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ID0810416400

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    Vokabeln: 3
    1. —: 2
    2. Herr: 1
    3. AbgeordneterFriedrich: 1
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    Plenarprotokoll 8/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Strauß CDU/CSU 8173 C Hoppe FDP 8190 D Schmidt, Bundeskanzler 8195 B Dr. Jenninger CDU/CSU (zur GO) . . 8214 A Porzner SPD (zur GO) 8214 B Spitzmüller FDP (zur GO) . . . . . . 8214 C Dr. Kohl CDU/CSU 8218 C Mischnick FDP 8232 A Dr. Ehmke SPD 8235 C Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 8242 B Dr. Gruhl fraktionslos 8248 D Dr. Vogel, Bundesminister BMJ 8250 D Dr. Wittmann (München) CDU/CSU . . 8254 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 8255 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Bahr SPD 8259 C Dr. Schwarz-Schilling CDU/CSU . . . 8264 D Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 8267 B Friedrich (Würzburg) SPD 8271 D Dr. Marx CDU/CSU 8276 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 8277 B Löffler SPD 8282 D Gärtner FDP 8285 B Wohlrabe CDU/CSU 8288 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung der Antragsfrist für den Lohnsteuer-Jahresausgleich — Drucksache 8/2088 —Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelsstatistikgesetz) — Drucksache 8/2089 — Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 D Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Anderung des Investitionszulagengesetzes und anderer Gesetze — Drucksache 8/2090 — Büchler (Hof) SPD 8216 B Dr. Warnke CDU/CSU 8217 B Engelhard FDP 8218 A Nächste Sitzung 8291 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8293* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 8173 104. Sitzung Bonn, den 21. September 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim) * 22. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) ' 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Dr. Schwörer * 22. 9. Seefeld * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9: Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Alber * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Becher (Pullach) 22. 9. Blumenfeld 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Fuchs * 22. 9. Haase (Fürth) 22. 9. Haberl 27. 9. Hansen 28. 9. Hoffie 21. 9. Hoffmann (Saarbrücken) * 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 9. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9: Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Lemp * 22. 9.
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    Rede von Bruno Friedrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Die Worte „konspirative Absprache" werden Sie nicht leugnen können. Ich kann gut stenographieren, wenn auch nicht ganz so schnell wie die Stenographen hier.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber diese Art ist ja für uns nicht neu. Ich möchte doch einmal in der Kürze, wie sie heute abend geboten ist, darauf hinweisen, wie schwierig es für die Opposition geworden ist, zu außenpolitischen Fragen überhaupt Stellung zu nehmen. Denn wer die Außenpolitik zum zentralen Streitpunkt der Politik schlechthin macht, kann natürlich nicht mehr rational über Fragen diskutieren, in denen das Land seine Interessen gemeinsam vertreten muß. Das ist doch die Situation.
    Das sieht man dann an der Art, wie die Union die Währungsfrage behandelt. Wir wissen ja, was Herr Strauß gesagt hat, und kennen Ihre Anfrage. Am Mittwoch der vorigen Woche hat im Europäischen Parlament der CDU-Kollege Müller-Hermann im Namen der europäischen Christdemokraten folgendes erklärt — ich zitiere aus dem Protokoll —:
    ... daß die Christdemokraten im Europäischen Parlament dem Projekt eines Währungssystems mit festen Wechselkursen aufgeschlossen gegenüberstehen. Wenn dieses Projekt eines Währungssystems zum Erfolg führt — was wir hoffen —, dann würde zweifellos die Gemeinschaft einen ganz entscheidenden Fortschritt in Richtung auf mehr Integration erreichen, in Richtung auf ökonomische Effizienz und damit auch in Richtung auf mehr politische Solidarität und Autorität.
    So der CDU-Abgeordnete Müller-Hermann im Ausland.
    Der alte Wirtschaftssprecher der CDU/CSU-Fraktion, Franz Josef Strauß, erklärte dagegen zu Hause im DUD am 7. Juli apodiktisch:
    , Zu dem von Schmidt und Giscard vorgelegten Plan und den danach gegebenenfalls zu beschließenden Gesetzen wird die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ihre Zustimmung verweigern.
    Müller-Hermann sagt im Ausland, im Europäischen Parlament, ja, Strauß sagt hier nein. Offensichtlich halten Sie den Bürger für unfähig, dies zu durchschauen. Dieses Doppelspiel ist auch nicht neu.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er meinte: unter Bedingungen!)

    — Natürlich. Aber hier war eine grundsätzliche Zusage, und dort eine apodiktische Ablehnung. Das können Sie doch nun nicht leugnen, wenn Sie noch ein Minimum an logischer Sprachanalyse zulassen.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Falls Sie vollständig zitiert haben, was man bei Ihnen bezweifeln muß!)

    Daß wir es mit dem Ausspielen unserer Verbündeten gegen die Außenpolitik der Bundesrepublik seit langem zu tun haben, zeigt ein Protokoll vom 25. Februar 1972. Ich darf den damaligen Bundesaußenminister Scheel zitieren:
    Ich bin gezwungen, in aller Zurückhaltung einen Satz zu einer Behauptung zu sagen, die Herr von Weizsäcker aufgestellt hat und die, wenn ich sie richtig verstanden habe, lautete, ich wisse — das haben Sie dazugesagt —, daß unsere Verbündeten die Verträge und damit zusammenhängende Politik anders verstünden, als die Bundesregierung hier darstelle.
    Das ist genau die Linie, die der Abgeordnete Mertes jetzt eine Viertelstunde lang entwickelt hat. Der damalige Bundesaußenminister fügte hinzu:
    Wenn ich das richtig verstanden haben sollte, darf ich nur einen Satz sagen. Ich weise eine solche Unterstellung mit aller Entschiedenheit zurück.
    So der damalige Bundesaußenminister Scheel.
    Wenn man nun fragt, was von Ihrer Kampagne, die ähnlich angelegt ist, aber doch ganz andere Dimensionen aufweist, heute übriggeblieben ist, dann muß man sagen: eigentlich sehr wenig. Allerdings erlaube ich mir zu sagen, daß in der Bundesrepublik ein solches Ausmaß einer derartigen Kampagne gegen eine Partei und gegen ein Mitglied dieses Hauses noch nie dagewesen ist. Man muß schon bis in die erste Republik zurückgehen, bis zu den ekelerregenden Angriffen gegen den ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Sie wollen doch einen Mann wie Friedrich Ebert nicht mit Egon Bahr vergleichen!)

    Der Abgeordnete Egon Bahr bedarf unserer politischen Verteidigung nicht, denn das, was man ihm



    Friedrich (Würzburg)

    unterstellt, hat er nicht getan und nicht vollzogen. Es ist konstruiert oder frei erfunden. Aber der Angriff auf den Menschen Egon Bahr ist ein Angriff gegen jeden einzelnen Sozialdemokraten in diesem Land. Wir sind eine Partei, die aus ihrer Geschichte und unzähligen Verfolgungen eines weiß:

    (Reddemann [CDU/CSU] : Woher haben Sie denn Ihre Vorstellungen?)

    daß es üblich ist, wo immer man kann, wenn man es für nützlich hält, Sozialdemokraten zu jagen. Wir wissen, wie man Menschen jagt.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Diese konservierte Wehleidigkeit nach zehnjähriger Regierungstätigkeit!)

    Deshalb werden wir diese Herausforderung annehmen. Deswegen werden wir, Herr Reddemann, dem Vorwurf in der Sache nicht ausweichen. Insoweit ist es gut, daß heute abend hier gesprochen wird.

    (Prinz Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/ CSU]: Tiefer hängen!)

    Es gibt keine einzige Zeile Egon Bahrs, in der er die Neutralität oder die Neutralisierung der Bundesrepublik fordert. Es gibt keinen einzigen Abgeordneten der SPD, der dies fordert. Wir haben 10 000 Ortsvereine. Sagen Sie mir den, der dies gefordert hat! Es steht aber in allen Zeitungen der Bundesrepublik, daß Sie uns dies unterstellen.
    Dann zitieren Sie geheimnisvoll die Formulierung von der „Überwölbung der Bündnissysteme". Wollen Sie denn leugnen, daß es über die gegensätzlichen Bündnisse hinweg für die Existenz der Menschheit wichtige Verträge gibt? Wollen Sie vor allem leugnen, daß sich die Vereinigten Staaten um solche Verträge bemühen? Ich nenne SALT, die ganzen Atomverträge, den Nichtweiterverbreitungsvertrag, die Schlußakte von Helsinki.
    Es stimmt: Das sind meistens Verträge, die Sie bekämpft oder abgelehnt haben. Bei der KSZE haben Sie zuerst gefordert, sie abzulehnen. Dann haben Sie gesagt, Sie seien der einzige Hüter der KSZE-Schlußakte. Dann war sie wieder ein Muster ohne Wert. Und nun konstruieren Sie daraus etwas, was in Richtung Neutralisierung laufen soll.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das habe ich nicht gesagt!)

    Heute früh — —

    (Abg. Gerster [Mainz] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Es tut mir leid. Ich habe wenig Zeit. Ich habe schon eine Frage beantwortet.
    Heute früh hat sich Herr Strauß darauf berufen, dàß die Frage der Wahrheit bei Egon Bahr zweideutig sei. Er hat wieder einmal falsch zitiert, wie das vorhin schon der Bundesjustizminister nachgewiesen hat. Er hat nämlich etwas von dem weggelassen, was Egon Bahr nach dem Protokoll gesagt hat. Ich darf zitieren:
    Sie selbst haben gewußt, daß die DDR ein Staat
    ist. Sie haben nicht gewagt, es zuzugeben. Sie
    haben sich aber de facto danach verhalten, und Sie hatten bloß eine Mehrheit, die das ermöglichte. Bloß nach den Wahlen hat eine kleine Mehrheit, die allerdings anders zusammengesetzt war, den Mut gehabt, auch die Wahrheit zu sagen, daß die DDR nämlich ein Staat ist.
    Dies ist das korrekte Zitat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Dies ist keine Frage des Wollens, das ist eine Frage der Wahrheit!)

    Herr Strauß ist immer sehr großartig und qualifiziert im Umgang mit der Wahrheit. Schließlich hat auch ein Gericht festgestellt, daß er das Parlament belogen hat.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Das müssen Sie sagen! — Reddemann [CDU/CSU] : Sollten Sie sich nicht besser setzen? Das Niveau des Parlaments leidet, wenn Sie noch länger reden! Wie soll dieser Mann in Europa für Deutschland werben?)

    Wir haben, wenn es um die Frage der Unionspolitik ging, immer wieder Meinungen, aus denen heraus die deutsche Position überdacht worden ist. Der Bundeskanzler hat heute morgen Bundeskanzler Adenauer zitiert. Ich möchte hier zwei Zitate bringen. In seinem im Jahre 1978 erschienenen Buch „Auf dem Drahtseil" hat Dr. Barzel ausdrücklich festgehalten, was er am 29. Juni 1963 in Hamburg bei einer Kundgebung gefordert hat. Er sagte damals — ich zitiere —:
    Wir sind bereit, erstens Schritte zur Abrüstung zu koppeln mit solchen zur Wiedervereinigung und aus dem wiedervereinigten Deutschland niemanden einen einseitigen militärischen Vorteil ziehen zu lassen.
    Stellen Sie sich vor, wie wir, wenn wir Ihre Konstruktionsfähigkeit in der Mißinterpretation hätten, ein solches Zitat mißinterpretieren könnten.
    Der CSU-Abgeordnete von Guttenberg, der damals wesentlich die Außenpolitik der CDU/CSU geprägt hat, schrieb 1963, sich auf die Seite de Gaulles stellend, in der österreichischen Zeitschrift „Forum" — ich darf zitieren —:
    Zudem wäre es einfach unverantwortlich, wollte man Europas Sicherheit für alle Zukunft von der amerikanischen Bereitschaft abhängig machen, das Risiko der Selbstvernichtung zugunsten Europas uneingeschränkt auf sich zu nehmen; denn wer wollte wirklich voraussagen, welchen Kurs die Regierung irgendeines Landes, also auch der USA, in 15 oder 20 Jahren einschlagen wird.
    Was würde in Deutschland, in dieser Bundesrepublik, durch die Opposition geschehen, würde in der SPD auf diese Art die Bündnistreue der USA angezweifelt?
    Ich möchte wissen, was Herr Weinstein dazu in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schreiben würde.
    Das haben also in den 60er Jahren die führenden Außenpolitiker der Union gesagt. Aber es wäre da-



    Friedrich (Würzburg)

    mals Erich Ollenhauer, Fritz Erler, Herbert Wehner, Carlo Schmid nie eingefallen, aus der Opposition heraus der Regierung vorzuwerfen, sie wolle das Bündnis verlassen. Einen solchen Vorwurf hat es angesichts solcher Äußerungen damals nie gegeben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wer hat dieser Regierung das vorgeworfen?)

    — Sie lesen offensichtlich nicht das, was Ihre eigenen Fraktionsführer schreiben.

    (Roth [SPD] : Der weiß schon gar nicht mehr, was er gesagt hat!)

    Dafür haben wir Protokolle, damit er das morgen nachlesen kann.
    Wir haben in Ihren Vorwürfen in den letzten Wochen gespürt — das ist auch jetzt deutlich geworden, Herr Kollege Mertes —, daß die Westbindung der Bundesregierung mit einem Fragezeichen versehen werden soll. Dabei wird bewußt — und das hat auch eine Wirkung im Ausland — an das tiefe Mißtrauen des Westens angeknüpft, das durch die Verträge mit der Sowjetunion von Rapallo und Berlin 1922 und 1926 in Europa entstanden ist. Dies ist ein ganz bewußter Schachzug.

    (Vorsitz: Vizepräsident Frau Renger)

    Sie versuchen heute durch eine Vermischung von Historie und Unterstellung Scheingebilde zu erzeugen, die Sie dann mit großem Propagandagetöse vernichten.
    Wir Sozialdemokraten fühlen uns sehr frei von solchen Anwürfen. Ich könnte es mir sehr einfach machen und darauf hinweisen, daß es der Zentrumskanzler Wirth war, der den Vertrag von Rapallo gegen den Widerstand des damaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert abgeschlossen hat.
    Soweit es um die Westbindung der deutschen Sozialdemokratie geht, will ich zitieren, was der Reichstagsabgeordnete Rudolf Breitscheid am 16. September 1925 gesagt hat. Er sagte:
    Was liegt im gegenwärtigen Moment. im Interesse des gesamten deutschen Volkes? Da sind wir zu der Entscheidung gekommen, der Gefahrenpunkt liegt dort, wo wir uns nach dem Westen hin abgrenzen. Diesen Gefahrenpunkt zu beseitigen ist unsere wichtigste Aufgabe. Die Verständigung zwischen uns und dem Westen, vor allem dem französischen Westen, herbeizuführen ist die dringendste Notwendigkeit des gegenwärtigen Augenblicks, selbstverständlich ohne daß wir uns dadurch gegen den Osten festlegen, nämlich uns an einer beabsichtigten Einkreisungspolitik gegen die Sowjetunion beteiligen.
    An diesem Tage erklärte der Hamburger Reichstagsabgeordnete Theodor Haubach fast dasselbe, als er meinte:
    Das entscheidende Friedensproblem für das deutsche Volk liegt an der Rheingrenze.
    Breitscheid und Haubach sind hingerichtet worden; der eine starb in Buchenwald, der andere in Plötzensee. Wir wollen doch einmal festhalten, daß die von der SPD bereits 1925 angestrebte Westbindung deshalb nicht Prinzip der deutschen Außenpolitik werden konnte, weil die konservativen Parteien von Weimar mit ihrer Revisionspolitik die Rechnung des verlorenen Krieges mit Frankreich begleichen wollten.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Man muß nur einmal bei Ernst Jünger — einem Mann, der Hitler sehr kritisch gegenüberstand — das Kriegstagebuch von 1940 nachlesen, um zu sehen, wie befriedigt, wie berauscht Konservative darüber waren, daß Hitler gegen ihren Erbfeind Frankreich das erreicht hatte, was ihnen von 1914 bis 1918 versagt geblieben war: den Einmarsch in Paris. Das, was durch Rapallo im Westen entstanden ist, das, was durch die Ablehnung der Westpolitik, die die Sozialdemokraten gewollt haben, damals an Mißtrauen entstanden ist, kann man nicht heute der deutschen Sozialdemokratie anlasten;

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Das können Sie aber nicht mit Zitaten von 1925 belegen!)

    das hat die Instinktlosigkeit der deutschnationalen Außenpolitik zu verantworten.

    (Beifall bei der SPD)

    Lesen Sie bitte auch einmal nach, was Jean Monnet in seinem Buch über die Notwendigkeit sagt, Europa mit der europäischen Arbeiterbewegung zu bauen, lesen Sie einmal nach, wie er jene nennt, die Sie hier diskriminieren, wie oft er sich auf Herbert Wehner beruft, wie er Fritz Erler und Erich Ollenhauer nennt und von ihnen sagt: diese ehrlichen Männer, auf die man sich verlassen konnte. Und lesen Sie auch, was Helmut Schmidt im Vorwort geschrieben hat. Es ist geradezu absurd, in dieser Form eine Kampagne zu entfesseln, die einen schweren Schaden für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen muß.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Das ist doch dummes Zeug! Türken werden aufgebaut!)

    Zum Schluß ein Wort zur Rufmordkampagne gegen Egon Bahr. Ich will diese Rufmordkampagne, die in vielen Formen sichtbar geworden ist, an einem Beispiel, dem des CDU-Abgeordneten Werner Marx, darstellen.
    Im „Gießener Anzeiger" und in der „Gießener Allgemeinen Zeitung" vom 8. September 1978 erschienen wörtlich übereinstimmende Berichte über eine Rede des CDU-Abgeordneten Dr. Werner Marx, des außenpolitischen Sprechers der CDU.

    (Abg. Dr. Marx [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Der Bericht ist als Vereinsbericht gekennzeichnet; man muß also davon ausgehen, daß die CDU selbst ihn geliefert hat. Die Berichte stimmen ja auch, wie gesagt, wörtlich üeberein. Mir ist es unmöglich, hier diesen ganzen Bericht vorzulesen, und zwar nicht aus Zeitgründen, sondern weil das, was Dr. Marx dort entwickelt hat,

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Angeblich entwickelt hat, bitte!)




    Friedrich (Würzburg)

    zu ungeheuerlich ist, als daß es hier im Parlament zitiert werden dürfte. Selbstverständlich werde ich den vollen Text dieses Presseberichts dem Präsidium und dem Ältestenrat zusenden, weil ich einmal wissen will, ob dieses Parlament noch in der Lage ist, seine Mitglieder vor Verleumdungen zu schützen.

    (Beifall bei der SPD — Abg. Dr. Marx [CDU/CSU] meldet sich weiterhin zu einer Zwischenfrage)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter
Friedrich — —

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bruno Friedrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich möchte Sie erst zitieren, Herr Kollege Marx; Sie haben dann die Möglichkeit, dies zurückzunehmen. Denn einen Satz muß ich hier zitieren, von dem ich auf Grund ähnlicher Aussagen des Abgeordneten Marx annehmen muß, daß er gesagt worden ist. In beiden Gießener Zeitungen ist wörtlich zu lesen: .
    Verhängnisvoll für den Frieden und die Sicherheit in Deutschland und Europa könnte sich die prosowjetische Tätigkeit des Einflußagenten Egon Bahr als eine Art Nebenaußenminister in Bonn auswirken, erklärte Dr. Werner Marx, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, auf einer Veranstaltung seiner Partei im Martinshof in Gießen.
    Ehe ich Sie bitte, dazu Stellung zu nehmen, will ich noch folgendes hinzufügen. Dr. Marx verwendet einen Begriff — „Einflußagent" —, der als Tatbestand des Verdachts einer verächtlichen kriminellen Tat am 2. September in der Zeitung „Die Welt" aus Ermittlungsakten zitiert worden ist. Dr. Marx spricht von „prosowjetischer Tätigkeit", von „Gefährdung der Sicherheit". Dieser Vorwurf einer verächtlichen kriminellen Handlung gilt einem Bundestagsabgeordneten und Bundesminister a. D.
    Nun können Sie sich, Herr Dr. Marx, zu diesem Artikel äußern.