Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
— Darauf gebe ich Ihnen gleich Antwort, Herr Kollege Spies von Büllesheim! Seien Sie doch nicht so ungeduldig!
— Sie fragen- immer nur
Zu Beginn möchte ich doch auf einige Bemerkungen des Herrn Kollegen Lenzer eingehen. Ich bitte sehr um Verständnis, Herr Kollege Lenzer, wenn ich
Sie hier in einigen Punkten Ihrer Ausführungen, die nicht zur Sache erfolgt sind, kritisieren muß.
Zunächst einmal darf ich feststellen, daß der Bundeswirtschaftsminister mit Kenntnis Ihrer Fraktion heute an einer wichtigen Sitzung der Bundesbank, genauer gesagt: des Zentralbankrates, zur Behandlung der Frage des Geldmengenziels teilnimmt. Dies ist seit langem festgelegt. Auch nach der Änderung des Geschäftsablaufs hier war dieser Termin nicht zu verhindern. Ihre Fraktion ist darüber informiert,
und ich hätte es fair gefunden, wenn man dies auch
entsprechend berücksichtigt hätte. Der Minister wird
hier so bald wie möglich an der Debatte teilnehmen.
Der zweite Punkt, Herr Kollege Lenzer, ist der, daß ich es für außerordentlich unfair halte, daß Sie, nachdem sich der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen nach meinen Informationen gestern im Landtag für sein Vorgehen im Zusammenhang mit der Sicherheitsakte entschuldigt hat, im nachhinein diese Entschuldigung nicht akzeptieren und hier noch einmal kritisieren. Ich halte das nicht für fair!
Es spricht auch nicht unbedingt für Sie, Herr Kollege Lenzer, daß Sie sich in der wichtigen Frage der Energiepolitik dahin gehend äußern, daß Sie sagen, eigentlich sei für Sie ja nur Ziffer 6 des Entschließungsentwurfs interessant. Ich meine, daß wir Ziffer 6 nur im Zusammenhang mit der gesamten Energiepolitik und im Gesamtkonzept sehen müssen und auch nur in dem Zusammenhang beraten dürfen.
Ich bin aber gerne bereit, Herr Kollege Lenzer, auf diese Ihre Einwendungen einzugehen und mich schwerpunktmäßig auch mit den Ausführungen auseinanderzusetzen, die Sie hier gemacht haben, und zwar zu dem Problem Schneller Brüter und Entwicklung fortgeschrittener Reaktorlinien.
Ich meine, daß im Hinblick auf die Begrenztheit der Ressourcen an fossilen und mineralischen Primärenergieträgern wie Kohle, Öl, Erdgas und Uranerz unser langfristiges Interesse der Entwicklung und Erschließung neuer Energiequellen gelten muß. Unabhängig davon, ob der Energiebedarf in den hochentwickelten Industrieländern, also auch in unserem Lande, langsamer ansteigt als bisher angenommen oder gar in Zukunft stagniert, wird zweifellos weltweit der Energiebedarf zunehmen. Wir können, annehmen, daß sich diese Zunahme um so rascher vollzieht, je rascher die wirtschaftliche Entwicklung in den Schwellen- und Entwicklungsländern erfolgt.
Es scheint daher unerläßlich — ich glaube, daß dies auch in allen energiepolitischen und forschungspolitischen Ansätzen der Bundesregierung deutlich zum Ausdruck kommt —, Strategien und alterna-
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tive Konzepte für eine langfristige Sicherung dieses weltweit zunehmenden Energiebedarf zu entwickeln. Dies ist eine Lebensfrage insbesondere für die Staaten, die wie die Bundesrepublik nicht über ausreichende eigene Energieressourcen verfügen. Es ist aber andererseits auch eine Verpflichtung der hochentwickelten Industriestaaten, die bisher im wesentlichen die Energie- und Rohstoffressourcen genutzt haben, dafür Sorge zu tragen, daß für die Entwicklungsländer immer die notwendigen Energiemengen verfügbar sind, die sie zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und zur Entwicklung ihres Lebensstandards dringend brauchen. Wer für die Entwicklungshilfe eintritt, ohne die eigene Existenz in Frage stellen zu wollen, muß sich deshalb nachdrücklichst für die Erschließung, Erforschung und Entwicklung aller — ich betone: aller — derzeit erkennbaren Möglichkeiten zur zukünftigen Deckung des weltweiten Energiebedarfs einsetzen.
Deshalb kommt der Energieforschung eine so enorm hohe Bedeutung zu, wie dies ausdrücklich in dem vorliegenden Entschließungsentwurf betont wird, in dem Teil nämlich, auf den Sie sich beziehen, Herr Kollege Lenzer, im' Teil 6. Daher sind die Technologien, insbesondere die fortgeschrittenen Technologien, auf der Grundlage der Kernspaltung weiter zu erforschen.
Es soll hier nicht verschwiegen werden, daß mit dieser Technologie eine Reihe von Problemen verbunden ist, Probleme technischer wie politischer Art, die noch zu lösen sind, bevor — und hier stehe ich durchaus im Gegensatz zu Ihren Ausführungen, Herr Kollege Lenzer — die ungehinderte kommerzielle Nutzung verantwortet werden kann. Die wichtigsten Lösungen können aber nicht von einzelnen Staaten allein, sondern nur in multinationaler Zusammenarbeit gefunden werden, was besonders die Bereiche von Sicherheitsnormen, Brennstoffkreisläufen, Endlagerung radioaktiver Abfälle und die Proliferationsproblematik betrifft.
Die Ergebnisse der internationalen Konferenz zur Bewertung nuklearer Brennstoffkreisläufe werden auch von der Bundesrepublik beachtet werden müssen und ihr Energieprogramm beeinflussen, und zwar sowohl in bezug auf den, Brennstoffkreislauf, also Anreicherung von Uran — Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente und die Endlagerung der verbleibenden radioaktiven Abfälle — als auch in bezug auf die Entwicklung der Technologie des natriumgekühlten Schnellen Brüters.
Der Kernpunkt der Diskussion und der politischen Vorbehalte liegt offenbar in der sogenannten Plutoniumwirtschaft. Diese aber wird nicht erst durch die Entwicklung der Technologie der Schnellen Brüter begründet,
vielmehr entsteht Plutonium bereits beim Kernspaltungsprozeß in den in Betrieb befindlichen Leichtwasserreaktoren und wird in den Wiederaufarbeitungsanlagen vom Resturan und von den Spaltprodukten abgetrennt werden müssen und kann zur
Zeit nur zu einem Teil in Reaktoren zurückgeführt werden.
Das Plutonium, ein. hochgiftiger, intensiver Alphastrahler mit großer Halbwertzeit, ist nun leider Gottes isotopenrein zur Herstellung von Atomwaffen geeignet und wirft daher die gleiche Proliferationsproblematik auf wie die spaltbaren Isotope des Urans. In Schnellbrutreaktoren soll nun mehr Plutonium erbrütet werden, als zu deren eigenem Betrieb erforderlich ist. Damit sollen nach theoretischen Berechnungen die bekannten bzw. geschätzten Uranvorräte der Welt, die bisher nur zu knapp ein Prozent ausgenutzt werden können, um den Faktor 60 gestreckt werden können, was allerdings — dies muß hier angemerkt werden — praktisch noch nicht eindeutig belegt ist. Damit — so die Befürworter dieser Technologie — sei der Energiebedarf für etwa 1 000 Jahre gedeckt. Bedenkt man aber, daß das Prinzip der Dampfmaschine erst vor rund 200 Jahre entwickelt wurde, daß nahezu die Hälfte aller physikalischen Erkenntnisse in den letzten zehn Jahren gefunden und formuliert wurde, so erscheint es nicht vertretbar, eine so weit in die Zukunft reichende Abstützung einer Energiekonzeption auf eine derzeit noch nicht einmal technisch ausgereifte und umstrittene Technologie vorzunehmen. Dies könnte mit der gleichen Berechtigung für die Deckung des Energiebedarfs z. B. über orbitale Sonnenkraftwerke oder auch die Kernfusion geschehen. Sicher ist der Erkenntnisstand bezüglich dieser Technologien noch weit hinter dem der Brütertechnologie zurück, aber was bedeutet dies hinsichtlich der in die Diskussion eingebrachten Zeiträume!
Andererseits kann gerade die Technologie des Schnellen Brüters eine Möglichkeit eröffnen, die Risiken einer Plutoniumwirtschaft dadurch zu minimieren, daß nach der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren das dort anfallende Plutonium rezykliert und als Brennelement verbraucht wird bzw. im Schnellen Brüter zur Ergänzung der für den Betrieb dieser Reaktoren erforderlichen Plutoniummenge aus dem angereicherten Uran 238 bzw. Natururan konvertiert. Der gegenwärtig nicht geschlossene nukleare Brennstoffkreislauf stellt im Hinblick auf die Kumulierung des aus der Wiederaufbereitung anfallenden Plutoniums ein weitaus größeres Risikopotential dar. Ein Reaktor vom Typ eines Schnellen Brüters stellt — dies müßte hier einmal angemerkt werden — auch kein größeres Sicherheits- oder Sicherungsproblem dar als etwa eine Wiederaufarbeitungsanlage oder eine Brennelementfabrik. Erst recht trifft dies für eine Versuchsanlage zu, in der und an der die Technologie schließlich, wenn auch im großtechnischen Maßstab, erst noch erforscht werden soll. Es ergeben sich auch keine grundsätzlich neuen oder andersgearteten Transport- und Lagerungsprobleme als bei bereits bestehenden kerntechnischen Anlagen.
Eine verantwortungsbewußte Energiepolitik muß die jeweils gegebenen technischen Möglichkeiten verfolgen und in die Überlegungen einbeziehen,
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wiewohl unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller ökonomischen, ökologischen und gesellschaftspolitischen Folgen. Es ist daher auch erforderlich, die Optionen auf die Kernspaltungstechnologien zu erhalten, fortzuentwickeln und in weltweitem Bemühen alle politischen und technischen Risiken zu minimieren.
Ohne hier im einzelnen auf die Gründe eingehen zu können, ist festzustellen, daß dazu praktische Erfahrungen zur Fortentwicklung auf diesem Gebiet unerläßlich sind. Dies gilt gleichermaßen für fortgeschrittene Reaktorlinien, zu denen auch der Schnelle Brüter gehört.
Die Bau- und Entwicklungsarbeiten an der Versuchsanlage SNR 300 sollten 'daher nach der vorliegenden Entschließung fortgesetzt werden. Bei den begleitenden Forschungsarbeiten müssen aber auch Modifizierungen und alternative Konzeptionen mit untersucht und durchdacht werden.
Deshalb sollten auch Überlegungen, wie sie jüngst vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Riemer bekanntgegeben wurden, den im Bau befindlichen SNR 300 technisch so zu modifizieren, daß er neben der Stromerzeugung zur Reduzierung des in deutschen Kernkraftwerken anfallenden Plutonium und möglicherweise als Thorium-Brüter zur Verringerung des Proliferationsrisikos genutzt werden kann, nicht voreilig abgetan werden. Es geht nicht darum, die Brüter-Entwicklung abzubrechen, sondern darum, sie mit Sicherheitsaspekten dienenden Zielvorstellungen zu ergänzen.
Sollten diese Überlegungen technisch realisierbar sein — und dies objektiv zu prüfen, statt gleich zu kritisieren sollte für verantwortungsbewußte Wissenschaftler und Techniker auf dem Gebiet der Kernenergie eine Verpflichtung sein, zumal ähnliche Vorschläge auch bereits in die schon erwähnte INFCE-Konferenz eingebracht wurden —, wäre eine alternative Konzeption des Entwicklungsprojektes SNR 300 sinnvoll, um die wirtschaftlichen, rechtlichen und auch politischen Probleme aus einer Einstellung oder grundsätzlichen Änderung des Projektes zu vermeiden.
Nur auf Grund konkreter Erfahrungen an Hand präziser Kriterien und fundiert auf einer besseren, abgesicherten Wissensbasis, die mit den fortschreitenden Entwicklungsarbeiten an der Versuchsanlage gewonnen werden, können schließlich endgültige Entscheidungen über den Betrieb der Versuchsanlage und über Einführung oder Nichteinführung des entwickelten Reaktortyps oder der gesamten Technologie getroffen werden.
Diese Entscheidung behält sich der Deutsche Bundestag vor — in Erkennung der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Bedeutung dieser Technologie. Soll dies nicht nur eine die Glaubwürdigkeit des Parlaments in Frage stellende, für die Öffentlichkeit, für den Bürger im Lande eine höchst bedenkliche Phrase sein, muß damit auch die Möglichkeit eingeschlossen sein, daß diese Anlage nicht oder nicht in der bisher geplanten Weise in Betrieb geht.
Nach der jetzigen Core-Konzeption, dem Core-Mark IA, wird die Versuchsanlage SNR 300 nicht
brüten. Sie wird bei einer Auslegung von 0,9 mehr Brennstoff, also mehr spaltbares Material verbrauchen, als sie erbrütet. Sie soll also zunächst als Hochkonverteranlage betrieben werden. Und erst nach Abbrand des ersten Cores steht eine Entscheidung darüber an, ob die Brutrate über 1,16 gesteigert werden kann und soll. Erst dann ist von einem Brutprozeß zu sprechen.
Wegen der Bedeutung auch dieser Entscheidung behält sich das Parlament diese ebenfalls gemäß dem vorliegenden Entschließungsentwurf vor. Die Koalitionsfraktionen sind gemeinsam der Meinung, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt beim derzeitigen Stand der Erkenntnisse ein Abbruch der Forschungsarbeiten und damit ein Stopp der Bauarbeiten am Prototyp SNR 300 nicht verantwortet werden kann, weil die Ablehnungsgründe für das Projekt derzeit nur emotionaler Art sind und es vorwiegend auch nur sein können.
— Ich komme gleich noch darauf zurück, Herr Kollege Gerstein, was die Frage der Emotionen und der Ängste bei den Bürgern und damit auch bei den Parteimitgliedern und den Delegierten eines Parteitages betrifft.
Die dritte Teilerrichtungsgenehmigung, die zur Zeit ansteht, umfaßt einen gewissen Teil der maschinentechnischen Ausstattung. Sie wird nur einen Zeitraum von knapp sieben Monaten abdecken, dann steht eine Entscheidung über die vierte Teilerrichtungsgenehmigung an und nach weiteren fünf Monaten eine weitere Entscheidung, die über die fünfte Teilerrichtungsgenehmigung. Dann tritt allerdings das Projekt wieder in eine entscheidende Phase; denn die •Durchführung der Baumaßnahmen, auf die sich die fünfte Teilerrichtungsgenehmigung erstreckt, wird drei Jahre dauern, und erst dann steht die nächste Entscheidung an.
Es ist nun die Frage gestellt worden — hier komme ich auf Beschlüsse des Parteitags zurück; ich möchte darauf hinweisen, daß der Parteitag der Fraktion empfohlen hat, im Sinne dieser Beschlüsse zu verhandeln —, ob die dritte Teilerrichtungsgenehmigung von der Arbeit einer Enquete-Kommission abhängig gemacht werden könne. Man muß einer Enquete-Kommission, wenn ihre Arbeit zu einem erfolgreichen Ergebnis kommen soll, eine gewisse Bearbeitungszeit für die Prüfung der ihr gestellten Fragen zubilligen. Es stellt sich dann die Frage, ob mit einer Kopplung der dritten Teilerrichtungsgenehmigung an ein solches Ergebnis der Enquete-Kommission nicht gleichzeitig und de facto ein längerer Baustopp für die Anlage SNR 300 verbunden wäre.
Über diese Folgen muß man sich Klarheit verschaffen. Es ist zu fragen, ob über einen Zeitraum hinweg, der — im Gegensatz zum Antrag der Opposition — nicht auf ein Jahr befristet werden kann — ich glaube, dazu ist der Umfang der Arbeiten viel zu groß —, ob über einen Zeitraum von zwei, zweieinhalb Jahren hinweg die personelle Forschungs-und Entwicklungskapazität und das in den Hirnen
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der Mitarbeiter gespeicherte Know-how erhalten werden können. Ich glaube, man kann das nicht einfach auf Datenträger übertragen und nach zwei, drei Jahren wieder abrufen.
Es ist auch zu überlegen, welche Auswirkungen ein solcher Stopp, eine solche Unterbrechung der Arbeiten auf andere großtechnische Entwicklungen haben müßte. Hier beschränke ich mich nicht nur auf die Entwicklung des Hochtemperaturreaktors, sondern beziehe mich auf alle großtechnischen Entwicklungen im Energiebereich. Diese Folgen scheinen mir, im Hinblick auf das, was uns an Entscheidungsgrundlagen heute vorliegt, nicht vertretbar. Deswegen scheint es vernünftig zu sein, mit dem Bau fortzufahren und in der zur Verfügung stehenden Zeit — so lange, bis endgültige Entscheidungen anstehen; dies sind mehrere Jahre — die Enquete-Kommission arbeiten zu lassen.
Wenn Sie allerdings, Herr Kollege Lenzer, in Ihrer Argumentation auf die Kosten abheben — zugegeben: ein derzeitiger Abbruch würde wahrscheinlich, grob geschätzt, grob gerechnet, 50 °/o teurer werden als die Fertigstellung der Anlage —, so ist das sicherlich ein gravierendes Argument, aber es kann nicht ein ausschließliches Argument sein. Vielmehr müssen, wenn wir über Weiterbau oder Nichtweiterbau, über Fortsetzung oder Nichtfortsetzung der Arbeiten entscheiden, alle relevanten Argumente und Gründe mit in Erwägung gezogen werden. Ich vermag nicht auszuschließen, daß es Gründe geben kann, die über die rein wirtschaftlichen, finanziellen hinweg zu einer anderen Entscheidung führen können.
Bei der Entscheidung über die Fortsetzung der Entwicklungsarbeiten an dem Prototyp sind aber auch die internationalen Verpflichtungen und die vertraglichen Vereinbarungen zu bedenken. Belgien und die Niederlande sind an dem Projekt beteiligt. Es ist auch in die französisch-deutschen Abmachungen über die Brüterentwicklungen mit einbezogen und ist Grundlage der daraus resultierenden Verträge. Ein Abbruch der Weiterentwicklung zu diesem Zeitpunkt würde große Zweifel an der Vertragstreue der Bundesrepublik und an unserer Zuverlässigkeit als Partner im Bereich gemeinsamer Forschung und Entwicklung in der europäischen wie internationalen Kooperation hervorbringen
— ich bedanke mich — und angesichts der Notwendigkeit zu verstärkter Zusammenarbeit auf großtechnologischem Gebiet zu unabsehbaren nachteiligen Folgewirkungen auf die zukünftige wissenschaftliche Arbeit in unserem Lande führen.
Die Koalitionsfraktionen haben nun beschlossen — ein ähnlicher Antrag liegt auch seitens der Opposition vor —, eine Enquete-Kommission zur Vorbereitung dieser von mir vorhin angesprochenen und anderer zukünftig anstehender Entscheidungen über die weitere Nutzung der Kernenergie zur Sicherung
der Energieversorgung einzusetzen. Diese Enquete-Kommission soll unter dem Titel „Zukünftige Energie-Politik" arbeiten. Im Gegensatz zu dem Antrag der Opposition soll diese Kommission nicht nur die Entscheidungsnotwendigkeiten, sondern auch die Entscheidungsmöglichkeiten des Parlaments — unter Berücksichtigung aller ökologischen, ökonomischen und gesellschaftspolitischen Gesichtspunkte im nationalen wie im weltweiten Zusammenhang — darstellen. Dabei kann sich diese Kommission naturgemäß nicht isoliert — also ohne die systemanalytisch bedingten Zusammenhänge zu erfassen und aufzuzeigen — nur mit der Technologie des Schnellen Brüters befassen, sondern sie muß aus globaler Betrachtung heraus diesen Teilaspekt unter Einbeziehung auch der Ergebnisse der internationalen Konferenz zur Beurteilung der Brennstoffkreisläufe untersuchen und bewerten.
Im Hinblick auf die Abwendung der Proliferationsgefahr werden dabei weniger naturwissenschaftlich-technische Lösungen als vielmehr in erster Linie politische und auch administrativ-organisatorische Lösungen in Frage kommen müssen. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, daß die regionale Zusammenfassung von kerntechnischen Anlagen des sensitiven Bereichs — also der Anreicherung, der Wiederaufarbeitung, der Endlagerung — unter internationaler Kontrolle ein durchaus ernst zu nehmender Vorschlag ist. Für Europa bietet sich hier Euratom als Koordinierungsorgan an.
In dem Antrag der Koalitionsfraktionen auf Einsetzung der Enquete-Kommission werden deren Aufgaben konkret beschrieben. Ich verweise insbesondere darauf, daß sich diese Enquete-Kommission mit Fragen der Kriterien und Maßstäbe für die Akzeptanz von Kernenergie befassen soll, daß sie Möglichkeiten und Notwendigkeiten alternativer Brennstoffkreisläufe berücksichtigen und in ihre Überlegungen einbeziehen soll und daß sie auch — dies ist für die öffentliche Diskussion sehr wichtig — Möglichkeiten und Konsequenzen einer Option darzustellen und zu bewerten hat, die einen zukünftigen Verzicht auf Kernenergie vorsieht. Damit wird, wie ich meine, gleichzeitig deutlich gemacht, daß der seit langem und von allen Fraktionen dieses Hauses für notwendig angesehene Einstieg in eine Diskussion über die Technologiefolgenbewertung vollzogen werden könnte. Ich weiß nicht, wie ich die Ausführungen des Kollegen Lenzer bewerten soll, der hier darauf abgehoben hat, daß die Technologiefolgenabschätzung allein ein Anliegen der Opposition gewesen sei. Ich bin bisher — auch bei den Diskussionen im Ausschuß für Forschung und Technologie — davon ausgegangen, daß dies das gemeinsame Anliegen aller Fraktionen ist. Ich hoffe, Herr Kollege Lenzer, Sie wollen das mit Ihren Ausführungen hier und heute nicht in Frage stellen.
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— Sollte ich Sie mißverstanden haben, so bitte ich um Nachsicht und um Entschuldigung. Es stand, wie ich glaube, bisher doch außer Zweifel, daß wir uns auf diesem Gebiet gemeinsam weiter bemühen wollen, um zu Lösungen zu kommen. Ich sehe in dieser Enquete-Kommission durchaus die Möglichkeit zu einem Einstieg in den ganzen Komplex der Technologiefolgenabschätzung und -bewertung. Ich bedaure, Herr Kollege Lenzer, daß Sie nun hier versuchen, dies als eine Spielwiese von einigen Ideologen oder haben Sie gesagt „Idioten" ?; ich habe es vorhin notiert — abzuqualifizieren.
Ich hoffe,' das entspricht nicht Ihrer eigentlichen Meinung und Einstellung zu einer solchen Kommission.
— Ich stimme Ihnen zu, frage Sie allerdings, ob es dann, wenn Sie selbst, wie ich annehme, an dieser Kommissionsarbeit beteiligt sein werden, nicht auch bei Ihnen liegt, dieser Gefahr in der konkreten Kommissionsarbeit zu begegnen.
Lassen Sie mich abschließend noch ein kurzes Wort zu den Fragen des Schnellen Brüters sagen. Wir haben noch erhebliche Entwicklungszeiten vor uns. Bis zur anstehenden Entscheidung über eine vorläufige Betriebsgenehmigung der Versuchsanlage werden noch einige Jahre — etwa vier bis fünf Jahre — vergehen. Es ist davon auszugehen, daß nach ersten Betriebserfahrungen eine weitere Demonstrationsanlage in die Diskussion gebracht wird. Erst nach den Betriebserfahrungen mit der Versuchsanlage SNR 300 stünden dann weitere Entscheidungen an. Bis zum kommerziellen Einsatz eines Schnellen Brüters mit einer Technologie, die sich heute noch nicht konkret abzeichnet, wird noch sehr viel Zeit vergehen. Optimisten gehen wohl davon aus, daß solche wirtschaftlichen Wirkungen, auch Auswirkungen auf die Energieversorgung, erst ab dem Jahre 2050 oder 2080 anstehen.
Im Hinblick darauf wird also bis zum kommerziellen Einsatz des Schnellen Brüters noch sehr viel Zeit vergehen. Außerdem sind die Uranvorräte der Welt wesentlich größer, als bisher angenommen. Der Ausbau der Kernenergie vollzieht sich weltweit langsamer als bisher und auch als bisher von einigen angestrebt.
— Ich sagte, daß es langsamer geht, als manche sich das vorgestellt haben. Ich glaube, man sollte sich auch hier nach den wirtschaftlichen Notwendigkeiten richten. Dies zeigt doch die Situation. Die Antragssituation, die Planungssituation, die Verbrauchsentwicklung auf dem Energiesektor zeigen doch sehr deutlich, daß die noch vor wenigen Jahren
prognostizierten Zuwachsraten bei weitem nicht erreicht werden
und daß daher auch die Zielvorstellungen und die Zielplanungen durchaus noch Entscheidungsfreiheit und Entscheidungszeiträume lassen.
Die Entwicklung des Thorium-Kreislaufs in Verbindung mit dem Hochtemperaturreaktor zur Kohlevergasung bzw. zur Kohleverflüssigung sollte weiter und mit Nachdruck betrieben werden.
Damit eröffnen sich in vielen energieverbrauchenden Bereichen überhaupt erst durchgreifende Möglichkeiten zur Substitution von Erdöl. Denn dieses und seine Derivate können wir nicht allein durch elektrische Energie ersetzen. Ich darf darauf hinweisen, daß die Situation in der Stahlindustrie es ebenfalls erforderlich macht, daß wir mit der Entwicklung auf dem Gebiet der Prozeßwärme schneller und zügiger als bisher vorankommen. Hier gilt es in einem industriellen Bereich, der einseitig auf den hauptsächlichen Nachfrager von kerntechnischen 'Anlagen orientiert wird, Einfluß zu nehmen, um die einseitige Orientierung auf diesen "hauptsächlichen Nachfrager abzubauen. Ich meine, daß dies ein gemeinsames politisches Ziel sein sollte, dem wir uns mit Nachdruck zuwenden müßten.
— Dies hat, Herr Kollege Hubrig, nichts mit Investitionslenkung zu tun. Ich glaube, daß wir im gesamten Bereich der staatlichen Forschungsförderung, insbesondere auf dem Gebiet der großtechnologischen Entwicklungen, auf die Förderung durch den Staat nicht verzichten können. Die Industrie will auch nicht darauf verzichten und soll auch nicht darauf verzichten, weit es hier um große Riskobereiche geht. Hier gehört einfach — das sollte unstreitig sein — auch das Engagement des Staates, auch das Engagement der öffentlichen Hand dazu. Wir sollten uns allerdings bemühen, gewisse Zielvorstellungen politisch zu" motivieren und politisch durchzusetzen, um daran mitzuwirken, die Aktivität und die Initiative der Industrie zu strukturieren und sie von Monopolsituationen, die wir in vielen Fällen haben — dies kann nicht unser Interesse sein —, wegzubringen, von Situationen, die unserem politischen Anliegen nicht in der vollen und gebotenen Weise entsprechen.
Bedauerlicherweise ist meine Redezeit abgelaufen. Ich darf zum Schluß kommen. Ich meine, daß unter diesen Gesichtspunkten dem Entschließungsentwurf, der von den Koalitionsfraktionen vorgelegt worden ist, zugestimmt werden sollte. Gleichzeitig bitte ich, auch dem Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission mit dem vorgezeichneten Aufgabenbereich zuzustimmen. Dabei weise ich darauf hin, daß mir im Gegensatz zum Oppositionsantrag eine zeitliche Limitierung nicht opportun erscheint, da es darauf
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) ankommen wird, die Ergebnisse der internationalen Konferenz mit aufzugreifen und mit zu verarbeiten. Der Kommission sollte es unbenommen sein, Zwischenergebnisse und zwischendurch Empfehlungen zu erarbeiten und vorzulegen. Ich halte dies für eine vernünftige und sinnvolle Arbeitsweise im Hinblick auf die Komplexität des Aufgabenkatalogs, den diese Kommission zu bewältigen hat.