Rede:
ID0810408200

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  • sort_by_alphaVokabular
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Strauß CDU/CSU 8173 C Hoppe FDP 8190 D Schmidt, Bundeskanzler 8195 B Dr. Jenninger CDU/CSU (zur GO) . . 8214 A Porzner SPD (zur GO) 8214 B Spitzmüller FDP (zur GO) . . . . . . 8214 C Dr. Kohl CDU/CSU 8218 C Mischnick FDP 8232 A Dr. Ehmke SPD 8235 C Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 8242 B Dr. Gruhl fraktionslos 8248 D Dr. Vogel, Bundesminister BMJ 8250 D Dr. Wittmann (München) CDU/CSU . . 8254 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 8255 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Bahr SPD 8259 C Dr. Schwarz-Schilling CDU/CSU . . . 8264 D Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 8267 B Friedrich (Würzburg) SPD 8271 D Dr. Marx CDU/CSU 8276 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 8277 B Löffler SPD 8282 D Gärtner FDP 8285 B Wohlrabe CDU/CSU 8288 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung der Antragsfrist für den Lohnsteuer-Jahresausgleich — Drucksache 8/2088 —Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelsstatistikgesetz) — Drucksache 8/2089 — Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 D Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Anderung des Investitionszulagengesetzes und anderer Gesetze — Drucksache 8/2090 — Büchler (Hof) SPD 8216 B Dr. Warnke CDU/CSU 8217 B Engelhard FDP 8218 A Nächste Sitzung 8291 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8293* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 8173 104. Sitzung Bonn, den 21. September 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim) * 22. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) ' 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Dr. Schwörer * 22. 9. Seefeld * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9: Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Alber * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Becher (Pullach) 22. 9. Blumenfeld 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Fuchs * 22. 9. Haase (Fürth) 22. 9. Haberl 27. 9. Hansen 28. 9. Hoffie 21. 9. Hoffmann (Saarbrücken) * 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 9. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9: Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Lemp * 22. 9.
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    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Gerne.


Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Ehmke, würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß Herr Kohl nichts anderes gesagt hat, als daß eine Reihe von Grundelementen, und zwar in Form von Grundrechten, in der Verfassung verankert sind, die dem Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft immanent sind.

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    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Im Grundgesetz ist eine Reihe von Prinzipien verankert,

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Grundrechte!)

    darunter das Prinzip, das ich Ihnen gerade vorgelesen habe, nämlich daß Grund und Boden und Produktionsmittel in Gemeineigentum überführt werden können.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Daß das Eigentum geschützt wird, auch!)

    Das ist die Wirklichkeit einer rechtlich wie tatsächlich gemischten Wirtschaftsordnung. Sie dürfen nicht einzelne Teile dieser Wirtschaftsordnung isolieren und dann für sakrosankt erklären, wenn Sie noch auf eine rationale Diskussion über Wirtschaftsfragen in diesem Lande Wert legen.

    (Beifall bei der SPD)

    Der sechste Punkt. Hier ist der Vorwurf erhoben worden, der Herr Bundeskanzler habe es gewagt, das Bundesverfassungsgericht zu kritisieren.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Bundesgerichtshof, haben wir gesagt!)


    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Na, hören Sie doch mal zu, Herr Ehmke!)

    — Sehen Sie, einer der größten amerikanischen Richter, Justice Holmes, hat einmal gesagt: Das wirkliche Geheimnis der Verfassungsgerichtsbarkeit liegt in der richterlichen Selbstbeschränkung.

    (Westphal [SPD]: Genau!) ,

    Ich brauche jetzt nicht alle CDU-Kollegen zu zitieren, vielleicht nur Herrn Dichgans, der mit mir der Meinung ist, daß das Bundesverfassungsgericht in zunehmendem Maße diese Weisheit außer acht gelassen hat.

    (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Weil Sie es dazu treiben! — Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    — Wer treibt das Bundesverfassungsgericht dazu, seine richterliche Selbstbeschränkung außer acht zu lassen?

    (Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU] : Weil ihr so schludrige Gesetze macht!)

    Ich wundere mich, daß Sie den Bundeskanzler kritisieren, da Ihnen doch klar sein müßte, daß das, was dort passiert, nicht etwa die Regierung beschränkt, sondern dieses Hohe Haus in seiner Souveränität, in seinem Gestaltungsspielraum als Gesetzgeber.

    (Beifall bei der SPD — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wenn ihr am Parlament vorbei Geld ausgebt!)

    Das Bundesverfassungsgericht entscheidet bindend, und es verdient unseren Respekt. Aber gerade weil das Bundesverfassungsgericht niemanden über sich hat — das ist ein Standpunkt, den vor allen Dingen der Kollege Dichgans immer wieder herausgestellt hat —, kann es sogar verlangen, daß seine Urteile der wissenschaftlichen und politischen Kritik unterzogen werden. Sie sind nicht sakrosankt in dem Sinne, daß dann, wenn einmal entschieden ist, nicht mehr darüber diskutiert werden ,kann. Dieses Gegengewicht braucht ein gutes Gericht, um



    Dr. Ehmke
    seine Funktion in der Demokratie erfüllen zu können. Nichts anderes ist von unserer Seite getan worden,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    so daß auch dieser Vorwurf völlig ins Leere geht.
    Aber ich will jetzt nicht mehr auf Einzelpunkte eingehen. Ich wollte nur einmal vorführen, wie hier von seiten Herrn Kohls mit Tatsachen umgegangen wird, und möchte mich jetzt für den Rest meiner Redezeit noch einmal auf das Gebiet der Geschichte begeben.
    Ich habe mit großem Interesse gehört, daß sowohl Herr Strauß wie Herr Kohl und der Herr Bundeskanzler darüber gesprochen haben. Ich muß allerdings sagen: Herr Kohl hat offenbar den Verlauf der Debatte anders in Erinnerung als ich. Die Debatte fing mit einer langen Rede von Herrn Strauß an, die voller Polemik war. Sie enthielt nichts Neues, aber es war Polemik. Darauf hat der Bundeskanzler geantwortet, und er hat hart geantwortet, so hart, wie wir es von ihm erwarten, und so hart, wie es Millionen Menschen draußen, die uns zuhören, erwarten, die sich nicht dauernd in ihrer sozialdemokratischen Überzeugung beleidigen lassen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Ist das die Aufgabe des Bundeskanzlers?)

    Aber lassen Sie mich einmal von der Polemik weggehen und fragen: Warum haben wir nun seit Jahren immer die gleichen Debatten? Der eine macht den Vorwurf, der andere jenen. Ich meine, wir haben in diesem Hause auf diesem Gebiet seit fünf Jahren nichts Neues gehört. Das muß man selbstkritisch für das Haus sagen.
    Das war früher anders; es wird schlimmer. Wenn Sie sich an die Debatten über die Ostverträge, an die Verfassungsdebatte 1974 erinnern: Damals war noch mehr gemeinsamer Boden vorhanden als heute. Warum eigentlich? Daß wir diese Debatten haben, die in keinem anderen westlichen Parlament vorstellbar wären — das muß man leider sagen —, liegt meiner Meinung nach daran, daß es ein großer Teil der Tragödie der deutschen Geschichte isst — ich glaube, das sollten wir uns einmal gemeinsam, nicht in Vorwurfsform vergegenwärtigen —, daß dieses Land eine völlig andere Geschichte als etwa Frankreich und England hat, daß es ein partikularistisch zersplittertes Land voller feudaler Gewalten war, als das Bürgertum schon zu den großen nationalen Revolutionen ansetzte, die England und Frankreich auf ganz verschiedene Weise geeint haben.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Aber in Frankreich gab es immer eine zentralistische Einheit!)

    — Ja, gut. Das ist ein unterschiedlicher historischer Rahmen, Herr Marx. Aber dies ist ein Land ohne Revolution gewesen, ein Land, in dem das Bürgertum so schwach war, daß es im Kompromiß mit den feudalen Kräften schließlich einen rechtsstaatlich gebändigten Obrigkeitsstaat, aber keine Demo-
    kratie zustande gebracht hat. Das war die Folge des Scheiterns der Revolution von 1848.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Italien ist parallel!)

    — Etwas anders. — Aber lassen Sie mich einmal hier bei den drei Ländern bleiben; ich sage doch nichts Polemisches.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Wir auch nicht!)

    Wir müssen uns auch klarmachen — jetzt spreche ich zu den Kollegen von der FDP —, daß dies auch ein Unglück des Liberalismus war. Wir hatten ja noch nach 1848 eine starke liberale Bewegung. Die teilte sich zunächst, als sich die Nationalliberalen von den Freisinnigen abspalteten, an der Frage „kleindeutsch" oder „großdeutsch". Der eigentliche Bruch erfolgte dann im Bürgertum vor 100 Jahren bei dem Sozialistengesetz. Die Nationalliberalen gaben ihre Forderung nach Parlamentarisierung Deutschlands auf — etwa, was in den anderen Ländern längst erreicht war — und stimmten dem Sozialistengesetz zu. Das war ein Verrat an der liberalen Idee.
    Das Zentrum stimmte damals — anders als nachher 1933 — gegen das Sozialistengesetz. Das ist 100 Jahre her. Ich glaube, wir verstehen nichts von der Debatte in diesem Hause, Herr Kohl, wenn wir uns nicht klarmachen, daß vor 100 Jahren

    (Zuruf des Abg. Dr. Kohl [CDU/CSU])

    — doch, doch! — die Gründe für all den Kampf gelegt worden sind, der hier im Hause auch heute stattfindet. Das waren zwölf Jahre Verfolgung von Leuten, die nicht schlechtere Patrioten waren als die Ritter der Kreuzzeitung. Das waren zwölf Jahre voll Bespitzelung, voll Gefängnis, voll Ausweisung, voll Zerreißung der Familien, voll Denunziation, die Sie in ihrer Bitterkeit gar nicht verstehen können, wenn Sie nicht etwa einmal die Memoiren von Bebel gelesen haben.

    (Dr.Kohl [CDU/CSU]: Das habe ich!)

    — Gut.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das ist kein guter Vergleich mit heute!)

    — Herr Kohl, Sie sagen, das ist alles nichts.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Das hat er nun nicht gesagt!)

    — Er sagte doch soeben, das hat alles gar nichts damit zu tun, der Vergleich stimmt nicht.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das stimmt doch nicht, das habe ich doch nicht gesagt!)

    — Na gut, dann lassen Sie mich einmal Max Güde zitieren, vielleicht glauben Sie dem ein bißchen mehr als mir. Das nehme ich zu Ihren Gunsten an, da er in Ihrer Partei ist. Max Güde hat gesagt: Damals ist unser Unglück begründet worden, und das Unglück besteht in der „Linksfürchtigkeit" der bürgerlichen Politik in Deutschland.

    (Beifall bei der SPD)

    Lesen Sie einmal nach, was Max Güde dazu gesagt
    hat! Er sagte: Das, was damals passiert ist und was



    Dr. Ehmke
    danach Tradition der deutschen Rechte geblieben ist, das heißt: vorbeigegangen zu sein an 300 Jahren europäischer Geschichte. Ich sage Ihnen: Max Güde hat recht.

    (Beifall bei der SPD)