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ID0810403000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1979 (Haushaltsgesetz 1979) — Drucksache 8/2150 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1978 bis 1982 — Drucksache 8/2151 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979) — Drucksache 8/2100 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für Schwerbehinderte (Fünftes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) — Drucksache 8/2101 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes — Drucksache 8/2102 — Strauß CDU/CSU 8173 C Hoppe FDP 8190 D Schmidt, Bundeskanzler 8195 B Dr. Jenninger CDU/CSU (zur GO) . . 8214 A Porzner SPD (zur GO) 8214 B Spitzmüller FDP (zur GO) . . . . . . 8214 C Dr. Kohl CDU/CSU 8218 C Mischnick FDP 8232 A Dr. Ehmke SPD 8235 C Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 8242 B Dr. Gruhl fraktionslos 8248 D Dr. Vogel, Bundesminister BMJ 8250 D Dr. Wittmann (München) CDU/CSU . . 8254 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 8255 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 Bahr SPD 8259 C Dr. Schwarz-Schilling CDU/CSU . . . 8264 D Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 8267 B Friedrich (Würzburg) SPD 8271 D Dr. Marx CDU/CSU 8276 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 8277 B Löffler SPD 8282 D Gärtner FDP 8285 B Wohlrabe CDU/CSU 8288 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung der Antragsfrist für den Lohnsteuer-Jahresausgleich — Drucksache 8/2088 —Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelsstatistikgesetz) — Drucksache 8/2089 — Gaddum, Staatsminister des Landes Rheinland-Pfalz 8215 D Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Anderung des Investitionszulagengesetzes und anderer Gesetze — Drucksache 8/2090 — Büchler (Hof) SPD 8216 B Dr. Warnke CDU/CSU 8217 B Engelhard FDP 8218 A Nächste Sitzung 8291 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8293* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. September 1978 8173 104. Sitzung Bonn, den 21. September 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Lenz (Bergstraße) 22. 9. Luster * 22. 9. Möhring 29. 9. Müller (Mülheim) * 22. 9. Müller (Wadern) * 21. 9. Nordlohne 29. 9. Peter 22. 9. Russe 22. 9. Sauer (Salzgitter) 29. 9. Saxowski 29. 9. Schmidthuber 22. 9. Schmidt (München) ' 22. 9. Schmidt (Wattenscheid) 22. 9. Schreiber * 22. 9. Schulte (Unna) 22. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) * 22. 9. Dr. Schwörer * 22. 9. Seefeld * 22. 9. Sieglerschmidt ** 22. 9. Dr. Starke (Franken) * 22. 9. Stücklen 22. 9. Frau Dr. Walz * 22. 9. Wawrzik * 22. 9: Wissmann 22. 9. Würtz * 22. 9. Ziegler 6. 10. Zink 22. 9. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 22. 9. Dr. van Aerssen * 22. 9. Dr. Ahrens ** 22. 9. Dr. Aigner * 22. 9. Alber * 22. 9. Dr. Bangemann * 21. 9. Dr. Barzel 22. 9. Dr. Bayerl * 22. 9. Dr. Becher (Pullach) 22. 9. Blumenfeld 22. 9. Dr. Dregger 6. 10. Erhard (Bad Schwalbach) 21. 9. Dr. Eyrich 22. 9. Fellermaier * 22. 9. Dr. Fuchs * 22. 9. Haase (Fürth) 22. 9. Haberl 27. 9. Hansen 28. 9. Hoffie 21. 9. Hoffmann (Saarbrücken) * 22. 9. Ibrügger * 6. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 9. Dr. h. c. Kiesinger 22. 9. Kleinert 21. 9. Dr. Klepsch * 21. 9: Klinker * 21. 9. Dr.-Ing. Laermann 22. 9. Lange * 21. 9. Lemp * 22. 9.
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    Aber gern.


Rede von Dr. Franz Josef Strauß
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Bundeskanzler, .ist Ihnen trotz jahrelanger Bemühungen um die Materie entgangen, daß die Soziale Marktwirtschaft nicht ein von der Union erfundenes politisches Schlagwort ist, sondern ein auf Grund der langjährigen Erfahrungen der Vergangenheit von großen deutschen Wirtschaftswissenschaftlern wie Eucken, Böhm, Röpke, Müller-Armack usw. wissenschaftlich erarbeitetes, genau definiertes und von Ludwig Erhard
dann in die politische Wirklichkeit umgesetztes Ordnungssystem?

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So ist es!)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Ich glaube, daß Sie in Ihrer Frage zum Teil recht haben, Herr Strauß, aber eben nur zum Teil. Sicherlich sind in die Vorstellungen, die Alfred Müller-Armack, Ludwig Erhard und andere — auch Sie — verbreitet haben, alle möglichen Dinge eingeflossen, die zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert kommen, zum Teil von Böhm, zum Teil von Eucken und anderen. Das will ich um Gottes willen nicht leugnen; da ist übrigens Herr Biedenkopf ein besserer Fachmann als ich. Nur, das Schlagwort „Soziale Marktwirtschaft" stammt von Alfred Müller-Armack, weiland Staatssekretär bei Ludwig Erhard. Da werden Sie mir, glaube ich, nicht widersprechen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Es wurde lange vorher geprägt!)

    Ich' möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, daß selbst die CSU früher nicht auf die Idee gekommen wäre, dieses Schlagwort in die Verfassung und in den Zusammenhang der Verfassung hineinzuinterpretieren. Im Jahr 1946 beispielsweise — ich weiß wohl, daß Sie 1948 dem Grundgesetz nicht zugestimmt haben, aber für Sie ist das Grundgesetz doch genauso wie für mich selbstverständliche Grundlage Ihres staatspolitischen Denkens und Handelns — hat die CSU aufgerufen zu „angemessener Beteiligung der Arbeitnehmer am Reingewinn des Unternehmens", zur „Anerkennung des Rechts des Staates, die. Wirtschaft nach Gesichtspunkten des Gemeinwohls zu lenken", zur „Bekämpfung rücksichtslosen Eigentumserwerbs", zur „Überführung von Privat- in Gemeineigentum" — alles das wörtlich zitiert. Ich will das Ahlener Programm nicht zitieren. Alle diese damaligen Schriften waren ja doch nicht in dem. Augenblick, als das Grundgesetz in Kraft trat, nunmehr verboten. Sie sollten heute nicht so tun, als ob das Grundgesetz diesem Staate, seinen Amtsträgern, seinem Parlament, seinem Verfassungsgericht, seiner Bundesregierung die Soziale Marktwirtschaft mit Verfassungsrang vorschriebe. Dieses ist Klitterei. Das möchte ich hier feststellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben in dem Eingangsteil und später mehrere Male lange gegen die Gewerkschaften polemisiert, Herr Strauß. Ich will nicht abstreiten, daß ein Zitat, das Sie vorgelesen haben, mir auch nicht gerade sehr erfreulich vorkam. Aber die Sache wäre etwas ausgewogener, sie wäre überhaupt ausgewogener, wenn wir von der CSU jemals hören würden — auch im Parlament ausgesprochen, auch mit Zitaten —, wenn irgendwo im Unternehmeroder Arbeitgeberlager etwas faul ist. Davon habe ich kein Wort gehört, heute nicht und früher auch nicht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ihre Reden haben immer Schlagseite gegen die Gewerkschaften. Sie verkennen, daß das, was Sie preisen — Sie haben Deutschland gepriesen; das sei alles ganz gut auf Grund der großen Arbeit, die



    Bundeskanzler Schmidt
    Sie bis 1969 geleistet hätten —, daß die große Leistung — nicht nur bis 1969, sondern auch bis 1978 und auch in der Zukunft — zu einem ganz großen Teil auf eben jenem Faktor beruht, den Sie nur polemisch angreifen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich leugne nicht, daß das Parlament, daß der Bundestag, daß die Bundesregierungen im Laufe von fast 30 Jahren manches Gute und manches sehr Gute und sicherlich auch manchen Fehler zustande gebracht haben. Ich leugne nicht, daß die Unternehmensleiter von den großen Unternehmen bis hin zum Handwerker, die Ingenieure, die Organisatoren in den Unternehmen Großes zustande gebracht haben. Aber, bitte, leugnen Sie doch nicht: Unternehmer gibt es auch in anderen Ländern rundherum, und unsere sind auch nicht besser als jene.
    Der große Unterschied in der Sozialstruktur unseres Landes, verglichen mit den anderen großen Industrieländern in der Europäischen Gemeinschaft, ist die völlig andere Struktur unserer — politisch gesprochen — Einheitsgewerkschaften und ihres darauf gründenden Verantwortungsbewußtseins.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Völlig unbestritten!)

    Sie haben dazu aufgerufen, es müsse ein Klima des Vertrauens geschaffen werden, Herr Strauß; das ist ein richtiges Wort. Aber jeder Absatz, den Sie hier vorgetragen haben, war geeignet und hatte die Absicht, das Vertrauen, das andere in diesen Staat setzen, zu zerstören und zu untergraben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Man kann auch nicht im ersten Teil Ihrer Rede die wirtschaftliche und soziale Lage in Deutschland schwarz in schwarz malen und dann im zweiten Teil, wenn man sich mit dem Problem eines europäischen Währungsverbundes auseinandersetzt, plötzlich zu der Feststellung kommen: da doch die anderen schwächer sind als wir, da ihre Inflationsraten größer sind, da ihr Sozialprodukt weniger wächst, weil sie mehr Arbeitslosigkeit haben, ist es gefährlich, wenn diese Bundesregierung oder dieser Bundeskanzler diese deutsche relative ökonomische Stärke aufs Spiel setzt, um den anderen, die schwächer und langsamer sind, zu helfen. Entweder stimmt die. Behauptung im ersten Teil der Rede, daß hier zuhause alles schlecht sei, oder die Behauptung im zweiten Teil der Rede, daß es hier besser sei als anderswo, aber durch Währungsverbund gefährdet werden könnte. Ihre währungspolitische . Schlußfolgerung stimmt auf keinen Fall; auf die komme ich nachher zu sprechen. Aber man muß sich eben, wenn man den Reden des Herrn Kollegen Strauß zuhört, bemühen, die Substanz herauszubringen, die hinter den brillanten Formulierungen steckt. Die Substanz ist nämlich letzten Endes in sich nicht logisch, nicht konsistent, nicht stetig.
    Sie haben am Rande auch ein paar Bemerkungen über die Arbeitslosigkeit gemacht. Es wäre redlich, wenn Sie bei Ihrer Warnung, unsere Währung nicht mit den Währungen anderer, uns unmittelbar und eng verbundener europäischer Partner zu verkoppeln, darauf hinwiesen, daß wir in der europäischen Gemeinschaft in der Tat die größte Preisstabilität haben, und das nun schon seit vielen Jahren. Es wäre redlich, wenn Sie darauf hinwiesen, daß wir in der Europäischen Gemeinschaft mit Ausnahme des Großherzogtums Luxemburg — das räume ich ein — die geringste Arbeitslosigkeit haben. Es wäre redlich, wenn Sie darauf hinwiesen, daß wir in der Europäischen Gemeinschaft das geringste Maß sozialer Konflikte haben. Es wäre redlich, wenn Sie darauf hinwiesen, daß wir in dieser Gemeinschaft in der Tat die höchsten realen Löhne und die höchsten realen Sozialleistungen haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie haben eingeräumt, wir seien das Welthandelsland Nummer eins — oder so ähnlich. Sie hätten auch einräumen können, daß wir in Europa von den Industriestaaten wahrscheinlich dasjenige Land sind, das mit der 600- oder 700 %gen Preissteigerung beim 01 besser als die übrigen fertiggeworden ist. Sie hätten sagen können, daß es der Bundesrepublik Deutschland sehr viel besser geht als jedem anderen Land der Welt, in dem Christdemokraten regieren. Das hätten Sie sagen können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Was Sie machen, ist doch blanke Demagogie! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Statt dessen haben Sie behauptet, diese Krise gebe es in anderen Ländern der Welt nicht. Statt dessen haben Sie gesagt, die Schwierigkeiten, die wir weiß Gott einräumen, mit denen wir uns ja seit Jahr und Tag herumplagen, seien hausgemacht, seien selbstgemacht. Sie haben an Ihre Zeit als Finanzminister erinnert; sie ist jetzt ungefähr zehn Jahre her. Ich darf Sie an eines erinnern: Damals, als Sie Finanzminister waren, mußten Sie, mußte jeder von uns, der von draußen aus der Welt etwas kaufte — in Südamerika, Mittelamerika, Nordamerika, Singapur, weiß der Kuckuck —, für etwas, was einen amerikanischen Dollar kostete, 4 DM zahlen. So war es noch an idem Tag, als Sie 1969 Ihr Amt verließen. Heute zahlen wir dafür nur noch 1,98 DM. Das ist doch wohl kein Zeichen dafür, daß sich unsere Wirtschaft schlechter entwickelt hätte, sondern im Gegenteil, das ist der Maßstab, an dem Sie messen können, daß wir unsere Sache ordentlich gemacht haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie hätten sagen können, daß das 60-MillionenVolk der Deutschen im Laufe der letzten vier, fünf, sechs Jahre für jährliche Urlaubsreisen in das Ausland einen weitaus größeren Betrag ausgeben konnte als andere Völker, die über 200 Millionen, über 100 Millionen Menschen umfassen. Bei uns ist auf vielen Gebieten und in der Breite ein Wohlstand eingetreten, der einem manchmal schon, wenn man ins Ausland reist, z. B. nach Afrika oder demnächst nach Südamerika, selber Beklemmungen macht, wenn man vergleicht. Das hätten Sie ja einräumen können.
    Kein französischer Abgeordneter, kein amerikanischer Senator, kein Abgeordneter des britischen



    Bundeskanzler Schmidt
    Unterhauses würde über die wirtschaftliche Lage der Bundesrepublik Deutschland so reden wie der Abgeordnete Strauß aus Bayern.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nachdem Sie alles schwarzgemalt hatten, sagten Sie dann: Daran hat der Kollege Willy Brandt mit seinem Willen zur Demokratie und mit seinem Willen zur Reform schuld. Ärger und schlimmer kann man die Wirklichkeit nicht verfälschen, Herr Strauß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dann fügen Sie noch hinzu, man glaube dem Staate nicht. Das ist ja nicht wahr. Es gibt ein Glaubwürdigkeitsproblem für politische Parteien — das ist eher wahr —,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Denken Sie an die Rentner!)

    es gibt insbesondere ein Glaubwürdigkeitsproblem für den Abgeordneten Franz Josef Strauß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie haben die Rentner betrogen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Wenn Sie sich bei dieser Gelegenheit über das Bundesland Hessen lustig gemacht haben, dann sollte der zukünftige Ministerpräsident des Freistaates Bayern zur Kenntnis nehmen, daß die Wirtschaft in Hessen seit Jahr und Tag so gut strukturiert und in Ordnung gebracht worden ist, daß das Land Bayern Jahr für Jahr finanzielle Zuschüsse aus dem Land Hessen bekommt. Sie könnten in München kein Weihnachtsgeld an Ihre Beamten auszahlen, wenn Ihnen die Hessen keine Zuschüsse gäben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen und Zurufe von der CDU/ CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das ist doch barer Unsinn, was Sie da sagen! Lesen Sie doch einmal den Länderfinanzausgleich!)

    — Der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz glaubt es nicht. Ich will ihm die Zahlen vorlesen.

    (Franke [CDU/CSU] : Der Weltökonom, der die Rentendaten nicht lesen kann!)

    — Ich merke, daß Ihnen die Zahlen unangenehm sind. Sie haben lieber den Qualm, den der CSU-
    — Vorsitzende hier verbreitet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im Laufe dieses Jahrzehnts hat das Land Hessen an das Land Rheinland-Pfalz im Wege des Finanzausgleichs 1,145 Milliarden DM gezahlt, an den Freistaat Bayern 1,12 Milliarden DM, einen noch höheren Betrag an Niedersachsen, Beträge an Schleswig-Holstein und an andere. Hören Sie doch auf, Hessen lächerlich zu machen. Das ist doch eine Leistung, an der Sie sich messen können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Erneuter Zuruf des Abg. Franke [CDU/CSU])

    Der Abgeordnete Strauß hat versucht, die Treffen der Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft
    und der größten Industriestaaten auf deutschem Boden in das Lächerliche des Schaugeschäfts zu ziehen. Ich muß Ihnen sagen, diesen Teil der Rede über diese beiden Treffen hätten Sie im englischen Unterhaus oder im amerikanischen Senat oder in der französischen Kammer nicht zu halten gewagt. Das können Sie nur vor der Kulisse Ihrer Claque.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Reddemann [CDU/CSU] : Sie scheinen den Ton in europäischen Parlamenten nicht zu kennen!)

    Ich habe neulich gelesen, was Herr Biedenkopf von dieser Art von Reden öffentlich gesagt hat. Er hat gesagt, sie spielten international nur eine Randrolle oder sie fänden international nicht statt. Später ist das teilweise abgeschwächt worden. Es war von vornherein etwas vornehmer formuliert als der Selbstvorwurf der sogenannten Schlafwagenfahrerei, den ein relativ junges, dafür aber durchaus geltungsbedürftiges Mitglied Ihrer Fraktion vorher erhoben hatte.

    (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

    In Wirklichkeit ist es doch so: Es ist für eine Oppositionspartei schwierig, in die Zeitungen zu kommen, wenn die Regierungen handeln und die anderen Sommerferien haben. Das wird aber mit einer solchen Rede wie der heutigen auch nicht wettgemacht.
    Sie werden anerkennen müssen, daß sich die Regierungen Europas, die Regierungen der Welt wegen der wirtschaftlichen Probleme getroffen haben, weil sie alle davon betroffen sind, nicht etwa nur wir.

    (Franke [CDU/CSU] : Der Weltökonom, der die Rentendaten nicht lesen kann! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    — Herr Franke, nicht jeder Zwischenruf verdient eine Antwort. Eine gewisse Schwelle des Niveaus müßte erreicht sein.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich darf Sie vielleicht daran erinnern, daß in den langen Monaten seit Beginn des Jahres in der Weltpresse, wie Herr Strauß es nennt — er zitiert dann drei Zeitungen, es stand aber in sehr viel mehr Zeitungen als denen, die er zitiert hat —, draußen die Forderung erhoben wurde, und zwar nicht nur von Zeitungen, sondern von Regierungen — in den Zeitungen hat es sich nur widergespiegelt —, daß wir, die Deutschen, zusammen mit den Japanern als die Lokomotive die Welt aus ihrer wirtschaftlichen Krise herausziehen sollten. Wir haben darauf geantwortet: „So stark sind wir nicht, das können wir nicht." Sie können doch aber . nicht leugnen, Herr Strauß, daß die ganze Welt draußen meinte, wir seien so stark, daß wir sogar auch das noch könnten. Uns wurde durch das Ausland die Forderung gestellt, in hohem Maße durch hohe zusätzliche Verschuldung unseres Gesamtstaats für zusätzliche Nachfrage in Deutschland zu sorgen, damit durch diese zusätzliche Binnennachfrage in Deutschland ein Importsog nach Deutsch-



    Bundeskanzler Schmidt
    land hinein geschaffen werde und auf diese Weise Beschäftigung in den übrigen Ländern, die nach Deutschland exportieren, entstehen sollte. Das ist die Wahrheit über die Geschichte der ersten Hälfte des Jahres 1978, was die Wirtschaft angeht. Wir haben dieses Ansinnen, gemeinsam mit den Japanern Weltwirtschaftslokomotive zu sein, für eine gröbliche Überschätzung unserer eigenen wirtschaftlichen Leistungskraft gehalten. Wir haben das zurückgewiesen.
    Aber da wir nicht — anders als mancher Redner hier es glauben mag — mit dem Kopf durch die Wand können, da wir wissen, daß in der Weltwirtschaft genauso wie in der Weltpolitik nur dann etwas zustande kommt, wenn man auf die Forderungen der anderen hört, wenn die anderen auf die eigenen Forderungen hören, daß nur dann etwas zustande kommt, wenn jeder auf den anderen hört, wenn jeder dem anderen entgegenkommt, daß nur anf dem Wege des Ausgleichs und des Kompromisses etwas zustande kommt, haben wir vor diesem Bonner Treffen gesagt: Wenn auf dem sogenannten Gipfeltreffen ein Paket ökonomisch vernünftiger, notwendiger Maßnahmen zustande käme — ich darf mich einmal selbst zitieren: dazu gehören, so habe ich im Juni gesagt, sicherlich eine Dämpfung der amerikanischen Ölimporte, eine Senkung des Defizits in der amerikanischen Leistungsbilanz, Maßnahmen zur Stabilisierung der Weltwährungsbeziehungen, Maßnahmen zur Abwehr des Protektionismus —, dann würden auch wir uns gegenüber den Forderungen der anderen nicht versagen. Die Forderungen der anderen waren, wie gesagt: die Bundesrepublik Deutschland möge ihre staatlichen Organismen stärker verschulden als bisher, auf diese Weise mehr Nachfrage im Innern des Landes schaffen, weil das durch den Importsog den anderen draußen nützen würde. Das haben Sie vielfältig gelesen. Nur, Sie haben es hier nicht vorgetragen. Deswegen mußte ich es nachtragen.
    Wir haben nun allerdings einen großen Teil unserer Forderungen an unsere Partner in den Verhandlungen durchsetzen können. Infolgedessen müssen auch wir bereit sein, einen Teil dessen, was von uns gefordert wurde, zu verwirklichen. Wir haben uns damit beeilt. Wir haben uns noch im selben Monat, in dem die beiden Treffen stattgefunden haben, drei Tage lang hingesetzt, gearbeitet und die Vorschläge erarbeitet, die seit gestern, durch Bundesfinanzminister Matthöfer und durch die Fraktionen eingebracht, auf dem Tisch liegen.
    Wir hatten uns auf dem Gipfeltreffen gegenseitig gesagt — so Jimmy Carter, so Herr Fukuda, so der deutsche Bundeskanzler —: Wir wollen jetzt versuchen, jeder seinen Teil zu Hause durchzusetzen. Aber wir sind parlamentarische Demokratien, wir hängen ab von unseren Parlamenten, wir hängen 'ab vom Deutschen Bundestag und leider auch vom Bundesrat, genauer gesagt: leider von dessen Mehrheit. Jimmy Carter hängt leider davon ab, daß bisher im amerikanischen Parlament noch kein Beschluß zustande gebracht worden ist, der wirklich die phantastischen Ölimporte und damit die defizitäre Situa-
    tion der amerikanischen Zahlungsbilanz beschneidet und zurückführt. Es ist nicht so, daß die Regierungen allein verantwortlich wären; die Parlamente werden auch gebraucht.
    Dieses Parlament hat am ersten Tag nach seiner Rückkehr aus dem Sommerurlaub die Möglichkeit, aber auch die Verpflichtung, sich mit der Verwirklichung dessen zu beschäftigen, was die deutsche Bundesregierung im give and take, im Nehmen und Geben, mit anderen Regierungen der Welt für möglich gehalten hat und wofür einzusetzen sie sich verpflichtet hat.
    Wenn ich am Rande eine Bemerkung in Richtung auf die Bundesratsbank machen darf, was den Herrn Stoltenberg angeht: Auch ihm wäre ein Studium des Grundgesetzes und der deutschen Parlamentsgeschichte anzuempfehlen, wenn er bemängelt, es sei ein Verstoß gegen das Grundgesetz, daß zwei Bundestagsfraktionen hier ein Paket von Gesetzen einbringen. Ich will Sie einmal darauf hinweisen: Wir haben doch schon erlebt, daß Bundesländer ganze Gesetze aus den Schreibstuben und den Referentenschreibtischen der Bundesregierung abgeschrieben und als eigene eingebracht haben nach dem Motto: Plagiare necesse est. Aber auch das ist verfassungsrechtlich zulässig.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir haben die Zusage des amerikanischen Präsidenten für den Bereich der Stabilitäts- und Energiepolitik erreicht, daß sie Grundlagen für mehr Stabilität in den internationalen Währungsbeziehungen schaffen wollen. Von gleicher Bedeutung ist für uns eine Erklärung im Detail, was die Rückführung der Quantitäten arabischen Erdöls angeht, die jeden Tag in die Vereinigten Staaten von Amerika eingeführt werden, was die Entwicklung der inneramerikanischen Ölpreise angeht, die, weil sie künstlich niedrig gehalten werden, einen viel zu hohen Verbrauch anreizen. Ebenso ist für uns die Erklärung von Jimmy Carter und Pierre Trudeau von Bedeutung, im Rahmen wirksamer Sicherungsmaßnahmen weiterhin zuverlässige Lieferanten von Kernbrennstoffen für Italien, Japan sowie Frankreich und uns, die wir darauf angewiesen sind, sein zu wollen. Es gibt seitdem im Ablauf, im Vollzug der Verträge, die wir geschlossen haben, in der Tat keine Störungen mehr.
    Wir haben eine gemeinsame Absage an den Handelsprotektionismus und den erklärten Willen der Konferenzteilnehmer erreicht, die GATT-Verhandlungen bis zum Jahresende abzuschließen. Auch letzteres ist für uns von ganz großer Bedeutung, für ein Land, das fast 30 % seiner Produkte und Dienstleistungen für den Weltmarkt, für ausländische Märkte produziert, dessen Beschäftigung zu mehr als einem Viertel davon abhängt, daß wir unsere Produkte und Dienstleistungen im Ausland auch wirklich verkaufen können und nicht nur verkaufen, sondern mit Gewinn verkaufen können.
    Ich hatte gute Gründe, mich vor diesem Treffen zu einer Steuerdiskussion, die damals in Gang gekommen war, nicht im Vorwege zu äußern, und zwar deshalb, weil ich für meine Person entschlos-



    Bundeskanzler Schmidt
    sen war, deutsche Zugeständnisse nur dann zu machen, wenn auch andere Staaten die von uns für notwendig gehaltenen Zugeständnisse machen würden, und weil ich es für bedenklich gehalten habe, daß ein Teil der öffentlichen ,Diskutierer deutsche Zugeständnisse an die Adresse von Verhandlungspartnern bereits vorweg servierte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir haben auf diesem Treffen gleichzeitig sehr deutlich gemacht, daß die Ergiebigkeit der deutschen Sparrate oder die Ergiebigkeit der deutschen Kapitalmärkte — das ist mit einem anderen Ausdruck dasselbe — nicht unbegrenzt ist, daß wir nicht ein Land sind, das sich irgendwo auf den Euromärkten Anleihen für seine öffentlichen Haushalte holen darf — verfassungsrechtlich dürfen wir das natürlich, aber aus unserer Verantwortung für den Gesamtzusammenhang der Wirtschaft der Welt dürfen wir das nicht —, daß wir uns also hinsichtlich der Ausweitung unserer Kreditaufnahmen nach der voraussichtlichen Absorptionsfähigkeit unseres eigenen Kapitalmarktes richten müssen. Wir haben — das ganze Kabinett und eine große Zahl von Abgeordneten der beiden Koalitionsfraktionen — darüber dann anschließend mit der Bundesbank hin und her analysiert, durchüberlegt und geprüft. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen - an Hand der Erfahrungen, die wir in den Jahren 1977 und 1978 gemacht haben, auch an Hand der Erfahrungen, die wir mit einigen Ländern und Gemeinden gemacht haben, die ihrerseits ihre beabsichtigten Investitionen nicht wirklich alle vorgenommen und infolgedessen auch ihre beabsichtigten Kreditaufnahmen nicht tatsächlich ausgeführt haben —, daß die von Herrn Matthöfer Ihnen gestern vorgetragenen Zahlen innerhalb der Grenzen liegen, die der Kapitalmarkt verdauen kann.
    Wir haben — Herr Strauß hat das gelobt — auf zusätzliche Staatsausgaben, die in den Baumarkt fließen würden, verzichtet, weil im Baumarkt kaum noch Kapazitäten frei sind — dort gibt es mehr offene Stellen als Arbeitskräfteangebot — und weil das im Baumarkt nur zu einer Preissteigerung geführt haben würde, die wir nicht gebrauchen können.
    Einschließlich und bei Einrechnung der vorgesehenen Mehrwertsteuererhöhung ab nächsten Sommer sind es insgesamt bedeutende Entlastungen für den Steuerzahler, die hier herauskommen. Dabei wird durch die Beseitigung der „Eigernordwand", wie mein Freund Wehner es genannt hat, durch die Beseitigung des Sprunges aus der Zone proportionaler Lohnbesteuerung oder Einkommensbesteuerung in die Progression, in die steil ansteigende zunehmende Besteuerung,

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wer hat den Sprung geschaffen?)

    wird ein Element des Steuertarifs beseitigt, das von Jahr zu Jahr mehr Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen getroffen und mit Recht verdrossen hat. Flankierend wird der Grundbetrag noch einmal angehoben. Ich wiederhole das hier, weil, wenn man der Rede des Abgeordneten Strauß zugehört hat, der Eindruck entstehen mußte, dies sei alles gar
    nichts in Wirklichkeit. Es ist aber eine gewaltige Veränderung der deutschen steuertariflichen Landschaft!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Weil man sonst den Eindruck gewinnen könnte, als sei es nichts, daß ab 1. Januar 1979 das Kindergeld für dritte, vierte und fünfte Kinder auf fast 200 DM monatlich netto angehoben wird. Ich hätte es nur gern, wenn die klugen Herren Finanzminister der Länder es uns damals ermöglicht hätten, das Kindergeld von der Steuerschuld abzuziehen und auf dem Lohnstreifen in Erscheinung treten zu lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Aus der Rede des Abgeordneten Strauß müßte weiter der Eindruck entstehen, als sei es nichts, daß hier mit staatlicher Finanzierung der Mutterschaftsurlaub um vier weitere auf insgesamt sechs Monate ausgedehnt wird, und als sei die Absenkung der Altersgrenze für Schwerbehinderte nicht Ihrer Rede wert, Herr Abgeordneter Strauß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Katzer [CDU/CSU] : Sie haben es vor einem halben Jahr noch abgelehnt! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wir haben das beantragt, und Sie haben es abgelehnt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Es entstand der Eindruck, als sei es Ihrer Rede nicht wert — Sie haben über anderthalb Stunden gesprochen —, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir durch die Übernahme in den Bundeshaushalt z. B. vermeiden, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erhöhen, was wir angesichts der Finanzlage dort eigentlich müßten.
    Dann kommt das Thema Gewerbeertragsteuer und das Thema Lohnsummensteuer. Das ist das einzige, was Sie aus dem ganzen Paket herausgegriffen und worüber Sie geredet haben.

    (Katzer [CDU/CSU] : Die Mehrwertsteuer!)

    Bei Ihrer Abschaffung aller Gewerbesteuerarten — ich will hier nicht verfassungsrechtlich argumentieren — müssen Sie sehen: Wenn Sie die Gemeinden und die Städte nur an den großen Gemeinschaftssteuern originär beteiligen und sie nur daraus alimentieren — das wäre durchaus denkbar, und darüber könnte man, mit mir jedenfalls, durchaus reden, und wir müssen ja jedenfalls teilweise in die Richtung gehen, wenn wir einen Ausgleich für die Abschaffung der Lohnsummensteuer schaffen wollen —, dann würden sich in den Gemeinden auf die Dauer diejenigen durchsetzen, die sagen: Die Fabrik will ich nicht in meiner Gemeinde, die stinkt. Oder: Jenes Unternehmen will ich nicht in meiner Gemeinde, das macht Krach. Das dritte Unternehmen will ich bei mir nicht haben, da es dann notwendig wird, Parkplätze anzulegen und möglicherweise eine zusätzliche Schule einzurichten. Das soll jemand anders machen! Es muß bei dieser Tendenz, bei dieser Übertreibung, am liebsten nur noch Lebensqualität und überhaupt keine Industrie mehr haben zu wollen, ein echtes Eigeninteresse der Gemeinde, nämlich über die Gewerbesteuer, an der Ansiedlung leistungsfähiger Betriebe erhalten bleiben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Bundeskanzler Schmidt
    Wir sehen im übrigen, daß die ökonomischen Maßnahmen des letzten Jahres nun in diesem Jahre 1978, schon ehe die heute debattierten Gesetzentwürfe in Geltung sind — sie werden erst am 1. Januar 1979 in Geltung sein —, das konjunkturelle Klima positiv beeinflussen. Die Bundesbank hat es in ihrem letzten Monatsbericht gesagt; die Arbeitslosigkeitsziffern, etwa des Monats September, werden es erneut zeigen.
    Aber ich denke, Sie können mit dem verbalen Trick, den Sie vorgetragen haben, nicht aus dem von Ihnen selbst geschilderten Dilemma heraus, Herr Strauß, daß Sie in ein und derselben Fraktion, in ein und derselben Rede gleichzeitig fordern, die Steuern sollten noch mehr gesenkt werden und der Staat solle sich zugleich weniger verschulden, als wir es tun. Das ist doch unsinnig.

    (Beifall bei der SPD)

    Mit dem stärksten rhetorischen Feuerwerk können Sie es nicht übertönen, daß hier ein Bruch in der Logik ist, der eines ehemaligen und damals nicht schlechten Finanzministers wirklich nicht würdig ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich gehe davon aus, daß dieses ganze Paket mit einigen Änderungen hier oder da, wie es dem Bundestag und dem Bundesrat ja auch angemessen ist, alles sorgfältig zu prüfen und zu verbessern, rechtzeitig zum 1. Januar im Gesetzblatt steht.
    Ich möchte eine Bemerkung außenpolitischer Art machen dürfen, Herr Strauß hat sich der Außenpolitik ja genähert. Ich komme damit auf ein anderes Kapitel.

    (Dr. Zimmermann [CDU/CSU]: Die Mehrwertsteuer!)

    — Die Mehrwertsteuer hatte ich erwähnt, Herr Kollege Zimmermann, und habe gesagt: eingerechnet die Erhöhung der Mehrwertsteuer vom 1. Juli nächsten Jahres an.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Dadurch machen wir keinen Strich. Wenn Sie glauben da einen Strich durchmachen zu können, Herr Kollege, dann irren Sie sich, was die Entschlossenheit dieser Bundesregierung angeht.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie können doch nicht auf der einen Seite so tun, wie gerade Sie, Herr Katzer, es tun, als ob wir Leute wären, die allen von jedem das Beste versprechen und es nicht halten können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Genau das tun Sie! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/CSU)

    Andererseits müssen wir darauf aufmerksam machen, daß es sich der Staat nicht leisten kann, den Kapitalmarkt um 40 oder 45 Milliarden DM für den Bund oder um 65 oder 70 Milliarden DM für den Gesamtstaat in Anspruch zu nehmen, daß er infolgedessen an einer anderen Stelle in der Tat für einen kleinen teilweisen Ausgleich durch mehr Steuereinnahmen sorgen muß.
    Ich bin im übrigen erstaunt, daß Herr Strauß das, was er im Laufe des Sommers in Interviews über seine Bereitschaft zur Erhöhung der Mehrwertsteuer gesagt hat, hier heute nicht. wiederholt hat.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Wären Sie gestern in der Debatte gewesen, hätten Sie das gehört!)

    — Ich setze mich ja mit Herrn Strauß auseinander und nicht mit seinen Stellvertretern. Er ist für mich hier einstweilen immer noch wichtiger.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Ein erbärmlicher Stil! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU!)

    Ich möchte eine Bemerkung zur Außenpolitik machen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Was mögen Ihre eigenen Freunde nach dieser Einlassung über Sie denken! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung und die ganze Bundesrepublik haben ebenso wie ihre europäischen Partner ein vitales eigenes Interesse an einer gerechten und dauerhaften Lösung des Nahostkonflikts. Wir haben daher gemeinsam mit den übrigen Regierungen der Europäischen Gemeinschaft den Prozeß der Friedenssuche im Nahen Osten begrüßt, der mit der in die Geschichte eingehenden Reise Sadats nach Jerusalem und seiner Begegnung mit Begin vor einem Jahr eingeleitet worden ist. Das entscheidende Ergebnis der fast zweiwöchigen Verhandlungen in Camp David liegt darin, daß dieser Prozeß, der damals in Jerusalem eingeleitet wurde, weitergehen kann.
    Die neun Außenminister der Europäischen Gemeinschaft haben vorgestern Präsident Carter zu dem Mut, mit dem er dieses Treffen in die Wege geleitet hat, und dazu beglückwünscht, daß er es zu einem erfolgreichen Ende gebracht hat. Wir haben Präsident Sadat und Premierminister Begin unsere Anerkennung für ihre großen Anstrengungen zum Ausdruck gebracht. Ich möchte diese Glückwünsche und diese Anerkennung, für die Bundesregierung sprechend, hier ausdrücklich öffentlich wiederholen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir hoffen, gemeinsam mit unseren europäischen Partnern, daß auch die übrigen Konfliktparteien in der Region dort imstande sein werden, sich an dem Verhandlungsprozeß zu beteiligen, damit eine umfassende Friedensregelung erreicht werden kann. Wir unterstützen die gegenwärtigen Bemühungen der amerikanischen Regierung, in direkten Gesprächen zu erreichen, daß sich auch jene arabischen Regierungen, die in Camp David nicht vertreten waren, an den Verhandlungen beteiligen können. Wir stellen auf der Grundlage der Erklärung des Europäischen Rats vom Juni des vorigen Sommers unsere guten Beziehungen zu allen Parteien des Nahostkonflikts in den Dienst der Friedensbemühungen. Dazu gehört offenkundig die Wiederherstellung der Einheit des arabischen Lagers, dazu gehört die Verpflichtung der Konfliktparteien, auch für das Westjordanland und für Gaza eine den Ent-



    Bundeskanzler Schmidt
    schließungen 242 und 338 entsprechende Lösung zu vereinbaren. Wir werden uns ebenso wie unsere europäischen Partner an den jetzt notwendigen internationalen Erörterungen beteiligen und unsere guten Beziehungen zu allen Parteien des Konflikts und zu anderen Staaten der nahöstlichen Region in den Dienst der Suche nach einer Friedensregelung stellen.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang die intensiven Konsultationen mit der Regierung Saudi-Arabiens hervorheben. Wir hatten in diesem Sommer Gelegenheit, mit Kronprinz Fand und seitdem noch zweimal mit dem saudiarabischen Außenminister zu sprechen. Diese Gespräche haben den Eindruck bestätigt, daß Saudi-Arabien nicht nur eine wichtige, sondern auch eine überaus verantwortungsbewußte Rolle im Nahen Osten spielt.
    Wir sehen in diesem Rahmen auch den Staatsbesuch des syrischen Präsidenten Hafes el Assad, der vom 11. bis 15. dieses Monats unser Gast gewesen ist. Die Gelegenheit, in ausführlichen Gesprächen mit Assad, seinem Außenminister Chad-dam und anderen begleitenden Ministern gegenseitige Positionen besser kennenzulernen und auch einige wichtige Klarstellungen zur syrischen Politik zu erhalten, war uns um so wichtiger, als eine dauerhafte und umfassende Lösung des Nahostkonflikts ohne syrische Beteiligung nicht vorstellbar erscheint.
    Bedeutsam war die öffentliche Bestätigung, daß auch Syrien weiterhin — wie schon bisher — eine auf den Sicherheitsratsresolutionen 338 und 242 aufbauende Verhandlungslösung anstrebt. Wichtig ist auch die positive Würdigung der gemeinsamen europäischen Nahostpolitik durch Präsident Assad, die ja auch das Recht Israels anerkennt, im Frieden innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen zu leben. Ich hoffe, daß unsere positive Einschätzung der Sadat-Initiative und des Camp-David-Treffens ihren Eindruck auf unsere syrischen Gesprächspartner gemacht hat.
    Wir haben uns in den Gesprächen für eine rasche politische Lösung des Konflikts im Libanon eingesetzt und unsere Besorgnis über das andauernde Blutvergießen deutlich zum Ausdruck gebracht. Syrien hat uns bei jener Gelegenheit die öffentliche Zusicherung gegeben, daß es keineswegs eine Annexion des Libanon beabsichtige und daß die syrischen Truppen zurückgezogen werden, sobald die libanesische Regierung es verlangt. Das Ziel syrischer Politik sei unverändert die Bewahrung der Einheit, der Souveränität und der Unabhängigkeit des Libanon.
    Ich dachte, ich sei es dem Bundestag schuldig, auch bei aller Polemik der Auseinandersetzung zu diesem weltpolitisch höchst wichtigen Punkte diese Bemerkung von Amts wegen hier einzuführen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Auf andere Felder der Außenpolitik übergehend, will ich nur mit einem Wort sagen, daß in der Deutschlandpolitik die gegenwärtigen Verhandlungen mit der DDR, wie mir scheint, einerseits sehr schwierig sind, wie fast alles Schwierig ist, was wir
    mit unseren deutschen Nachbarn gemeinsam zustande zu bringen haben, und im Endergebnis auch Geld kosten werden. Andererseits glaube ich absehen zu können, daß sie im Laufe dieses Herbstes zu einem positiven Ergebnis gebracht werden können. Es gibt vieles im Verhältnis zur Deutschen Demokratischen Republik, was uns stört, und sicherlich auch vieles, was die Leute drüben stört. Es gibt vieles tief drinnen, über das man nicht jeden Tag reden muß. Es gibt aber eben auch die Möglichkeit — und wir nutzen sie —, das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten hier in der Mitte Europas gelassener werden zu lassen, als es das in den letzten Jahren war.

    (Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Das ist ja wie im Theater!)

    — Ich verstehe die Zwischenrufe nicht.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Es spricht nicht für Gelassenheit, wenn Sie so schreien!)

    — Ich gebe Ihnen recht. Ich habe das Wort deswegen so betont, weil mir die aufgeregten provinzialistischen Redensarten und Schreibereien Sorgen machen, die ich aus Ihrer Feder immer wieder lesen muß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn die Bundesregierung gegenüber Nachbarstaaten nur 10 °/o der Sprache benutzen würde, wie sie z. B. heute von Herrn Strauß gegenüber Nachbarstaaten benutzt worden ist, würde ich glauben, Herr Strauß, daß Sie mich in Zukunft nicht mehr als Feldwebel, sondern als Stabsfeldwebel abqualifizieren würden.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Als Oberstabsfeldwebel! — Zuruf des Abg. Reddemann [CDU/CSU] — Dr. Riedl [München]: Besser als Oberlehrer!)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Wort über die andauernden SALT-Verhandlungen sagen, die sich nach meinem Urteil gegenwärtig in der Schlußphase befinden. Wir müssen nicht wiederholen, daß wir einen erfolgreichen Abschluß dieser SALT-2-Verhandlungen wünschen, weil wir ihn als ein wesentliches Element des Entspannungsprozesses ansehen.
    Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das Problem der sogenannten Grauzonenwaffen gefunden. Diese nuklearen Waffen mittlerer Reichweiten — Raketen, Flugzeuge — haben für uns Europäer strategische Bedeutung, auch wenn sie nicht über den Pol herüberreichen. Sie haben in .Europa dieselbe Zerstörungswirkung wie interkontinentale Raketen für die beiden Weltmächte. Wir haben ein starkes Interesse — das sage ich im Zusammenhang mit SALT 2 — daran, daß das Ungleichgewichtigkeitsproblem auf dem Feld dieser Zerstörungswaffen mittlerer Reichweite erkannt und gelöst werde. Wir haben ein dringendes Interesse an
    seiner Erörterung.
    Ich darf allerdings auch sagen, daß meine in diesem Feld wiederholt geäußerten Besorgnisse auf



    Bundeskanzler Schmidt
    Verständnis gestoßen sind, sowohl in den Gesprächen mit dem amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter hier in Bonn und schon ein Jahr vorher in Washington, zu denen sich nun intensive gemeinsame Erörterungen auch mit anderen Verbündeten über diese Fragen ergeben haben, als auch gelegentlich des Besuchs des sowjetischen Generalsekretärs Breschnew im Mai dieses Jahres hier in Bonn, der damals ausdrücklich erklärt hat, daß bei Rüstungskontrollgesprächen zwischen Ost und West kein Bereich ausgeklammert werden soll.
    Die Entwicklung der MBFR-Verhandlungen in diesem Jahr erlaubt die Bewertung, daß die Verhandlungen vorankommen, daß sie in diesem Jahr schon vorangekommen sind und daß sie weiter vorankommen können.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Können!)

    Im April hat das westliche Bündnis unter initiativer Beteiligung unseres Landes die Verhandlungsinitiative ergriffen. Beim Besuch des Generalsekretärs Breschnew im Mai konnte ein wichtiges Element des Sicherheitsbegriffs mit der Sowjetunion einvernehmlich geklärt werden.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Verbal, nur verbal!)

    Anfang Juni hat dann der Warschauer Pakt in Wien neue Vorschläge auf den Tisch gelegt, die sich dem konzeptionellen Rahmen der westlichen Vorstellungen annähern.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Verbal!)

    Die andere Seite hat verstanden, welche sicherheitspolitische Bedeutung die von uns vertretenen Prinzipien der Parität und der Kollektivität haben. Es gilt jetzt, diese Grundsätze in ein konkretes Verhandlungsergebnis umzusetzen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: So ist es!)

    — Ich freue mich über Ihre Zustimmung. Man muß mit gesprochenen Worten anfangen, wenn man mit geschriebenen und verbrieften Worten enden will, Herr Kollege.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Worte dürfen nicht täuschen, Herr Bundeskanzler!)

    Ich habe keinen Zweifel, daß das nach wie vor nicht einfach sein wird. Wir bereiten uns jetzt darauf vor, den sich hier abzeichnenden Verhandlungsspielraum zu nutzen, um Punkt für Punkt alle offenen Fragen zu erörtern. Bei unseren Partnern in Brüssel zeichnet sich ein breiter Konsens zur Bewertung der Verhandlungslage und zum weiteren Vorgehen ab. Ich fühle mich in meiner persönlichen Vorstellung bestätigt, daß auf diesem sicher sehr schwierigen Gebiet auch in diesem Herbst und im Winter Verhandlungsfortschritte möglich sind. Ich füge hinzu: Solche Fortschritte im Rüstungskontrollbereich sind allerdings ein unverzichtbares Element für die Fortsetzung des Entspannungsprozesses.
    Ich will in diesem Zusammenhang eines offen sagen. Es ist das gute Recht von jedermann, außenpolitische, sicherheitspolitische, verteidigungspolitische, rüstungskontrollpolitische, allianzpolitische Vorstellungen öffentlich kontrovers vorzutragen. Aber ich kann dem Abgeordneten Zimmermann nicht folgen, der jüngst — ich habe es gestern abend gelesen, Herr Zimmermann — in einem längeren Aufsatz, gegen den ich sonst nicht polemisieren will — ich will auch nicht gegen diesen einen Satz polemisieren —, geschrieben hat:
    Die derzeitige Bundesregierung ist nicht willens oder nicht in der Lage, die -gemeinsamen Interessen, die uns mit der chinesischen Volksrepublik verbinden, für unsere Sicherheit auszunutzen.

    (Lachen bei der SPD)

    Ich halte das, abgesehen davon, daß ich Ihnen nicht übelnehme, daß Sie sich in einem Zeitungsaufsatz kurzfassen und nicht sehr differenziert ausdrücken, für eine gefährliche, kurzschlüssige Logik, die in diesem Satz steckt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Jedenfalls sollte dieses Haus wissen: Das Atlantische Bündnis ist nicht der Meinung, daß die Sicherheit der im Atlantischen Bündnis vereinigten Partner unter Ausnutzung gemeinsamer Interessen mit der Finniandisierung Europas
    kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es ist Ihr Recht, Herr Abgeordneter, so zu schreiben. Ich halte Sie deswegen nicht für jemanden, der, wie Herr Strauß es über Herrn Bahr gesagt hat, des politischen Verrats verdächtig ist.

    (Wehner [SPD]: Hört! Hört!)

    Ich halte es nicht für gerechtfertigt, Sie so zu beschuldigen. Ich sage nur ganz schlicht: Ich halte dies für falsch, und ich bin froh darüber, daß das Bündnis diese Ihre Ansicht nicht teilt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es tut mir leid, daß der Abgeordnete Strauß im Zusammenhang mit den Themen der Sicherheit Europas und der Sicherheit der westlichen Welt abermals das Herrn Brzezinski zugeschriebene Stichwort von der Finniandisierung Europas

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Selbstfinnlandisierung!)

    — Selbstfinnlandisierung — gebraucht hat. Ich wiederhole, was ich schon einmal gesagt habe: Ich finde, wer immer das Wort in den Mund nimmt — das schließt amerikanische Partner ein, die es vielleicht, ich weiß es nicht, in den Mund genommen haben sollten —, der beleidigt das finnische Volk, das in einer schwierigen Lage das Beste aus seiner Lage macht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Hier wird einem Volk und einem Staat, für dessen Leistung ich große Hochachtung empfinde,

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wir alle empfinden sol)




    Bundeskanzler Schmidt
    auch für dessen diplomatische Leistung ungeachtet schwieriger innenpolitischer Verhältnisse, einem Nachbarstaat, mit dem wir befreundet sind, bitteres Unrecht angetan mit dem dauernden Gebrauch dieser Vokabel.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)