der Schiffbauindustrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsmaßnahmen der Textilindustrie, insbesondere der Kunstfaserindustrie — Drucksachen 8/2465, 8/2687, 8/3145 — 13517C Nächste Sitzung 13517 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordheten . . 13518*A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 13425
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 14. 9. Amrehn ** 14. 9. Dr. Bayerl 13. 9. Blumenfeld 14. 9. Dr. Corterier *** 13. 9. Dr. Dregger 13. 9. Dr. Enders * 14. 9. Fellermaier **** 14. 9. Frau Fischer ** 14. 9. Friedrich (Würzburg) **** 14. 9. Haberl 14. 9. Dr. Hennig ** 14. 9. Hoffie 13. 9. . Dr. Holtz ** 14. 9. Dr. Jaeger ** 14. 9. Jaunich 14. 9. *) für die Teilnahme an. Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **) für die Teilnahme an der 66. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ****) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c . Kiesinger 14. 9. Dr. Klepsch **** 14. 9. Klinker 14. 9. Koblitz 14.9. Dr. Köhler (Wolfsburg)** 14. 9. Dr. Kraske ** 14. 9. Kraus ** 14. 9. Dr. Kreutzmann 14. 9. . Dr. Kunz (Weiden) ** 14. 9. Lemmrich * 14. 9. Lücker **** 14. 9. Männing ** 14. 9. Mattick ** 14. 9. Dr. Meinecke (Hamburg) ** 14. 9. Dr. Mende ** 14. 9. Dr. Möller 14. 9. Dr. Müller-Hermann **** 14. 9. Polkehn ** 14. 9. Reuschenbach ** 14. 9. Schetter 14. 9. Schmidt (Würgendorf) 14. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) **** 14. 9. Seefeld **** 14. 9. Frau Simonis 14. 9. Frau Tübler 14. 9. Voigt (Frankfurt) ** 14. 9. Dr. Wulff ** 14. 9. Wurbs ** 14. 9.
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    Rede von Lothar Haase


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Gnädige Frau! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Seiters [CDU/CSU] : Das ist eine ganz neue Anrede!)




    Haase (Kassel)

    Die zwei zentralen Fragen unserer Finanzpolitik sind im Grunde genommen zwei Problemtatbestände, Herr Bundesfinanzminister, die aus der Politik der gegenwärtigen Regierungskoalition resultieren.
    Problem Nummer eins, das Sie verursacht haben, ist die zunehmende leistungshemmende Belastung mit direkten Steuern, sind die heimlichen Steuererhöhungen, verursacht durch das Zusammenwirken von Progression und Inflation.
    Problem Nummer zwei, Herr Bundesfinanzminister, das auch Sie und Ihre werten Herren Vorgänger unter Assistenz Ihrer Koalition verursacht haben, ist die von Jahr zu Jahr steigende Schuldenlast der öffentlichen Hände.
    An diesen zwei Zentralproblemen unserer Politik haben Sie, verehrter Herr Matthöfer, zwar mit Geschick, aber leider vorbeiargumentiert. Dies kennzeichnet leider Ihre ganze Einbringungsrede.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenden wir uns dem zweiten Problem, dem Schuldenstand des Bundes, zuerst zu. Unser Schuldenstand wird erstmals in diesem Jahr die Summe der Ausgaben übersteigen,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    viermal so hoch wie 1973, dreimal so hoch wie 1974 und fast doppelt so hoch wie 1975 sein und bis 1983 nochmals um 100 Milliarden DM oder 50 % ansteigen.
    Aber da malt unser Kollege Westphal Bilder vom Paradies auf Erden an den Horizont! Herr Westphal, so mag es vielleicht in einem sozialistischen Paradies aussehen; aber das führt nicht zu einem guten Ende, verehrter Herr Kollege.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Herr Haase, das ist die Falkenrepublik mit Spielgeld!)

    — Sehr gut, Herr Vorsitzender! — Allerdings liegt die Nettokreditaufnahme unter den Ansätzen des letzten Finanzplans. Das ist übrigens für 1980 auch nur möglich, weil Sie entgegen früheren Erklärungen wieder einmal die Telefonbenutzer zur Finanzierung der Bundesausgaben heranziehen.
    Bei dieser Gelegenheit gleich eine Bemerkung zu dem von mir geschätzten Kollegen Hoppe. Herr Hoppe, Sie beklagen denselben Tatbestand. Es zeichnet Sie leider aus, daß Sie oft im Verein mit der CDU/CSU die Widrigkeiten aufführen und beklagen, aber dann nicht konsequent bleiben. Denn ich frage: Warum unterstützen Sie dann nicht unsere Initiative beispielsweise darin, die Telefonbenutzer vor dieser konfiskatorischen Ausbeutung durch die Regierung zu schützen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Helfen Sie uns doch, lieber Herr Hoppe! Sie sollten nicht immer nur gegenüber dem Publikum den Kraftmax spielen und erzählen, was Sie alles tun wollen, dann aber, wenn es darauf ankommt, sagen: Leider, leider sind die Verhältnisse nicht so, daß wir das bewirken könnten. Nein, Herr Kollege
    Hoppe, nicht nur Gutes wollen, Gutes tun, das ist die Devise!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nach Ihren eigenen Zahlen aber bauen Sie nicht nur den Schuldenberg nicht ab — das wäre sicher eine Überforderung —, sondern der Schuldenzuwachs, also der Betrag, um den sich der Schuldenberg Jahr für Jahr erhöht, wird bei Ihren sogenannten Konsolidierungen nach Ihren Vorstellungen nicht geringer, sondern Jahr für Jahr größer.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schöne Konsolidierung!)

    Zumindest bleibt er, verehrter Herr Hoppe, bis 1981 auf etwa gleicher Höhe; auch 1980 und 1981 wird der Schuldenzuwachs zur Haushaltsfinanzierung jeweils in einem einzigen Jahr doppelt so hoch sein wie in den 20 Jahren von 1950 bis 1969 zusammen. Ich werde Ihnen das immer wieder vorhalten, solange die Wähler mir die Gunst schenken, hier stehen zu dürfen: Meine Damen und Herren, wir haben in 20 Jahren mit CDU/CSU-FDP-Regierungen weniger Schulden gemacht, als Sie praktisch in einem halben Jahr aus der Westentasche finanzieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das sollte man in dieser Republik bei der Beurteilung der Finanzwirtschaft einmal bedenken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb, meine Damen und Herren, ist auch der neue Haushalts- und Finanzplan nicht durch Konsolidierung oder gar Sanierung ausgezeichnet. Im Gegenteil, Herr Bundesfinanzminister, im bürgerlichen Leben würde man dieses Verhalten schlicht als Wechselreiterei qualifizieren. Ich glaube, das Publikum draußen weiß wohl, was mit „Wechselreiterei" gemeint ist. Das, was Sie hier mit Ihrer Schuldenwirtschaft betreiben, ist öffentlich-rechtliche Wechselreiterei!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, in Wirklichkeit benutzen Sie die sogenannte Konsolidierung - bei Ihnen muß man tatsächlich immer „sogenannte Konsolidierung" sagen, um die Anführungsstriche herauszustellen, die hier angebracht sind — nur als Argument, um den von uns geforderten Abbau der heimlichen Steuererhöhungen zu verhindern. In Wirklichkeit wird die „Konsolidierung" wieder einmal auf eine ferne Zukunft vertagt, die vorerst nur in den Sternen steht.
    Der Herr Kollege Häfele hat vorhin aus der Regierungserklärung 1976 zitiert. Daran anschließend muß ich bemerken: Die Regierung hat mit der erneuten Vertagung des Schuldenabbaus ein Kernziel ihrer Politik doch anscheinend aufgegeben. Wir müssen uns hier einmal dem Herrn Bundeskanzler zuwenden. Er hat sich wohl als zu schwach erwiesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo ist er?)

    — Er ist leider nicht da, er muß regieren, deswegen ist er nicht hier bei seinem Haushalt. — Der
    Herr Bundeskanzler hat sich als zu schwach erwie-



    Haase (Kassel)

    sen, das von ihm selbst als richtig Erkannte in die harte Realität umzusetzen. Meine Damen und Herren, hier zeigt es sich wieder einmal: Das von ihm, von Herrn Schmidt, äußerlich sicher gut dargestellte Bild des tatkräftigen Machers ist doch mehr Schauspiel als Wirklichkeit, ist mehr Hans Albers als Adenauer oder Bismarck. Das ist doch so, nicht?

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) Der Kanzler ist kraftlos.


    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Aber Hans Albers hat gut gesungen!)

    — Er hat gut gespielt, sehr gut gespielt.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Gesungen!)

    Ich will ihm auch nicht zu nahe treten. Sicher, manche Qualität von Hans Albers fehlt natürlich Herrn Schmidt.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Aber, meine Damen und Herren, zum Ernst der Lage zurück: Die von Herrn Schmidt zu verantwortende Schuldenwirtschaft des Bundes behindert eine dauerhaft befriedigende gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Und das Tragische an der Sache ist: Künftige Generationen — und das ist unter dem Gesichtspunkt langfristiger Politik eine ganz perfide Sache — sollen die trügerischen Wohltaten bezahlen, in deren Glanz sich die jetzige Regierungskoalition noch immer sonnt. Ich sah förmlich vorhin, verehrter Herr Kollege Westphal, wie Sie hier so markig, gut deutsch — ich habe dafür was übrig, das wissen Sie ja —, so markig-teutonisch, als ob hier zehntausend versammelt wären — leider waren wir nur einhundert —, vortrugen, was das nun alles für positive Dinge seien. Aber künftige Generationen, Herr Kollege Westphal, werden die Leidtragenden sein, wenn nicht doch noch in absehbarer Zeit Einhalt geboten wird. Wer die Schuldenpolitik dieser Regierung anprangert, wer dagegen angeht, nimmt in erster Linie die Belange unserer Jugend wahr, unserer Kinder und Enkel, deren Ressourcen Sie heute leider leichtfertig vertun.
    Gerade wegen dieser hohen Schuldenzuwächse steht auch der neue Finanzplan gesamtwirtschaftlich auf brüchigem Fundament. Die gesamtwirtschaftliche Projektion will bis 1983 Jahr für Jahr ein reales Wachstum von 4 °/o im Durchschnitt erreichen, Jahr für Jahr also die jetzt in diesem Jahr erreichte Größenordnung beibehalten. Das geht aber nach dem Zahlenwerk der Regierung nur, wenn die Investitionen bis 1983 eineinhalbmal so stark steigen wie das Bruttosozialprodukt. Der Staat wird, ebenfalls nach diesen Zahlen, hierzu kaum etwas beitragen. Im Gegenteil. Wenn Sie, verehrter Herr Matthöfer, in Ihrer Rede den Eindruck zu erwecken versuchen, die Investitionen des Bundes würden steigen oder sogar überproportional steigen, so ist das nicht zutreffend. Im Plan für 1980 sind die Ausgaben für Investitionen niedriger als 1979. Bis 1983 sollen sie nur noch insgesamt also nicht Jahr für Jahr, um 3 °/o steigen. Das deckt noch nicht einmal den Preisanstieg für ein Jahr, geschweige denn für vier Jahre ab. Deshalb
    liegt die Last in Zukunft ausschließlich bei den privaten Investitionen, und zwar noch viel stärker, als der Bundeswirtschaftsminister es selbst noch im vergangenen Jahr für möglich gehalten hat. Hier aber wird es problematisch. Denn für die Finanzierung gibt es nur folgende Möglichkeiten: entweder wird für die Wirtschaft wieder das Fremdmittelangebot vergrößert, indem der Staat, besonders hier der Bund, seine durch Schulden gedeckten Defizite ganz erheblich verringert — und das ist bis 1981 ja nicht vorgesehen —, oder die Unternehmensgewinne steigen auf Dauer um soviel stärker als die Löhne, daß die zusätzlichen Investitionen aus Eigenmitteln finanziert werden können — ich befürchte, da werden die Gewerkschaften langfristig nicht mittun —, oder aber die Bundesbank lockert die geldpolitischen Zügel. Denn unter diesen Bedingungen kann dann die Handlungsfähigkeit des Staates nur noch mit allerhöchsten Inflationsraten aufrechterhalten werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das letzte würde zwangsläufig noch mehr Inflation bedeuten. Inflation aber fördert nicht das Wachstum — das haben wir uns ja nun schon an den Schuhsohlen abgelaufen —, sondern hemmt und verhindert es und schafft zusätzliche Beschäftigungsrisiken.
    Dazu eine Bemerkung. Auch das haben wir doch in letzter Zeit wieder erfahren. Wenn Sie, Herr Westphal, hier darauf hinweisen, daß soundso viele Mitbürger es dieser Regierung verdanken, daß sie in Arbeit und Brot gekommen sind, dann gestatten Sie mir die bescheidene Frage, wenn Sie das für sich in Anspruch nehmen: wer hat sie denn aus Lohn und Brot und Arbeit erst vertrieben? Darüber muß man sich ja auch einmal Gedanken machen, Herr Kollege Westphal, wenn Sie sich hier in die Sonne legen vor dem deutschen Publikum.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Mit Recht warnt die Bundesbank im Juli-Bericht, daß die anhaltend starke staatliche Neuverschuldung zu Lasten der weniger zinsrobusten Unternehmen und zu Lasten der privaten Bauherren geht und damit die private Investitionstätigkeit dämpft. Die Großen, gegen die Sie ja sind — angeblich —, aber deren Nähe man doch immer wieder sucht, wie man immer wieder wahrnimmt,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Segelpartie auf der Ostsee!)

    die Großen, „die Bösen", die Zugang zu den internationalen Finanzmärkten haben, die können sich natürlich helfen. Die Leidtragenden sind vor allem — wie bisher und immer wieder — unser gewerblicher Mittelstand und darüber hinaus die Eigenheimbauer und nicht zuletzt auch wieder die Sparer — die kommen auch dran.
    Als ich am 27. Juni von dieser Stelle hier sagte:
    . das Gespenst der Inflation geht wieder um, kaum daß das Wachstum richtig Tritt gefaßt hat,
    als ich auf das stark zunehmende Tempo der Preissteigerungen hinwies, erhob der Herr Kollege



    Haase (Kassel)

    Wehner lauthals Protest — der eine oder andere wird sich noch erinnern können —, nur weil ich es gewagt habe, die damals erreichte Monatsrate auf eine Jahresrate von 6 °/o hochzurechnen. Schon im August aber hatten wir auch im Jahresvergleich eine Inflationsrate von fast 5 °/o, genau sind es 4,9 °/o.
    Als Folge der Sonderentwicklungen im Vorjahr, die uns eine zum Teil auch vom Ausland importierte Stabilität schenkten, sehen wir uns der Tatsache gegenüber — dem wird mit Sicherheit auch der Wirtschaftsminister nicht widersprechen —, daß es, selbst wenn die Preise für den Rest des Jahres 1979 auf dem Auguststand eingefroren werden könnten, im Oktober zu einem Preisanstieg — im Vergleich zum Vorjahr — um 5,1 % kommen wird. Da aber ein Stillstand unwahrscheinlich ist, dürfte die Rate leider noch höher ausfallen.
    Meine Damen und Herren, um hier einmal ein Märchen auszuräumen: Das liegt auch nicht am Ö1 allein. Sie haben immer Ihre Buhmänner, die, wenn sich die Sache für Sie schlecht zeigt, hervorgeholt werden: Die Multis, die internationalen Konzerne, die Ölscheichs.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Union der öligen Hände!)

    — Die Nummer wird im Augenblick gespielt.
    Es liegt nicht am Ö1 allein, da die daraus hergestellten Produkte im Warenkorb nur einen Anteil von 3 °/o haben. Das wissen Sie so gut wie wir. Diese Entwicklung hat vielmehr in ganz erheblichem Umfange hausgemachte Ursachen. Ohne Berücksichtigung von Ö1 und Ölprodukten sind die Lebenshaltungskosten zuletzt mit einer Jahresrate von 41/2 °/o, die Erzeugerpreise der Industrie, in denen sich die Mehrwertsteuererhöhung noch nicht niedergeschlagen hat, die vielmehr erst in einem halben Jahr oder später auf die Verbraucherpreise durchschlagen wird, mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 6 °/o gestiegen, wohlgemerkt: ohne Ö1 und ohne Mehrwertsteuer. Für die Zukunft ist also noch eine Menge auch an hausgemachter Inflation zu erwarten. Es gehört schon Optimismus dazu, auf dieser Grundlage für das nächste Jahr mit einer Inflationsrate von nur 4 °/o zu rechnen, jener Inflationsrate, von der unser Ex-Kanzler Willy Brandt einmal sagte, da beginne es dann ernst zu werden. Meine Damen und Herren von der Koalition, wo beginnt es denn bei Ihnen ernst zu werden?
    In dieser stabilitätspolitisch wie auch wachstumspolitisch bedrohlichen Lage kommt von der Finanzpolitik keine Entlastung. Im Gegenteil, der Abbau der heimlichen Steuererhöhungen wird abgelehnt, die als Folge jahrelanger liederlicher Finanzpolitik betriebene Schuldenwirtschaft fördert die Inflation.

    (Zuruf von der SPD: Na! Na!)

    Sie behindert die Geldmengenbegrenzungspolitik der Bundesbank, die allein sichern kann, daß aus der Ölpreiserhöhung nicht dauerhaft eine echte Inflation als Folge einer übergroßen Geldmenge wird. Die viel zu große Kreditnachfrage des Staates, hier insbesondere des Bundes, hat zu einem massiven Anstieg der Zinsen um bisher rund 8 °/o geführt und damit die Kostenbelastung der Wirtschaft wesentlich erhöht — zwangsläufige Ursache für weiter steigende Preise. Ein Kollege aus Ihrer Fraktion, Herr Bundesfinanzminister, hat die Mehrbelastung der Wirtschaft durch 1 °/o Zinserhöhung auf 8 Milliarden DM quantifiziert. Das ist weit mehr, als, eine entsprechende Anhebung der Löhne kostet. Unmittelbar schlägt der Anstieg der Hypothekenzinsen durch erhöhte Mieten auf die Verbraucherpreise durch. Wie können Sie, verehrter Herr Finanzminister, trotzdem behaupten, es gebe keine Probleme am Kapitalmarkt, der Staat fülle nur Lücken aus?
    Um nicht aufzeigen zu müssen, in welchem Umfang die Neuverschuldung des Bundes die Verschuldensobergrenze nach Art. 115 GG, nämlich die Summe der Investitionen, überschritten hat, haben Sie, Herr Matthöfer, seit 1978/79 eine Reihe von Umbuchungen vorgenommen und bisher als konsumtiv ausgewiesene Ausgaben mit dem Markenstempel „investiv" versehen. Ohne diese Tricks in einer Summe von etwa 5 Milliarden wird auch im nächsten Jahr trotz fast boomartiger Konjunktur die Verschuldensobergrenze des Grundgesetzes nach den Zahlen des Haushaltsplanes noch immer fast erreicht.
    Franz Josef Strauß hat schon vor Jahren davor gewarnt, daß wegen des Tempos der Schuldenzuwächse der Zeitpunkt immer näher rückt, in dem die Zinsen höher sind als die Kredite. Nach Ihrem eigenen Finanzplan, Herr Bundesfinanzminister, ist dieser Zeitpunkt bereits 1983 erreicht. Häfele hat heute morgen schon einmal darauf hingewiesen. Der Schuldendienst überschreitet dann erstmals die Summe der aufgenommenen Schulden. Der Kredit hat damit seine Aufgabe, zusätzliche werbende, zukunstsorientierte Staatsaufgaben zu Lasten künftiger Generationen zu finanzieren, endgültig verloren. 1983 müssen von jeder eingenommenen Steuermark über 10 Pf an Zinsen gezahlt werden.
    Dann werden wir mit den Lasten der Verschuldung, der Zinsquote, also im Verhältnis von Zinsen und Gesamtausgaben, auch international in die Spitzengruppe aufgerückt sein. Heute morgen wurde auch hier wieder versucht, das so darzustellen, als. ob dies alles im Vergleich zum Ausland bei uns in der Bundesrepublik noch in guter Ordnung wäre. Nur die Vereinigten Staaten, Irland und Großbritannien lagen nach dem Stand 1978 höher, als wir im Jahre 1983 liegen werden, Länder wie Italien aber noch darunter, von Frankreich ganz zu schweigen. Schon 1980 wird der Schuldendienst zum zweitgrößten Ausgabenblock des Bundes, noch vor den im Einzelplan 14 veranschlagten Ausgaben für die Landesverteidigung.
    Der Bundesfinanzminister bezeichnet als Priorität Nummer 1 seiner Finanzpolitik die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Aber die Ausgaben für den Schuldendienst, Zins en und Tilgung sind 1980 viermal so hoch, 1983 nach seinen eigenen Zahlen sechsmal so hoch wie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Der Handlungsspiel-



    Haase (Kassel)

    raum für wichtige, in die Zukunft weisende Ausgaben, beispielsweise für die dringend notwendige Aufrechterhaltung unserer Verteidigungsbereitschaft angesichts der immer drückender werdenden Rüstungsbedrohung aus dem Osten oder für eine kinderfreundlichere Familienpolitik, ist durch die Schuldenwirtschaft so gut wie verspielt.
    Verehrter Herr Matthöfer, Ihre Aufgabe Nummer 1 wird es sein, die Frage zu beantworten: Woher bekomme ich das Geld, um Tilgung und Zinsen zu bezahlen? Das ist die Priorität Nummer 1, die Sie haben. Sie werden vom Bundesfinanzminister immer mehr zum Bundesschuldenminister.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Diese Regierung ist erklärtermaßen angetreten, die von ihr beklagte öffentliche Armut durch eine gewaltige Steigerung der staatlichen Investitionen zu beseitigen. Das Gegenteil hat sie erreicht: Statt der Beseitigung der öffentlichen Armut ein riesiger Schuldenberg, statt einer Erhöhung der Investitionsquote jetzt eine ständige Verminderung. Das heißt in Ihrer Terminologie: Sie hat nicht die öffentliche Armut beseitigt, sondern den Staat nur noch ärmer gemacht. Aus unserer Sicht: Sie haben den Staat auf das Niveau des öffentlich-rechtlichen Sozialhilfeempfängers gebracht.

    (Lachen bei der SPD)

    — Ja natürlich! Er ist öffentlich-rechtlich, aber es ist das Niveau des Sozialhilfeempfängers.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Wie originell!)

    Die Regierungskoalition aus SPD und FDP ist angetreten, soziale Ungerechtigkeiten durch vermehrte Umverteilung zugunsten schwächerer Bevölkerungsgruppen zu beseitigen. Aber in Wirklichkeit hat sich die Umverteilung von Steuermitteln zugunsten derjenigen entwickelt, die ihr Kapital dem Staat gegen Zahlung von Zinsen zur Verfügung stellen, und den absoluten Vorrang vor allen anderen Aufgaben erreicht. Meine Damen und Herren, das ist das Ergebnis der Politik einer Partei, die sich rühmt, die Partei der Arbeitnehmer oder der Ärmsten der Armen — oder welche Formulierung Sie für diesen Tatbestand auch immer gebrauchen — zu sein.
    Nun eine abschließende Bemerkung: Das, was Sie, verehrter Herr Matthöfer, und Ihre Koalition im Bereich der Bürokratie vorhaben, spricht allerdings allen lautstarken Konsolidierungsbeteuerungen. geradezu Hohn, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für den Abbau der heimlichen Steuererhöhungen ist kein Geld da, aber für die weitere Vergröfierung der Bürokratie können Sie sich die Mittel zusammenpumpen. Das ist ein starkes Stück, Herr Matthöfer! Wenn im Jahre der angeblichen Konsolidierung 3 000 neue Stellen im zivilen Bereich geschaffen und sogar mehr als 5 000 Stellen gehoben werden sollen, so ist das — entschuldigen Sie, Herr Bundesfinanzminister — ein Zeichen der Schwäche gegenüber Ihren Ressortkollegen, letztlich auch ein weiteres Zeichen für das mangelnde Durchsetzungsvermögen des Herrn Bundeskanzlers. Die Tatsache, daß Sie in der Haushaltsrede hierüber kein einziges Wort verloren haben, beweist doch im Grunde genommen Ihr schlechtes Gewissen, das Sie hier haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Amtsschimmel darf noch kräftiger wiehern, vor allem in den obersten Bundesbehörden. Wie schon seit 1969, so steigen auch im nächsten Jahr die Stellen, gerade in den Wasserköpfen der Ministerien — ich sage das mit allem Respekt vor den Arbeitsleistungen unserer qualifizierten Beamtenschaft —, eineinhalbmal so stark wie im nachgeordneten Bereich — Zahlen jeweils gerechnet ohne Soldaten und ohne Bundesgrenzschutz.
    Aber auch der FDP sollte hier besonders gedacht werden, Herr Kollege Hoppe. Sie haben ja, wie beim Telefon, . auf diesen Mange auf diese Fehlentwicklung hier hingewiesen. Ich frage Sie, warum Sie hier nun wieder darauf hinweisen? Denn in den Ressorts der FDP-Minister sieht es ja ganz besonders traurig aus. Die FDP-Minister der Bundesregierung tun sich in der Vorsorge um Beförderungsmöglichkeiten, wahrscheinlich bei ihnen besonders nahestehenden Beamten — ich will da sehr vorsichtig sein —, besonders hervor. Herr Hoppe, ein Wort zuvor hätte die Regierungsmitglieder auf den Pfad der Tugend bringen sollen. Das Bild bei den Vier, auf die es ankommt, sieht so aus: Graf Lambsdorff verlangt für sein Haus, also nur für das Ministerium, ohne nachgeordnete Verwaltung, insgesamt 62 neue Stellen und Hebungen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Sein Kollege Ertl verlangt 65, der Bundesinnenminister — auch von der FDP — 92 Stellen. Den Vogel schießt der FDP-Parteivorsteher und Vizekanzler ab, der für sein Ministerium, also nur für die Zentrale, nach dem Willen der Regierung gleich 139 neue Stellen und Hebungen haben soll.
    Nun, Herr Bundesfinanzminister, ich bin zwar gern bereit, Ihnen für die Ausgabenzusammensetzung, für die durch die Schuldenwirtschaft aufgezwungenen Prioritäten und Posterioritäten und für die Schuldenhöhe in gewissem Umfang noch mildernde Umsätze zuzubilligen, weil diese Politik — allerdings von Ihnen mitgetragen — zum erheblichen Teil Nachlaß Ihrer Amtsvorgänger Hans Apel und Helmut Schmidt ist, aber Ihre nachgiebige Haltung, verehrter Herr Matthöfer, gegenüber den Personal- und Hebungsanforderungen der Ressorts verdient in jeder Beziehung nur das Prädikat „ungenügend". Wenn da ein Zeugnis ausgestellt werden müßte, würde es hier heißen: In diesem Punkt fehlt ihm die finanzpolitische Reife.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Kolb [CDU/CSU] : Wird nicht versetzt!)

    Meine Damen und Herren, es kann auf Dauer nicht hingenommen werden, daß der Finanzminister und der Bundeskanzler mangels hinreichender Durchsetzungskraft oder mangels hinreichenden



    Haase (Kassel)

    Durchsetzungswillens Wohltaten in Form von immer neuen, vor allem immer höher dotierten Stellen und Stellenhebungen verteilen und dann dem Haushaltsausschuß die undankbare Aufgabe überlassen, den bösen Buben zu spielen und die vom Finanzminister selbst nicht mehr mit guten Gründen zu rechtfertigenden Stellenmehranforderungen auf ein halbwegs vertretbares Maß zurückzustreichen. Herr Finanzminister, Sie stehen in der Verantwortung, und Sie müssen dieser Verantwortung meines Erachtens auch gerecht werden.
    Herr Kollege Hoppe, ich freue mich, daß Sie bereits in Ihren ersten Reaktionen, als der Etat auf den Tisch kam und auch heute wieder hier, diese Pläne der Regierung als nicht gut qualifiziert und auch schon signalisiert haben, daß Sie nicht geneigt und bereit sind, diese liederliche Personalwirtschaft mitzumachen. Verehrter Herr Hoppe, an CDU und CSU wird es nicht fehlen. Ich hoffe allerdings, daß dann auch Ihre FDP-Kollegen im Kabinett bei unseren gemeinsamen Initiativen nicht ungeschoren davonkommen.
    Die CDU/CSU wird zum Gesamthaushalt darüber hinaus Vorschläge machen, durch Kürzung und Haushaltsverbesserungen die Defizite merklich zu vermindern. Damit muß bereits für dieses Jahr angefangen werden. Der zweite Nachtrag, der bei Ausgaben und Einnahmen ein Volumen von 1,9 Milliarden DM hat, zeigt, wie sich die Regierung durch eine überhöhte Veranschlagung, beispielsweise bei den Zuschußmitteln für Nürnberg, eine Reserve geschaffen hat, die jetzt für andere Maßnahmen „verfrühstückt" wird. Wir werden diesen Skandal — man muß diese finanzpolitische Manipulation leider so qualifizieren — im Haushaltsausschuß eingehend zur Sprache bringen.

    (Zurufe von der SPD)

    — Sie können sich darauf verlassen, wir werden es tun. Wir müssen allerdings auch die Grenzen sehen, die einem Parlament und in diesem Zusammenhang erst recht einer Opposition gesetzt sind.
    Herr Hoppe, ich muß Sie noch einmal als unverdächtigen Zeugen bemühen. Sie hatten bei der dritten Lesung des Haushalts 1979 zu Recht ausgeführt:
    ... auch in der Haushaltspolitik ist das Gewicht der Exekutive immer stärker geworden. ... schon eine Korrektur der Regierungspolitik
    — das heißt in diesem Falle durch den Haushaltsausschuß —
    ist schwer, eine Änderung schier unmöglich.
    Eine dauerhafte Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen, die Wiederherstellung einer wenigstens halbwegs befriedigenden Ausgabenstruktur, eine Politik, die zumindest in Teilbereichen über den Tellerrand des Wahltermins hinwegblicken kann und auch Vorsorge für die Lebens- und Entwicklungschancen der jetzt noch jungen Generation trifft, ist nur dann möglich, wenn die Regierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister, endlich ihre Führungsaufgabe wahrnehmen. Wir können und werden die Regierung nicht aus der Verantwortung entlassen. Herr Finanzminister, auch durch eine langatmige Haushaltsrede, durch das Verschweigen der Zentralprobleme können Sie sich aus dieser Ihrer Verantwortung nicht hinausschleichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löffler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir uns hier in diesem Saal über Haushaltspolitik unterhalten, versteht uns der Bürger in den meisten Fällen nicht. Was erwartet er eigentlich von uns? Er erwartet in einer Demokratie natürlich zu Recht, daß wir alle Anstrengungen unternehmen, um für ihn ein Höchstmaß an Zufriedenheit zu erzielen. Worin bestehen die einzelnen Elemente der Zufriedenheit für die Menschen unseres Landes? Da geht es um gesicherte Arbeitsplätze, um soziale Absicherung in Notfällen. Da geht es um einen sorgenfreien Lebensabend, der nicht nur das Warten auf das Ende ist. Die Menschen wollen keine Angst vor der Zukunft haben, und dann geht es darum, daß Verdienst und Preisstabilität dafür sorgen, daß sich die Leute für größere Anschaffungen auch noch etwas auf die Seite legen können. Da wir nicht alleine auf der Welt leben, müssen wir diese Politik im Innern durch eine nach außen gerichtete konsequente Politik der Friedenssicherung, durch unsere Verteidigungsbereitschaft und durch internationale Solidarität, die wir in allererster Linie den ärmeren Völkern zugute kommen lassen sollten, absichern. Diesem Ziel ist die sozialliberale Koalition verpflichtet. Ihre Finanzpolitik dient diesem Ziele in einem besonderen Maße.
    Wir alle wissen, hinter uns liegen wirtschaftlich schwere Zeiten. Bundesregierung und Koalition haben durch ihre Finanzpolitik entscheidend mit dafür gesorgt, daß die Folgen der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung sowohl für den einzelnen als auch für die gesamte Gesellschaft zumutbar blieben, auch wenn nicht alle Beeinträchtigungen von jedem Menschen unseres Volkes abgehalten werden konnten. Diese Finanzpolitik ergab und ergibt sich ganz konsequent aus der politischen Auffassung, daß im Mittelpunkt des politischen Strebens der Mensch zu stehen hat; denn er lebt immer konkret und nicht von den schönen Worten, die unter anderem hier von dieser Tribüne herab gesprochen werden. Jeder weiß, daß der Mensch nur in einem bestimmten Maße in der Lage ist, die Bedingungen seines Lebens selbst zu gestalten. Die wichtigsten Lebensbedingungen kann er allein überhaupt nicht beeinflussen, sondern er ist darauf angewiesen, im demokratischen Zusammenwirken mit anderen und in gesellschaftlicher Solidarität zu handeln. In diesem Sinne haben sich Parlament und Regierung als Beauftragte des Volkes zu verstehen und die Steuermittel, die ihnen anvertraut



    Löffler
    werden, so einzusetzen, daß der größtmögliche Nutzen für das Volk entsteht.
    Genau das hat die Finanzpolitik der letzten Jahre getan. Wir haben in Zeiten der konjunkturellen Schwäche die Ausgaben nicht gesenkt, sonder haben sie erhöht, um der stagnierenden Wirtschaft Wachstumsimpulse zu geben. Gleichzeitig wurden Steuern gesenkt, um die Kosten zu mindern und die private Nachfrage anzukurbeln. Das kann so schlecht nicht gewesen sein, denn Herr Häfele konnte heute morgen, wenn auch etwas verklausuliert, nicht anders, als dieser Politik doch zu bescheinigen, daß sie zum Wirtschaftsaufschwung beigetragen hat.
    Diese doppelt abgesicherte Finanzpolitik hat natürlich ihren Preis. Der Bundesfinanzminister hat ihn gestern in seiner Haushaltsrede genannt. Hier noch einmal die Zahlen: Es wurden 35 Milliarden DM zusätzlich ausgegeben, die Steuern wurden um fast 50 Milliarden DM gesenkt. Zugegeben, diese Politik ist teuer, aber sie ist erfolgreich.
    Wir brauchen, nebenbei gesagt, Herr Haase, diese Politik nicht wie Sie mit großen Worten zu begründen und zu verteidigen, sondern die Tatsachen sprechen eindeutig für sie. Sie war allerdings nur durch eine höhere Staatsverschuldung möglich. Regierung und Koalition haben sich nicht, wie uns unterstellt wird, leichtfertig auf den Weg einer hohen Staatsverschuldung begeben, sondern haben sehr, sehr sorgfältig abgewogen, mit welcher Politik am besten Schaden von unserer Gesellschaft abgewendet werden kann. Ich weiß, daß das in diesem Augenblick nicht populär ist, aber es muß einmal ganz klar gesagt werden, daß die hohe jährliche Zinsbelastung, die wir jetzt zu tragen haben und die sich aus der erhöhten Nettokreditaufnahme der letzten Jahre ergibt, den einzelnen in unserem Volke weniger drückt als der Verlust des Arbeitsplatzes, als empfindliche Einschnitte in unser System der sozialen Sicherung, als düstere Zukunftsaussichten und als hohe Preissteigerungsraten und unerträgliche Verteilungskämpfe. Die Sicherung unserer sozialen Gesellschaft hatte natürlich ihren Preis.
    Die kräftige Absenkung der Nettokreditaufnahme für 1980 beweist eindeutig, daß sich die Koalition nicht, wie uns die Opposition immer unterstellt, an die hohe Neuverschuldungsrate der letzten Jahre gewöhnt hat. Sie beweist gleichzeitig, daß die hohe Nettokreditaufnahme nicht als ein selbstverständliches Mittel der Finanzierung von Staatsausgaben angesehen wird, sondern eine hohe Nettokreditaufnahme bleibt für uns ein Mittel des Staates, um wirtschaftliche Schwierigkeiten wirkungsvoll bekämpfen zu können. Die Konsequenz aus dieser Haltung erkennen Sie im zweiten Nachtragshaushalt, wo wir die Steuermehreinnahmen voll zur Absenkung der Nettokreditaufnahme für dieses Jahr verwenden.
    Herr Kollege Hoppe hat von der Wende in der Haushaltspolitik gesprochen. Um diese Wende sind wir natürlich alle bemüht. Aber man kann sie nicht von oben herab einfach dekretieren, sondern diese
    Wende setzt eine Wende in unserer Wirtschaftspolitik voraus. Die Bundesbank spricht davon, daß eine weitere Absenkung der Nettokreditaufnahme positiv wäre. Aber niemand soll doch so tun, als ob es in unserem Land oder überhaupt in einem Land jemanden gibt, der ganz präzise Voraussagen für mehrere Monate geben könnte. Ich will nicht die Bundesbank kritisieren. Aber die Bundesbank hat vor einem Jahr gesagt: Der Nettokreditrahmen der öffentlichen Hände kann 1979 bei 60 Milliarden DM liegen. Wir haben es dank der wirtschaftlichen Entwicklung nicht nötig, diesen Kreditrahmen auszunützen. Er wird unter 50 Milliarden DM liegen. Das heißt, allein schon durch die Entwicklung und durch unser genaues. Reagieren auf diese Entwicklung haben wir zur Konsolidierung schon ganz erheblich beigetragen.
    Nun wissen wir, daß die Opposition diese Finanzpolitik von Anfang an bekämpft hat, ohne Ansätze für eine gangbare Alternative aufzuzeigen. In diesem selbstverständlich legitimen Kampf gegen die Finanzpolitik der Koalition unterlaufen der Opposition eine Reihe von Widersprüchen, Fehleinschätzungen und Falschdarstellungen. Mit einigen möchte ich mich auseinandersetzen.
    Erstens. Die Opposition behauptet, daß der Anteil des Bruttosozialprodukts, der durch die öffentlichen Kassen geht, ständig wächst und so durch die Hintertür eine immer größer werdende Reglementierung der . Bürger durch den Staat eingeführt werden soll. Das ist falsch. Richtig hingegen ist, daß der Anteil der öffentlichen Kassen am Bruttosozialprodukt je nach der Wirtschaftslage schwankt. So betrug er 1975 34,8 v. H. des Bruttosozialprodukts. Er wird 1980 bei 33,2 v. H. liegen. Er nimmt gegenwärtig also ab und nicht zu.
    Zweitens. In diesem Zusammenhang behauptet die Opposition auch, daß die steuerliche Belastung der Bürger unseres Landes ständig steigt. Das ist falsch. Richtig ist, daß die volkswirtschaftliche Steuerquote seit 1977 — damals lag sie bei 25 v. H. des Bruttosozialprodukts — in den letzten Jahren mäßig gesunken ist und nach den gegenwärtigen Schätzungen 1980 bei 24,3 v. H. liegen wird. Die Zahlungen für das Kindergeld herausgerechnet, würde diese Quote sogar bei 23,3 v. H. liegen. Sie war in früheren Jahren schon höher, z. B. 1969. Finanzminister war damals Herr Dr. Franz Josef Strauß.
    Drittens. Die Opposition wird nicht müde, immer wieder zu behaupten, daß durch die hohe Nettokreditaufnahme der letzten Jahre die Staatsfinanzen zerrüttet worden sind. Das ist falsch. Richtig hingegen ist, daß die Bundesrepublik in der westlichen Welt einer der stabilsten Staaten ist,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    was Wirtschaft, Preisstabilität und soziale Sicherheit anlangt. Herr Haase, ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang in allem Ernst das eine sagen: Wer einen der stabilsten Staaten der westlichen Gemeinschaft aus vordergründiger politischer Absicht herabsetzt, diffamiert damit die gesamte Gemeinschaft und schwächt notwendigerweise ihre innere



    Löffler
    Widerstandskraft. Das soll jeder bedenken, der glaubt, bei jeder Gelegenheit über diese Republik herziehen zu sollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Viertens. Die Opposition behauptet, daß durch die Finanzpolitik der Koalition die Leistungsfähigkeit der einzelnen Menschen schwer beeinträchtigt wird, weil die Motivation für Leistung immer geringer wird. Das ist falsch. Richtig hingegen ist, daß der Bergarbeiter, die Frau und der Mann in der Fabrik, der Unternehmer und die Menschen in den Dienstleistungsbereichen mehr leisten als früher. Die Zahlen unseres wachsenden Bruttosozialproduktes weisen das eindeutig aus. Das ist nur möglich, weil die Regierung und die Koalition vernünftige Hilfen angeboten und Rahmenbedingungen geschaffen haben, die es den Menschen sinnvoll erscheinen lassen, ihren Fleiß zu entfalten. Unsere Bürger wissen, wofür sie arbeiten.
    Fünftens. Die Opposition gebraucht immer wieder das Argument, daß die private Verwendung des Geldes unter allen Umständen besser ist als die öffentliche Verwendung. Das ist falsch. Richtig ist, daß der private Erfolg in entscheidendem Maße von der öffentlichen Vorsorge abhängig ist. Der Unternehmer kann zwar eine Fabrik bauen, aber er kann nicht allein für Energie und Rohstoffe sorgen, für Wasser- und Abwasserversorgung, für Verkehrswege, für Wohnungen seiner Mitarbeiter, für Schulen und andere Ausbildungsstätten und für all die anderen Dinge, die für seinen wirtschaftlichen Erfolg ebenfalls wichtig sind. Öffentliche und private Verwendung von Teilen des Bruttosozialproduktes stehen nicht im Gegensatz zueinander, wie es die Opposition immer wieder behauptet, sondern sie ergänzen sich.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

    Das wissen die Menschen unseres Volkes, wenn sie unsere öffentlichen Leistungen zur Kenntnis nehmen und genießen.
    Sechstens. Die Opposition fordert einerseits Sparsamkeit und liebäugelt andererseits — Herr Kollege Hoppe ist darauf eingegangen — mit Versprechungen, die hohe zusätzliche Staatsausgaben zur Folge hätten. Eine solche Politik ist falsch. Richtig hingegen ist, daß mit Augenmaß das Mögliche und das Notwendige auf einen Nenner gebracht werden müssen, um nicht die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft zu überfordern und um nicht die Stabilität unseres Staates auf die Klippen zu hoher Erwartungen auflaufen zu lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Siebentens. In den letzten Wochen hat die Opposition zum wiederholten Male massive Steuersenkungen gefordert, und zwar ungeachtet derjenigen Steuersenkungen, die bereits beschlossen, aber noch nicht voll wirksam sind. Eine solche Politik ist gegenwärtig falsch. Richtig ist, daß in Zeiten der wirtschaftlichen Erholung der Staat Steuermehreinnahmen für die Absenkung der Nettokreditaufnahme verwenden muß, um den Kreditmarkt zu entlasten und um neuen Handlungsspielraum für
    Zeiten zu schaffen, in denen der Staat wieder stärker stützend und anregend eingreifen muß.
    Achtens. Die Opposition behauptet immer wieder, daß wir künftige Generationen durch unsere Nettokreditaufnahme schwer belasten. Kollege Haase sagte einmal, wir verfeuerten das Holz, das in den nächsten Jahren für die nachfolgende Generation vorhanden sein sollte. Das ist falsch. Richtig ist, daß wir heute der nachfolgenden Generation durch entsprechende Vorsorge die Möglichkeit geben, auch eine gesicherte Zukunft zu' erleben, ähnlich wie wir sie haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Finanzpolitik der sozialliberalen Koalition hat unter anderem aber auch dafür gesorgt, daß der Herr Kollege Häfele politisch nicht arbeitslos geworden ist. Die voraussehbaren Steuermehreinnahmen dieses Jahres, Herr Kollege Häfele, haben es Ihnen ja ermöglicht, die Steuersenkungsdebatte zu beginnen; aber diese Steuermehreinnahmen hätten Sie ohne die erfolgreiche Politik dieser Regierung nicht gehabt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Forderung der Opposition nach Steuersenkungen ist eigentlich die schönste Bestätigung, die eine Regierung erwarten kann, denn diese Forderung beweist, daß es wirtschaftlich kräftig aufwärtsgeht und die düsteren Voraussagen der Opposition zusammengebrochen sind, die sie jahrelang von dieser Stelle hier verkündet und in vielen Artikeln dargestellt haben.

    (V o r s i t z: Vizepräsident Leber, mit Beifall begrüßt)

    Ich glaube, eine bessere Bestätigung der Finanzpolitik der Regierung gibt es nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Die düsteren Voraussagen der Opposition hätten sich allerdings erfüllt, wenn ihre Finanzpolitik zum Tragen gekommen wäre, eine Politik, die sich in dem finanzpolitischen Dreieck von Senkung der Nettokreditaufnahme, Steuersenkungen und Ausgabenkürzungen konzeptionslos von einem Widerspruch zum anderen bewegte. Wir hingegen bewegen uns in dem finanzpolitischen Dreieck, das uns der Sachverständigenrat in seinem Gutachten von 1978 empfohlen hat. Es besteht aus den Punkten Rückführung der Nettokreditaufnahme, Sorge um, die Preisstabilität und Wachstumsimpulse durch öffentliche Nachfrage.
    Über Geschmacksfragen kann man streiten. Daß Herr Häfele die zufällige Identität von zwei Zahlen hier verkündet, ist seine Sache. Nur, Herr Häfele, das macht natürlich deutlich, wie Sie über Finanzpolitik denken. Finanzpolitik ist eben keine Buchhalterei. Wenn man einen solchen Vergleich schon anführt, hätte man sagen müssen: Die Schuldenaufnahme von Hitler hatte einen furchtbaren Krieg zur Folge, hatte Trümmer, Not, Elend, Tod, Mord zur Folge.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Löffler
    Was wir getan haben, ist, unserem Volk den Weg in eine blühende Zukunft zu ermöglichen. Das sind doch ganz erhebliche Unterschiede. Herr Häfele, die darf auch derjenige nicht vergessen, der nun einmal, wie Haushälter und Finanzpolitiker, besonders gern mit Zahlen herumspielt.
    Gestern konnten Millionen von Menschen die ehrliche und genaue Haushaltsrede des Bundesfinanzministers hören.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Niemand von den Zuhörern und Zuschauern wird den Eindruck gehabt haben, daß hier eine verfehlte oder gar abenteuerliche Finanzpolitik vorgetragen wurde. Wenn Sie ehrlich sind, meine Damen und Herren von der Opposition, haben auch Sie diesen Eindruck nicht. Sachlich klar und verständlich wurde dem Bürger und uns dargelegt — zum Teil durch Angabe von Zahlen untermauert —, welchen großen gemeinsamen Zielen der Haushalt 1980 dienen soll: 1. der Förderung von Forschung und Entwicklung; 2. der Bereitstellung von Hilfen für Unternehmer, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse in ihren Betrieben durchsetzen wollen; 3. der Förderung des Steinkohlenbergbaus, der einzigen nennenswerten inländischen Energiequelle; 4. der Beteiligung an Vorhaben zur Erschließung neuer Erdöl- und Erdgasfelder; 5. der Aufstockung unserer Rohölreserven; 6. der Erschließung nichtnuklearer Energiequellen; 7. der Förderung von Energiesparmaßnahmen; 8. der Vorratshaltung wichtiger Rohstoffe; 9. der Ersetzung und Wiedergewinnung von Rohstoffen; 10. der Förderung der Entwicklung und Anwendung neuer Technologien in kleineren und mittleren Unternehmen; 11. der Förderung der Gründung selbständiger Existenzen. So könnte ich die Reihe jetzt fortsetzen. Das ist ein Programm; dem haben Sie tatsächlich nichts entgegenzusetzen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Leute draußen werden, wenn sie diese einzelnen Punkte zur Kenntnis nehmen, wissen, daß hier eine Regierung sehr sorgfältig nach den Interessen des Volkes gehandelt hat.
    Wir sind nicht so vermessen, für uns in Anspruch zu nehmen, daß wir alles und jedes richtig machen. Wer kann das schon? Insofern sind wir für sachdienliche Hinweise und vernünftige Vorschläge der Opposition -stets dankbar. Nur: Gegen pauschale, im einzelnen nicht qualifizierte Vorwürfe im Stil von Sonthofen werden wir uns zur Wehr setzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dabei haben wir es nicht einmal nötig, starke Worte zu benutzen, sondern wir können die geschaffenen Tatsachen und die beabsichtigten Maßnahmen für sich sprechen lassen. Das Volk wird uns gut verstehen; da bin ich sicher.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein Blick auf die Struktur des Haushalts läßt die Vorwürfe, daß mit dem Geld des Steuerzahlers nicht sorgsam genug umgegangen wird, in sich zusammenbrechen. Der Haushalt für 1980 soll um 5,6
    v. H. steigen. Die Ausgaben für Personal, die sächlichen Verwaltungsausgaben und die Ausgaben für militärische Beschaffungen steigen aber lediglich mit Sätzen von 3 bis 4 v. H., also unterdurchschnittlich. Die Zuweisungen und Zuschüsse hingegen steigen überproportional mit 5,8 v. H.
    Mit anderen Worten: Es ist nicht so, Herr Haase, wie Sie es eben hier oben wieder verkündet haben, daß der Staat für seine eigenen Einrichtungen und Organe tief in die Tasche des Steuerzahlers hineingreift, sondern er trifft mit dem größten Teil der Haushaltsansätze Vorsorge für die Menschen in unserem Volke. Er sieht den Haushalt nicht als einen Selbstbedienungsladen an. Wer etwas anderes behauptet, sollte das hier alles klar und deutlich vortragen.
    Wir reden heute über einen Haushaltsplanentwurf. Das heißt, daß dieser Entwurf im Laufe der Beratungen noch verändert wird. Dabei wird es nicht nötig sein, durch Veränderungen die durch den Entwurf des Haushalts für 1980 konzipierte Politik in eine andere Richtung zu lenken. Die Politik ist gut und bedarf keiner Revision.
    Der Haushaltsausschuß wird als Teil dieses Parlaments und im Auftrag dieses Parlaments Ansatz für Ansatz, Stelle für Stelle sorgfältig prüfen und mit den Vertretern der Regierung erörtern. Wenn Veränderungen vorgenommen werden, so werden sie von der Sache her begründet sein und das politische Gesamtwerk nicht verwässern.

    (Beifall des Abg. Wehner [SPD])

    Was, sehr geehrter Herr Hoppe, nachher dabei herauskommt, ob 1 Milliarde DM weniger oder vielleicht auch 1 Milliarde DM mehr, ob der Prozentsatz der Steigerung bei 5,1, 5,2 oder 5,3 liegt, das sollten wir tatsächlich unseren Beratungen überlassen und uns nicht von vornherein schon jetzt in ein Korsett zwängen, das möglicherweise kneift und das wir dann während der Beratungen aufhaken müssen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Natürlich wird bei dieser Arbeit zu prüfen sein, an welchen Stellen die Ansätze korrigiert werden können. So könnte ich mir z. B. vorstellen, daß es einen breiten Konsens im Hause darüber gibt, daß unsere Verpflichtungen gegenüber dén ärmeren Ländern durch die Aufnahme der einen oder anderen zusätzlichen Maßnahme auch von seiten des Parlaments zu unterstreichen sind. Aber wir werden. sehen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion kommt bei der Bewertung dieses Haushaltsentwurfs zu folgendem Ergebnis: Der Haushaltsentwurf 1980 paßt in die konjunkturpolitische Landschaft, weil er mit seiner Steigerungsrate von 5,6 v. H. unter dem vorausgesagten Anstieg des Bruttosozialprodukts von 7 v. H. bleibt. Er ist offen für neue wirtschaftliche Herausforderungen, er hilft die Zukunft unseres Volkes sichern, er leistet entscheidende Hilfe beim weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit, er festigt unser System der sozialen Sicherheit, er trägt durch Verminderung der Nettokreditaufnahme zur Entlastung des Kapital-



    Löffler
    markts bei und dämpft damit den Preisauftrieb, und er ist insgesamt eine hervorragende Grundlage für die parlamentarische Beratung.
    Herr Bundesminister der Finanzen, die SPD-Fraktion dankt Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)