Rede:
ID0816900700

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Hoppe.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/169 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 169. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Inhalt: Verzicht der Abg. Nordlohne, Dr. von Bismarck und Wohlrabe auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . . . . . 13425 A Eintritt der Abg. Erpenbeck, Dr.-Ing. Oldenstädt und Bahner in den Deutschen Bundestag 13425 A Wahl des Abg. Weiskirch (Olpe) zum stellvertretenden Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 13425 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 13425 B Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksache 8/3100 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1979 bis 1983 — Drucksache 8/3101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1979 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/3099 — Dr. Häfele CDU/CSU 13427 B Westphal SPD 13436 C Hoppe FDP 13444 A Haase (Kassel) CDU/CSU 13447 D Löffler SPD 13452 C Gärtner FDP 13456 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 13458 D Roth SPD 13461 C Dr. Kohl CDU/CSU 13464 D Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . . 13478 C Rohde SPD 13483 B Mischnick FDP 13489 D Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 13490 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 13495 A Franke CDU/CSU 13499 B Glombig SPD . . . . . . . . . . 13502 D Cronenberg FDP 13505 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 13507 C Burger CDU/CSU 13510 C Kuhlwein SPD 13512 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 23 02 Tit. 896 05 — Leistung einer einmaligen finanziellen Sondermaßnahme im Rahmen der Konferenz für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit - Drucksachen 8/2883, 8/3033 — . . . . 13516 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 60 04 Tit. 671 02 — Erstattung von Kredit- und Verwaltungskosten und Ausfällen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Zusammenhang mit der Bildung eines Fonds für Direktinvestitionen und dem Erwerb von Auslandsforderungen auf Grund des deutsch-amerikanischen Devisenausgleichabkommens vom 8./19. August 1969 — Drucksachen 8/2935, 8/3034 — . . . . 13516 B Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1978 —— Drucksache 8/3060 — 13516 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Auslieferungsvertrag vom 20. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika — Drucksache 8/3107 — 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die Ergänzung des Europäischen Ubereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Erleichterung seiner Anwendung — Drucksache 8/3138 — . . . . . . . 13516 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes (TabStG 1980) — Drucksache 8/3114 — 13517 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (AO 1977) — Drucksache 8/3142 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung — Drucksache 8/3077 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. November 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika über den Luftverkehr — Drucksache 8/3058 — 13517 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ubereinkommen vom 3. September 1976 über die Internationale Seefunk Satelliten-Organisation (INMARSAT) — Drucksache 8/3057 — . . . . . . . 13517 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Maßnahmen zur Umstrukturierung und Umstellung der Industrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsinvestitionen der Schiffbauindustrie Vorschlag eines Beschlusses des Rates über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Umstrukturierungs- oder Umstellungsmaßnahmen der Textilindustrie, insbesondere der Kunstfaserindustrie — Drucksachen 8/2465, 8/2687, 8/3145 — 13517C Nächste Sitzung 13517 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordheten . . 13518*A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 169. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1979 13425
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 14. 9. Amrehn ** 14. 9. Dr. Bayerl 13. 9. Blumenfeld 14. 9. Dr. Corterier *** 13. 9. Dr. Dregger 13. 9. Dr. Enders * 14. 9. Fellermaier **** 14. 9. Frau Fischer ** 14. 9. Friedrich (Würzburg) **** 14. 9. Haberl 14. 9. Dr. Hennig ** 14. 9. Hoffie 13. 9. . Dr. Holtz ** 14. 9. Dr. Jaeger ** 14. 9. Jaunich 14. 9. *) für die Teilnahme an. Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **) für die Teilnahme an der 66. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union ***) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung ****) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c . Kiesinger 14. 9. Dr. Klepsch **** 14. 9. Klinker 14. 9. Koblitz 14.9. Dr. Köhler (Wolfsburg)** 14. 9. Dr. Kraske ** 14. 9. Kraus ** 14. 9. Dr. Kreutzmann 14. 9. . Dr. Kunz (Weiden) ** 14. 9. Lemmrich * 14. 9. Lücker **** 14. 9. Männing ** 14. 9. Mattick ** 14. 9. Dr. Meinecke (Hamburg) ** 14. 9. Dr. Mende ** 14. 9. Dr. Möller 14. 9. Dr. Müller-Hermann **** 14. 9. Polkehn ** 14. 9. Reuschenbach ** 14. 9. Schetter 14. 9. Schmidt (Würgendorf) 14. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) **** 14. 9. Seefeld **** 14. 9. Frau Simonis 14. 9. Frau Tübler 14. 9. Voigt (Frankfurt) ** 14. 9. Dr. Wulff ** 14. 9. Wurbs ** 14. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich erinnere mich immer gern an historische Aussprüche meines Fraktionsvorsitzenden, Herr Haase. Ihre Aussprüche sind allerdings nicht so historisch. Was Sie vorgestern an Veröffentlichung in der „Welt" hatten, ist heute durch Ihren Herrn Häfele längst wieder zurückgezogen.

    (Beifall bei der SPD)

    Bevor ich Ihnen sage, wie solide Haushalts- und Steuerpolitik aus einem Guß für die nächsten Jahre, gemeinsam getragen von den Sozialdemokraten und den Freien Demokraten in ihrer Koalition, aussehen wird, will ich erst einmal all diese Schlagworte abräumen, die wir in der Rede von Herrn Häfele hier nun noch einmal vorgeführt bekommen haben.
    Was heißt denn eigentlich „heimliche Steuererhöhungen" ? Hier ist überhaupt nichts heimlich. Hier wird nichts verheimlicht. Alles liegt offen zutage.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Haushalt weist es aus. Jeder Lohnstreifen des einzelnen gibt klare Rechenschaft. Die Steuerschätzungen zeigen offen den zu erwartenden Anstieg als Folge der durch unsere Politik verbesserten Wirtschaftsentwicklung. Das wird offen ausgewiesen und nicht verheimlicht. Deshalb wollen wir ja auch gemeinsam mit unserem Koalitionspartner gerade im Bereich der Lohnsteuer 1981 daraus Konsequenzen ziehen.
    Es bleibt doch aber wohl bei der gemeinsamen, eigentlich von allen getragenen Grundauffassung, daß derjenige, der ein höheres Einkommen bezieht, auch mehr zu den gemeinsamen Lasten der Gemeinschaft durch höhere Steuern beitragen soll und daß die Belastungen des steigenden Einkommens sich progressiv steigern sollen, also nicht nur im gleichen Prozentsatz wie der Einkommenszuwachs. Meine Damen und Herren, wer in diesem Hause ist es denn, der den durchgehend progressiven Einkommensteuertarif fordert? Das sind doch Sie von der Opposition, nicht wir. Die Opposition will offensichtlich weg vom Proportionalsockel der Lohnbesteuerung. Das heißt doch, schon beim kleinsten Einkommen über die dann gesetzten Grundfreibeträge hinaus wird jede zusätzlich verdiente Mark progressiv höher besteuert. Der „Kummer" des einzelnen aus der Grenzsteuerbelastung, die Herr Häfele hier so bejammert hat, soll, wenn es nach der Opposition ginge, schon viel weiter unten anfangen

    (Wehner [SPD] : Leider wahr!)

    und nicht erst jenseits einer arbeitnehmerfreundlich gestalteten Proportionalzone.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Niemand von uns bestreitet, daß ein Progressionssteuertarifsystem, wie wir es haben — mit einer Proportionalzone gleich hoher Besteuerung für etwa die Hälfte der Lohnsteuerpflichtigen und darauf aufbauender Progressionszone mit ansteigenden Steuersätzen für die über diesen Sockel hinausgehenden Einkommensteile —, von Zeit zu Zeit einer Korrektur bedarf. Im Gegenteil, wir sind es doch gewesen, die gerade erst eine entscheidende Tarifkorrektur vorgenommen haben. Wir haben den Tarifsprung von 22 % auf gleich 30,8 % abgeschafft. Dieser von vielen bildhaft als Eiger-Nordwand bezeichnete Sprung ist weg. Das ist unsere Leistung; sie stand am Anfang dieses Jahres 1979.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Wirkung dieser grundlegenden Korrektur des Tarifs trat gerade erst vor neun Monaten ein. Die Steuerlastquote — wie oft müssen wir es denn hier noch sagen? — ist seit 1969 nicht gestiegen. Wenn man, wie dies korrekt ist, das allgemeine Wachsturn unserer gemeinsam produzierten Güter und Leistungen, also des Bruttosozialprodukts, zu den Steuerbelastungen in Vergleich setzt, ergibt sich, daß der Bürger heute nicht mehr, sondern weniger Steuern als 1969 zahlt. Damals war Strauß Finanzminister; darauf wurde eben schon aus anderen Gründen hingewiesen. Dazwischen liegen erhebliche Korrekturen zugunsten des Bürgers: 1975, 1977, 1979; die nächsten werden 1981 folgen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie aber, meine Damen und Herren von der Opposition, wollen leichtfertig und ohne Berücksichtigung der wirtschafts- und finanzpolitischen Daten schon in vier Monaten, gleich nach einem Jahr, die nächste Operation veranstalten. Wollen Sie denn künftig jedes Jahr eine Tarifkorrektur im Steuerrecht vornehmen? Das ist doch Hektik, Herr Häfele!

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist Hektik ohne Vernunft. Wer schielt denn hier auf den Schlitz der Wahlurne im nächsten Jahr? Das sind doch Sie und nicht wir!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie werfen uns vor, wir wollten die Steuermehreinnahmen, die ja nicht da wären, wenn wir die Wirtschaft nicht in Gang gebracht hätten, wenn die Zahl der Beschäftigten nicht gestiegen wäre, wenn die Unternehmenseinkommen und die Löhne nicht stiegen,

    (Lachen bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)




    Westphal
    zum Abbau der Neuverschuldung verwenden; das dürfe man nur durch Ausgabenkürzungen machen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wer hat die Wirtschaft denn runtergewirtschaftet?)

    Ich darf zunächst zurückfragen, meine Damen und Herren: Wie machen es denn die von CDU und CSU geführten Bundesländer? Sehen Sie sich deren Haushalte doch einmal näher an! Wo sind denn da die gewollten, durch politische Entscheidungen bewußt realisierten Ausgabekürzungen? Wo schnallt denn Herr Strauß in Bayern den Riemen enger, um Schulden abzubauen? Das kann man da nicht finden. Ist es nicht Herr Späth, der ab 1. Juli dieses Jahres eine Geburtenprämie verteilen läßt und damit Ausgaben erhöht, obwohl Herr Strauß doch sagte, das Ende der Fahnenstange des Sozialstaats sei schon überschritten?
    Um es gleich klarzustellen: Das ist nicht unsere Meinung. Aber es zeigt doch das Durcheinander der Provinzmeinungen innerhalb der Union.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nein, es ist vernünftig und liegt auch im Interesse des Steuerzahlers, daß wir die Nettokreditaufnahme auch unter Inanspruchnahme von zuwachsenden Steuermehreinnahmen schrittweise herunterfahren, so, wie es die Bundesregierung jetzt im Nachtragshaushalt 1979 macht. 2,3 Milliarden DM sind schon eine Menge Holz. Die Steuermehreinnahmen werden ausschließlich dafür verwendet, die Neuverschuldung zu verringern. Nächstes Jahr machen wir das auch so, wenn die konjunkturelle Lage es zuläßt, was wohl zu erwarten ist. Ich habe zu diesem Thema sogar schon Beifall aus Ihren Reihen gehört. Oder, Herr Windelen, waren Ihre Fragen zu diesem Thema anders zu verstehen? Ich glaube, es ist richtig, was wir hier tun. Jeder kluge Wirtschaftspolitiker wird uns für diese Zeit und diese wirtschaftliche Situation bestätigen: Hier gehen wir den richtigen Weg.
    Ich will die Auffassung nicht zurückweisen, daß der hohe Schuldenstand, der beim Bund eine Folge unserer notwendigen arbeitsplatzsichernden Konjunktur- und Strukturpolitik in den Jahren der Flaute und der Wirkungen des ersten Ölpreisschocks . gewesen ist, auch eine sparsame Ausgabenpolitik verlangt. Auch dies ist in dem im einzelnen vorliegenden Haushaltsentwurf 1980 verwirklicht. Das Volumen steigt gegenüber dem Vorjahr um 5,6 %, also geringer als das Wachstum des Bruttosozialprodukts, das 7 % ausmacht. Die meisten Einzeletats haben noch geringere Steigerungsraten. Nur an den strukturpolitisch richtigen Stellen — beim Wirtschaftsetat, beim Etat für Forschung und Technologie, bei der Entwicklungshilfe
    — sind die Steigerungsraten mit Recht überproportional höher.
    Aber das, was Sie von der Opposition vorhaben
    — oder sagen wir besser: was Sie uns ansinnen —, ist wirtschafts-, sozial- und finanzpolitisch unvertretbar. Sie sagen: Steuersenkung 1980 und Abbau der Verschuldung. Ihre Einsparungsvorschläge — auf der Basis von Herrn Haase, nicht von Herrn
    Häfele gesehen — sind zu pauschal und zu gering für das von Ihnen vorgeschlagene Volumen der Steuersenkungen. Sie denken wahrscheinlich wieder an die globale Minderausgabe und überlassen die eigentlichen Korrekturen und Konkretisierungen der Regierung.

    (Kolb [CDU/CSU] : Das wäre Ihre Aufgabe!)

    Bis vorgestern jedenfalls — und heute erneut bestätigt durch Herrn Häfele — haben Sie uns die Aufgabe überlassen, sparsam zu wirtschaften, und von sich aus keine Kürzungsvorschläge gemacht.
    Lassen Sie uns doch einmal erörtern, wie das aussieht. Straußens Streibl und nun auch Ihre Fraktion als Ganzes, die CDU/CSU, präsentieren eine Tarifkorrektur, wobei ich nicht weiß, Herr Häfele, ob wir das nun schon einrechnen müssen oder nicht, denn es liegt dem Bundestag nicht vor; denn Sie haben ja gesagt, wir dürften nur das einrechnen, was Sie uns hier vorlegen, und nicht alles, wovon Ihre prominenten Leute draußen reden. Wir kommen noch darauf zurück.
    Jedenfalls wollen Sie Steuermindereinnahmen, Kürzungen, im Einnahmenbereich, in Höhe von etwa 8 Milliarden DM im Jahre 1980. Das ist ein Betrag, den man ja nicht, wie mein Kollege Löffler sagen würde, mit der Krümelbürste aus dem Haushalt herausfegen kann. Da muß man schon mit Kürzungen in Milliardenhöhe an die großen Brokken herangehen.
    Nehmen wir uns einmal ein paar vor! Wie wäre es mit dem Verteidigungshaushalt? Abgesehen davon, daß wir Bedenken wegen unserer internationalen Verpflichtungen hätten, höre ich schon Herrn Wörner — auch Herr Häfele hat das angedeutet — dazu sagen, daß Sie das nicht mittragen würden. Ihnen — so könnte man erwarten — ist doch der unterproportionale Anstieg der Ausgaben im Rahmen dieses Einzelplanes schon zu gering. Von Herrn Strauß ist ja wohl auch keine Befürwortung zu erwarten. Ich habe dabei Herrn Strauß nicht in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzenden von MBB gemeint.

    (Heiterkeit bei der SPD — Dr. Althammer [CDU/CSU]: Das ist er ja gar nicht!)

    — Ist er noch mehr?

    (Zurufe von der CDU/CSU) — Ja, ja, er paßt dort auf.


    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Sie verwechseln das! — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Aber das ist doch wirklich billig, was Sie hier treiben! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    — Na ja, wissen Sie, das ist dort auch breiter. Der Einfluß eines solchen Aufsichtsratsvorsitzenden erstreckt sich dann nicht bloß auf den Airbus. Wir meinen, wir haben auch eine international vertretbare Größenordnung des Anstiegs des Verteidigungsetats gefunden.
    Meine Damen und Herren, gehen wir auf der Suche nach Kürzungsmöglichkeiten aus der Sicht der

    Westphal
    Opposition an den zweiten Brocken heran! Nach Herrn Strauß — Sonthofen — wäre wohl der Sozialetat dran. Wir sind stolz darauf, daß der Sozialetat der größte Brocken des Gesamthaushalts ist. Aber aus der Union gibt es da doch nur Mehrforderungen und keine Streichungsabsichten. Erziehungsgeld, Mutterschaftsgeld an alle, Familiengeld, Kindergeld, Kinderfreibeträge, Kindersplitting sind nur einige Stichworte. Das sind z. T. durchaus wünschenswerte Vorhaben, wenn man Geld genug hätte, aber sie bringen doch keine Einsparungen, sondern gewaltige, nicht verkraftbare Mehrausgaben oder Mindereinnahmen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Das alles ist ein unkoordiniertes Durcheinander bei der Opposition. Ich will Ihnen ganz klar sagen: Ein Einschneiden in das soziale Netz kommt für uns nicht in Frage.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Was ist mit der Rentenversicherung?)

    Für uns ist der Ausbau des Sozialstaates nicht beendet. Wir werden sehr gezielt noch vorhandene Schwachstellen Schritt für Schritt beseitigen. Auch das spiegelt der vorliegende Etat.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Rentenbesteuerung!)

    Ich nenne die Senkung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte, freie Fahrt aller Schwerbehinderten im öffentlichen Personennahverkehr, Finanzierung des Mutterschaftsurlaubs, Heizkostenzuschuß für niedrige Einkommen und Verstetigung der Ausbildungsförderungsleistung.
    Meine Damen und Herren, ich bin noch bei der Suche nach Einzelplänen, wo die Union uns Kürzungen von Ausgaben in Milliardenhöhe ansinnen möchte. Da ich Ihnen zugute halte, daß sie Massenentlassungen im öffentlichen Dienst nicht für richtig und möglich halten, bleibt also der Bereich der öffentlichen Investitionen. Ja meinen Sie denn im Ernst, es gäbe dort Streichungsmöglichkeiten in der von Ihnen vorgesehenen Größenordnung? Würden Sie das für sinnvoll halten? Das wäre doch Unsinn! Nach wie vor sorgt das staatliche Engagement für mindestens 1 % unseres Wirtschaftswachstums. Eine Verstetigung der Investitionsausgaben ist die konjunktur- und strukturpolitisch richtige Antwort. Diese gibt auch der Etat, und zwar an den richtigen Stellen. Nur im Baubereich ist es wohl angebracht, das, was wir uns im Programm Zukunftsinvestitionen und im Verkehrsbereich vorgenommen haben, ein bißchen langsamer zu verwirklichen, um die Preisentwicklung nicht überborden zu lassen. Aber einen Konjunktureinbruch durch Abstoppen der Investitionsausgaben selber zu produzieren, das dürfen Sie uns nicht zutrauen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Um ganz sicher zu sein, daß ich kein wichtiges Feld von Einsparungsmöglichkeiten ausgelassen habe, sei hier auch das Problem des Subventionsabbaus angesprochen. Die Opposition hat dazu eine große Anfrage vorgelegt, mit der so ziemlich
    alles, was man fragen kann, aus der Regierung her-ausgefragt werden soll. Nur sind darin nicht einmal in Frageform Überlegungen enthalten, bei welchen Subventionen im einzelnen man denn konkret auf Abbaukurs gehen könnte. Wenn es konkret werden soll, gibt es Fehlanzeige der Opposition.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Sehen Sie, da sind wir anders.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ja! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    — In Kürze kommt es hier zum Schwur, Herr Kohl.
    Die Neuordnung der Landwirtschaftsbesteuerung ist ein Teilabbau von Subventionen, auch wenn es dabei ganz vorrangig um mehr Gerechtigkeit in der Besteuerung der unterschiedlichen Gruppen landwirtschaftlicher Einkommen geht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch ein Schwindel!)

    Aber was hören wir von der Union? Eine Absage, ein deutliches Nein zu unserer Konzeption. Herr Kreile sagt: Gesetz zur Auspressung der Landwirtschaft.

    (Unruhe bei der SPD)

    So gehen Sie an die Frage des Subventionsabbaus heran. Das können Sie nachher nicht einmal vor dem Verfassungsgericht vertreten; denn dahin käme es, wenn es so gemacht würde, wie Sie es meinen.
    Ein weiteres Beispiel aus diesem Bereich: die familienfreundliche Neuorientierung des Bauherrenparagraphen 7 b des Einkommensteuergesetzes, verbunden mit der Korrektur der ungrechtfertigten, zweieinhalbfachen Subvention von Großverdienern beim Hausbau. Da liegen uns aus der Opposition nicht etwa Zustimmungen, sondern Anträge und Forderungen vor, die Grenze für die Abschreibungsberechtigung nach oben zu schieben, ohne dies in eine - natürlich etwas zeitaufwendige — Gesamtreform einzubeziehen.
    Ich könnte diese Reihe fortsetzen. Aber es ist schon deutlich genug geworden, daß bei Ihnen als Opposition mit einer verantwortungsbewußten, die Einnahmen- und die Ausgabenseite des öffentlichen Haushalts umfassenden, die Wirtschaftslage entsprechend berücksichtigenden Finanzpolitik eben leider nicht zu rechnen ist.
    Wer nur einmal die seit Januar 1979 — nichts Älteres ist dabei, Herr Häfele — von prominenten CDU- und CSU-Sprechern veröffentlichten Forderungen auf Steuersenkungen der verschiedensten Art addiert, kommt auf nicht weniger als 83 Milliarden DM. Herr Häfele, da sind nicht etwa irgendwelche Dinge zusammengezogen, bei denen wir nicht damit rechnen müssen, daß sie von Ihnen vor diesem Haus vertreten würden, sondern da kommen die Namen Strauß, Häfele, Streibl und Späth vor, von denen Sie doch durch die Wahlen in Ihren Organisationen gesagt haben, das seien für Sie wichtige Leute, also keine unwichtigen, so daß wir



    Westphal
    das nicht einfach vernachlässigen können. Es sind also 83 Milliarden DM allein im Jahre 1979.
    Wer das hinzufügt, was die Opposition im gleichen Zeitraum über die Absichten der Bundesregierung und der Koalition hinaus an Forderungen für Mehrausgaben genannt hat, müßte noch zweistellige Milliardenzahlen dazurechnen. Das ist doch schon fast unglaublich. Aber dazu gehören die Namen Ihrer prominenten Politiker. So etwas müßten Sie vorher hier abräumen.
    Im übrigen stehen seit heute — auf Grund Ihrer Fraktionssitzung — allein für ein Jahr 8 Milliarden DM als Ihre Forderungen neu im Raum. Wir nehmen an, daß Sie das vor diesem Hause werden konkretisieren wollen.
    An einem einzigen Tag hat Herr Späth für gleich vier Jahre 45 Milliarden DM Steuersenkungen, Kindergelderhöhung und Neueinführung von Kinderfreibeträgen gefordert. Man weiß nicht einmal, ob er dabei die anderen, vorher angekündigten Forderungen in ebenfalls zweistelliger Milliardenhöhe zurückgezogen hat oder nicht, ob sie also noch addiert werden müssen. Da kann man doch gar nicht anders schlußfolgern als: Sie wollen unser Gemeinwesen ausbluten lassen,

    (Zustimmung bei der SPD)

    Sie wollen unsere ausgewogenen, die Wirtschaftsentwicklung beachtenden Staatsfinanzen kaputtmachen. Das werden wir zu verhindern wissen.
    Meine Damen und Herren, ich habe mich schon darüber gewundert, daß das Wort von den durch die Sozialdemokraten geleerten Kassen aus Ihrem Repertoire herausgenommen worden ist. Aber dieses Wort kann man ja nun auch nicht mehr verwenden, wenn die Überschrift in der „Bild"-Zeitung über der Darlegung der Finanzpolitik des Herrn Strauß mit den Worten beginnt: „Wenn die Staatskassen voll sind ..." — Schön wär's ja, wenn's so wäre.
    Aber zu dieser finanzpolitischen Kandidatenaussage muß noch ein Wort hinzugefügt werden. Da steht ja als Forderung nicht nur „Senkung des Lohn- und Einkommensteuertarifs", da steht auch wörtlich: „weiterer Abbau der ertragsunabhängigen Steuern, z. B. Vermögensteuer, Gewerbeertragsteuer und Gewerbekapitalsteuer". Herr Strauß müßte eigentlich wissen, daß die Gewerbeertragsteuer keine ertragsunabhängige Steuer ist, aber: geschenkt.
    Nun weiß jedenfalls jeder, der lesen kann: ein paar Mark im Monat weniger Lohnsteuer bei den Arbeitnehmern, und dann kräftig herunter bei den Steuern auf Vermögen und Gewerbekapital;

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : So ist es!)

    das sind dann eben nicht bloß ein paar Mark im Monat.
    Meine Damen und Herren, liebe Kollegen von der Union, wir lassen die Wirtschaft nicht hängen. Wir wissen um die Bedeutung der kleinen und der
    mittleren Betriebe und um ihre Sorgen. Wir haben nämlich schon Entlastungen beschlossen,

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Ganz kräftig!)

    hier in diesem Haus!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Am 1. Januar 1980 und am 1. Januar 1981 werden sie in Kraft treten. Da ist die Abschaffung der Lohnsummensteuer. Das haben Sie doch nicht gemacht, Herr Häfele. Wenn Sie sich dazu bekennen, das mitgemacht zu haben, okay, aber sagen Sie dann bitte genauso ehrlich, daß Sie sich auch dazu bekennen, diesen problematischen Kinderbetreuungsbetrag mit beschlossen zu haben, weil Ihre Rückschrittsabsicht, Ihr politischer Fehlschluß hinsichtlich der Kinderfreibeträge von uns in gar keinem Falle befürwortet werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie müssen schon zum Ganzen stehen und können nicht aussortieren, was Sie und was wir gemacht haben.
    Ich gebe Ihnen zu, das war eine problematische Sache. Gerade als Ruhrgebietsabgeordneter hat man es in der Frage der Lohnsummensteuer nicht leicht gehabt. Aber bitte, Sie sind baden-württembergischer Abgeordneter. Tun Sie da unten einmal etwas, damit die Konsequenzen, die dort gezogen werden müssen, nämlich daß die Wirtschaft diese Vorteile durch Senkung der Hebesätze bei den Gewerbesteuern auch erhält, damit sie auch tatsächlich beschlossen werden

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    in den Gemeinden, die Sie mit Bürgermeistern und Oberbürgermeistern politisch besetzen.
    Meine Damen und Herren, da war nicht nur die Abschaffung der Lohnsummensteuer, dá ist auch die Erhöhung der Freibeträge bei der Gewerbeertrag- und der Gewerbekapitalsteuer, da ist die Freistellung von der Besteuerung für einen Teil der Schulden eines Unternehmers. Da sind kommende Steuersenkungen von etwa 5 Milliarden DM, die in der Wirtschaft wirken werden. Man darf etwas burschikos hinzufügen: Die sind nun nicht nochmals dran. Das müssen Sie wohl einsehen. Die Freude über diese Steuersenkungen steht ja 1980 und 1981 noch bevor.
    Ein Wort muß hier noch zur Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund und Ländern gesagt werden. Alle Daten zeigen eindeutig, daß die Deckungsquoten von Bund und Ländern weiter zuungunsten des Bundes auseinanderlaufen. Während der Bund 1979 nur 85,6 °/o seiner Ausgaben durch eigene Steuereinnahmen decken kann, werden die Länder eine Deckungsquote von 91,9 °/o erreichen. Für 1981 verbessert sich .die Deckungsquote des Bundes nur um 1 °/o auf 86,6 °/o, die Länder aber können 94,9 °/o ihrer Haushalte — also 3 °/o mehr — durch Steuereinnahmen finanzieren, können also den Entschuldungsvorgang schneller voranbringen.



    Westphal
    Nach Art. 106 des Grundgesetzes müßte dies zu
    einer Neuverteilung der Umsatzsteuer führen, bei der der Anteil des Bundes erhöht wird. Trotz dieser Rechtslage waren die Länder nicht bereit, ein Zugeständnis zu machen. Das ist schlimm, schlimm insbesondere, wenn man daran denkt, daß dies den Grad der Neuverschuldung des Bundes erhöht, obwohl der Bund schon 60 °/o aller Schulden der drei Gebietskörperschaften aufnehmen muß, während sein Haushalt 40 °/o der Ausgaben aller staatlichen Ebenen enthält. Es ist auch schlimm, wenn man an die EG-Finanzierung denkt und an andere wachsende internationale Aufgaben, die der Bundesetat allein tragen muß.
    Sie werden mir vielleicht entgegenhalten, daß alle Länder sich so abweisend verhielten. Es ist schwer, dem zu widersprechen. Aber es wäre doch denkbar, daß diejenigen Länder, die auf dem Wege der Ergänzungszuweisungen — als finanzschwache Länder — noch weitere 1,5 °/o des Umsatzsteueraufkommens vom Bund erhalten, da etwas zurückhaltender wären. Sie sind es nicht. Das sind alles CDU/CSU-geführte Länder: Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Saarland.
    Aber fragen wir doch einmal andersherum. Wo war in dieser Auseinandersetzung, die Monate dauerte, die Stimme der Union auf Bundesebene? Keine einzige ist uns bekanntgeworden. Sie werfen uns hier zu hohe Neuverschuldung vor. Aber wenn es um die gerechtere, dem Grundgesetz entsprechende Neuverteilung des Steueraufkommens geht, durch das die Neuverschuldung des Bundes deutlich gemindert werden könnte, dann spielen Sie die tote Maus. Dann lassen Sie den Bund im Stich. Das ist weder fair noch politisch vernünftig, wenn Sie an Ihre Zukunft denken, die Sie wollen, nicht wir.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielleicht äußern Sie sich einmal hier, meine Damen und Herren von der Opposition, bevor Sie weiter die Verschuldensarie singen. Finanzpolitik des Bundes solide zu gestalten, ist offensichtlich nicht Ihre Sache. Wir müssen das allein tun und werden es auch, einschließlich der Abwehr aller Ihrer Wahlgeschenkverkündigungen tun.
    Die Wirtschaftslandschaft, in der wir unsere haushalts- und steuerpolitischen Ziele für die nächsten Jahre abstecken, ist günstiger gestaltet als in den vergangenen Jahren, als es durch umfangreiche staatliche Förderungsprogramme galt, die rezessiven Wirkungen insbesondere des ersten Ö1preisschocks abzuwehren, verbunden mit der konjunkturpolitisch richtigen Konsequenz einer steigenden hohen Schuldenaufnahme. Die Tatsache, daß die Arbeitslosenzahl deutlich zurückging, daß die Beschäftigtenzahl anwächst, daß die Unternehmer in diesem Jahr ihr Einkommen um 12 °/o steigern werden und daß sie investieren, daß die Kapazitäten der Betriebe im Durchschnitt fast wieder normal ausgelastet sind, daß die Auftragsbücher gut gefüllt sind und daß selbst in Arbeitsmarktproblemgebieten Facharbeiter gesucht werden — diese
    Tatsachen sind doch nicht von allein eingetreten. Sie sind Folgen unserer Politik.

    (Beifall bei der SPD)

    Sicher gehört auch zu den Tatsachen, daß bei ansonsten positivem Datenkranz die Preissteigerungsrate angestiegen ist, zum erstenmal seit Mitte 1974. Auch der volkswirtschaftliche Laie weiß, daß ein Unternehmer dann bei den Preisen zulegt, wenn er meint, auch zum erhöhten Preis seine gesuchten Produkte verkaufen zu können. Sie wollen uns doch, meine Damen und Herren, nicht weismachen und nicht im Ernst einreden, daß die Erhöhung der Umsatzsteuer um 1 °/o bzw. 1/2 °/o bei den Lebensmitteln die Preissteigerungen erklären würde. Das wären, wenn sie tatsächlich alle auf die Preise umgelegt würden, 0,6 °/o oder 0,7 °/o des Preisanstiegs. Auf die Widersprüchlichkeiten des Herrn Strauß will ich hier gar nicht länger eingehen, der einerseits den selbst bei einigen seiner eigenen CDU-Ministerpräsidentenkollegen gescheiterten Versuch unternahm, die von ihm mit beschlossene Umsatzsteuererhöhung — maßvolle Umsatzsteuererhöhung — rückgängig zu machen, aber in seiner Selbstdarstellung in der „Bild"-Zeitung vom 8. Juni dieses Jahres vor allem die Besteuerung des Verbrauchs als den Weg ansieht, mit dem Steuersenkungen im Einkommensbereich ausgeglichen werden müssen. Das ist ja wohl widersprüchlich, was uns dort entgegenklingt.
    Zu den Preisentwicklungsfragen! Die vermutliche Fünf vor dem Komma bei den Preissteigerungen in den nächsten Monaten ergibt sich nur zum geringen Teil aus den angehobenen Umsatzsteuern. 11/2 °/o gehen auf das Konto der neuen überdimensionalen Olpreissteigerungen. Die Importe, deren Wert bei uns ein Drittel des Bruttosozialproduktes ausmacht, haben sich vom Sommer 1978 bis heute um 16 °/o versteuert. Man kann sehen, aus welcher Richtung die Schwierigkeiten für uns kommen.
    Die Fünf ergibt sich aber auch aus dem so außerordentlich günstigen Preisniveau des vergangenen Jahres, in dem wir in den Herbstmonaten nur etwas über 2 °/o Steigerung gegenüber dem Vorjahr hatten. Das gibt, so möchte ich sagen, die Hoffnung, daß der Fortfall der Einmalwirkung im nächsten Jahr und eine konsequente Politik der Preisstabilität uns 1980 wieder auf bessere, niedrigere Raten bringen werden. Regierung und Bundesbank werden sich da nicht auseinanderdividieren lassen.

    (Beifall des Abg. Wehner [SPD])

    Wenn wir also für die Gegenwart und die überschaubare Zukunft von positiven Wirtschaftsdaten ausgehen können, dann ist die erste Konsequenz, die unsere Finanzpolitik daraus zieht: Es gibt gegenwärtig keinen konjunkturpolitischen Handlungsbedarf des Staates.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die Leute, die uns einreden wollen: „Dunkle Wolken für das nächste Jahr", die müssen erst einmal zu gegebener Zeit und nicht verfrüht konkrete Belege bringen, die nachprüfbar sind.



    Westphal
    Ich will hier aber auch hinzufügen: Wenn sich im nächsten Jahr, z. B. bewirkt durch die Folgen der Ölpreiserhöhungen und die Rezessionswirkungen draußen in der Welt bei unseren großen Austauschpartnern, negative Zeichen zeigen sollten, dann wird die Bundesregierung konjunkturpolitisch handlungsbereit und, vor allen Dingen, handlungsfähig sein. Wer da — auch das sei hinzugefügt — wie ein Kaninchen auf die Schlange nur auf die Steuerpolitik als Instrument blickt, der ist schief gewickelt.

    (Beifall des Abg. Wehner [SPD])

    Da gibt es auch auf der Ausgabenseite der öffentlichen Haushalte wirkungsvolle Instrumente, die z. B. den Verbrauch — oder was sonst in einer solchen Eventualsituation notwending sein könnte — anzuregen in der Lage sind.

    (Sehr richtig! bei der SPD — Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Immer noch auf dem falschen Weg!)

    Nur ist dies nicht die heutige Lage. Es ist auch nicht die Erwartung für das kommende Jahr. Dies ist nur die Verdeutlichung, daß wir auf der Grundlage solider Finanzpolitik und eines mehrseitigen Instrumentariums im Eventualfall handeln könnten und handeln würden. Um etwas anderes handelt es sich dabei nicht.
    Die Lage, wie sie ist und wie wir sie weiter erwarten können, zeigen auch die Entscheidungen der Bundesregierung für den zweiten Nachtragshaushalt, ebenso die Ansätze im Etatentwurf 1980. Ich will das eine dicke Beispiel einmal nennen. In diesem zweiten Nachtragshaushalt 1979, der uns jetzt hier mit vorliegt, werden die Zuschüsse des Bundes an die Bundesanstalt für Arbeit deutlich zurückgeführt werden. Um 1,5 Milliarden DM können wir noch im Jahre 1979 die Mittel zur Dekkung von Kosten der Leistungen an Arbeitslose kürzen, weil unsere Politik dazu führte, daß diese Arbeitsuchenden wieder einen Arbeitsplatz und damit eigenen Verdienst und eigenes Einkommen haben.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Die zweite Konsequenz aus der geschaffenen positiven Wirtschaftsentwicklung ist die Verstetigung der öffentlichen Investitionsausgaben. Wir können uns verstärkt der Modernisierung unserer Wirtschaft zuwenden und dabei insbesondere den Problemgebieten bei ihren eigenen Anstrengungen helfen. Ich denke da besonders an das Ruhrgebiet und an die Küste.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die dritte Konsequenz ist: Der Ausbau der sozialen Sicherheit geht weiter. Ich habe die konkreten Schritte in diesem Haushalt schon genannt. Wer uns aber, auf welchen Umwegen auch immer, ein Einschneiden in das von uns geschaffene Netz sozialer Sicherheit einreden will, der beißt bei uns auf Granit.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Granit!)

    Sehen sie, Herr Häfele, ich habe das Wort, das Sie uns dauernd auszureden versuchen, gar nicht gebraucht, Ihnen aber von der Sache her den Nachweis geführt: Dort liegen die inhaltlichen Möglichkeiten Ihrer Ankündigungen — das wird aber immer vertuscht —, wenn Sie irgendwo kürzen wollten. Wir sagen hier: Da läuft nichts. Dies ist unser Verdienst. Das haben wir geschaffen. Diese soziale Sicherung lassen wir uns von anderen nicht zerschneiden oder kaputtmachen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die vierte Konsequenz: Wir setzen die gezielte Arbeitsmarktpolitik fort, um insbesondere den Problemgruppen behinderten, älteren und nicht genügend ausgebildeten Arbeitnehmern zu helfen, einen Arbeitsplatz und damit selbst erarbeiteten eigenen Verdienst zu bekommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die fünfte Konsequenz ist ganz eindeutig. Im Jahre 1980 wird der neue Zuwachs von Schulden deutlich gebremst. Auch wenn ich alles, was Sie uns vorgeredet haben, Herr Häfele, noch einmal Revue passieren lassen müßte — ich tue es nicht —: Die Planung des Vorjahres für 1980 wird um 5 Milliarden DM heruntergesetzt, und das ist eindeutig ein Vorgehen in Richtung auf eine Konsolidierung der Haushalte. Wenn die Steuerschätzungen am Ende der Haushaltsberatungen es erlauben, werden wir auch diese Mittel, die dort über die bisherigen Schätzungen hinaus neu zuwachsen, zur Senkung der Nettokreditaufnahme unter die unbestritten hohen 28 Milliarden DM für 1980 verwenden.
    Das geschieht alles, obwohl uns eigentlich noch ein paar Milliarden DM aus der Umsatzsteuer zur weiteren Senkung zustehen würden, die nur wegen des starren Länderverhaltens diesen zur Senkung ihrer Verschuldung nun dienen werden. Die geringere Beanspruchung des Kapitalmarktes ist konjunkturpolitisch richtig und hilft uns, den hohen Sockel der Verschuldung mit seinen hohen Zinsbelastungen nicht in unvertretbare Größen wachsen zu lassen.
    Herr Häfele, hier ist vielleicht die Stelle, wo ich auf das zurückkommen muß, was in diesem Hause eigentlich nicht hätte gesagt werden dürfen. Was Sie mit Ihrem Vergleich der Schuldenhöhe ausgedrückt haben — bezogen auf völlig andere Wirtschafts- und Währungsverhältnisse am Ende des Krieges und der Nazizeit —, kann man nur niedriger hängen. Das war wirklich ein Punkt, bei dem man Ihnen nur raten kann: Lassen Sie sowas in diesem Hause nach der Rede des Präsidenten von gestern.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Außerdem war es volkswirtschaftlicher Unsinn. Sie sind wohl gelernter Volkswirt, ich nicht. Aber ich glaube, ich kann Ihnen das nachweisen. Wollen Sie denn sagen, daß all die Länder in der Welt, die in dieser Gegenwart höher als wir verschuldet sind — auch wenn man aus der Zeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs rechnet; das sind zum Beispiel die USA, England, Belgien und mehr als die Hälfte der Industriestaaten dieser Erde, mit denen wir im Austausch stehen —, mit ihrer viel höheren Ver-



    Westphal
    schuldung — wir liegen da im unteren Durchschnitt — bankrott wären? Das ist doch volkswirtschaftlicher Unsinn!

    (Beifall bei der SPD und der FDP) Allein von daher stimmt der Vergleich nicht.

    Wir haben bei den Schulden zwar eine — niemand von uns bestreitet das — deutlich ansteigende Linie durch unsere Konjunkturpolitik mit Gegensteuern, mit Schuldenaufnehmen. Aber bezogen sowohl auf den einzelnen Einwohner,, als auch bezogen auf die gesamte Volkswirtschaft, liegen wir bei der Verschuldung nach wie vor in der Mitte und nicht etwa an der Spitze.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wenn die Argumente schwinden, wird Ihre Stimme lauter!)

    Deswegen ist auch von dieser Seite der politisch niedriger zu hängende Vergleich, den Sie vorhin gebracht haben, unsinnig und muß zurückgewiesen werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Und schließlich: Ich habe bereits gesagt, daß es die Logik unseres Lohn- und Einkommensteuertarifs ist, daß er von Zeit zu Zeit korrigiert werden muß, um die Belastung für diejenigen, die in die progessive Besteuerung ihrer zusätzlichen Einkommensteile hineinwachsen, zu verzögern. Eine Änderung des Steuertarifs mit einer deutlich spürbaren Entlastung, insbesondere der kleineren Einkommen und der Facharbeitereinkommen, ist von uns für Anfang 1981 terminiert; von uns, das heißt: gemeinsam von den Partnern der Koalition in Übereinstimmung zwischen Sozialdemokraten und Freien Demokraten. Wir lassen uns hier, meine Damen und Herren, lieber Herr Häfele, eben nicht in die Hektik hineinreden, die Sie uns andichten wollen. Allein die Logik widerspricht doch dem, was Sie hier gesagt haben. Sie sagen, daß Sie in vier Monaten ein ganz ausgezeichnetes steuerpolitisches Tarifkonzept entwickeln wollen, und reden uns ein, die wir das in irgendeiner Form, über die es zu reden gilt

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : In irgendeiner Form!)

    — natürlich, wir lassen uns eben nicht in Hektik hineinreden. Sie würden vier Monate lang Hektik und dazu noch volkswirtschaftlich Falsches machen —,

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Warten Sie noch ein paar Monate ab, wie hektisch Sie dann werden!)

    für 1981 vorbereiten werden, daß man so lange nicht warten könne. Wir wollen eine Änderung des Steuertarifs mit einer deutlich spürbaren Entlastung — ich sage das noch einmal —, insbesondere der kleineren Einkommen und der Facharbeitereinkommen, für 1981. Wir lassen uns hier nicht in
    Hektik hineinreden.

    (Dr. Langner [CDU/CSU] : Sie sagten es schon!)

    — Bitte, Sie können es öfter haben! — Wir machen einen Schritt nach dem anderen und nicht mehrere Schritte gleichzeitig. Wir machen nicht — auch das lassen Sie sich sagen — durch Klein-Klein im Jahre 1980 eine wirklich greifende Entlastung im Jahre 1981 unmöglich.
    Auch die Wahlen im kommenden Jahr werden uns nicht von solider Finanzpolitik abbringen, für die — das kann man erkennen — gerade auch die arbeitenden Menschen in unserem Lande Verständnis haben werden. Mit Recht lehnen die Gewerkschaften eine Verbindung von Lohnforderungen mit steuerpolitischen Maßnahmen ab. Herr Häfele, Sie sind da mit Ihren Überlegungen völlig allein. Sowohl die Unternehmerseite und die Gewerkschaften als auch

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Als auch Sie, was!)

    sonst alle draußen haben nun deutlich gemacht, daß sie die Verbindung von Lohnforderungen mit steuerpolitischen Maßnahmen eben nicht für einen gangbaren und richtigen Weg halten, sondern ihn ablehnen. Auch wir tun dies.
    Meine Damen und Herren, jeder draußen wird uns an dem, was hier gesagt und vorgeschlagen worden ist, was die Regierung in ihrem Etat vorgelegt hat, und an dem, was jetzt an steuerpolitischen Überlegungen vorgetragen wird, 1980 messen können. Jetzt beraten wir erst einmal diesen Haushalt für 1980, den letzten vor der Wahl. Für den Rest der Legislaturperiode erwartet uns darüber hinaus harte Arbeit im steuerpolitischen Bereich: gerechtere Gestaltung der Landwirtschaftsbesteuerung, Abbau des Mißbrauchs von Abschreibungsmöglichkeiten durch Einschränkung des negativen Kapitalkontos, steuerliche Erleichterungen im Bereich der Vereinsbesteuerung, verbunden mit weiteren Schritten der Steuervereinfachung, wobei es sich um Schritte handelt, die nicht nur der Verwaltung, sondern vor allem auch dem Bürger spürbar nützen, steuerliche Absicherung des Künstlersozialversicherungsbereichs und Verlängerung und Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten im Bereich des Umweltschutzes, also genau das, was die Bundesregierung in der Diskussion über die Hilfen für den Bereich der Ruhr — entsprechend ihren Möglichkeiten — zugesagt hat.
    Meine. Damen und Herren, ich habe Ihnen nun das vorgetragen, was man wohl so in etwa als unser Programm für die nächsten Jahre solider Finanzpolitik bezeichnen kann. Vor uns liegt der Matthöfer-Haushalt, dem wir hinsichtlich seiner Grundannahmen und hinsichtlich seines Inhalts zustimmen und den wir nun im Haushaltsausschuß im einzelnen zu beraten haben.

    (Zuruf des Abg. Glos [CDU/CSU])

    — Gehen wir an die Arbeit, Herr Glos. Denn wir sind es, die im Interesse der Bürger, die uns hier hergesandt haben, die Entscheidungen zu treffen haben.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)






Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gestern vom Bundesfinanzminister eingebrachte Entwurf des Bundeshaushalts 1980 macht in seiner eher bescheidenen Zuwachsrate die Ernsthaftigkeit der Bemühungen um die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen sichtbar. Nun ist allerdings dem Herrn Kollegen Häfele zuzugeben, daß „Konsolidierung" dafür ein zu großes Wort ist.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Hervorragend!)

    Denn es geht zunächst einmal darum, mühsam die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß wir die Staatsfinanzen wirklich konsolidieren können. Aber gerade deshalb stehen wir in der Finanz- und Haushaltspolitik vor den beiden Problemkreisen Konsolidierung und Steuerentlastung. Auch hier müssen Prioritäten gesetzt werden, und auch die Opposition kann diesem Zwang nicht ausweichen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Bei dem Problemkreis Staatsverschuldung hat Herr Kollege Häfele die Frau Kassandra bemüht — das ist verständlich —, und er hat beklagt, daß, sie mit ihren Rufen bisher so wenig bewirkt hat. Leider hat aber offenbar Herr Häfele und leider haben die verehrten Kollegen von der Opposition von der Dame überhaupt nichts dazugelernt;

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    denn uns empfiehlt Herr Häfele, auf Frau Kassandra zu lauschen, während er und die Opposition sich die Ohren verstopfen. Nur weil Sie sich selbst so abschirmen, können sie im Augenblick als seltsame Alternative und als Ihr Oppositionskonzept der Bevölkerung die Beglückung mit den Steuererleichterungen zur Unzeit nahebringen wollen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Fraktion der Freien Demokraten nimmt jedenfalls mit Genugtuung zur Kenntnis, daß die Konsolidierungspolitik jetzt Vorrang hat. Doch kann uns das vorgelegte Zahlenwerk dabei noch keineswegs zufriedenstellen. Die Minderung der Staatsverschuldung muß noch konsequenter betrieben werden. Aber schon mit dem Haushalt 1979 ist trotz der auf ihm lastenden Verpflichtungen aus dem Weltwirtschaftsgipfel versucht worden, die notwendigen Konsequenzen aus der sich abzeichnenden verbesserten Wirtschaftslage zu ziehen. Bis 1978 mußten Konjunktur- und Beschäftigungsprogramme mit dem hohen Preis der Staatsverschuldung finanziert werden. Danach waren stützende Maßnahmen zum Wachstumsausgleich nicht mehr nötig.

    (Kolb [CDU/CSU] : Wie war das 1970 bis 1972?)

    Da eine Kreditfinanzierung bei wirtschaftlicher Erholung wahrlich nicht mehr als produktiv bezeichnet werden kann, galt es, bereits in diesem Haushaltsjahr den Eilmarsch in die Verschuldung zu stoppen. Der Entwurf des Zweiten Nachtragshaushalts, der hier gleichzeitig zur Beratung ansteht
    und über den der Herr Bundesfinanzminister gestern auch ausführlich referiert hat, macht für alle deutlich, daß nicht nur die neuen Aufgaben voll durch Einsparungen finanziert sind, sondern auch, daß die Steuermehreinnahmen zur Senkung des Kreditbedarfs verwendet werden. Wenn wir uns erinnern, daß im Haushaltsentwurf der Bundesregierung noch ein Kreditbedarf von über 35 Milliarden DM vorgesehen war und wir jetzt den Ermächtigungsrahmen über den Zweiten Nachtragsetat auf knapp 29 Milliarden DM senken, und wenn wir wissen, daß sich der Finanzminister — das haben wir im Haushaltsgesetz festgelegt — darauf noch die 3 Milliarden DM anrechnen lassen muß, die er noch aus dem Jahre 1978 in der Kasse hat, dann gibt es hier real eine Korrektur von 10 Milliarden DM. Dieser Posten kann sich in der Verschuldenspolitik des Bundes und auf dem Kapitalmarkt durchaus in positiver Weise sehen lassen; denn das schlägt zu Buche.

    (Beifall bei der FDP)

    Damit passen wir den Haushalt 1979 der konjunkturellen Aufwärtsbewegung an, in der sich unsere Volkswirtschaft seit dem Frühjahr 1978 befindet. Es gibt auch gute Gründe für die Annahme, daß die erfreuliche Konjunkturlage im Jahre 1980 anhält. Zwar ist wohl mit einer gewissen Abschwächung zu rechnen, aber der vereinzelt geäußerte Pessimismus scheint denn doch fehl am Platze. Dafür spricht, wie mir scheint, schon die positive Produktionsentwicklung der Industrie für das nächste Jahr.
    Es kommt hinzu, daß nach übereinstimmender Auffassung der Preisauftrieb, der Ende dieses Jahres zwar durchaus 5 °/o übersteigen kann, 1980 wieder unter 4 °/o absinken wird. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß es beim 01 keine neuen Preissprünge gibt und daß die Unternehmer Augenmaß und Disziplin bei der Preisgestaltung beweisen.
    Meine Damen und Herren, die Gewerkschaften haben gezeigt, daß sie willens und fähig sind, das uns außenwirtschaftlich abverlangte Opfer mitzutragen. Sie werden die gezeigte gesamtwirtschaftliche Verantwortung aber längerfristig nur dann durchhalten, wenn deutlich bleibt, daß die. uns allen auferlegten Lasten auch möglichst gerecht verteilt sind und verteilt bleiben.
    Nun ist zu fragen: Wo bleibt bei diesen beschwörenden Appellen an die Vernunft der Gewerkschaften und der Unternehmer das Vorbild des Staates? Die Erhöhung der Mehrwertsteuer scheint eher ein schlechtes Beispiel zu sein; ihre negativen Auswirkungen auf den Preisanstieg kann niemand leugnen. Und doch haben jedenfalls alle Haushaltspolitiker aufgeatmet, als sie beschlossen wurde, denn sie war und bleibt unverzichtbar für den Beginn der Konsolidierungsmaßnahmen. Schließlich ist bei einer Gesamtstaatsverschuldung von 420 Milliarden DM — davon 210 Milliarden DM Bundesschulden — ein gefährliches Potential erreicht, das mit einer tickenden Zeitbombe vergleichbar ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)




    Hoppe
    Für die Folgewirkungen ist es nun völlig gleichgültig, wie berechtigt, wie zwingend und wie notwendig die Kreditfinanzierung im einzelnen in den vergangenen Jahren gewesen ist; die daraus heute und für die Zukunft resultierende Last jedenfalls kann kein Haushaltspolitiker verdrängen. Die Zins-und Tilgungsraten legen bereits heute eipen Großteil der künftigen Staatseinnahmen so fest, daß es keinen operativen Handlungsspielraum in der Finanzpolitik mehr gibt. Dabei hat es doch nicht erst des zweiten Ölschocks bedurft, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß es für uns noch wichtige große und kostspielige Aufgaben gibt, die es zu lösen gilt. Herausforderungen nennen wir das und meinen dabei unter anderem Energiepolitik mit der Kraftanstrengung der Entwicklung neuer Technologien, die uns vom 01 etwas weniger abhängig machen sollen. Wir meinen damit Entwicklungspolitik und das in einem umfassenden Sinn mit dem Ziel der wirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung der Länder der Dritten Welt. Wir meinen damit die Rückgewinnung und • Sicherung der Vollbeschäftigung im Inland. Wir denken an die Familienpolitik, die mehr und mehr in den Mittelpunkt unserer Diskussion gerät. Wir denken doch aber wohl zuallererst auch an die Fähigkeit, wieder handlungsfähig zu sein, wenn die Konjunktur erneut staatliche Steuerungsmaßnahmen verlangen sollte.

    (Beifall bei der FDP)

    Es mutet aber wie Hochstapelei an, wenn wir die Lösung von Aufgaben versprechen, für die uns die finanziellen Mittel fehlen. Beschaffen können wir sie uns nur durch die Konsolidierung des Haushalts.

    (Beifall bei der FDP)

    Im übrigen verfügt der Haushalt mit seiner derzeitigen Schuldenlast auch über keinerlei Reserven mehr, um Rückschläge aus Bürgschaftsverpflichtungen auffangen zu können. Das Beispiel Iran hat aber doch wohl allen gezeigt, daß die Ubernahme solcher Garantieverpflichtungen risikoreicher geworden ist. Wir müssen deshalb, wenn wir auch in diesem Teil unserer Politik seriös bleiben wollen, auch dafür den finanziellen Handlungsspielraum beschleunigt schaffen.
    Konsolidierung der Staatsfinanzen kann natürlich nicht nur auf die Einnahmeseite des Haushalts beschränkt bleiben. Zu nachhaltiger Wirkung werden wir nur durch eine Änderung auch der Ausgabenstruktur kommen.
    Schon der zweite Nachtragshaushalt 1979 liefert — so will es uns scheinen — für die Haushaltsberatung 1980 den ersten kritischen Ansatz. Da das Haushaltsvolumen 1979 unverändert bleibt, beträgt die Steigerungsrate des Bundeshaushalts 1980 5,6 %. Nach den Vorankündigungen des Bundesfinanzministers sollte die Steigerung aber nur 5 % betragen.
    Damit sehe ich die erste uns gestellte Aufgabe darin, die Absicht des Finanzministers in die Tat umzusetzen und die Ausgaben um 1 Milliarde zu kürzen. Es sollte dabei vielleicht gar nicht einmal sein Bewenden haben, denn was uns der Finanzplanungsrat in seiner Sitzung vom Mai 1979 auf den Weg gegeben hat, gilt es im Sinne einer antizyklischen Haushaltsgestaltung zu beherzigen.
    Der Haushaltsplan wird deshalb ganz allgemein darauf abzuklopfen sein, was von der Erklärung des Bundesfinanzministers zu halten ist, daß die Rückführung des Defizits bereits durch die sehr knapp bemessenen Ausgabenansätze eingeleitet wurde. Dabei verdient jeder Einzelplan die gleiche kritische Aufmerksamkeit.
    In das Konzept der Konsolidierung sind die Vermehrung um 2 500 Planstellen und eine großzügige Stellenhebung nur schwer einzuordnen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Hier scheint es sich doch vielleicht mehr um Bürokratisierung als um Konsolidierung zu handeln.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Aber diesem Punkt werden wir ja wohl bei der Einzelberatung im Haushaltsausschuß unsere besondere Aufmerksamkeit zu widmen haben.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Dazu werde ich Ihnen gleich etwas sagen!)

    Milton Friedman hat von den vier Möglichkeiten gesprochen, Geld auszugeben: eigenes Geld für eigene Bedürfnisse, eigenes Geld für andere, anderer Leute Geld für eigene Interessen und schließlich anderer Leute Geld für andere. Nach Friedman gibt es zwischen den Methoden ein klares Gefälle, und zwar meint er, daß die Leichtfertigkeit, mit der das Geld ausgegeben wird, rapide zunimmt. Genau darin sieht er den Grund für die öffentliche Verschuldung und die Inflation.
    In der Tat, meine ich, stellt sich für uns alle, die wir fremdes Geld treuhänderisch verwalten, täglich die Frage, ob unsere Entscheidung vor dem Steuerzahler dieser und der nächsten Generation guten Gewissens verantwortet werden kann.

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Hättet Ihr das mal früher getan!)

    Dies ist die finanzpolitische Gretchenfrage unserer Zeit. So gesehen macht denn auch die für 1980 geplante hohe Nettokreditaufnahme des Bundes von immer noch gut 28 Milliarden DM besorgt. Es kann deshalb gar nicht überraschen, daß das Petitum der Deutschen Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom Juli 1979 auf einen stärkeren Abbau des Defizits der öffentlichen Haushalte gerichtet blieb. Die Schuldenhöhe produzierte einen Zinsdruck, der der Preisentwicklung wahrlich nicht gut bekam.
    Nicht von ungefähr, sondern um die sich rasant beschleunigende Staatsverschuldung zu stoppen, habe ich für die Freien Demokraten in der dritten Lesung des Haushalts 1979 deshalb eine Tendenzwende unserer Haushaltspolitik gefordert. Bei aller Würdigung der von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen und der entwickelten Zielvorstellungen kann es uns deshalb noch nicht zufriedenstellen, daß die Nettokreditaufnahme über ei-



    Hoppe
    nen längerfristigen, stark reduzierten Ausgabenzuwachs mit Steigerungsraten von 5 °/o erst bis 1983 auf 20 Milliarden DM zurückgebildet werden soll. Wir können uns nicht — wie Esel mit dem Heubündel an der Stange — dadurch in Trab halten lassen, daß uns die Konsolidierung immer erneut für die nächste Zukunft in Aussicht gestellt wird.

    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : So ist es, seit Jahren! Dr. Kohl [CDU/CSU] : Goldene Worte!)

    — Gerade die Opposition sollte angesichts ihrer neuen Steuerideen mit ihren Zwischenrufen hier ganz vorsichtig sein.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Niemand wird die sachlichen Schwierigkeiten leugnen wollen, die diese Aufgabe mit sich bringt.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Warum sagen Sie das nicht Frau Funcke!)

    — Geben, verehrter Herr Kollege Kohl, ist nun einmal seliger denn Nehmen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das wissen Sie! Das ist das Umkehrprinzip der FDP: Sie sind Spezialisten für das Nehmen!)

    — Passen Sie einmal auf; ich will Ihnen sagen, warum Sie das so genau wissen. Mindestens insoweit, so scheint mir, sind alle Parteien von einer christlichen Haltung durchdrungen.
    Meine Damen und Herren, Konsolidierung ist ein hartes Geschäft, weil eben zu viele Interessen miteinander kollidieren. Wenn wir aber nach den Jahren äußerster finanzieller Anspannung das Intervall wirtschaftlicher Erholung nicht nutzen, werden wir mit unserer Finanzpolitik Schiffbruch erleiden.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    In Sachen Konsolidierung der Staatsfinanzen müßten wir nun eigentlich völlige Übereinstimmung erzielt haben. Man durfte ja auch gestern noch erwarten, daß wir die notwendigen Operationen mit großer Geschlossenheit durchführen können. Auf die Forderung der Freien Demokraten nach einer Kurskorrektur hat der Bundesfinanzminister zwar zunächst noch mit spürbarem Unwillen reagiert, und natürlich tut er sich angesichts der Arbeitsmarktprobleme und der Verpflichtung, den Haushalt zur Globalsteuerung einzusetzen, schwer; zu keiner Zeit hat er aber den Zustand der Staatsfinanzen — und dieser war angespannt und beklagenswert — aus den Augen verloren. Deshalb haben Bundesfinanzminister und Bundesregierung — der Haushaltsplan 1980 weist das aus — die Zeichen der Zeit erkannt und die Ratschläge der Deutschen Bundesbank beherzigt.
    Die Opposition aber schien für die Politik der Konsolidierung geradezu ein selbstverständlicher, ein notwendiger Partner zu sein. Der Ministerpräsident Bayerns hat denn auch in der Sitzung des Bundesrates vom 16. Februar 1979 die Forderung nach Haushaltssanierung und den Vorrang dieser Forderung für richtig gehalten und ausdrücklich
    unterstützt. Er hat diesem seinem Votum noch die knallige Formulierung vorangestellt, daß die Höhe der Neuverschuldung nur. als eine Maßnahme zur Ausbeutung der nächsten Generation angesehen werden kann.
    Es schien damit der seltene Zustand erreicht, daß in einer so wichtigen innenpolitischen Frage alle Parteien an einem Strang und in einer Richtung ziehen. Endlich schien die Vernunft das Feld zu beherrschen. Wahlkampf und Rollenspiel von Regierung und Opposition schienen — jedenfalls vorübergehend — überwunden.
    Da flippten in der Sommerpause die ersten aus und gingen auf den Steuertrip. Gewiß: Steuerpolitische Maßnahmen stehen an, und die Forderung nach Vereinfachung und Tarifkorrektur wird in allen Parteien diskutiert. Sie ist schon deshalb unerläßlich, weil die Tarifanpassung bei einem Steuersystem mit Progressionswirkung als Dauerthema auf der Tagesordnung bleiben muß. Diese Diskussion läßt sich selbst dadurch nicht vermeiden, daß das drückende Defizit der öffentlichen Haushalte langsam überhandnimmt.
    Aber gerade die Erfahrung mit dem Haushalt 1979 — diese sollte wahrlich noch hautnah genug sein — müßte jedem eingebläut haben, daß Konsolidierung und Steuererleichterung nicht gleichzeitig zu haben sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Haushaltssanierung ist schon seit dem einstimmigen Beschluß des Deutschen Bundestags vom 13. April 1978 zur vordringlichen Aufgabe geworden. Und doch wurde ihre Durchführung zunächst unmöglich und mußte vertagt werden, als nach dem Weltwirtschaftsgipfel der deutsche Beitrag mit einem Steuerentlastungspaket erbracht werden mußte.
    Meine Damen und Herren, beklagt haben das alle — natürlich nicht die Steuerentlastungen, die hat insbesondere auch die Opposition bejubelt. Aber über die Folgewirkung, nämlich daß wir die Konsolidierung 1979 nicht energisch genug anpakken konnten, hat die Opposition Zeter und Mordio geschrien. Das hat sie allerdings nicht daran gehindert, gleichzeitig weitere Steuererleichterungen zu fordern und mehr Ausgaben zu versprechen. Genau an diesen schrecklichen und in sich widersprüchlichen Punkt knüpfen Sie heute an. Genau das hat Herr Kollege Häfele hier heute, wie ich meine, darstellen müssen, aber in wenig überzeugender Weise.
    Meine Damen und Herren, gesicherte Erkenntnis sollte sein, daß den Problemen unseres Haushalts wie der Steuerpolitik nicht mit kurzen Rauschzuständen beizukommen ist. Wie beim Drogenmißbrauch — ich sage das, weil darüber in der Haushaltsrede gesprochen wurde — klingt die stimulierende Wirkung nur allzu schnell ab, und nach dem Katzenjammer stellen sich die Dauerschäden ein. Wenn wir den kränkelnden Haushalt gesunden lassen wollen, dann muß die Kur endlich anschlagen, und dies verlangt eine Konsequenz der Mittel. Dann müssen wir einsehen, daß der unumgängliche



    Hoppe
    Defizitabbau einseitig auch über Ausgabenkürzungen nicht zu bewerkstelligen ist. Der Kürzung der öffentlichen Leistungsquote und des öffentlichen Leistungsangebots sind nun einmal Grenzen gesetzt. Familien-, Sozial-, Entwicklungs- und Verteidigungspolitiker werden uns allen dies sehr schnell immer wieder deutlich machen. Aber ohne Selbstbescheidung auf allen Ebenen wird es keine durchgreifenden Veränderungen geben.
    Eine Konsolidierung der Staatsfinanzen kann nur dann erfolgreich betrieben werden, wenn wir die Empfehlung des Finanzplanungsrats auch für die Einnahmenseite beherzigen. Deshalb müssen alle durch den Konjunkturaufschwung bewirkten Mehreinnahmen zur Senkung des Kreditbedarfs eingesetzt werden. Die Bundesregierung hat versprochen, sich danach zu richten; der Nachtragsetat 1979 hat es belegt. Für 1980 werden wir sie beim Wort nehmen.
    Die Freien Demokraten werden sich jedenfalls von dieser Linie nicht abbringen lassen. Mit den für 1980 doch ebenfalls zu erwartenden Steuermehreinnahmen und mit den Einsparungen auf der Ausgabenseite wird und muß es uns gelingen, den Kreditbedarf des Bundes für 1980 unter die 25-Milliarden-Marke zu drücken.
    Nur wenn wir uns so verhalten, erlangen wir im übrigen auch die Legitimation, um der Bundespost erneut eine Sonderablieferung an den Bundeshaushalt in Höhe von 1,5 Milliarden DM aufzuerlegen. Erfreulicherweise ist die Bundespost in der Lage, diese Hilfe zu leisten; aber, meine Damen und Herren, genausowenig wie wir uns an die hohe Schuldenaufnahme im Bundeshaushalt zu gewöhnen bereit sind, darf dieser Vorgang nicht zu einer Gewohnheit werden.

    (Beifall bei der FDP)

    Die Bundespost und ihre Kunden können nicht das Pumpwerk stellen, mit dem die Kreditlinien des Bundeshaushalts gesenkt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Telefonsteuer!)

    Das alles gibt aber doch nur dann einen Sinn, wenn das finanzpolitische Ziel der Haushaltskonsolidierung unbeirrt verfolgt wird und wenn wir uns auch nicht durch Steuerverlockungen davon abbringen lassen.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, die Opposition in diesem Lande macht sich selbst etwas vor, wenn sid Konsolidierung der Staatsfinanzen und gleichzeitig Steuererleichterungen verspricht. Wenn sie jetzt mit der Steuerentlastungsparole ausschwärmt, aus welchen Gründen auch immer — ein Schelm, der dabei an Wahlen denkt —, wird sich der Bürger nichts in die Tasche lügen lassen. Es wird damit nur leichtfertig jene Finanzmasse verplempert, die dringend für die Sanierung der Staatsfinanzen gebraucht wird.

    (Beifall bei der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Auf einmal!)

    Und dabei wird nun Jahr für Jahr im Männerchor
    der Opposition unter der Stabführung seines bayerischen Dirigenten die Arie vom Staatsbankrott angestimmt. Meine Damen und Herren, die Opposition führt zwar ständig das Wort Konsolidierung im Mund, aber wenn es ernst wird, dann läßt sie die Arbeit andere erledigen und wendet sich angenehmeren Dingen zu.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dabei kann ich mir nicht gut vorstellen, daß sich die Opposition plötzlich jenen zuneigt, die die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte über eine expansive Haushaltspolitik erreichen wollen und die auch für die Priorität der Stabilität eigentlich nicht mehr so das rechte Gespür haben.
    Die Freien Demokraten aber werden diesen Sirenenklägen nicht folgen. Der Teufel läßt sich hier nicht mit Beelzebub austreiben. Die Geschichte der Konkurse macht jedenfalls deutlich, daß die drükkenden Schulden nicht dadurch zu beseitigen sind, daß man fröhlich weitere Schulden macht.

    (Kolb [CDU/CSU] : Das ist aber eine ganz neue Erkenntnis!)

    Dennoch will die Opposition ein Steuerpaket schnüren, das mit Rückgabe inflationsbedingter kleinlicher Steuererhöhung deklariert wird. Wenn die Mehrheit des Bundesrates unter Federführung des Kanzlerkandidaten der Opposition dieses Paket auf den Weg bringt, dann mag die Bundesratsmehrheit doch bitte dafür auch die dringend nötigen zusätzlichen Mittel gleichzeitig offerieren.
    Nach meinem Verständnis bedeutet das, daß die Länder dem Bund bei dieser Gelegenheit dann endlich einen höheren Anteil an den gemeinsamen Steuern zubilligen müssen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Angesichts des immer größer werdenden Umfangs der vom Bund zu finanzierenden gesamtstaatlichen Aufgaben ist dieser Punkt ohnehin schon lange erreicht. Wenn die Mehrheit des Bundesrates in einem Augenblick, in dem alle Kräfte für die Konsolidierung des Haushalts angespannt werden müssen, zusätzliche Steuererleichterungen durchsetzen will, dann muß damit jedenfalls eine Neuverteilung der Finanzmasse einhergehen.
    Aber, meine Damen und Herren, lassen wir uns durch solche Überlegungen nicht in unserer Arbeit beirren! Der vorgelegte Haushaltsplan kann zu einer guten Grundlage für die Politik des nächsten Jahres werden. Ich bin überzeugt, daß das Parlament die Fähigkeit und Kraft hat, die Konturen des Haushaltsentwurfs noch so zu verbessern, daß daraus sogar ein vorzügliches Instrument für die erfolgreiche Politik dieser Bundesregierung wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)