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ID0816606600

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/166 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 166. Sitzung Bonn, Dienstag, den 3. Juli 1979 Inhalt: Abweichung von § 60 Abs. 2 GO bei der Beratung der Verjährungsvorlagen . . . 13233 A Eintritt des Abg. Besch in den Deutschen Bundestag für den ausgeschiedenen Abg Carstens (Fehmarn) 13290 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 13233 B Beratung des Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gradl, Katzer, Blumenfeld, Dr. Mikat, Dr. Biedenkopf, Josten, Dr. Müller-Hermann, Gerster (Mainz), Wohlrabe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Kittelmann, Breidbach, Frau Pieser, Luster, Reddemann, Schröder (Lüneburg), Dr. Pfennig, Frau Berger (Berlin), Stommel, Conrad (Riegelsberg), Dr. Stercken, Russe, Frau Dr. Wisniewski, Schartz (Trier) und Genossen Unverjährbarkeit von Mord zu der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Unverjährbarkeit von Völkermord und Mord zu dem von den Abgeordneten Wehner, Ahlers, Dr. Ahrens, Amling, Dr. Apel und Genossen und den Abgeordneten Dr. Wendig, Gattermann, Frau Dr. Hamm-Brücher und Genossen eingebrachten Entwurf eines Achtzehnten Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksachen 8/2539, 8/2616, 8/2653 (neu), 8/3032 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wehner, Ahlers, Dr. Ahrens, Amling, Dr. Apel und Genossen und den Abgeordneten Dr. Wendig, Gattermann, Frau Dr. Hamm-Brücher und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Achtzehnten Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 8/2653 (neu) — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gradl, Katzer, Blumenfeld, Dr. Mikat, Dr. Biedenkopf, Josten, Dr. Müller-Her- II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 3. Juli 1979 mann, Gerster (Mainz), Wohlrabe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Kittelmann, Breidbach, Frau Pieser, Luster, Reddemann, Schröder (Lüneburg), Dr. Pfennig, Frau Berger (Berlin), Stommel, Conrad (Riegelsberg), Dr. Stercken, Russe, Frau Dr. Wisniewski, Schartz (Trier) und Genossen Unverjährbarkeit von Mord — Drucksache 8/2539 — in Verbindung mit Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Unverjährbarkeit von Völkermord und Mord — Drucksache 8/2616 — Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . . 13234 A Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . . 13239 B Kleinert FDP 13243 C Hartmann CDU/CSU 13247 C Dr. Vogel (München) SPD . . . . . . 13252 A Gattermann FDP . . . . . . . . . 13254 C Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . . . . 13257 B Dr. Dr. h. c. Maihofer FDP . . . 13260 A, 13292 A Dr. Emmerlich SPD . . . . . . . 13265 B Helmrich CDU/CSU 13268 A Sieglerschmidt SPD 13269 C Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 13272 B Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 13274 D Dr. Weber (Köln) SPD 13277 D Ey CDU/CSU 13281 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 13282 B Blumenfeld CDU/CSU 13285 C Cronenberg FDP 13287 B Dr. Bötsch CDU/CSU . . . . . . . . . 13288 A Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 13294 B Dürr SPD 13296 C Engelhard FDP 13298 D Dr. Gradl CDU/CSU 13301 A Thüsing SPD 13303 A Dr. Wendig FDP 13305 D Namentliche Abstimmungen . . 13290 A, 13292 B, 13308 A, 13311 B Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Sechsten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes — Drucksache 8/3027 — Pfeifer CDU/CSU . . . . . . . . . . 13308 B Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Neufassung des Umsatzsteuergesetzes und zur Änderung anderer Gesetze — Drucksache 8/3028 Westphal SPD 13309 B Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über technische Arbeitsmittel und der Gewerbeordnung — Drucksache 8/3029 — Jahn (Marburg) SPD 13313 B Nächste Sitzung 13313 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13315* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Dr. Penner (SPD) nach § 59 GO zu Punkt 1 der Tagesordnung . . 13315*A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 3. Juli 1979 13233 166. Sitzung Bonn, den 3. Juli 1979 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Arnold 4. 7. Bayha 4. 7. Dr. Böhme (Freiburg) 4. 7. Büchner (Speyer) * 4. 7. Dr. Dübber 3. 7. Dr. h. c. Kiesinger 4. 7. Koblitz 4. 7. Dr. Müller ** 4. 7. Picard 4. 7. Scheffler ** 4. 7. Frau Schlei 4. 7. Dr. Schmitt-Vockenhausen 4. 7. Spilker 4. 7. Volmer 4. 7. Walkhoff 4. 7. Dr. Wulff 4. 7. Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Penner (SPD) nach § 59 GO zu Punkt 1 der Tagesordnung Ich stimme einer angestrebten Aufhebung der Verjährungsfrist für Mord nicht zu. Ich bin der Meinung, daß sich das abgestufte System der Verjährungsfristen im Strafgesetzbuch, in das auch schwerste Straftaten wie Mord einbezogen sind, bei allen eingeräumten Unzulänglichkeiten bewährt hat. Die zeitliche Begrenzung der staatlichen Verfolgungspflicht für Straftaten beruht auch auf der Erkenntnis, daß die Möglichkeiten der Wahrheitsfindung im Strafprozeß um so brüchiger und fragwürdiger werden, je mehr Zeit zwischen Tat und Ahndung verstrichen ist. Ich halte es daher für richtig und auch geboten, wenn der Gesetzgeber diese Regelerfahrung gesetzlich absichert und damit den Strafverfolgungsorganen eine Pflicht abnimmt, der sie auch bei bestem Wollen und Können nicht gerecht werden können. Hinweise auf ausländische Rechtsordnungen und frühere deutsche und romanische Rechtsinstitute halte ich für bemerkenswert, aber für nur bedingt aussagekräftig, da bei einem Vergleich die gesamten Verfahrensordnungen mit allen Möglichkeiten und Hemmnissen besonders des Beweisrechts gegenüber gestellt werden müssen. Der Anlaß für die Initiative ist ebenso beklemmend wie säkulär. Es geht nicht einfach um eine Neufassung des Verjährungssystems, es geht um die Frage, ob besonders Mordtaten der NS-Zeit über gesetzliche Verjährungsvorschriften einer Strafverfolgung entzogen sein können oder nicht. Das Für und Wider ist in den bewegenden Debatten der 60er * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Jahre und in den Diskussionen aus jüngster Zeit engagiert, behutsam und sorgfältig beleuchtet worden. Ich bin aber der Meinung, daß es statthaft sein darf, bei der Entscheidung auch berufsbedingte Erfahrungen miteinzubeziehen, die mehr die praktische Auswirkung der Gesetzesänderung betreffen. Ich neige mehr und mehr zu der Auffassung, daß der in den 60er Jahren beschrittene Weg der Ausdehnung der Verjährungsfristen nicht richtig gewesen ist. Dabei will ich nicht verschweigen, daß ich dies seinerzeit anders gesehen habe. Aber im Verlaufe einer beruflichen Tätigkeit, bei der ich mit der Verfolgung von NS-Gewaltverbrechen zu tun hatte, sind mir zunehmend Zweifel gekommen. Und das, obwohl die nazistische Wirklichkeit mit Genozid, mit Vernichtungs- und Konzentrationslagern, mit Massen- und Einzelmorden durch Akten und Zeugenaussagen erdrückend bestätigt wurde. Aber im Strafprozeß geht es nicht allein um Tatgeschehen, sondern auch um persönliche Verantwortung, um Schuld. Der Nachweis individueller Schuld war schon früher aus vielerlei Gründen kaum oder gar nicht möglich. Das ist auch nach der Erweiterung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre noch problematischer geworden. Nicht nur statistische Hinweise geben darüber Aufschluß. Selbst das deutsch-französische Rechtshilfeabkommen des Jahres 1971, das die Verfolgungssperren des Überleitungsvertrages für deutsche Behörden lockerte, hat die strafrechtliche Bewältigung der Judendeportationen aus Frankreich nicht unterstützen können, wie man hört. Ich bin der Meinung, daß unter den gegebenen Umständen die Beibehaltung des geltenden Verjährungsrechts verantwortet werden kann. Nach meiner Erfahrung dürfte die Entdeckung neuer Sachverhalte mit der Folge strafrechtlicher Verurteilung zwar nicht ausschließbar, aber nahezu ausgeschlossen sein. Aller Voraussicht nach wird ein berechtigtes Sühnebedürfnis nicht mehr gestillt werden können. Daher halte ich es aus meiner Sicht nicht für erträglich, Zeugen, die Schwerstes erlitten und durchlitten haben, den Lasten und Beschwernissen, ja den Qualen von Vernehmungen über die gegebenen Unumgänglichkeiten hinaus auszusetzen. Daß nach Eintritt der Verjährungsfrist unentdeckte NS-Mörder sich ihrer Untaten öffentlich rühmen könnten, ist eine theoretische Möglichkeit, hat aber mit der Verjährungsproblematik nichts zu tun. Für schon Abgeurteilte oder außer Verfolgung gesetzte NS-Täter sind eher Stichworte wie „Leugnen", „Verkleinern", „Es war eben Krieg" und in Einzelfällen auch Reue kennzeichnend. Eine Neigung zu öffentlicher Erörterung dieser Vergangenheit besteht bei diesem Tätertyp nach den bisherigen Erfahrungen hingegen kaum. Für die Zukunft muß eine stetig zunehmende Zahl von Fehlbeurteilungen der Strafverfolgungsorgane befürchtet werden. Das wird für die schon anhängigen Verfahren unumgänglich sein. Die Gründe lie- 13316* .Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 166. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 3. Juli 1979 gen durchweg in der Beweisnot der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Die Aufhebung der Verjährungsfrist hätte zur Folge, daß zu allen neuen Vorgängen materielle Entscheidungen über Schuld oder Unschuld erforderlich würden. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß diese durchweg Einstellungsverfügungen und Freisprüche sein werden. Ich hielte das für bedrückend, weil mit diesen staatlichen Akten, deren Qualität nicht anders ausfallen kann und wird, Geschichtslegenden gebildet und unterstützt werden können. Aus meiner Sicht ist daher das aus dem geltenden Recht folgende Offenhalten der strafrechtlichen Schuldfrage nach Ablauf der Verjährungsfrist auch der politische richtige Weg. Ich weiß, daß diese Überlegungen nur einen Teil der Fragen und Bedrängungen ausmachen. Für mich sind sie entscheidend. Eine neue gesetzliche Regelung muß sich auch an ihren Möglichkeiten und Grenzen messen lassen. Dem Anspruch der Opfer, der Betroffenen auf sühnende Gerechtigkeit kann nicht über eine Ausweitung des Verjährungsrechts Genüge geschehen. Ich meine, daß dies auszusprechen auch zur parlamentarischen Verantwortlichkeit gehört. Ich wage es daher, nein zu sagen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
    Haben alle Mitglieder des Hauses, die sich an der namentlichen Abstimmung beteiligen wollen, ihre Stimme abgegeben? — Dies scheint der Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung.
    Meine Damen und Herren, ich bitte, Platz zu nehmen.
    Ich mache darauf aufmerksam, daß für die dritte Lesung ebenfalls namentliche Abstimmung beantragt ist.
    Ich gebe weiterhin bekannt, daß die CDU/CSU-Fraktion gebeten hat, die Sitzung nach Bekanntgabe des Ergebnisses um eine halbe Stunde zu unterbrechen. Die Sitzung wird dann also pünktlich um 18.30 Uhr fortgesetzt. Einverstanden? —

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ja!) — Sie sind einverstanden.

    Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Art. 1 auf Drucksache 8/2653 (neu) : Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 481 ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 253, mit Nein 228 gestimmt. Von den' Berliner Abgeordneten haben mit Ja 16 und mit Nein 4 gestimmt.
    Ergebnis
    Abgegebene Stimmen 481 und 20 Berliner Abgeordnete;
    davon
    ja: 253 und 16 Berliner Abgeordnete
    nein: 228 und 4 Berliner Abgeordnete
    Dr. Böhme (Freiburg)

    Frau von Bothmer
    Brandt
    Brandt (Grolsheim)

    Brück Buchstaller
    Büchler (Hof)

    Büchner (Speyer)

    Dr. von Bülow
    Buschfort
    Dr. Bußmann
    Collet Conradi Coppik Dr. Corterier
    Curdt
    Frau Dr. Czempiel
    Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser
    Dr, von Dohnanyi
    Dürr
    Dr. Ehmke
    Dr. Ehrenberg
    Eickmeyer
    Frau Eilers (Bielefeld)

    Dr. Emmerlich
    Dr. Enders
    Engholm
    Frau Erler
    Esters Ewen
    Fellermaier
    Fiebig
    Dr. Fischer
    Flämig
    Frau Dr. Focke
    Franke (Hannover)

    Friedrich (Würzburg)

    Gansel
    Gerstl (Passau)

    Gertzen
    Dr. Geßner
    Glombig
    Gobrecht
    Grobecker
    Grunenberg
    Gscheidle
    Dr. Haack
    Haar
    Haase' (Fürth)

    Haehser Hansen Frau Dr. Hartenstein
    Hauck Dr. Hauff
    Henke Heyenn
    Hoffmann (Saarbrücken) Hofmann (Kronach)
    Dr. Holtz
    Horn
    Frau Huber
    Huonker
    Enthaltungen
    FDP
    Frau Dr. Hamm-Brücher
    Ja
    CDU/CSU
    Benz
    Dr. Biedenkopf
    Blumenfeld
    Burger
    Conrad (Riegelsberg)

    Dr. Evers Gerstein Gerster (Mainz)

    Dr. Hammans
    Dr. Jaeger Dr. Jobst Josten
    Katzer
    Dr. Kraske Dr. Mikat Milz
    Müller (Wadern)

    Dr. Müller-Hermann
    Frau Pack
    Fran Dr. Riede (Oeffingen) Russe
    Schartz (Trier)

    Schröder (Lüneburg)

    Dr. Schwarz-Schilling
    Dr, Stercken
    Stommel Stücklen Frau Tübler
    Frau Dr. Wisniewski Würzbach
    Berliner Abgeordnete
    Frau Berger (Berlin)

    Dr. Gradl
    Kittelmann Luster
    Dr. Pfennig Frau Pieser Wohlrabe
    SPD
    Adams Ahlers Dr. Ahrens
    Amling Dr. Apel
    Arendt Augstein
    Baack
    Dr. Bardens
    Batz
    Becker (Nienberge) Biermann
    Bindig
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode 166. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 3. Juli 1979 13293
    Präsident Stücklen
    Ibrügger
    Immer (Altenkirchen) Jahn (Marburg)
    Jaunich
    Dr. Jens
    Junghans Jungmann Junker
    Kaffka
    Kirschner
    Klein (Dieburg)

    Konrad
    Kratz
    Kretkowski
    Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus
    Lange
    Lattmann
    Dr. Lauritzen
    Leber
    Lemp
    Lenders
    Frau Dr. Lepsius
    Liedtke
    Dr. Linde Lutz
    Mahne
    Marquardt Marschall
    Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
    Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Meininghaus
    Menzel
    Möhring
    Müller (Bayreuth) Müller (Nordenham) Müller (Schweinfurt) Dr. Müller-Emmert Müntefering
    Nagel
    Nehm
    Neumann (Bramsche) Neumann (Stelle)
    Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo
    Paterna
    Pawelczyk Peiter
    Pensky
    Peter
    Polkehn Porzner
    Rapp (Göppingen) Rappe (Hildesheim) Frau Renger Reuschenbach
    Rohde
    Rosenthal Roth
    Sander
    Saxowski
    Dr. Schachtschabel Schäfer (Offenburg)

    Dr. Schäfer (Tübingen) Scheffler
    Schirmer Schlaga Schluckebier
    Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Schmidt (Würgendorf) Dr. Schmude
    Dr. Schöfberger
    Schreiber Schulte (Unna)

    Dr. Schwencke (Nienburg) Dr. Schwenk (Stade) Seefeld
    Sieler
    Frau Simonis Simpfendörfer
    Dr. Sperling
    Dr. Spöri
    Stahl (Kempen)

    Dr. Steger
    Frau Steinhauer Stockleben
    Stöckl
    Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm
    Tönjes Topmann Frau Traupe
    Ueberhorst
    Urbaniak
    Dr. Vogel (München) Vogelsang
    Voigt (Frankfurt) Waltemathe
    Walther
    Dr. Weber (Köln)

    Wehner
    Weisskirchen (Wiesloch) Wendt
    Dr. Wernitz
    Westphal
    Wiefel Wilhelm
    Wimmer (Neuötting) Wischnewski
    Dr. de With
    Wittmann (Straubing) Wolfram (Recklinghausen) Wrede
    Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler
    Berliner Abgeordnete
    Bühling
    Dr. Diederich (Berlin) Dr. Dübber
    Egert
    Löffler
    Männing
    Mattick
    Schulze (Berlin) Sieglerschmidt
    fraktionslos Dr. Gruhl
    FDP
    Gärtner
    Gattermann
    Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann
    Hof fie
    Dr.-Ing. Laermann Ludewig
    Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier
    Schäfer (Mainz) Frau Schuchardt Dr. Vohrer
    Dr. Wendig
    Dr. Zumpfort
    Zywietz
    Nein
    CDU/CSU
    Dr. Abelein
    Dr. van Aerssen Dr. Aigner
    Alber
    Dr. Althammer Dr. Barzel
    Dr. Becher (Pullach)

    Dr. Becker (Frankfurt) Frau Benedix
    Berger (Herne) Berger (Lahnstein) Besch
    Biechele
    Biehle
    Dr. von Bismarck Dr. Blüm
    Böhm (Melsungen) Dr. Bötsch
    Braun
    Broll
    Bühler (Bruchsal) Carstens (Emstek) Dr. Czaja
    Damm
    Daweke
    Dr. Dollinger Dr. Dregger
    Dreyer
    Engelsberger
    Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
    Ey
    Eymer (Lübeck) Feinendegen Frau Fischer
    Francke (Hamburg) Franke
    Dr. Friedmann Dr. Früh
    Dr. Fuchs
    Frau Geier
    Geisenhofer
    Dr. von Geldern Dr. George
    Gerlach (Obernau) Gierenstein
    Glos
    Haase (Kassel) Haberl
    Dr. Häfele
    Handlos
    Hanz
    Hartmann
    Hasinger
    von Hassel

    (BonnBad Godesberg)

    Dr. Hennig
    von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes
    Höpfinger
    Dr. Hoffacker
    Frau Hoffmann (Hoya)

    Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn
    Jäger (Wangen)

    Dr. Jahn (Braunschweig)

    Dr. Jahn (Münster)

    Dr. Jenninger
    Dr. Jentsch (Wiesbaden) Frau Karwatzki
    Kiechle
    Dr. Klein (Göttingen)

    Klein (München)

    Dr. Klepsch Klinker
    Dr. Köhler (Duisburg)

    Dr. Köhler (Wolfsburg) Köster
    Dr. Kohl
    Kolb
    Krampe Kraus
    Dr. Kreile Krey
    Kroll-Schlüter
    Frau Krone-Appuhn
    Dr. Kunz (Weiden) Lagershausen
    Lampersbach
    Landré
    Dr. Langguth
    Dr. Langner Dr. Laufs Lemmrich
    Dr. Lenz (Bergstraße)

    Lenzer
    Link
    Lintner
    Löher
    Dr. Luda
    Lücker
    Dr. Marx Dr. Mende Dr. Mertes (Gerolstein)

    Metz
    Dr. Meyer zu Bentrup
    Dr. Miltner Dr. Möller Dr. Müller Müller (Remscheid)

    Dr. Narjes Neuhaus Frau Dr. Neumeister
    Niegel
    Nordlohne Petersen Pfeffermann Pfeifer
    Pieroth
    Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg
    Dr. Probst Rainer
    Rawe
    Regenspurger
    Dr. Reimers
    Dr. Riedl (München)

    Dr, Riesenhuber
    Dr. Ritz
    Röhner
    Dr. Rose Rühe
    Sauer, (Salzgitter)

    Sauter (Epfendorf)

    Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein



    Präsident Stücklen
    Dr. Schäuble
    Schedl
    Schetter
    Frau Schleicher
    Schmidt (Wuppertal) Schmitz (Baesweiler) Schmöle
    Dr. Schneider
    Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Wilhelminenhof) Dr. Schulte (Schwäbisch
    Gmünd) Schwarz Dr. Schwörer
    Seiters
    Sick
    Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
    Spilker
    Spranger Dr. Sprung
    Stahlberg
    Dr. Stark (Nürtingen)

    Dr. Starke (Franken)

    Graf Stauffenberg
    Dr. Stavenhagen
    Stutzer
    Susset
    de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer
    Dr. Unland
    Frau Verhülsdonk
    Vogel (Ennepetal)

    Vogt (Duren)

    Voigt (Sonthofen)

    Dr. Voss
    Dr, Waffenschmidt
    Dr. Waigel
    Dr. Warnke
    Dr. von Wartenberg Wawrzik
    Weber (Heidelberg) Weiskirch (Olpe)
    Dr. von Weizsäcker Werner
    Frau Dr. Wex
    Frau Will-Feld
    Frau Dr. Wilms
    Wimmer (Mönchengladbach) Windelen
    Damit ist Art. 1 angenommen.
    Ich unterbreche die Sitzung.

    (Unterbrechung von 18.04 bis 18.34 Uhr)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wir fahren in den Beratungen fort.
Ich rufe Art. 2 bis 5 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen in zweiter Beratung angenommen.
Meine Damen und Herren, wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Erhard.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Benno Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Jeder Mord schreit zum Himmel", hat heute der
    Kollege Emmerlich gesagt. — Ja, jeder Mord schreit zum Himmel, aber nicht zum irdischen Gericht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In deutschen Landen gibt es ein anderes Wort: Mord schreit nach Rache, nach Blutrache. Dieses Wort galt auch früher in deutschen Landen.
    In einer langen Rechts- und Kulturentwicklung ist die Strafgewalt vom einzelnen, der die Blutrache übte, auf den Staat übergegangen. Der Staat hat ein faires Verfahren entwickelt. Er hat sich seit langer Zeit durch Grenzen der Verfolgbarkeit von Verbrechen aller Art beschränkt. Der Strafzweck wurde bis auf unsere heutigen Tage ziemlich deutlich definiert, nämlich Sicherung der Gesellschaft vor dem Verbrecher, Resozialisierung des Verbrechers und Sühne — drei nebeneinanderstehende Elemente. Es gab in den früheren Jahren in diesem Hause einen langen Streit zwischen der CDU/CSU und vor allen Dingen den Sozialdemokraten, ob der Staat überhaupt Sühne erzwingen könne, ob die Strafe etwas mit Sühne zu tun haben könne. Wir haben uns bei der Verabschiedung des neuen jetzt geltenden Strafgesetzbuches zur Gleichrangigkeit der drei Strafzwecke durchringen können. Was wir heute mit der Aufhebung der Verjährung in zweiter Lesung beschlossen haben — ich zweifle nicht daran, daß es auch in dritter Lesung beschlossen wird —, halte ich für einen Teilrückschritt in eine Zeit, die wir vom kulturellen Standpunkt glaubten überwunden zu haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was steht an? Wir sollten uns alle nichts vormachen — die Beratungen der zweiten Lesung haben es ebenso wie die Beratungen im Rechtsausschuß überdeutlich gemacht —: Es geht um die Vergangenheit des NS-Staates, es geht um die Menschen, die im nationalsozialistischen Herrschaftsstaat möglicherweise oder sicher Mörder geworden sind oder geworden sein könnten.
    Im nationalsozialistischen Staat hatte das Strafrecht andere Zwecke als die, auf die wir uns geeinigt haben. Darf ich daran erinnern, daß die Reinhaltung des Blutes zum Strafrechtszweck gehörte, daß die Durchsetzung des Führerwillens als Willen des verfassungsgemäßen Gesetzgebers im Volk das Strafrecht nutzte. Die Unterwerfung aller unter diesen totalen Staat wurde auch mit brutalen Strafgesetzen und Ahndungen erzwungen.
    Ich bin sehr traurig darüber, daß wir heute eine Abkehr von der alten Tradition unseres Strafrechtes beschließen; denn wir wissen, daß es nur um NS-Täter geht, auch wenn generell die Mordverjährung aufgehoben ist. Wir haben im Rechtsausschuß die Praktiker gefragt, ob es Mordtaten nach dem 8. Mai 1945 gebe, die nicht gesühnt worden seien und die nach der Verlängerung der Verjährung von 20 Jahren auf 30 Jahre in der Justiz zur Anklage oder zu einer weiteren Ermittlung gekommen seien. Die Antwort war eindeutig, solche Fälle gebe es nicht. Die Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre und jetzt die Aufhebung der Verjährung betreffen also den gleichen Personenkreis, soweit
    Wissebach Wissmann Dr. Wittmann (München)

    Dr. Wörner
    Baron von Wrangel
    Dr. Zeitel Zeyer
    Ziegler
    Dr. Zimmermann
    Zink
    Berliner Abgeordnete
    Amrehn
    Kunz (Berlin) Müller (Berlin) Straßmeir
    SPD
    Dr. Bayerl
    Dr. Penner
    FDP
    Angermeyer Dr. Bangemann Baum
    Cronenberg Eimer (Fürth) Engelhard
    Ertl
    Frau Funcke Gallus
    Genscher
    Grüner
    Hölscher
    Jung
    Kleinert
    Dr. Graf Lambsdorff
    Merker
    Mischnick
    Möllemann Paintner
    Schmidt (Kempten)

    von Schoeler Spitzmüller
    Wolfgramm (Göttingen) Wurbs



    Erhard (Bad Schwalbach)

    er nach dem 1. Januar 1980 noch bekanntwerden sollte.
    Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang nur noch einmal an das damalige Recht und Reich erinnern, um das Problem der Schuld näher zu erläutern; denn um dieses Problem geht es Ihnen, wenn Sie heute die Verjährung aufheben. Ich erinnere Sie daran, daß Professor Schlegelberger, bereits vor 1933 Staatssekretär im Reichsjustizministerium, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Ministers beauftragt war, als Hitler die Euthanasie — die Ermordung der geistig Behinderten, der körperlich Behinderten und Kranken — anordnete. Dieser amtierende Minister lud den Präsidenten des Reichsgerichts, alle Oberlandesgerichtspräsidenten und alle Generalstaatsanwälte zu einer Konferenz ein, um ihnen bekanntzugeben, daß der Führer diese Art von Tötungen befohlen habe. Er hat sich darauf berufen, das entspreche dem Willen des Führers und sei deswegen zu vollziehen. Die gesamte Justiz in ihrer Spitze kannte also diese Morde, und nichts anderes als Mord war es. Die gesamte Justiz hat das passieren lassen, und sie hat ein ausgeklügeltes Verfahren entwickelt, um alle Anklagen oder Anregungen, Anklage zu erheben, durch Berichtspflichten auf der Ebene, die ich eben nannte, verschwinden zu lassen.
    Wenn das die Rechtsauffassung der Großen, der obersten Rechtshüter in unserem Lande war, dann sollten wir nicht so tun, als wären diejenigen, die an der letzten Stelle ausgeführt haben, die Schuldigen und die oben eigentlich nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mir ging und geht es darum, daß wir die Gewichte richtig setzen. Ich könnte mich persönlich mit der Aufhebung der Verjährung durchaus einverstanden erklären, wenn eine Regelung gefunden worden wäre, die die unglücklichen Entwicklungen vermieden hätte, die wir jetzt zu beklagen haben.
    Ich rufe es hier vor der Öffentlichkeit und vor diesem Hohen Hause in unser aller Bewußtsein: was das wohl für ein gutes Recht ist, nach dem derjenige — mit lebenslanger Strafe bedroht — als schwerer Totschläger, als vorsätzlicher Töter in besonders schwerem Fall eine lebenslange Freiheitsstrafe erhalten kann, gegebenenfalls erhalten muß, die Verjährung seiner Tat aber auf 20 Jahre festgeschrieben ist, während derjenige, der Beihilfe zu einem Mord geleistet hat, mit einer Höchststrafe von 15 Jahren bedroht wird, aber seine Strafe verjährt — was wir heute beschließen — nie. Das halte ich nicht für ein gutes Recht.
    Ein damals 20jähriger Jugoslawen-Deutscher, kaum der deutschen Sprache mächtig, der auf einem Marsch mit einem anderen zusammen einen Häftling, der aus der Reihe sprang — warum?, niemand weiß es mehr — erschoß, ist deshalb in diesen Jahren, weil die Tat erst nach 1970 bekanntgeworden ist, mit 2 1/2 Jahren Jugendstrafe bestraft worden. Bis 1948 war er in amerikanischen Lagern, weil er bei der SS — eingezogen zur SS — gewesen ist. Nachher hatte er eine Familie gegründet und im Bergbau gearbeitet. In seinem 52. Lebensjahr wurde er angeklagt und ist jetzt im 53./54. Lebensjahr endgültig verurteilt worden. Nunmehr muß er als Arbeitsinvalide die Kosten des Verfahrens zahlen; das ist viel. Wenn das unseren Rechtsvorstellungen für die Zukunft entspricht — nun gut, die Mehrheit will das so. Ich sage für die Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion: das meinen wir nicht, wenn wir von Mord und Mordverjährung reden. Wir möchten diese Dinge in der Zukunft möglichst nicht mehr vor dem Forum des Gerichts haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da gibt es solche Urteile und andererseits Freisprüche. Jemand, der auf der Rampe gestanden und die Kräftigen ins Lager zum Arbeiten — vielleicht zum Totarbeiten —, die anderen in die Gaskammer geschickt hat, wird nur wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord verurteilt. Aber der, der unmittelbar an der Gaskammer stand — ein Unteroffizier, ein Gemeiner —, der wird als Mörder bestraft. Das ist der Unterschied in unserem Recht, und hier könnte für die Zukunft eine Heilung durch den Eintritt der Verjährung entstehen. Unsere Justiz wird nie und nimmer vom Ausland verstanden, wenn der eine als Mörder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft wird und der andere, der Arzt und Offizier oder SS-Führer war, mit zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Jahren Gefängnis bestraft wird.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Oder überhaupt nicht!)

    — Oder überhaupt nicht. — Das versteht niemand. Wer noch höher war, im Büro war — wir werden das spätestens in zwei Jahren auch wissen, denn ein solches Verfahren läuft —, der wird entweder überhaupt nicht bestraft oder das Verfahren wird eingestellt oder erst gar nicht eröffnet. Durch solche Dinge kommt unsere Justiz in ein völlig falsches Licht und über die Justiz unser Staat. Ich meine, wir sollten solchen Schaden von unserem Staate abwenden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es kommt hinzu, daß in diesen Wochen der „Spiegel" einen Fortsetzungsbericht über das ehemalige Kriegsgefangenenlager Lamsdorf in Oberschlesien bringt, das nach dem Kriege ein Lager für Deutsche gewesen ist. Hierzu haben unsere Staatsanwälte ein langes Ermittlungsverfahren geführt, das zu bestimmten Ergebnissen gekommen ist. Die Bundesregierung lehnt es ab — zumindest sagt das der Parlamentarische Staatssekretär —, die Akten nach Polen zu senden, weil das die politischen Verhältnisse stören könnte, obwohl die Täter in diesem Falle Polen und die Opfer Deutsche sind. Auf die Frage hier im Plenum in der Fragestunde hat der Herr Staatssekretär de With gesagt, es sei auch unzweckmäßig, die Akten oder ähnliches nach Polen zu senden oder dort um eine Strafverfolgung nachzusuchen, denn in Polen seien diese Taten verjährt. Das ist richtig. Wie das in anderen Ländern aussieht, haben wir ja in unseren Bericht des Rechtsausschusses geschrieben. Wie deutlich Verjährungselemente in das Recht eingreifen, wissen wir, denn während



    Erhard (Bad Schwalbach)

    dieser Beratungen des Rechtsausschusses fiel die Entscheidung des obersten brasilianischen Gerichtshofes, den früheren Spieß in einem der Vernichtungslager, Wagner, nicht an die Bundesrepublik auszuliefern.
    Ich meine, daß wir mit diesen beiden Entscheidungen und der Tatsache, daß das Ausland einen politischen Druck auf uns ausübe, was wir heute auch gehört haben, schlecht beraten sind, innere Rechtspolitik zu machen oder gar strafrechtliche Entscheidungen zu treffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die politischen Rücksichten sollte man als Politiker, auch als Parlament selbstverständlich nicht vergessen. Ich habe immer zugestanden, daß Rücksichten genommen werden sollen. Ich bin aber nicht bereit, das Rechtsbewußtsein unserer Bevölkerung anders zu werten als das Rechtsbewußtsein über unsere Grenzen hinaus und im internationalen Bereich. Wenn wir immer wieder von einem internationalen Rechtsfrieden gesprochen haben, Herr Professor Maihofer, dann muß dieser internationale Rechtsfrieden für alle gleichmäßig gelten und nicht nur so, daß wir Deutschen die Bösen und die anderen die Guten sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich wünschte mir von einer anderen Entscheidung ein kleines, kleines Stückchen mehr an erkennbarer Gerechtigkeit in unserem Volk und nicht die Möglichkeit, auf uns, das Parlament, und damit auf die Führung in diesem Staate mit dem Finger zu zeigen und zu sagen: Vor Ausländischen habt ihr euch gebeugt und unsere Eigenen in die Pfanne gehauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mehr Gerechtigkeit erfordert, daß man den Tätern, den Uniformierten, den in einem Zwangsstaat in ein System eingespannten Letzten, nicht den Großen, so viel an Gerechtigkeit widerfahren läßt, wie es ihre Situation und daraus resultierend ihre Schuld rechtfertigt. „Gerechtigkeit erhöht ein Volk", hat der Bundespräsident Heuss bei seinem Amtsantritt gesagt, und unser jetziger Bundespräsident, Professor Carstens, hat das Wort für sich aufgegriffen. Gerechtigkeit erhöht ein Volk: Ungerèchtigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn sie nur in relativ wenigen Fällen deutlich wird, muß dann das Volk erniedrigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Mattick [SPD] : Unerhört!)

    Ein Pole namens Wojtyla, der jetzt Papst Johannes Paul II. ist, hat mit Recht von den schrecklichen Verbrechen und dem Haß, der in Auschwitz sichtbares Zeichen geworden ist, gesprochen. Er wurde heute zweimal zitiert. Ich zitiere ihn auch. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Papst Johannes Paul warnte vor der „Bedrohung des Menschen durch den Menschen". Ich zitiere wörtlich:
    Es genügt, ihn
    — den Menschen —
    in eine andere Uniform zu stecken — ich wiederhole das: .,... in eine andere Uniform zu stecken" —,
    ihn mit dem Gerät zur Gewalt und mit den Mitteln der Vernichtung auszurüsten. Es genügt, ihm eine Ideologie aufzuzwingen, in der das Recht der Menschen den Bedürfnissen des Systems bedingungslos untergeordnet ist, so daß faktisch das Recht des Menschen nicht mehr existiert.
    Das ist nicht nur im schrecklichen Terrorstaat der Nationalsozialisten in unseren Landen so gewesen, das war in anderen Ländern vorher, und das ist in manchen Ländern heute so. Das sollten wir nicht vergessen.
    Wenn wir jetzt zur Endabstimmung schreiten, bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen, sich das, wenn sie können, noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Ich bitte Sie auch angesichts der dritten Lesung: Machen Sie diesen Weg, bei dem ich vielen den guten Willen nicht abspreche—vielen! —, nicht mit. Ich. bitte Sie um Ablehnung des Gesetzes.

    (Beifall bei der CDU/CSU)