Rede:
ID0810410800

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8104

  • date_rangeDatum: 21. September 1978

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Strauß CDU/CSU 8173 C Hoppe FDP 8190 D Schmidt, Bundeskanzler 8195 B Dr. Jenninger CDU/CSU (zur GO) . . 8214 A Porzner SPD (zur GO) 8214 B Spitzmüller FDP (zur GO) . . . . . . 8214 C Dr. Kohl CDU/CSU 8218 C Mischnick FDP 8232 A Dr. Ehmke SPD 8235 C Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 8242 B Dr. Gruhl fraktionslos 8248 D Dr. Vogel, Bundesminister BMJ 8250 D Dr. Wittmann (München) CDU/CSU . . 8254 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 8255 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Bahr SPD 8259 C Dr. Schwarz-Schilling CDU/CSU . . . 8264 D Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 8267 B Friedrich (Würzburg) SPD 8271 D Dr. Marx CDU/CSU 8276 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 8277 B Löffler SPD 8282 D Gärtner FDP 8285 B Wohlrabe CDU/CSU 8288 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung der Antragsfrist für den Lohnsteuer-Jahresausgleich — Drucksache 8/2088 —Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelsstatistikgesetz) — Drucksache 8/2089 — Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 D Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Anderung des Investitionszulagengesetzes und anderer Gesetze — Drucksache 8/2090 — Büchler (Hof) SPD 8216 B Dr. Warnke CDU/CSU 8217 B Engelhard FDP 8218 A Nächste Sitzung 8291 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8293* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 8173 104. Sitzung Bonn, den 21. September 1978 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim) * 22. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) ' 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Dr. Schwörer * 22. 9. Seefeld * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9: Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Alber * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Becher (Pullach) 22. 9. Blumenfeld 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Fuchs * 22. 9. Haase (Fürth) 22. 9. Haberl 27. 9. Hansen 28. 9. Hoffie 21. 9. Hoffmann (Saarbrücken) * 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 9. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9: Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Lemp * 22. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herbert Gruhl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Es zerstört weitere Wälder, es zerstört weitere Wiesen, es zerstört die Nahrungsmittelgrundlage, es zerstört die Trinkwassergrundlage und damit die Zukunftschancen der kommenden Generationen. Uber diese Verantwortung müssen wir hier öfter sprechen und aus dieser Verantwortung von, wie ich hoffe, allen Seiten dieses Hauses und des deutschen Volkes eine andere Politik entwickeln. Draußen — das kann ich Ihnen versichern — wollen sehr, sehr viele längst etwas anderes hören als das, was Ihnen hier immer wieder versprochen wird, ohne daß es künftig erfüllbar sein wird. Denn es liegt nicht in unserer Hand, sondern es liegt auch in der Hand anderer Völker, wieweit wir diese Erde für uns verbrauchen dürfen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte midi zunächst bei Herrn Kohl für das artige Kompliment bedanken, das er hier über die Attraktivität der Stadt München in den 60er und 70er Jahren ausgesprochen hat. Es ist wahr: Viele Menschen sind damals gern nach München gezogen, so etwa auch Herr Kollege Strauß, der schon in den 60er Jahren nach München übersiedelte und sich dort nach eigenen Bekundungen während meiner Bürgermeisterzeit



    Bundesminister Dr. Vogel
    und der von Georg Kronawitter außerordentlich wohlgefühlt hat. Seit einiger Zeit allerdings hat der Zuzug nach München nachgelassen,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Seit Herr Schöfberger Sie exmittiert hat!)

    und man hört, daß auch die Zufriedenheit von Herrn Strauß mit dem Rathaus und der Leitung des Rathauses seit dem Weggang von Georg Kronawitter und mir neuerdings zu wünschen übrigläßt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im übrigen ist es eine Legende, daß ich aus München geflüchtet sei. Sehr zum Mißvergnügen etwa meines persönlich hochgeschätzten Gegenkandidaten bin ich in München-Nord gewählter und dort wohnhafter Bundestagsabgeordneter. Herr Kohl und andere Herren können sich in meinem Bürgerbüro in meiner Sprechstunde gerne davon überzeugen. Daß der Nachfolger in der eigenen Partei nicht immer ganz nach Wunsch gewählt wird, ist ein Ereignis, das gelegentlich vorkommt. Ich höre aus Mainz, daß auch der dortige Nachfolger von Herrn Kohl nicht ganz seinen Vorstellungen und Vorschlägen entsprochen hat.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP)

    Ich habe aber das Wort nicht nur genommen, um mich zu bedanken, sondern weil Herr Kollege Strauß sich heute vormittag bei seiner — wie ich verstanden habe — Abschiedsrede als Abgeordneter auch auf das rechtspolitische, ja sogar auf das justizielle Gebiet begeben hat. Ich glaube, das hätte er nicht tun sollen — nicht deshalb, weil er in dieser Passage seiner Rede die staatsmännische Rolle des künftigen bayerischen Ministerpräsidenten nicht so ganz mit allem Feinsinn durchgehalten hat, sondern ganz einfach deshalb, weil Herrn Strauß trotz vielfacher Begegnungen mit der Justiz, Staatsanwaltschaft und Gerichten, einfach doch der Sachverstand fehlt.

    (Lachen und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Daher sind eine Reihe der von Herrn Strauß aufgestellten Behauptungen, und zwar gerade die entscheidenden, einfach sachlich unrichtig.
    So sagte Herr Strauß: Ein Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft, der in Vollzug eines Durchsuchungsbefehls auf Grund der neuen Fassung des § 103 StPO ein Gebäude nach einem mutmaßlichen Terroristen durchsucht, müsse sehenden Auges an einem Rauschgiftdepot oder an einem Waffenlager vorbeigehen; er dürfe nichts unternehmen. Dies ist offenkundig falsch. Selbstverständlich darf, ja muß der Beamte in einem solchen Fall von sich aus die Beschlagnahme dieser Gegenstände und, wenn notwendig, eine weitere Durchsuchung anordnen. Hieran hat sich durch die Neuregelung überhaupt nichts geändert. Nichts anderes steht in meinem Aufsatz, von dem ich fast ein bißchen die Sorge habe, Herr Strauß hat ihn lesen lassen und nicht selbst zur Kenntnis genommen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dann wiederholte Herr Strauß die Behauptung, eine allgemeine Erhöhung des Strafrahmens vom 15 auf 20 Jahre würde den Kampf gegen den Terrorismus erleichtern. Das ist doch abwegig. Welcher Terrorist, der Mordanschläge vorbereitet oder begeht, läßt sich denn durch die Erhöhung des Strafrahmens für Raub oder andere Straftaten dieser Art beeindrucken? Er weiß doch: Wenn er ermittelt und gegriffen wird, hat er mit „lebenslänglich" zu rechnen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber die Sympathisanten, die Beihilfe leisten!)

    — Aber ich bitte Sie! Auf den Punkt komme ich zurück.
    Die Justizminister alle miteinander — mit Ausnahme von Kollegen Hillermeier — haben ja, bevor sie von der einen oder der anderen Richtung her ein bißchen in die Pflicht genommen wurden, übereinstimmend festgestellt, daß das Strafmaß, das die Gerichte in diesen Fällen verhängen, völlig ausreichend und zulänglich ist. Meine Sorge ist, daß wir ganz falsche Erwartungen wecken, nämlich man brauche nur den Strafrahmen zu erhöhen, dann werde der Terrorismus oder würden zumindest die Aktivitäten der Helfer zu Ende sein.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das ist doch nicht so und führt doch nur zur Enttäuschung.
    Schließlich — und das bedauere ich — hat sich Herr Strauß mit der Auseinandersetzung beschäftigt, die Herr Albrecht und ich während der Sommermonate im Anschluß — —

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das war ein Possenspiel, Herr Vogel, das Sie da inszeniert haben!)

    — Aber Herr Haase! Sie haben heute eine vorbildliche Ruhe an den Tag gelegt, den ganzen Tag über,

    (Lachen und Beifall bei der SPD und der FDP)

    und ich finde, wir sollten uns jetzt nicht gegenseitig aufregen.
    Es geht um eine Auseinandersetzung, die im Anschluß an eine Rede geführt wurde, die Herr Albrecht am 7. Juli 1978 im Bundesrat gehalten hat. Herr Strauß hat es und dies haben Sie aufgegriffen — als „Sommertheater" bezeichnet. Nun, die juristische Kompetenz von Herrn Strauß kann ich zu meinem schon dargelegten Leidwesen nicht ohne weiteres anerkennen. Seine Kompetenz als Theaterfachmann würde ich allerdings akzeptieren.

    (Lachen und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und weil ich ihn als Fachmann dafür akzeptiere, ist dies eigentlich unter bayerischen Landsleuten fast ein verschämtes Kompliment, das er mir da gemacht hat. Aber dies ist wahrscheinlich nur für Bayern verständlich.
    Bemerkenswerter für den politisch interessierten Beobachter ist, daß Herr Strauß seine Fürsorge gerade Herrn Albrecht widmet. Das war doch nicht immer so.

    (Lachen bei der SPD und der FDP)




    Bundesminister Dr. Vogel
    Herr Albrecht hat übrigens bisher stets in erkennbarer und während der Wahlkämpfe auch betonter Art und Weise Wert darauf gelegt, sich selbst zu helfen. Er gilt nach meinen Beobachtungen nicht gerade als Strauß-Fan.
    In der Sache selbst haben Herr Albrecht und ich vor zwei Wochen ein längeres und, wie ich sagen möchte, sehr faires und fruchtbares Gespräch gehabt und sodann übereinstimmend festgestellt, Herr Albrecht und ich sähen keinen Anlaß, die Diskussion vom Juli und August 1978 von neuem aufzugreifen. Davon gehe ich nicht ab. Aber die Äußerung von Herrn Strauß hier im Plenum des Bundestags zwingt mich, zu wiederholen, was ich im Sommer bereits festgestellt habe. Erstens. Herr Ministerpräsident Albrecht hat am 7. Juli 1978 im Bundesrat einen Vorschlag zur Sicherungsverwahrung unterstützt — das ist sein gutes Recht — und dazu wörtlich ausgeführt:
    Aber ich
    — Albrecht —
    kann Ihnen
    — der Bundesregierung —
    nachweisen, daß es Terroristen gibt, die wir freilassen müssen, bei denen wir heute schon wissen, welches die Mordpläne sind, die sie aushecken. Das können Wir auf den Heller genau, würde ich sagen, schriftlich nachweisen. Wir können sogar Namen von Leuten nennen, die ermordet werden sollen, und Sie
    — Bundesregierung —
    geben uns nicht die Möglichkeit, irgend etwas dagegen zu tun.
    Zweite Feststellung: Ich habe sogleich um Beweise dafür gebeten, daß konkrete Mordpläne bestehen, die nicht verhindert werden können, weil die Bundesregierung der von Herrn Albrecht befürworteten Art der Sicherungsverwahrung widerspricht.
    Im folgenden hat sich ergeben: Niedersachsen war vor der Rede vom 7. Juli 1978 zu keinem Zeitpunkt — hier irrt Herr Strauß — mit dem dort vorgetragenen Sachverhalt an die Bundesanwaltschaft herangetreten. Deshalb — und nicht aus Theatergründen — mußte ein Bundesanwalt nach Hannover reisen. Die Bundesanwaltschaft hat nach Prüfung der in Hannover gegebenen Auskünfte öffentlich in einer Presseerklärung festgestellt, es gebe im konkreten Fall keinen Anhaltspunkt für den Verdacht terroristischer Aktivitäten. Deshalb bestehe kein Anlaß für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.
    Schließlich — dies halte ich für das Entscheidende —: In den Fällen, die Herr Albrecht nach den erteilten Auskünften im Auge hatte, wäre die Sicherungsverwahrung selbst dann nicht in Betracht gekommen, wenn der Oppositionsvorschlag, den er unterstützt hat, bereits geltendes Recht gewesen wäre, weil die Voraussetzungen des eigenen Vorschlags der Opposition in diesen Fällen nicht gegeben waren.
    Der Vorwurf von Herrn Albrecht ging also ins Leere. Dies auszuführen war als Bundesjustizminister nicht nur mein Recht, sondern meine selbstverständliche Pflicht.
    Noch ein Wort zur Sicherungsverwahrung. Es ist wahr, daß die Bundesregierung den konkreten Vorschlag der Opposition ablehnt, weil er ihr zu weit geht. Sicherungsverwahrung bei einem Ersttäter rührt deshalb nach unserem Verständnis an die Grenzen des rechtsstaatlich Möglichen, weil noch völlig unklar ist, wie auf diesen konkreten Täter der Vollzug der erkannten Strafe wirkt. Dies läßt sich, bevor er das erste Mal bestraft worden ist, nicht mit der nötigen Sicherheit sagen.
    Dabei — und das ist nun ein gravierender Vorwurf — erwecken aber die Ausführungen von Herrn Strauß, die ich aber auch sonst immer wieder von Ihnen höre, über die Auswirkungen Ihres eigenen Vorschlags völlig irreführende Vorstellungen.
    Erstens. Der harte Kern der Terroristen besteht aus Leuten, die schon zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden sind oder die diese Strafe zu erwarten haben. Hier hat doch die Sicherungsverwahrung schon rein tatsächlich überhaupt keinen Platz mehr. Was 'soll denn das neben der lebenslänglichen Strafe?
    Bei allen in Betracht kommenden Fällen — wir haben sie alle geprüft in denen bisher Personen aus diesem Kreis zu zeitigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind — nun komme ich auf Ihren durchaus berechtigten Hinweis —, hätte die Sicherungsverwahrung nach Ihrem eigenen Text — wir haben so getan, als wenn das schon gültig wäre — mit einiger Sicherheit nur in einem einzigen Fall verhängt werden können, und das ist der Fall, den der Herr Bundeskanzler heute erwähnt hat.
    Was ich nun gar nicht verstehe, das ist die Tatsache, daß hier der Fall Monhaupt zitiert wird. Gerade Frau Monhaupt hätte nach Ihrem eigenen Vorschlag nicht in Sicherungsverwahrung genommen werden können. Das ist doch alles wirklich schwer verständlich. Es wird nur verständlich, wenn man annimmt, daß man hier darauf spekuliert, daß der Bürger solche Behauptungen, weil er die Vorschläge nicht kennt, nicht zu beurteilen vermag.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wer so spricht, wie Herr Strauß das tut, will offenbar den Eindruck erwecken: Wenn es nach ihm, nach Herrn Strauß und seinen Freunden, ginge, dann wäre Frau Monhaupt in sicherem Gewahrsam, und wenn es nach der Regierung geht, dann kann Frau Monhaupt weiter ihren Straftaten nachgehen.
    Dies ist, glaube ich, unzulässig, ist unfair und muß von dieser Stelle aus, wenn es von Ihnen schon keiner selber Herrn Strauß im Vieraugengespräch sagt, mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es ist in Wahrheit doch auch töricht, meine Damen und Herren, so zu tun, als ob in dieser Frage die Entscheidung im Kampf gegen den Terrorismus fiele. Natürlich kann man über Ihren Vorschlag diskutieren, natürlich kann man Argumente austauschen.



    Bundesminister Dr. Vogel
    "Aber die Entscheidung fällt überhaupt nicht primär auf dem Gebiet der Gesetzgebung; sie fällt — und das ist nun wirklich schon Allgemeingut — in erster Linie auf dem Gebiet des Gesetzesvollzugs und der moralisch-politischen Auseinandersetzung mit den Ursachen. Ich bin ein bißchen traurig, daß die blumenreiche Schilderung dessen, was alles wäre, wenn die Gesetze geändert würden, so breite Zeiträume einnimmt, die Auseinandersetzung darüber, wo wir zusammenfinden müssen, um dem Terrorismus die Wurzel abzugraben, aber immer nur in Randbemerkungen am späteren Nachmittag eine Rolle spielt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im übrigen kann ich mich nur dem Wunsch des Herrn Bundeskanzlers anschließen, daß nicht bei jedem Fehler, der im Bereich des Vollzugs in Anstalten oder bei der Polizei geschieht — ich unterscheide da nicht —, zunächst gefiltert wird, wo parteipolitisch ein kleines Pluszeichen herausschaut. Meine Damen und Herren, in jedem Beruf werden Fehler gemacht, und die Polizei hat allmählich einen Anspruch darauf, daß über sie nicht bei jedem Vorgang, der sich als Fehler darstellen kann, vor der gesamten Öffentlichkeit in einer Art und Weise diskutiert wird, die tatsächlich zu Unruhe führt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Waigel [CDU/CSU] : Bei Stammheim hat er es auch gemacht!)

    - Herr Waigel, also in Bescheidenheit darf ich
    zunächst einmal feststellen, daß Sie sich den Schuh anziehen. Wenn Sie meine Formulierungen nachlesen, werden Sie sehen, daß Stammheim genauso darunterfällt wie dies und wie jenes. Ich habe allgemein gesprochen. Und ich spreche auch allgemein.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Sie schmähen den Kanzler! — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Dummes Zeug!)

    — Herr Waigel, das wäre eigentlich mehr ein Zwischenruf für Ihren Nachbarn gewesen. Jetzt würde ich ihn nicht machen.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Sind Sie ein Zensor für Zwischenrufe?)

    — Nein, ich bin überhaupt kein Zensor. Die Zensurengebung überlasse ich; lieber Ihnen. Der Justizminister ist kein Zensor.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Da war Ludwig Thoma spritziger!)

    Herr Strauß und — ihm folgend — Herr Kohl haben sich auch zum Fall Pacepa geäußert. Als Bundesjustizminister habe ich es, der Tradition aller meiner Vorgänger, ganz gleich, welcher Partei, folgend, peinlich vermieden, in Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft einzugreifen oder zu ihnen vor ihrem Abschluß Stellung zu nehmen. Davon werde ich auch jetzt nicht abweichen.
    Außerhalb dieses Rahmens, innerhalb dessen der Justizminister zu schweigen hat, sind jedoch zwei Bemerkungen erforderlich. Herr Strauß hat sinngemäß gesagt — ich habe es gerade noch einmal
    nachgelesen —, an der Sache müsse vielleicht doch etwas dran sein; denn es seien Durchsuchungsbefehle erlassen worden und die setzten dringenden Tatverdacht voraus. Das ist abwegig.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Ich stelle Ihnen das Exemplar der von Herrn Strauß gehaltenen Rede gern zur Verfügung.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Zitieren Sie doch wörtlich!)

    — Das habe ich gerade getan. — Er hat gesagt, das setze dringenden Tatverdacht voraus. Das ist abwegig. Jeder hier anwesende Jurist wird aus dem Stand bestätigen können, daß das falsch ist. Dringender Verdacht ist Voraussetzung für den Erlaß eines Haftbefehls. Ein solcher ist nicht ergangen. Durchsuchungsbefehle sind aber schon dann zulässig, wenn nur zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde. Diese Vermischung verschiedener Verdachtsstufen, dringender Verdacht einerseits und Vermutung andererseits, ist unfair und bedeutet im Ergebnis auch eine unzulässige Vorverurteilung. Dagegen wehre ich mich.

    (Beifall bei der SPD und der. FDP)

    Außerdem ist in Umschreibungen angedeutet worden, das Ermittlungsverfahren sei durch Kritik an der Bundesanwaltschaft oder sogar durch politischen Druck auf die Bundesanwaltschaft behindert worden. Diese Behauptung ist von der Bundesanwaltschaft selbst kategorisch als gegenstandslos und falsch zurückgewiesen worden. Von daher ist das Ermittlungsverfahren nicht gestört worden.
    Ich will Ihnen aber sagen, wodurch dieses Ermittlungsverfahren nach Meinung der Bundesanwaltschaft aufs empfindlichste gestört worden ist: dadurch, daß schon vor seiner Einleitung und dann fast bei jedem Schritt des Verfahrens Informationen durch ungetreue Bedienstete unter Verletzung des Gesetzes nach außen gegeben wurden und dadurch, daß andere nicht den moralischen Mut aufgebracht haben, diese Mißbräuche mit Schweigen zu übergehen, sondern die Informationen publizierten. Dadurch ist das Ermittlungsverfahren gefährdet worden. Jeder Schritt war bereits in der Zeitung angekündigt.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU] : Sie meinen „Spiegel" und „stern" !)

    Dadurch ist auch etwas gefährdet worden, was ebenso wichtig ist wie der Zweck des Ermittlungsverfahrens, nämlich ein Grundrecht von Bürgern. Ich meine das Grundrecht, in der Öffentlichkeit nicht mit dicken Schlagzeilen als schuldig hingestellt zu werden, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind und das Gericht nicht gesprochen hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)


    (Vorsitz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will hier abbrechen, obwohl sich die Liste der schlichten
    8254 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn Donnerstag, den 21. September 1978
    Bundesminister Dr. Vogel
    Unrichtigkeiten noch um viele Punkte verlängern ließe.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Vielleicht sagen Sie noch etwas zu Lockheed!)

    Insgesamt rate ich meinem Landsmann Strauß zu größerer Vorsicht

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Vor allen Dingen Ihnen können wir das raten!)

    bei Ausflügen in das juristische Gebiet. Herr Strauß sagte vorhin — dies ist wieder ein wörtliches Zitat —, er lasse lesen, aber denken würde er selber.

    (Zuruf von der SPD: Ha! — Dr. Waigel [CDU/CSU] : Immer mehr als Sie!)

    Ich empfehle ihm: Auf juristischem Gebiet sollte er andere nicht nur für sich lesen, sondern auch für sich denken und, wenn es sein kann, auch für sich sprechen lassen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Dann, meine Damen und Herren, gewönnen wir Zeit für das, was wirklich unsere Aufgabe ist, nämlich vor unserem Volk nicht Rechthaberei zu betreiben, sondern uns mit Ernst und gegenseitigem Respekt über rechtspolitische Fragen von Gewicht mit Argumenten, aber nicht mit wechselseitigen Beschuldigungen und ihrer Ausräumung auseinanderzusetzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)