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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/169 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 169. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Inhalt: Verzicht der Abg. Nordlohne, Dr. von Bismarck und Wohlrabe auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . . . . . 13425 A Eintritt der Abg. Erpenbeck, Dr.-Ing. Oldenstädt und Bahner in den Deutschen Bundestag 13425 A Wahl des Abg. Weiskirch (Olpe) zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 13425 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 13425 B Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksache 8/3100 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1979 bis 1983 — Drucksache 8/3101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1979 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/3099 — Dr. Häfele CDU/CSU 13427 B Westphal SPD 13436 C Hoppe FDP 13444 A Haase (Kassel) CDU/CSU 13447 D Löffler SPD 13452 C Gärtner FDP 13456 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 13458 D Roth SPD 13461 C Dr. Kohl CDU/CSU 13464 D Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . . 13478 C Rohde SPD 13483 B Mischnick FDP 13489 D Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 13490 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 13495 A Franke CDU/CSU 13499 B Glombig SPD . . . . . . . . . . 13502 D Cronenberg FDP 13505 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 13507 C Burger CDU/CSU 13510 C Kuhlwein SPD 13512 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 23 02 Tit. 896 05 — Leistung einer einmaligen finanziellen Sondermaßnahme im Rahmen der Konferenz für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit - Drucksachen 8/2883, 8/3033 — . . . . 13516 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 60 04 Tit. 671 02 — Erstattung von Kredit- und Verwaltungskosten und Ausfällen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Zusammenhang mit der Bildung eines Fonds für Direktinvestitionen und dem Erwerb von Auslandsforderungen auf Grund des deutsch-amerikanischen Devisenausgleichabkommens vom 8./19. August 1969 — Drucksachen 8/2935, 8/3034 — . . . . 13516 B Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1978 —— Drucksache 8/3060 — 13516 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Auslieferungsvertrag vom 20. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika — Drucksache 8/3107 — 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die Ergänzung des Europäischen Ubereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung seiner Anwendung — Drucksache 8/3138 — . . . . . . . 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes (TabStG 1980) — Drucksache 8/3114 — 13517 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (AO 1977) — Drucksache 8/3142 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung — Drucksache 8/3077 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. November 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika über den Luftverkehr — Drucksache 8/3058 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ubereinkommen vom 3. September 1976 über die Internationale Seefunk Satelliten-Organisation (INMARSAT) — Drucksache 8/3057 — . . . . . . . 13517 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Maßnahmen zur Umstrukturierung und Umstellung der Industrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsinvestitionen der Schiffbauindustrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsmaßnahmen der Textilindustrie, insbesondere der Kunstfaserindustrie — Drucksachen 8/2465, 8/2687, 8/3145 — 13517C Nächste Sitzung 13517 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordheten . . 13518*A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 13425
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 14. 9. Amrehn ** 14. 9. Dr. Bayerl 13. 9. Blumenfeld 14. 9. Dr. Corterier *** 13. 9. Dr. Dregger 13. 9. Dr. Enders * 14. 9. Fellermaier **** 14. 9. Frau Fischer ** 14. 9. Friedrich (Würzburg) **** 14. 9. Haberl 14. 9. Dr. Hennig ** 14. 9. Hoffie 13. 9. . Dr. Holtz ** 14. 9. Dr. Jaeger ** 14. 9. Jaunich 14. 9. *) für die Teilnahme an. Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **) für die Teilnahme an der 66. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ****) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c . Kiesinger 14. 9. Dr. Klepsch **** 14. 9. Klinker 14. 9. Koblitz 14.9. Dr. Köhler (Wolfsburg)** 14. 9. Dr. Kraske ** 14. 9. Kraus ** 14. 9. Dr. Kreutzmann 14. 9. . Dr. Kunz (Weiden) ** 14. 9. Lemmrich * 14. 9. Lücker **** 14. 9. Männing ** 14. 9. Mattick ** 14. 9. Dr. Meinecke (Hamburg) ** 14. 9. Dr. Mende ** 14. 9. Dr. Möller 14. 9. Dr. Müller-Hermann **** 14. 9. Polkehn ** 14. 9. Reuschenbach ** 14. 9. Schetter 14. 9. Schmidt (Würgendorf) 14. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) **** 14. 9. Seefeld **** 14. 9. Frau Simonis 14. 9. Frau Tübler 14. 9. Voigt (Frankfurt) ** 14. 9. Dr. Wulff ** 14. 9. Wurbs ** 14. 9.
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    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gestern vom Bundesfinanzminister eingebrachte Entwurf des Bundeshaushalts 1980 macht in seiner eher bescheidenen Zuwachsrate die Ernsthaftigkeit der Bemühungen um die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen sichtbar. Nun ist allerdings dem Herrn Kollegen Häfele zuzugeben, daß „Konsolidierung" dafür ein zu großes Wort ist.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Hervorragend!)

    Denn es geht zunächst einmal darum, mühsam die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß wir die Staatsfinanzen wirklich konsolidieren können. Aber gerade deshalb stehen wir in der Finanz- und Haushaltspolitik vor den beiden Problemkreisen Konsolidierung und Steuerentlastung. Auch hier müssen Prioritäten gesetzt werden, und auch die Opposition kann diesem Zwang nicht ausweichen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Bei dem Problemkreis Staatsverschuldung hat Herr Kollege Häfele die Frau Kassandra bemüht — das ist verständlich —, und er hat beklagt, daß, sie mit ihren Rufen bisher so wenig bewirkt hat. Leider hat aber offenbar Herr Häfele und leider haben die verehrten Kollegen von der Opposition von der Dame überhaupt nichts dazugelernt;

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    denn uns empfiehlt Herr Häfele, auf Frau Kassandra zu lauschen, während er und die Opposition sich die Ohren verstopfen. Nur weil Sie sich selbst so abschirmen, können sie im Augenblick als seltsame Alternative und als Ihr Oppositionskonzept der Bevölkerung die Beglückung mit den Steuererleichterungen zur Unzeit nahebringen wollen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Fraktion der Freien Demokraten nimmt jedenfalls mit Genugtuung zur Kenntnis, daß die Konsolidierungspolitik jetzt Vorrang hat. Doch kann uns das vorgelegte Zahlenwerk dabei noch keineswegs zufriedenstellen. Die Minderung der Staatsverschuldung muß noch konsequenter betrieben werden. Aber schon mit dem Haushalt 1979 ist trotz der auf ihm lastenden Verpflichtungen aus dem Weltwirtschaftsgipfel versucht worden, die notwendigen Konsequenzen aus der sich abzeichnenden verbesserten Wirtschaftslage zu ziehen. Bis 1978 mußten Konjunktur- und Beschäftigungsprogramme mit dem hohen Preis der Staatsverschuldung finanziert werden. Danach waren stützende Maßnahmen zum Wachstumsausgleich nicht mehr nötig.

    (Kolb [CDU/CSU] : Wie war das 1970 bis 1972?)

    Da eine Kreditfinanzierung bei wirtschaftlicher Erholung wahrlich nicht mehr als produktiv bezeichnet werden kann, galt es, bereits in diesem Haushaltsjahr den Eilmarsch in die Verschuldung zu stoppen. Der Entwurf des Zweiten Nachtragshaushalts, der hier gleichzeitig zur Beratung ansteht
    und über den der Herr Bundesfinanzminister gestern auch ausführlich referiert hat, macht für alle deutlich, daß nicht nur die neuen Aufgaben voll durch Einsparungen finanziert sind, sondern auch, daß die Steuermehreinnahmen zur Senkung des Kreditbedarfs verwendet werden. Wenn wir uns erinnern, daß im Haushaltsentwurf der Bundesregierung noch ein Kreditbedarf von über 35 Milliarden DM vorgesehen war und wir jetzt den Ermächtigungsrahmen über den Zweiten Nachtragsetat auf knapp 29 Milliarden DM senken, und wenn wir wissen, daß sich der Finanzminister — das haben wir im Haushaltsgesetz festgelegt — darauf noch die 3 Milliarden DM anrechnen lassen muß, die er noch aus dem Jahre 1978 in der Kasse hat, dann gibt es hier real eine Korrektur von 10 Milliarden DM. Dieser Posten kann sich in der Verschuldenspolitik des Bundes und auf dem Kapitalmarkt durchaus in positiver Weise sehen lassen; denn das schlägt zu Buche.

    (Beifall bei der FDP)

    Damit passen wir den Haushalt 1979 der konjunkturellen Aufwärtsbewegung an, in der sich unsere Volkswirtschaft seit dem Frühjahr 1978 befindet. Es gibt auch gute Gründe für die Annahme, daß die erfreuliche Konjunkturlage im Jahre 1980 anhält. Zwar ist wohl mit einer gewissen Abschwächung zu rechnen, aber der vereinzelt geäußerte Pessimismus scheint denn doch fehl am Platze. Dafür spricht, wie mir scheint, schon die positive Produktionsentwicklung der Industrie für das nächste Jahr.
    Es kommt hinzu, daß nach übereinstimmender Auffassung der Preisauftrieb, der Ende dieses Jahres zwar durchaus 5 °/o übersteigen kann, 1980 wieder unter 4 °/o absinken wird. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß es beim 01 keine neuen Preissprünge gibt und daß die Unternehmer Augenmaß und Disziplin bei der Preisgestaltung beweisen.
    Meine Damen und Herren, die Gewerkschaften haben gezeigt, daß sie willens und fähig sind, das uns außenwirtschaftlich abverlangte Opfer mitzutragen. Sie werden die gezeigte gesamtwirtschaftliche Verantwortung aber längerfristig nur dann durchhalten, wenn deutlich bleibt, daß die. uns allen auferlegten Lasten auch möglichst gerecht verteilt sind und verteilt bleiben.
    Nun ist zu fragen: Wo bleibt bei diesen beschwörenden Appellen an die Vernunft der Gewerkschaften und der Unternehmer das Vorbild des Staates? Die Erhöhung der Mehrwertsteuer scheint eher ein schlechtes Beispiel zu sein; ihre negativen Auswirkungen auf den Preisanstieg kann niemand leugnen. Und doch haben jedenfalls alle Haushaltspolitiker aufgeatmet, als sie beschlossen wurde, denn sie war und bleibt unverzichtbar für den Beginn der Konsolidierungsmaßnahmen. Schließlich ist bei einer Gesamtstaatsverschuldung von 420 Milliarden DM — davon 210 Milliarden DM Bundesschulden — ein gefährliches Potential erreicht, das mit einer tickenden Zeitbombe vergleichbar ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)




    Hoppe
    Für die Folgewirkungen ist es nun völlig gleichgültig, wie berechtigt, wie zwingend und wie notwendig die Kreditfinanzierung im einzelnen in den vergangenen Jahren gewesen ist; die daraus heute und für die Zukunft resultierende Last jedenfalls kann kein Haushaltspolitiker verdrängen. Die Zins-und Tilgungsraten legen bereits heute eipen Großteil der künftigen Staatseinnahmen so fest, daß es keinen operativen Handlungsspielraum in der Finanzpolitik mehr gibt. Dabei hat es doch nicht erst des zweiten Ölschocks bedurft, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß es für uns noch wichtige große und kostspielige Aufgaben gibt, die es zu lösen gilt. Herausforderungen nennen wir das und meinen dabei unter anderem Energiepolitik mit der Kraftanstrengung der Entwicklung neuer Technologien, die uns vom 01 etwas weniger abhängig machen sollen. Wir meinen damit Entwicklungspolitik und das in einem umfassenden Sinn mit dem Ziel der wirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung der Länder der Dritten Welt. Wir meinen damit die Rückgewinnung und • Sicherung der Vollbeschäftigung im Inland. Wir denken an die Familienpolitik, die mehr und mehr in den Mittelpunkt unserer Diskussion gerät. Wir denken doch aber wohl zuallererst auch an die Fähigkeit, wieder handlungsfähig zu sein, wenn die Konjunktur erneut staatliche Steuerungsmaßnahmen verlangen sollte.

    (Beifall bei der FDP)

    Es mutet aber wie Hochstapelei an, wenn wir die Lösung von Aufgaben versprechen, für die uns die finanziellen Mittel fehlen. Beschaffen können wir sie uns nur durch die Konsolidierung des Haushalts.

    (Beifall bei der FDP)

    Im übrigen verfügt der Haushalt mit seiner derzeitigen Schuldenlast auch über keinerlei Reserven mehr, um Rückschläge aus Bürgschaftsverpflichtungen auffangen zu können. Das Beispiel Iran hat aber doch wohl allen gezeigt, daß die Ubernahme solcher Garantieverpflichtungen risikoreicher geworden ist. Wir müssen deshalb, wenn wir auch in diesem Teil unserer Politik seriös bleiben wollen, auch dafür den finanziellen Handlungsspielraum beschleunigt schaffen.
    Konsolidierung der Staatsfinanzen kann natürlich nicht nur auf die Einnahmeseite des Haushalts beschränkt bleiben. Zu nachhaltiger Wirkung werden wir nur durch eine Änderung auch der Ausgabenstruktur kommen.
    Schon der zweite Nachtragshaushalt 1979 liefert — so will es uns scheinen — für die Haushaltsberatung 1980 den ersten kritischen Ansatz. Da das Haushaltsvolumen 1979 unverändert bleibt, beträgt die Steigerungsrate des Bundeshaushalts 1980 5,6 %. Nach den Vorankündigungen des Bundesfinanzministers sollte die Steigerung aber nur 5 % betragen.
    Damit sehe ich die erste uns gestellte Aufgabe darin, die Absicht des Finanzministers in die Tat umzusetzen und die Ausgaben um 1 Milliarde zu kürzen. Es sollte dabei vielleicht gar nicht einmal sein Bewenden haben, denn was uns der Finanzplanungsrat in seiner Sitzung vom Mai 1979 auf den Weg gegeben hat, gilt es im Sinne einer antizyklischen Haushaltsgestaltung zu beherzigen.
    Der Haushaltsplan wird deshalb ganz allgemein darauf abzuklopfen sein, was von der Erklärung des Bundesfinanzministers zu halten ist, daß die Rückführung des Defizits bereits durch die sehr knapp bemessenen Ausgabenansätze eingeleitet wurde. Dabei verdient jeder Einzelplan die gleiche kritische Aufmerksamkeit.
    In das Konzept der Konsolidierung sind die Vermehrung um 2 500 Planstellen und eine großzügige Stellenhebung nur schwer einzuordnen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Hier scheint es sich doch vielleicht mehr um Bürokratisierung als um Konsolidierung zu handeln.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Aber diesem Punkt werden wir ja wohl bei der Einzelberatung im Haushaltsausschuß unsere besondere Aufmerksamkeit zu widmen haben.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Dazu werde ich Ihnen gleich etwas sagen!)

    Milton Friedman hat von den vier Möglichkeiten gesprochen, Geld auszugeben: eigenes Geld für eigene Bedürfnisse, eigenes Geld für andere, anderer Leute Geld für eigene Interessen und schließlich anderer Leute Geld für andere. Nach Friedman gibt es zwischen den Methoden ein klares Gefälle, und zwar meint er, daß die Leichtfertigkeit, mit der das Geld ausgegeben wird, rapide zunimmt. Genau darin sieht er den Grund für die öffentliche Verschuldung und die Inflation.
    In der Tat, meine ich, stellt sich für uns alle, die wir fremdes Geld treuhänderisch verwalten, täglich die Frage, ob unsere Entscheidung vor dem Steuerzahler dieser und der nächsten Generation guten Gewissens verantwortet werden kann.

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Hättet Ihr das mal früher getan!)

    Dies ist die finanzpolitische Gretchenfrage unserer Zeit. So gesehen macht denn auch die für 1980 geplante hohe Nettokreditaufnahme des Bundes von immer noch gut 28 Milliarden DM besorgt. Es kann deshalb gar nicht überraschen, daß das Petitum der Deutschen Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom Juli 1979 auf einen stärkeren Abbau des Defizits der öffentlichen Haushalte gerichtet blieb. Die Schuldenhöhe produzierte einen Zinsdruck, der der Preisentwicklung wahrlich nicht gut bekam.
    Nicht von ungefähr, sondern um die sich rasant beschleunigende Staatsverschuldung zu stoppen, habe ich für die Freien Demokraten in der dritten Lesung des Haushalts 1979 deshalb eine Tendenzwende unserer Haushaltspolitik gefordert. Bei aller Würdigung der von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen und der entwickelten Zielvorstellungen kann es uns deshalb noch nicht zufriedenstellen, daß die Nettokreditaufnahme über ei-



    Hoppe
    nen längerfristigen, stark reduzierten Ausgabenzuwachs mit Steigerungsraten von 5 °/o erst bis 1983 auf 20 Milliarden DM zurückgebildet werden soll. Wir können uns nicht — wie Esel mit dem Heubündel an der Stange — dadurch in Trab halten lassen, daß uns die Konsolidierung immer erneut für die nächste Zukunft in Aussicht gestellt wird.

    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : So ist es, seit Jahren! Dr. Kohl [CDU/CSU] : Goldene Worte!)

    — Gerade die Opposition sollte angesichts ihrer neuen Steuerideen mit ihren Zwischenrufen hier ganz vorsichtig sein.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Niemand wird die sachlichen Schwierigkeiten leugnen wollen, die diese Aufgabe mit sich bringt.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Warum sagen Sie das nicht Frau Funcke!)

    — Geben, verehrter Herr Kollege Kohl, ist nun einmal seliger denn Nehmen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das wissen Sie! Das ist das Umkehrprinzip der FDP: Sie sind Spezialisten für das Nehmen!)

    — Passen Sie einmal auf; ich will Ihnen sagen, warum Sie das so genau wissen. Mindestens insoweit, so scheint mir, sind alle Parteien von einer christlichen Haltung durchdrungen.
    Meine Damen und Herren, Konsolidierung ist ein hartes Geschäft, weil eben zu viele Interessen miteinander kollidieren. Wenn wir aber nach den Jahren äußerster finanzieller Anspannung das Intervall wirtschaftlicher Erholung nicht nutzen, werden wir mit unserer Finanzpolitik Schiffbruch erleiden.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    In Sachen Konsolidierung der Staatsfinanzen müßten wir nun eigentlich völlige Übereinstimmung erzielt haben. Man durfte ja auch gestern noch erwarten, daß wir die notwendigen Operationen mit großer Geschlossenheit durchführen können. Auf die Forderung der Freien Demokraten nach einer Kurskorrektur hat der Bundesfinanzminister zwar zunächst noch mit spürbarem Unwillen reagiert, und natürlich tut er sich angesichts der Arbeitsmarktprobleme und der Verpflichtung, den Haushalt zur Globalsteuerung einzusetzen, schwer; zu keiner Zeit hat er aber den Zustand der Staatsfinanzen — und dieser war angespannt und beklagenswert — aus den Augen verloren. Deshalb haben Bundesfinanzminister und Bundesregierung — der Haushaltsplan 1980 weist das aus — die Zeichen der Zeit erkannt und die Ratschläge der Deutschen Bundesbank beherzigt.
    Die Opposition aber schien für die Politik der Konsolidierung geradezu ein selbstverständlicher, ein notwendiger Partner zu sein. Der Ministerpräsident Bayerns hat denn auch in der Sitzung des Bundesrates vom 16. Februar 1979 die Forderung nach Haushaltssanierung und den Vorrang dieser Forderung für richtig gehalten und ausdrücklich
    unterstützt. Er hat diesem seinem Votum noch die knallige Formulierung vorangestellt, daß die Höhe der Neuverschuldung nur. als eine Maßnahme zur Ausbeutung der nächsten Generation angesehen werden kann.
    Es schien damit der seltene Zustand erreicht, daß in einer so wichtigen innenpolitischen Frage alle Parteien an einem Strang und in einer Richtung ziehen. Endlich schien die Vernunft das Feld zu beherrschen. Wahlkampf und Rollenspiel von Regierung und Opposition schienen — jedenfalls vorübergehend — überwunden.
    Da flippten in der Sommerpause die ersten aus und gingen auf den Steuertrip. Gewiß: Steuerpolitische Maßnahmen stehen an, und die Forderung nach Vereinfachung und Tarifkorrektur wird in allen Parteien diskutiert. Sie ist schon deshalb unerläßlich, weil die Tarifanpassung bei einem Steuersystem mit Progressionswirkung als Dauerthema auf der Tagesordnung bleiben muß. Diese Diskussion läßt sich selbst dadurch nicht vermeiden, daß das drückende Defizit der öffentlichen Haushalte langsam überhandnimmt.
    Aber gerade die Erfahrung mit dem Haushalt 1979 — diese sollte wahrlich noch hautnah genug sein — müßte jedem eingebläut haben, daß Konsolidierung und Steuererleichterung nicht gleichzeitig zu haben sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Haushaltssanierung ist schon seit dem einstimmigen Beschluß des Deutschen Bundestags vom 13. April 1978 zur vordringlichen Aufgabe geworden. Und doch wurde ihre Durchführung zunächst unmöglich und mußte vertagt werden, als nach dem Weltwirtschaftsgipfel der deutsche Beitrag mit einem Steuerentlastungspaket erbracht werden mußte.
    Meine Damen und Herren, beklagt haben das alle — natürlich nicht die Steuerentlastungen, die hat insbesondere auch die Opposition bejubelt. Aber über die Folgewirkung, nämlich daß wir die Konsolidierung 1979 nicht energisch genug anpakken konnten, hat die Opposition Zeter und Mordio geschrien. Das hat sie allerdings nicht daran gehindert, gleichzeitig weitere Steuererleichterungen zu fordern und mehr Ausgaben zu versprechen. Genau an diesen schrecklichen und in sich widersprüchlichen Punkt knüpfen Sie heute an. Genau das hat Herr Kollege Häfele hier heute, wie ich meine, darstellen müssen, aber in wenig überzeugender Weise.
    Meine Damen und Herren, gesicherte Erkenntnis sollte sein, daß den Problemen unseres Haushalts wie der Steuerpolitik nicht mit kurzen Rauschzuständen beizukommen ist. Wie beim Drogenmißbrauch — ich sage das, weil darüber in der Haushaltsrede gesprochen wurde — klingt die stimulierende Wirkung nur allzu schnell ab, und nach dem Katzenjammer stellen sich die Dauerschäden ein. Wenn wir den kränkelnden Haushalt gesunden lassen wollen, dann muß die Kur endlich anschlagen, und dies verlangt eine Konsequenz der Mittel. Dann müssen wir einsehen, daß der unumgängliche



    Hoppe
    Defizitabbau einseitig auch über Ausgabenkürzungen nicht zu bewerkstelligen ist. Der Kürzung der öffentlichen Leistungsquote und des öffentlichen Leistungsangebots sind nun einmal Grenzen gesetzt. Familien-, Sozial-, Entwicklungs- und Verteidigungspolitiker werden uns allen dies sehr schnell immer wieder deutlich machen. Aber ohne Selbstbescheidung auf allen Ebenen wird es keine durchgreifenden Veränderungen geben.
    Eine Konsolidierung der Staatsfinanzen kann nur dann erfolgreich betrieben werden, wenn wir die Empfehlung des Finanzplanungsrats auch für die Einnahmenseite beherzigen. Deshalb müssen alle durch den Konjunkturaufschwung bewirkten Mehreinnahmen zur Senkung des Kreditbedarfs eingesetzt werden. Die Bundesregierung hat versprochen, sich danach zu richten; der Nachtragsetat 1979 hat es belegt. Für 1980 werden wir sie beim Wort nehmen.
    Die Freien Demokraten werden sich jedenfalls von dieser Linie nicht abbringen lassen. Mit den für 1980 doch ebenfalls zu erwartenden Steuermehreinnahmen und mit den Einsparungen auf der Ausgabenseite wird und muß es uns gelingen, den Kreditbedarf des Bundes für 1980 unter die 25-Milliarden-Marke zu drücken.
    Nur wenn wir uns so verhalten, erlangen wir im übrigen auch die Legitimation, um der Bundespost erneut eine Sonderablieferung an den Bundeshaushalt in Höhe von 1,5 Milliarden DM aufzuerlegen. Erfreulicherweise ist die Bundespost in der Lage, diese Hilfe zu leisten; aber, meine Damen und Herren, genausowenig wie wir uns an die hohe Schuldenaufnahme im Bundeshaushalt zu gewöhnen bereit sind, darf dieser Vorgang nicht zu einer Gewohnheit werden.

    (Beifall bei der FDP)

    Die Bundespost und ihre Kunden können nicht das Pumpwerk stellen, mit dem die Kreditlinien des Bundeshaushalts gesenkt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Telefonsteuer!)

    Das alles gibt aber doch nur dann einen Sinn, wenn das finanzpolitische Ziel der Haushaltskonsolidierung unbeirrt verfolgt wird und wenn wir uns auch nicht durch Steuerverlockungen davon abbringen lassen.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, die Opposition in diesem Lande macht sich selbst etwas vor, wenn sid Konsolidierung der Staatsfinanzen und gleichzeitig Steuererleichterungen verspricht. Wenn sie jetzt mit der Steuerentlastungsparole ausschwärmt, aus welchen Gründen auch immer — ein Schelm, der dabei an Wahlen denkt —, wird sich der Bürger nichts in die Tasche lügen lassen. Es wird damit nur leichtfertig jene Finanzmasse verplempert, die dringend für die Sanierung der Staatsfinanzen gebraucht wird.

    (Beifall bei der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Auf einmal!)

    Und dabei wird nun Jahr für Jahr im Männerchor
    der Opposition unter der Stabführung seines bayerischen Dirigenten die Arie vom Staatsbankrott angestimmt. Meine Damen und Herren, die Opposition führt zwar ständig das Wort Konsolidierung im Mund, aber wenn es ernst wird, dann läßt sie die Arbeit andere erledigen und wendet sich angenehmeren Dingen zu.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dabei kann ich mir nicht gut vorstellen, daß sich die Opposition plötzlich jenen zuneigt, die die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte über eine expansive Haushaltspolitik erreichen wollen und die auch für die Priorität der Stabilität eigentlich nicht mehr so das rechte Gespür haben.
    Die Freien Demokraten aber werden diesen Sirenenklägen nicht folgen. Der Teufel läßt sich hier nicht mit Beelzebub austreiben. Die Geschichte der Konkurse macht jedenfalls deutlich, daß die drükkenden Schulden nicht dadurch zu beseitigen sind, daß man fröhlich weitere Schulden macht.

    (Kolb [CDU/CSU] : Das ist aber eine ganz neue Erkenntnis!)

    Dennoch will die Opposition ein Steuerpaket schnüren, das mit Rückgabe inflationsbedingter kleinlicher Steuererhöhung deklariert wird. Wenn die Mehrheit des Bundesrates unter Federführung des Kanzlerkandidaten der Opposition dieses Paket auf den Weg bringt, dann mag die Bundesratsmehrheit doch bitte dafür auch die dringend nötigen zusätzlichen Mittel gleichzeitig offerieren.
    Nach meinem Verständnis bedeutet das, daß die Länder dem Bund bei dieser Gelegenheit dann endlich einen höheren Anteil an den gemeinsamen Steuern zubilligen müssen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Angesichts des immer größer werdenden Umfangs der vom Bund zu finanzierenden gesamtstaatlichen Aufgaben ist dieser Punkt ohnehin schon lange erreicht. Wenn die Mehrheit des Bundesrates in einem Augenblick, in dem alle Kräfte für die Konsolidierung des Haushalts angespannt werden müssen, zusätzliche Steuererleichterungen durchsetzen will, dann muß damit jedenfalls eine Neuverteilung der Finanzmasse einhergehen.
    Aber, meine Damen und Herren, lassen wir uns durch solche Überlegungen nicht in unserer Arbeit beirren! Der vorgelegte Haushaltsplan kann zu einer guten Grundlage für die Politik des nächsten Jahres werden. Ich bin überzeugt, daß das Parlament die Fähigkeit und Kraft hat, die Konturen des Haushaltsentwurfs noch so zu verbessern, daß daraus sogar ein vorzügliches Instrument für die erfolgreiche Politik dieser Bundesregierung wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Haase (Kassel).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lothar Haase


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Gnädige Frau! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Seiters [CDU/CSU] : Das ist eine ganz neue Anrede!)




    Haase (Kassel)

    Die zwei zentralen Fragen unserer Finanzpolitik sind im Grunde genommen zwei Problemtatbestände, Herr Bundesfinanzminister, die aus der Politik der gegenwärtigen Regierungskoalition resultieren.
    Problem Nummer eins, das Sie verursacht haben, ist die zunehmende leistungshemmende Belastung mit direkten Steuern, sind die heimlichen Steuererhöhungen, verursacht durch das Zusammenwirken von Progression und Inflation.
    Problem Nummer zwei, Herr Bundesfinanzminister, das auch Sie und Ihre werten Herren Vorgänger unter Assistenz Ihrer Koalition verursacht haben, ist die von Jahr zu Jahr steigende Schuldenlast der öffentlichen Hände.
    An diesen zwei Zentralproblemen unserer Politik haben Sie, verehrter Herr Matthöfer, zwar mit Geschick, aber leider vorbeiargumentiert. Dies kennzeichnet leider Ihre ganze Einbringungsrede.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenden wir uns dem zweiten Problem, dem Schuldenstand des Bundes, zuerst zu. Unser Schuldenstand wird erstmals in diesem Jahr die Summe der Ausgaben übersteigen,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    viermal so hoch wie 1973, dreimal so hoch wie 1974 und fast doppelt so hoch wie 1975 sein und bis 1983 nochmals um 100 Milliarden DM oder 50 % ansteigen.
    Aber da malt unser Kollege Westphal Bilder vom Paradies auf Erden an den Horizont! Herr Westphal, so mag es vielleicht in einem sozialistischen Paradies aussehen; aber das führt nicht zu einem guten Ende, verehrter Herr Kollege.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Herr Haase, das ist die Falkenrepublik mit Spielgeld!)

    — Sehr gut, Herr Vorsitzender! — Allerdings liegt die Nettokreditaufnahme unter den Ansätzen des letzten Finanzplans. Das ist übrigens für 1980 auch nur möglich, weil Sie entgegen früheren Erklärungen wieder einmal die Telefonbenutzer zur Finanzierung der Bundesausgaben heranziehen.
    Bei dieser Gelegenheit gleich eine Bemerkung zu dem von mir geschätzten Kollegen Hoppe. Herr Hoppe, Sie beklagen denselben Tatbestand. Es zeichnet Sie leider aus, daß Sie oft im Verein mit der CDU/CSU die Widrigkeiten aufführen und beklagen, aber dann nicht konsequent bleiben. Denn ich frage: Warum unterstützen Sie dann nicht unsere Initiative beispielsweise darin, die Telefonbenutzer vor dieser konfiskatorischen Ausbeutung durch die Regierung zu schützen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Helfen Sie uns doch, lieber Herr Hoppe! Sie sollten nicht immer nur gegenüber dem Publikum den Kraftmax spielen und erzählen, was Sie alles tun wollen, dann aber, wenn es darauf ankommt, sagen: Leider, leider sind die Verhältnisse nicht so, daß wir das bewirken könnten. Nein, Herr Kollege
    Hoppe, nicht nur Gutes wollen, Gutes tun, das ist die Devise!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nach Ihren eigenen Zahlen aber bauen Sie nicht nur den Schuldenberg nicht ab — das wäre sicher eine Überforderung —, sondern der Schuldenzuwachs, also der Betrag, um den sich der Schuldenberg Jahr für Jahr erhöht, wird bei Ihren sogenannten Konsolidierungen nach Ihren Vorstellungen nicht geringer, sondern Jahr für Jahr größer.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schöne Konsolidierung!)

    Zumindest bleibt er, verehrter Herr Hoppe, bis 1981 auf etwa gleicher Höhe; auch 1980 und 1981 wird der Schuldenzuwachs zur Haushaltsfinanzierung jeweils in einem einzigen Jahr doppelt so hoch sein wie in den 20 Jahren von 1950 bis 1969 zusammen. Ich werde Ihnen das immer wieder vorhalten, solange die Wähler mir die Gunst schenken, hier stehen zu dürfen: Meine Damen und Herren, wir haben in 20 Jahren mit CDU/CSU-FDP-Regierungen weniger Schulden gemacht, als Sie praktisch in einem halben Jahr aus der Westentasche finanzieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das sollte man in dieser Republik bei der Beurteilung der Finanzwirtschaft einmal bedenken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb, meine Damen und Herren, ist auch der neue Haushalts- und Finanzplan nicht durch Konsolidierung oder gar Sanierung ausgezeichnet. Im Gegenteil, Herr Bundesfinanzminister, im bürgerlichen Leben würde man dieses Verhalten schlicht als Wechselreiterei qualifizieren. Ich glaube, das Publikum draußen weiß wohl, was mit „Wechselreiterei" gemeint ist. Das, was Sie hier mit Ihrer Schuldenwirtschaft betreiben, ist öffentlich-rechtliche Wechselreiterei!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, in Wirklichkeit benutzen Sie die sogenannte Konsolidierung - bei Ihnen muß man tatsächlich immer „sogenannte Konsolidierung" sagen, um die Anführungsstriche herauszustellen, die hier angebracht sind — nur als Argument, um den von uns geforderten Abbau der heimlichen Steuererhöhungen zu verhindern. In Wirklichkeit wird die „Konsolidierung" wieder einmal auf eine ferne Zukunft vertagt, die vorerst nur in den Sternen steht.
    Der Herr Kollege Häfele hat vorhin aus der Regierungserklärung 1976 zitiert. Daran anschließend muß ich bemerken: Die Regierung hat mit der erneuten Vertagung des Schuldenabbaus ein Kernziel ihrer Politik doch anscheinend aufgegeben. Wir müssen uns hier einmal dem Herrn Bundeskanzler zuwenden. Er hat sich wohl als zu schwach erwiesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo ist er?)

    — Er ist leider nicht da, er muß regieren, deswegen ist er nicht hier bei seinem Haushalt. — Der
    Herr Bundeskanzler hat sich als zu schwach erwie-



    Haase (Kassel)

    sen, das von ihm selbst als richtig Erkannte in die harte Realität umzusetzen. Meine Damen und Herren, hier zeigt es sich wieder einmal: Das von ihm, von Herrn Schmidt, äußerlich sicher gut dargestellte Bild des tatkräftigen Machers ist doch mehr Schauspiel als Wirklichkeit, ist mehr Hans Albers als Adenauer oder Bismarck. Das ist doch so, nicht?

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) Der Kanzler ist kraftlos.


    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Aber Hans Albers hat gut gesungen!)

    — Er hat gut gespielt, sehr gut gespielt.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Gesungen!)

    Ich will ihm auch nicht zu nahe treten. Sicher, manche Qualität von Hans Albers fehlt natürlich Herrn Schmidt.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Aber, meine Damen und Herren, zum Ernst der Lage zurück: Die von Herrn Schmidt zu verantwortende Schuldenwirtschaft des Bundes behindert eine dauerhaft befriedigende gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Und das Tragische an der Sache ist: Künftige Generationen — und das ist unter dem Gesichtspunkt langfristiger Politik eine ganz perfide Sache — sollen die trügerischen Wohltaten bezahlen, in deren Glanz sich die jetzige Regierungskoalition noch immer sonnt. Ich sah förmlich vorhin, verehrter Herr Kollege Westphal, wie Sie hier so markig, gut deutsch — ich habe dafür was übrig, das wissen Sie ja —, so markig-teutonisch, als ob hier zehntausend versammelt wären — leider waren wir nur einhundert —, vortrugen, was das nun alles für positive Dinge seien. Aber künftige Generationen, Herr Kollege Westphal, werden die Leidtragenden sein, wenn nicht doch noch in absehbarer Zeit Einhalt geboten wird. Wer die Schuldenpolitik dieser Regierung anprangert, wer dagegen angeht, nimmt in erster Linie die Belange unserer Jugend wahr, unserer Kinder und Enkel, deren Ressourcen Sie heute leider leichtfertig vertun.
    Gerade wegen dieser hohen Schuldenzuwächse steht auch der neue Finanzplan gesamtwirtschaftlich auf brüchigem Fundament. Die gesamtwirtschaftliche Projektion will bis 1983 Jahr für Jahr ein reales Wachstum von 4 °/o im Durchschnitt erreichen, Jahr für Jahr also die jetzt in diesem Jahr erreichte Größenordnung beibehalten. Das geht aber nach dem Zahlenwerk der Regierung nur, wenn die Investitionen bis 1983 eineinhalbmal so stark steigen wie das Bruttosozialprodukt. Der Staat wird, ebenfalls nach diesen Zahlen, hierzu kaum etwas beitragen. Im Gegenteil. Wenn Sie, verehrter Herr Matthöfer, in Ihrer Rede den Eindruck zu erwecken versuchen, die Investitionen des Bundes würden steigen oder sogar überproportional steigen, so ist das nicht zutreffend. Im Plan für 1980 sind die Ausgaben für Investitionen niedriger als 1979. Bis 1983 sollen sie nur noch insgesamt also nicht Jahr für Jahr, um 3 °/o steigen. Das deckt noch nicht einmal den Preisanstieg für ein Jahr, geschweige denn für vier Jahre ab. Deshalb
    liegt die Last in Zukunft ausschließlich bei den privaten Investitionen, und zwar noch viel stärker, als der Bundeswirtschaftsminister es selbst noch im vergangenen Jahr für möglich gehalten hat. Hier aber wird es problematisch. Denn für die Finanzierung gibt es nur folgende Möglichkeiten: entweder wird für die Wirtschaft wieder das Fremdmittelangebot vergrößert, indem der Staat, besonders hier der Bund, seine durch Schulden gedeckten Defizite ganz erheblich verringert — und das ist bis 1981 ja nicht vorgesehen —, oder die Unternehmensgewinne steigen auf Dauer um soviel stärker als die Löhne, daß die zusätzlichen Investitionen aus Eigenmitteln finanziert werden können — ich befürchte, da werden die Gewerkschaften langfristig nicht mittun —, oder aber die Bundesbank lockert die geldpolitischen Zügel. Denn unter diesen Bedingungen kann dann die Handlungsfähigkeit des Staates nur noch mit allerhöchsten Inflationsraten aufrechterhalten werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das letzte würde zwangsläufig noch mehr Inflation bedeuten. Inflation aber fördert nicht das Wachstum — das haben wir uns ja nun schon an den Schuhsohlen abgelaufen —, sondern hemmt und verhindert es und schafft zusätzliche Beschäftigungsrisiken.
    Dazu eine Bemerkung. Auch das haben wir doch in letzter Zeit wieder erfahren. Wenn Sie, Herr Westphal, hier darauf hinweisen, daß soundso viele Mitbürger es dieser Regierung verdanken, daß sie in Arbeit und Brot gekommen sind, dann gestatten Sie mir die bescheidene Frage, wenn Sie das für sich in Anspruch nehmen: wer hat sie denn aus Lohn und Brot und Arbeit erst vertrieben? Darüber muß man sich ja auch einmal Gedanken machen, Herr Kollege Westphal, wenn Sie sich hier in die Sonne legen vor dem deutschen Publikum.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Mit Recht warnt die Bundesbank im Juli-Bericht, daß die anhaltend starke staatliche Neuverschuldung zu Lasten der weniger zinsrobusten Unternehmen und zu Lasten der privaten Bauherren geht und damit die private Investitionstätigkeit dämpft. Die Großen, gegen die Sie ja sind — angeblich —, aber deren Nähe man doch immer wieder sucht, wie man immer wieder wahrnimmt,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Segelpartie auf der Ostsee!)

    die Großen, „die Bösen", die Zugang zu den internationalen Finanzmärkten haben, die können sich natürlich helfen. Die Leidtragenden sind vor allem — wie bisher und immer wieder — unser gewerblicher Mittelstand und darüber hinaus die Eigenheimbauer und nicht zuletzt auch wieder die Sparer — die kommen auch dran.
    Als ich am 27. Juni von dieser Stelle hier sagte:
    . das Gespenst der Inflation geht wieder um, kaum daß das Wachstum richtig Tritt gefaßt hat,
    als ich auf das stark zunehmende Tempo der Preissteigerungen hinwies, erhob der Herr Kollege



    Haase (Kassel)

    Wehner lauthals Protest — der eine oder andere wird sich noch erinnern können —, nur weil ich es gewagt habe, die damals erreichte Monatsrate auf eine Jahresrate von 6 °/o hochzurechnen. Schon im August aber hatten wir auch im Jahresvergleich eine Inflationsrate von fast 5 °/o, genau sind es 4,9 °/o.
    Als Folge der Sonderentwicklungen im Vorjahr, die uns eine zum Teil auch vom Ausland importierte Stabilität schenkten, sehen wir uns der Tatsache gegenüber — dem wird mit Sicherheit auch der Wirtschaftsminister nicht widersprechen —, daß es, selbst wenn die Preise für den Rest des Jahres 1979 auf dem Auguststand eingefroren werden könnten, im Oktober zu einem Preisanstieg — im Vergleich zum Vorjahr — um 5,1 % kommen wird. Da aber ein Stillstand unwahrscheinlich ist, dürfte die Rate leider noch höher ausfallen.
    Meine Damen und Herren, um hier einmal ein Märchen auszuräumen: Das liegt auch nicht am Ö1 allein. Sie haben immer Ihre Buhmänner, die, wenn sich die Sache für Sie schlecht zeigt, hervorgeholt werden: Die Multis, die internationalen Konzerne, die Ölscheichs.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Union der öligen Hände!)

    — Die Nummer wird im Augenblick gespielt.
    Es liegt nicht am Ö1 allein, da die daraus hergestellten Produkte im Warenkorb nur einen Anteil von 3 °/o haben. Das wissen Sie so gut wie wir. Diese Entwicklung hat vielmehr in ganz erheblichem Umfange hausgemachte Ursachen. Ohne Berücksichtigung von Ö1 und Ölprodukten sind die Lebenshaltungskosten zuletzt mit einer Jahresrate von 41/2 °/o, die Erzeugerpreise der Industrie, in denen sich die Mehrwertsteuererhöhung noch nicht niedergeschlagen hat, die vielmehr erst in einem halben Jahr oder später auf die Verbraucherpreise durchschlagen wird, mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 6 °/o gestiegen, wohlgemerkt: ohne Ö1 und ohne Mehrwertsteuer. Für die Zukunft ist also noch eine Menge auch an hausgemachter Inflation zu erwarten. Es gehört schon Optimismus dazu, auf dieser Grundlage für das nächste Jahr mit einer Inflationsrate von nur 4 °/o zu rechnen, jener Inflationsrate, von der unser Ex-Kanzler Willy Brandt einmal sagte, da beginne es dann ernst zu werden. Meine Damen und Herren von der Koalition, wo beginnt es denn bei Ihnen ernst zu werden?
    In dieser stabilitätspolitisch wie auch wachstumspolitisch bedrohlichen Lage kommt von der Finanzpolitik keine Entlastung. Im Gegenteil, der Abbau der heimlichen Steuererhöhungen wird abgelehnt, die als Folge jahrelanger liederlicher Finanzpolitik betriebene Schuldenwirtschaft fördert die Inflation.

    (Zuruf von der SPD: Na! Na!)

    Sie behindert die Geldmengenbegrenzungspolitik der Bundesbank, die allein sichern kann, daß aus der Ölpreiserhöhung nicht dauerhaft eine echte Inflation als Folge einer übergroßen Geldmenge wird. Die viel zu große Kreditnachfrage des Staates, hier insbesondere des Bundes, hat zu einem massiven Anstieg der Zinsen um bisher rund 8 °/o geführt und damit die Kostenbelastung der Wirtschaft wesentlich erhöht — zwangsläufige Ursache für weiter steigende Preise. Ein Kollege aus Ihrer Fraktion, Herr Bundesfinanzminister, hat die Mehrbelastung der Wirtschaft durch 1 °/o Zinserhöhung auf 8 Milliarden DM quantifiziert. Das ist weit mehr, als, eine entsprechende Anhebung der Löhne kostet. Unmittelbar schlägt der Anstieg der Hypothekenzinsen durch erhöhte Mieten auf die Verbraucherpreise durch. Wie können Sie, verehrter Herr Finanzminister, trotzdem behaupten, es gebe keine Probleme am Kapitalmarkt, der Staat fülle nur Lücken aus?
    Um nicht aufzeigen zu müssen, in welchem Umfang die Neuverschuldung des Bundes die Verschuldensobergrenze nach Art. 115 GG, nämlich die Summe der Investitionen, überschritten hat, haben Sie, Herr Matthöfer, seit 1978/79 eine Reihe von Umbuchungen vorgenommen und bisher als konsumtiv ausgewiesene Ausgaben mit dem Markenstempel „investiv" versehen. Ohne diese Tricks in einer Summe von etwa 5 Milliarden wird auch im nächsten Jahr trotz fast boomartiger Konjunktur die Verschuldensobergrenze des Grundgesetzes nach den Zahlen des Haushaltsplanes noch immer fast erreicht.
    Franz Josef Strauß hat schon vor Jahren davor gewarnt, daß wegen des Tempos der Schuldenzuwächse der Zeitpunkt immer näher rückt, in dem die Zinsen höher sind als die Kredite. Nach Ihrem eigenen Finanzplan, Herr Bundesfinanzminister, ist dieser Zeitpunkt bereits 1983 erreicht. Häfele hat heute morgen schon einmal darauf hingewiesen. Der Schuldendienst überschreitet dann erstmals die Summe der aufgenommenen Schulden. Der Kredit hat damit seine Aufgabe, zusätzliche werbende, zukunstsorientierte Staatsaufgaben zu Lasten künftiger Generationen zu finanzieren, endgültig verloren. 1983 müssen von jeder eingenommenen Steuermark über 10 Pf an Zinsen gezahlt werden.
    Dann werden wir mit den Lasten der Verschuldung, der Zinsquote, also im Verhältnis von Zinsen und Gesamtausgaben, auch international in die Spitzengruppe aufgerückt sein. Heute morgen wurde auch hier wieder versucht, das so darzustellen, als. ob dies alles im Vergleich zum Ausland bei uns in der Bundesrepublik noch in guter Ordnung wäre. Nur die Vereinigten Staaten, Irland und Großbritannien lagen nach dem Stand 1978 höher, als wir im Jahre 1983 liegen werden, Länder wie Italien aber noch darunter, von Frankreich ganz zu schweigen. Schon 1980 wird der Schuldendienst zum zweitgrößten Ausgabenblock des Bundes, noch vor den im Einzelplan 14 veranschlagten Ausgaben für die Landesverteidigung.
    Der Bundesfinanzminister bezeichnet als Priorität Nummer 1 seiner Finanzpolitik die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Aber die Ausgaben für den Schuldendienst, Zins en und Tilgung sind 1980 viermal so hoch, 1983 nach seinen eigenen Zahlen sechsmal so hoch wie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Der Handlungsspiel-



    Haase (Kassel)

    raum für wichtige, in die Zukunft weisende Ausgaben, beispielsweise für die dringend notwendige Aufrechterhaltung unserer Verteidigungsbereitschaft angesichts der immer drückender werdenden Rüstungsbedrohung aus dem Osten oder für eine kinderfreundlichere Familienpolitik, ist durch die Schuldenwirtschaft so gut wie verspielt.
    Verehrter Herr Matthöfer, Ihre Aufgabe Nummer 1 wird es sein, die Frage zu beantworten: Woher bekomme ich das Geld, um Tilgung und Zinsen zu bezahlen? Das ist die Priorität Nummer 1, die Sie haben. Sie werden vom Bundesfinanzminister immer mehr zum Bundesschuldenminister.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Diese Regierung ist erklärtermaßen angetreten, die von ihr beklagte öffentliche Armut durch eine gewaltige Steigerung der staatlichen Investitionen zu beseitigen. Das Gegenteil hat sie erreicht: Statt der Beseitigung der öffentlichen Armut ein riesiger Schuldenberg, statt einer Erhöhung der Investitionsquote jetzt eine ständige Verminderung. Das heißt in Ihrer Terminologie: Sie hat nicht die öffentliche Armut beseitigt, sondern den Staat nur noch ärmer gemacht. Aus unserer Sicht: Sie haben den Staat auf das Niveau des öffentlich-rechtlichen Sozialhilfeempfängers gebracht.

    (Lachen bei der SPD)

    — Ja natürlich! Er ist öffentlich-rechtlich, aber es ist das Niveau des Sozialhilfeempfängers.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Wie originell!)

    Die Regierungskoalition aus SPD und FDP ist angetreten, soziale Ungerechtigkeiten durch vermehrte Umverteilung zugunsten schwächerer Bevölkerungsgruppen zu beseitigen. Aber in Wirklichkeit hat sich die Umverteilung von Steuermitteln zugunsten derjenigen entwickelt, die ihr Kapital dem Staat gegen Zahlung von Zinsen zur Verfügung stellen, und den absoluten Vorrang vor allen anderen Aufgaben erreicht. Meine Damen und Herren, das ist das Ergebnis der Politik einer Partei, die sich rühmt, die Partei der Arbeitnehmer oder der Ärmsten der Armen — oder welche Formulierung Sie für diesen Tatbestand auch immer gebrauchen — zu sein.
    Nun eine abschließende Bemerkung: Das, was Sie, verehrter Herr Matthöfer, und Ihre Koalition im Bereich der Bürokratie vorhaben, spricht allerdings allen lautstarken Konsolidierungsbeteuerungen. geradezu Hohn, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für den Abbau der heimlichen Steuererhöhungen ist kein Geld da, aber für die weitere Vergröfierung der Bürokratie können Sie sich die Mittel zusammenpumpen. Das ist ein starkes Stück, Herr Matthöfer! Wenn im Jahre der angeblichen Konsolidierung 3 000 neue Stellen im zivilen Bereich geschaffen und sogar mehr als 5 000 Stellen gehoben werden sollen, so ist das — entschuldigen Sie, Herr Bundesfinanzminister — ein Zeichen der Schwäche gegenüber Ihren Ressortkollegen, letztlich auch ein weiteres Zeichen für das mangelnde Durchsetzungsvermögen des Herrn Bundeskanzlers. Die Tatsache, daß Sie in der Haushaltsrede hierüber kein einziges Wort verloren haben, beweist doch im Grunde genommen Ihr schlechtes Gewissen, das Sie hier haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Amtsschimmel darf noch kräftiger wiehern, vor allem in den obersten Bundesbehörden. Wie schon seit 1969, so steigen auch im nächsten Jahr die Stellen, gerade in den Wasserköpfen der Ministerien — ich sage das mit allem Respekt vor den Arbeitsleistungen unserer qualifizierten Beamtenschaft —, eineinhalbmal so stark wie im nachgeordneten Bereich — Zahlen jeweils gerechnet ohne Soldaten und ohne Bundesgrenzschutz.
    Aber auch der FDP sollte hier besonders gedacht werden, Herr Kollege Hoppe. Sie haben ja, wie beim Telefon, . auf diesen Mange auf diese Fehlentwicklung hier hingewiesen. Ich frage Sie, warum Sie hier nun wieder darauf hinweisen? Denn in den Ressorts der FDP-Minister sieht es ja ganz besonders traurig aus. Die FDP-Minister der Bundesregierung tun sich in der Vorsorge um Beförderungsmöglichkeiten, wahrscheinlich bei ihnen besonders nahestehenden Beamten — ich will da sehr vorsichtig sein —, besonders hervor. Herr Hoppe, ein Wort zuvor hätte die Regierungsmitglieder auf den Pfad der Tugend bringen sollen. Das Bild bei den Vier, auf die es ankommt, sieht so aus: Graf Lambsdorff verlangt für sein Haus, also nur für das Ministerium, ohne nachgeordnete Verwaltung, insgesamt 62 neue Stellen und Hebungen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Sein Kollege Ertl verlangt 65, der Bundesinnenminister — auch von der FDP — 92 Stellen. Den Vogel schießt der FDP-Parteivorsteher und Vizekanzler ab, der für sein Ministerium, also nur für die Zentrale, nach dem Willen der Regierung gleich 139 neue Stellen und Hebungen haben soll.
    Nun, Herr Bundesfinanzminister, ich bin zwar gern bereit, Ihnen für die Ausgabenzusammensetzung, für die durch die Schuldenwirtschaft aufgezwungenen Prioritäten und Posterioritäten und für die Schuldenhöhe in gewissem Umfang noch mildernde Umsätze zuzubilligen, weil diese Politik — allerdings von Ihnen mitgetragen — zum erheblichen Teil Nachlaß Ihrer Amtsvorgänger Hans Apel und Helmut Schmidt ist, aber Ihre nachgiebige Haltung, verehrter Herr Matthöfer, gegenüber den Personal- und Hebungsanforderungen der Ressorts verdient in jeder Beziehung nur das Prädikat „ungenügend". Wenn da ein Zeugnis ausgestellt werden müßte, würde es hier heißen: In diesem Punkt fehlt ihm die finanzpolitische Reife.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Kolb [CDU/CSU] : Wird nicht versetzt!)

    Meine Damen und Herren, es kann auf Dauer nicht hingenommen werden, daß der Finanzminister und der Bundeskanzler mangels hinreichender Durchsetzungskraft oder mangels hinreichenden



    Haase (Kassel)

    Durchsetzungswillens Wohltaten in Form von immer neuen, vor allem immer höher dotierten Stellen und Stellenhebungen verteilen und dann dem Haushaltsausschuß die undankbare Aufgabe überlassen, den bösen Buben zu spielen und die vom Finanzminister selbst nicht mehr mit guten Gründen zu rechtfertigenden Stellenmehranforderungen auf ein halbwegs vertretbares Maß zurückzustreichen. Herr Finanzminister, Sie stehen in der Verantwortung, und Sie müssen dieser Verantwortung meines Erachtens auch gerecht werden.
    Herr Kollege Hoppe, ich freue mich, daß Sie bereits in Ihren ersten Reaktionen, als der Etat auf den Tisch kam und auch heute wieder hier, diese Pläne der Regierung als nicht gut qualifiziert und auch schon signalisiert haben, daß Sie nicht geneigt und bereit sind, diese liederliche Personalwirtschaft mitzumachen. Verehrter Herr Hoppe, an CDU und CSU wird es nicht fehlen. Ich hoffe allerdings, daß dann auch Ihre FDP-Kollegen im Kabinett bei unseren gemeinsamen Initiativen nicht ungeschoren davonkommen.
    Die CDU/CSU wird zum Gesamthaushalt darüber hinaus Vorschläge machen, durch Kürzung und Haushaltsverbesserungen die Defizite merklich zu vermindern. Damit muß bereits für dieses Jahr angefangen werden. Der zweite Nachtrag, der bei Ausgaben und Einnahmen ein Volumen von 1,9 Milliarden DM hat, zeigt, wie sich die Regierung durch eine überhöhte Veranschlagung, beispielsweise bei den Zuschußmitteln für Nürnberg, eine Reserve geschaffen hat, die jetzt für andere Maßnahmen „verfrühstückt" wird. Wir werden diesen Skandal — man muß diese finanzpolitische Manipulation leider so qualifizieren — im Haushaltsausschuß eingehend zur Sprache bringen.

    (Zurufe von der SPD)

    — Sie können sich darauf verlassen, wir werden es tun. Wir müssen allerdings auch die Grenzen sehen, die einem Parlament und in diesem Zusammenhang erst recht einer Opposition gesetzt sind.
    Herr Hoppe, ich muß Sie noch einmal als unverdächtigen Zeugen bemühen. Sie hatten bei der dritten Lesung des Haushalts 1979 zu Recht ausgeführt:
    ... auch in der Haushaltspolitik ist das Gewicht der Exekutive immer stärker geworden. ... schon eine Korrektur der Regierungspolitik
    — das heißt in diesem Falle durch den Haushaltsausschuß —
    ist schwer, eine Änderung schier unmöglich.
    Eine dauerhafte Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen, die Wiederherstellung einer wenigstens halbwegs befriedigenden Ausgabenstruktur, eine Politik, die zumindest in Teilbereichen über den Tellerrand des Wahltermins hinwegblicken kann und auch Vorsorge für die Lebens- und Entwicklungschancen der jetzt noch jungen Generation trifft, ist nur dann möglich, wenn die Regierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister, endlich ihre Führungsaufgabe wahrnehmen. Wir können und werden die Regierung nicht aus der Verantwortung entlassen. Herr Finanzminister, auch durch eine langatmige Haushaltsrede, durch das Verschweigen der Zentralprobleme können Sie sich aus dieser Ihrer Verantwortung nicht hinausschleichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)