Rede von
Dr.
Helmut
Kohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Ehmke, halten Sie es nicht zumindest für erwägenswert, dem Einwand, den ich soeben in einem Zwischenruf zu machen versuchte, nachzugehen, daß nach 1945 drei der großen Gruppierungen der deutschen Innenpolitik, der demokratischen Parteien, neu entstanden sind: eine davon, die Sozialdemokratische Partei, in der Kontinuität ihrer Geschichte und nahezu ungebrochen auch in ihrer organisatorischen Kontinuität, zwei andere, die CDU/CSU — als Einheit begriffen — und die FDP, als bewußte Neugründungen in Anlehnung und Fortführung früherer Parteien? Meinen Sie nicht auch, daß es angesichts dieses Tatbestandes absolut berechtigt ist, zwar aus der Geschichte zu lernen, aber zu sagen: Nach diesem Tatbestand eines Neuanfangs braucht man doch nicht in diese Debatte etwa die Auseinandersetzung zwischen Sozialdemokraten und den Hohenzollern einzuführen? Es ist doch einfach unbestreitbar, daß etwa nach 1945 eine ganze Menge von Leuten bei der Wiedergründung der SPD mit Pate standen, die während der Weimarer Zeit nicht Mitglieder der SPD, sondern in anderen, mehr „bürgerlichen Parteien" waren. Insofern kann die Begründung mit dem Kulturkampf für mich aus Zentrumssicht oder mit den Sozialistengesetzen heute beim besten Willen nicht mehr gelten. Sie fühlen sich von den Sozialistengesetzen seelisch nicht mehr belastet.