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ID0806915600

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    Vokabeln: 7
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    6. Bundesminister: 1
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    Plenarprotokoll 8/69 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 69. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 5395 A Pairing-Vereinbarungen . . . 5395 B, 5493 B Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . 5395 A Erweiterung der Tagesordnung 5452 C Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/1371 — Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU . . . . . . . 5395 D Grobecker SPD 5399 C Katzer CDU/CSU 5403 A Rappe (Hildesheim) SPD . . . . . . 5410 A Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 5415 C Kraus CDU/CSU . . . . . . . . . 5420 A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 5423 A Franke CDU/CSU 5427 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/1375 — Glos CDU/CSU 5429 B Frau Simonis SPD 5433 A Eimer (Fürth) FDP 5435 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 5437 B Hauck SPD 5441 A Frau Funcke FDP 5443 C Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU 5445 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 5447 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/1374 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 5458 B Blank SPD 5461 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU 5463 D Möllemann FDP . . . . . . . . 5467 A Leber, Bundesminister BMVg 5471 C Dr. Kohl CDU/CSU 5481 D Wehner SPD 5485 C Mischnick FDP 5488 A Schmidt, Bundeskanzler 5489 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 5493 C Vizepräsident Frau Funcke 5489 D Namentliche Abstimmung . . . 5495 A, 5501 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/1379 — Dr. Schneider CDU/CSU 5497 B Stöckl SPD 5498 C Gattermann FDP 5499 C Ravens, Bundesminister BMBau 5500 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/1381 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5501 D Dr. Dübber SPD 5503 A Dr.-Ing. Laermann FDP 5504 A Matthöfer, Bundesminister BMFT . . . 5505 A Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/1382 — Westphal SPD 5507 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5508 C Rohde, Bundesminister BMBW . . . . 5509 D Haushaltsgesetz 1978 — Drucksachen 8/1388, 8/1426 — Gerster .(Mainz) CDU/CSU . . . . . . 5511 B Löffler SPD 5512 B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 8/1470 — Röhner CDU/CSU . . . . . . . . . . 5452 D Becker (Nienberge) SPD . . . . . . 5455 A Engelhard FDP 5456 D Nächste Sitzung 5512 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5513* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 5395 69. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens *' 26. 1. Dr. Fuchs * 26. 1. Dr. Geßner ** 26. 1. Dr. Gruhl 26. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Hoppe 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Klinker * 26. 1. Dr. Kraske 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lampersbach 26. 1. Lücker * 26. 1. Dr. Mende ** 26. 1. Dr. Müller ** 26. 1. Offergeld 27. 1. Reddemann ** 26. 1. Seefeld ' 26. 1. Dr. Starke (Franken)*' 26. 1. Dr. Todenhöfer 24.2. Dr. Vohrer ** 26. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jürgen W. Möllemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Wörner, zunächst einmal ist es nicht notwendig, daß ich das noch einmal nachlese, weil ich mir das natürlich vorher durchgelesen habe.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie haben sich soeben selbst falsch zitiert. Sie haben nicht von einer Tendenz gesprochen, die drohe, Sie haben gesagt, die Bundeswehr sei auf dem Wege zu einer Schönwetterarmee, nicht daß dies drohe, sondern Sie haben es konkret als Faktum festgestellt.
    Zweitens. Herr Kollege Wörner, die Ausführungen, die Sie in Kiel ansonsten gemacht haben, sind natürlich von den anwesenden CDU-Leuten beklatscht worden. Es hätte mich auch gewundert, wenn selbst Ihre eigenen Leute Sie nicht mehr beklatschen würden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FPD und der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen kurz in einigen Worten sagen, wo wir die Schwerpunkte dieses Haushalts mit Bezug zur Sicherheitspolitik der nächsten Zeit sehen.
    Wir haben einmal in einem konkreten Maßnahmenkatalog dem Bundesminister der Verteidigung Vorschläge zur Verbesserung der Situation im Bereich der Inneren Führung und der politischen Bildung unterbreitet. Wir gehen davon aus, daß seine Maßnahmen, die er vorbereitet, uns im ersten Halbjahr vorgetragen werden. Wir haben uns eine. Novellierung des Gesetzes über die Rechte der Vertrauensleute vorgenommen, um die Rechte der Ver- trauensleute in der Bundeswehr um das Recht auf Mitsprache bei der Aufstellung des täglichen Dienstplanes wie auch in Personalangelegenheiten auszuweiten. Wir haben schließlich die Aufforderung an die gemeinsame Kommission des Bundesministeriums der Verteidigung und der Kultusministerkonferenz gerichtet, ihre Vorschläge, die sie entwickeln, für Curricula zur Behandlung des Feldes Sicher-



    Möllemann
    heitspolitik in den Schulen alsbald an die Schulen oder an die Kultusminister weiterzugeben, damit der Zustand, den wir alle gemeinsam beklagen, beendet wird, daß die heranwachsende Generation auf die Probleme von Friedens- und Sicherheitspolitik nur unzureichend vorbereitet wird.
    Meine Damen und Herren, ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet, das vor uns liegt, ist die Strukturreform. Wir erwarten eine offene Diskussion über unsere Vorschläge zur Erneuerung der Spitzengliederung in der Bundeswehr. Wir gehen davon aus, daß die Zahl der Kommandoebenen in diese Erörterung einbezogen wird, da wir diese Maßnahme als geeignet ansehen, die notwendigen Kapazitäten freizumachen, die wir zur Verstärkung der konventionellen Kampfkraft brauchen. Bei der Spitzengliederung darf ich im übrigen erneut sagen, daß mich die Beschäftigung mit dem Gegenstand des Untersuchungsausschusses in der Auffassung bestärkt hat, daß es sinnvoll wäre, wenn das Ministerium stärker auf eigentliche ministerielle Aufgaben eingegrenzt und die Führungsstäbe der Teilstreitkräfte mit den Ämtern der Teilstreitkräfte zusammengeführt und aus dem Ministerium ausgelagert würden.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie wissen, daß es hierüber Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien gibt; aber das ist eben Ausdruck der Tatsache, daß unterschiedliche Parteien auch unterschiedlicher Meinung sein können und sollten.
    Meine Damen und Herren, eine wesentliche Aufgabe, die im kommenden Jahr vor uns liegt, besteht in dem Versuch, die Sicherheitspolitik stärker als bisher zu europäisieren, nicht nur wegen der notwendigen Standardisierung — ich glaube, darüber gibt es keinen Dissens —, sondern auch deshalb, weil sonst eine weitere Auseinanderentwicklung der jeweiligen nationalen Bewertungen des Ranges und der Ausgestaltung der nationalen Verteidigungspolitiken droht und dies auch nicht so gut aufgefangen werden kann, wie wir das wollen. Wir alle kennen die Fälle. Ich möchte sie hier aus naheliegenden Gründen nicht im einzelnen erörtern. Dabei stellt sich dann die Frage, wie sich bei einer angestrebten Politischen Union dieses vereinte Europa mit einer gemeinsamen Verteidigungskonzeption zu Atomwaffen verhält. Ich glaube, das ist ein Disput, den wir führen müssen. Sie, Herr Kollege Wörner, und, ich glaube, auch Sie, Herr Kollege Dregger, haben dazu erläuternd gesagt, daß Sie sich nicht vorstellen könnten, daß sich Europa der atomaren Option begebe. Ich bin gegenteiliger Auffassung, nicht weil ich meine, daß wir rechtlich gezwungen sind, sondern aus politischen Gründen. Meiner Auffassung nach ist es notwendig, daß sich Europa voll auf seine konventionellen Fähigkeiten konzentriert. Ich glaube, auch Frankreich wird in allernächster Zeit sehr zwingend vor die Entscheidung gestellt sein, ob es alles gleichzeitig versucht oder sich nicht doch schwerpunktmäßig auf die eine Aufgabe konventioneller Verteidigung konzentriert.
    Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend noch ein Wort zu den bevorstehenden Fortsetzungen der. Abrüstungs- und Rüstungskontrollverhandlungen sagen. Ich bin nicht der Auffassung, daß eine souveräne Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland über die Produktion der Neutronenwaffe den Fortgang dieser Verhandlungen behindern muß. Wir halten den Brief, den Herr Breschnew geschrieben hat, für eine unangemessene Einmischung in die Angelegenheiten des Bündnisses. Wir werden über diese Frage selbständig entscheiden, und zwar unter Berücksichtigung unserer Verteidigungsinteressen, und dabei versuchen, dieses neue Waffensystem als Mittel zum Fortgang der MBFR-Verhandlungen hin auf eine Parität auf niedrigerem Niveau einzusetzen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich Ihnen sagen, daß die FDP dem Bundesminister, seinen Mitarbeitern und den Soldaten für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit dankt.

    (Beifall bei -der FDP und der SPD — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Besonders dem MAD unter Leitung .von Herrn Scherer! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister Leber.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Georg Leber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Teilnehmer und Beobachter der letzten NATO-Konferenz in Brüssel waren sich in ihrer Generalbewertung einig:

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das Bündnis hat sein Selbstvertrauen wiedergefunden. Die NATO hat wieder Tritt gefaßt. Die Allianz stellt sich offenen Auges der Zukunft. Diese Wertung, die nicht nur meine ist, ist begründet, weil sich die Bündnispartner in der Beurteilung der Lage einig sind. Sie reden offen miteinander über ihre Probleme. Sie treffen folgerichtige Entscheidungen und schicken sich auch an, tatkräftig zu handeln. Dies ist nicht immer so gewesen. Deshalb ist es wichtig, diesen Punkt an den Anfang zu stellen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das Sofortprogramm, das die Verteidigungsminister der NATO für 1978 beschlossen haben, ist ein Beweis dafür, daß die Allianz auch rasch und konsequent handeln kann. Kern dieses Verstärkungsprogramms ist unter anderem die Verbesserung der NATO-Streitkräfte in der Panzerabwehr. Die europäischen NATO-Partner haben sich angesichts der Zahl der uns gegenüberstehenden Panzer des Warschauer Pakts z. B. entschlossen, noch in diesem Jahr ihren Bestand an Panzerabwehrraketen um 45 000 Raketen modernster Art zu erhöhen.
    Das Bündnis und die Sicherheitspolitik der Bundesregierung werden von folgenden Realitäten bestimmt.
    'Erstens. Das Ost-West-Verhältnis ist durch Konkurrenz und durch Kooperation gekennzeichnet, d. h. durch den Versuch und die Chance, mehr Verständigung für das Miteinander zu erzielen, aber auch durch das nicht auszuschließende Risiko — das sich



    Bundesminister Leber
    aus den militärischen Kräften ergibt — eines Konflikts, der verhindert werden muß.
    Zweitens. Wir wissen, daß die Sowjetunion mehr rüstet, als zu ihrer Verteidigung notwendig ist. Wir wissen aber auch, daß die NATO deutlich genug erkannt hat, daß sie im Interesse unserer Sicherheit tun muß, was unsere Verteidigung gegen die uns bekannten Kräfte des Ostens verlangt. Wir messen unsere Entschließungen und Entscheidungen für unsere Verteidigung am erkannten Ausmaß der Bedrohung durch den Osten und laufen nicht vor ihr her. Deshalb ist die NATO gegenwärtig dabei, ihre Streitkräfte zu modernisieren und zu verstärken. Obwohl in manchen Bündnisländern noch Inflation und Arbeitslosigkeit herrschen, hat das Bündnis 1977 den ungeheuren Betrag von 165 Milliarden Dollar für die gemeinsame Verteidigung des Westens auf den Tisch getan.
    Drittens. Im Vergleich der Gesamtpotentiale von Ost und West haben wir auf unserer Seite in den industriellen und landwirtschaftlichen Kapazitäten gewaltige Vorteile. Außerdem haben wir technologische Vorteile. Wenn hier immer gezählt wird, wieviel Divisionen hier bzw. dort stehen, kann ich nur sagen: Hier in unserem Lande steht nicht ein einziger amerikanischer Soldat, dessen Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, daß wir Demokraten bleiben und daß wir bei diesem Bündnis bleiben.

    (Horn [SPD] : Sehr gut!)

    Ob das im Osten auch so ist, mögen sich die über-
    legen, die ständig Asymmetrien an die Wand malen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Herr Bundesminister, was heißt das?)

    Da sind außerdem Reserven und Vorteile, die längst noch nicht ausgeschöpft sind.

    (Damm [CDU/CSU] : Wollen Sie sagen, daß es keine Asymmetrien gibt?)

    — Herr Kohl, Sie leben doch vom Schwarzmalen, auch in diesem Punkte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Da sind Reserven und Potentiale, die längst noch nicht ausgeschöpft sind und die vom Osten kaum einzuholen sind.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ich fürchte, Sie können Ihre eigene Rede nicht verstehen; deswegen solche Ausflüchte! — Frau Pack [CDU/CSU] : Sie leben nur vom Mitleid!)

    — Ich war neulich beim Kinderarzt.

    (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das war auch höchste Zeit!)

    Er hat mir gesagt: Schreien stärkt die Lunge. Ich habe das Gefühl, Sie wollen größere Lungen haben. Das habe ich bei Ihnen schon die ganzen Tage über bemerkt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Gehen Sie auch noch zu einem anderen Arzt!)

    Ein Vorteil für den Westen erwächst auch aus der Solidarität von 15 freien Völkern und 15 frei verfaßten Demokratien. Außerdem verweise ich auf den Vorteil, den wir durch unsere Politik der tätigen Hilfe für die Dritte Welt für unsere eigene Sicherheit genießen.

    (Beifall bei der SPD)

    Viertens. Die NATO bemüht sich, das zu tun, was zur Aufrechterhaltung der Abschreckung notwendig ist. Für das Bündnis, dem wir angehören, gibt es keine Alternative zur transatlantischen Partnerschaft, die sich auf Gegenseitigkeit und auf die Identität der Sicherheitsinteressen gründet. Funktionierende Abschreckung bleibt Rückhalt für eine realistische Entspannungspolitik, denn auch zu dieser Politik gibt es kaum eine Alternative. SALT und MBFR sind wichtige Elemente dieser Politik, denn damit soll mehr politische und mehr militärische Stabilität erreicht werden. Die als Ergebnis von SALT gewünschte nuklearstrategische Stabilität zwischen den Weltmächten, an der wir mitarbeiten und die wir begrüßen, bedeutet allerdings nicht automatisch auch im gleichen Maße Stabilität für Europa. Mit der Angleichung der nuklearstrategischen Potentiale muß daher ein Ausgleich der Disparitäten bei den nuklearen Mittelstreckenpotentialen und bei den konventionellen Kräften einhergehen.

    (Damm [CDU/CSU]: Also doch Asymmetrie!)

    Parität ist ein bestimmendes Prinzip für Strategie und Rüstungskontrolle.

    (Damm [CDU/CSU] : Richtig!)

    Deshalb besteht die Bundesregierung darauf, daß auch bei MBFR auf Parität gedrungen wird, so wie die Sowjetunion dies bei den strategischen Nuklearwaffen getan hat. Wir bestehen darauf, daß sich der vereinbarte politische Gewaltverzicht auch im militärischen Kräfteverhältnis zwischen Ost und West niederschlägt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Damm [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Die wehrpolitische Tagung der CDU in Kiel hat sich unter anderem auch mit den Fragen der Strategie und der Rüstungskontrolle befaßt. Ich habe mit besonderem Interesse vermerkt, daß dort eine Position gefunden worden ist, die seit langem von der Bundesregierung vertreten wird. Wenn Sie die Reden nachlesen, die gehalten worden sind, die Erklärungen, die abgegeben worden sind, können Sie das feststellen. Wer die Antwort der Bundesregierung vom Mai 1977 auf die Großen Anfragen zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik noch im Kopfe hat, wer die Rede des Herrn Bundeskanzlers am 28. Oktober 1977 vor dem Institut für Strategische Studien in London gelesen hat, wer die vielfältigen Reden des Herrn Bundesaußenministers zu diesem Thema gelesen hat, wer meine eigene Rede am 8. September 1977 im Bundestag gehört hat, der weiß das zur Genüge. Hier läuft die Opposition hinter dem her, was wir seit mehr als einem Jahr nach draußen ständig öffentlich vertreten. Das ist an sich ein gutes Zeichen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Bundesminister Leber
    Über diese unsere Sicherheitspolitik gibt es in der Bundesregierung volle Übereinstimmung, insbesondere zwischen dem Herrn Bundeskanzler, dem Bundesminister des Auswärtigen und dem Verteidigungsminister.

    (Damm [CDU/CSU]: Und Herrn Wehner?!)

    Diese Zusammenarbeit, vor allem auch zwischen dem Bundesaußenminister und dem Bundesverteidigungsminister, die es nicht immer gegeben hat, ist eine gute Grundlage, auf der die Bundesrepublik Deutschland in der Allianz in allen Fällen auch eine gute Rolle zu spielen in der Lage sein wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Verteidigungshaushalt 1978 in Höhe von 35 Milliarden DM steigt gegenüber 1977 um 2,1 Milliarden DM; das sind 6,5 %. Die Mittel für die Investitionen werden gegenüber dem Vorjahr drastisch erhöht, und zwar um 11,2 Milliarden DM; das ergibt eine Steigerung um 13 °/o. Schauen Sie sich einmal Verteidigungshaushalte früherer Jahre an!

    (Horn [SPD] : Sehr gut!)

    Sie können sehr weit zurückgehen; ich zweifle, ob Sie jemals eine solche Steigerungsrate feststellen werden.
    1978 werden allein für militärische Beschaffungen 19 010 mehr ausgegeben als im Vorjahr. Das geschieht zum Teil durch zusätzliche Mittel, das geschieht zum Teil dadurch — wie Herr Kollege Blank das vorhin ausgeführt hat —, daß wir durch sparsame Haushaltsführung eine solche zusätzliche Steigerung im Bereich der Investitionen möglich gemacht haben. Das ist gut für unsere Armee. Diese deutliche Steigerung bei den Beschaffungen ist Ausdruck unseres Willens, die Umrüstung der Bundeswehr auf eine neue, den Bedingungen der Zukunft gerecht werdende Waffengeneration finanziell sicherzustellen. Die Bundesrepublik Deutschland wird in der Lage sein, ihren Beitrag für das langfristige Programm der NATO zu leisten — wir werden dort nicht am Ende, sondern wahrscheinlich sehr weit vorne stehen —, ein Programm, mit dem die Streitkräfte des Bündnisses den Bedingungen der 80er Jahre angemessen angepaßt werden sollen.
    Der Deutsche Bundestag hat alle diese großen Rüstungsprojekte auf Vorschlag der Bundesregierung gebilligt. Das ist keine Zukunftsmusik. Auf Grund dieser Projekte wird die Bundeswehr auch im nächsten Jahrzehnt, in den 80er Jahren, mit großer Sicherheit eine der bestausgerüsteten und der modernsten Armeen in der Allianz sein. Ich nenne dafür einige Beispiele: 1 800 Kampfpanzer Leopard II — das ist beste Qualität in guter Zahl —; 322 Kampfflugzeuge Tornado; 175 Kampfflugzeuge Alpha-Jet; 6 Fregatten; 212 Panzerabwehrhubschrauber; 432 Flakpanzer Gepard; 140 Fla-Raketenpanzer Roland; über 100 000 Panzerabwehrraketen und die Ausstattung von 650 Kampfpanzern mit neuen Waffen. Von der neuen Fahrzeuggeneration und der ganzen Ausstattung mit neuem Gerät will ich in diesem Zusammenhang gar nicht reden.
    Diese unsere Bundeswehr — denn das ist unsere gemeinsame Bundeswehr — ist nicht nur eine sehr modern ausgerüstete und ausgestattete Armee. Unsere Soldaten sind auch hervorragend ausgebildet, und sie zeichnen sich durch gute Haltung überall da aus, wo sie sich sehen lassen. Wir sind stolz darauf, daß das so ist. Diese Tatsache wird nicht zuletzt auch durch die Erfolge bewiesen, die sie bei internationalen Wettbewerben haben. Sie können sich zeigen, und wir können sie vorzeigen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Für den Verteidigungshaushalt 1978 gilt, was vor wenigen Tagen auch zum amerikanischen Verteidigungshaushalt gesagt worden ist. Über ihn heißt es: Orientiert an den Erfordernissen der Sicherheitspolitik und der Strategie, gekennzeichnet von dem Bemühen, mit den verfügbaren Mitteln ein Optimum an Kampfkraft zu erreichen und gleichzeitigen Bedürfnissen unserer Soldaten gerecht zu werden. — Das ist die Linie, die wir sehr konsequent verfolgen.
    Dieser Verteidigungshaushalt 1978 entspricht den Erfordernissen der Sicherung des Friedens, der Verteidigung und auch der Entspannung. Unsere Streitkräfte bekommen das, was für ihren Auftrag notwendig ist, ohne daß wir uns dabei in Rüstungswettläufe einlassen.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, Sie wissen, es hat in den letzten Jahren ein Problem gegeben, das heute sehr dünn behandelt worden ist: die Personallage bei den Soldaten auf Zeit, besonders bei den Unteroffizieren. Sie hat den Deutschen Bundestag über eine lange Zeitspanne hinweg in allen Debatten befaßt. Ich habe heute wenig darüber gehört. Der Deutsche Bundestag hat im letzten Jahr auf Vorlage der Bundesregierung zwei wichtige Gesetze beschlossen, die mir die erforderlichen Mittel in die Hand gegeben haben, auf diesem Gebiet wirksam zu werden und Abhilfe zu schaffen. Diese Gesetze greifen schon. Herr Kollege Weiskirch hat seine Rede schon lange vorher formuliert, da war das wahrscheinlich noch nicht bekannt.
    Seit Juli 1977 ist eine deutliche Tendenzwende erkennbar. Allein der Bestand der Soldaten auf Zeit mit zweijähriger Verpflichtung stieg von 21 500 innerhalb von sechs Monaten um 5 000 auf 26 500 an. Das ist ein beachtlicher Sprung nach oben. Die Zahl der Einstellungen von Unteroffizieren und Mannschaften konnte 1977 um 19% gegenüber 1976 auf 22 071 Mann gesteigert werden. Erste Berechnungen, die wir angestellt haben, lassen erkennen, daß wir in diesem Jahr mit der Einstellung von ca. 38 000 Soldaten auf Zeit werden rechnen können. Ich bin sicher, daß damit das noch bestehende, aber heute schon weitaus geringere Fehl an Unteroffizieren wirksam abgebaut werden kann. Damit ist einer der wenigen Mängel, die der Bundeswehr angehaftet haben, im Ausgleich begriffen.
    Die CDU läßt erklären, sie wolle noch mehr Geld für die Bundeswehr. Meine Damen und Herren, ich habe nicht mehr Geld gefordert, als im Haushalt 1978 vorgesehen ist. Darauf haben wir uns nach



    Bundesminister Leber
    vernünftigen Gesprächen miteinander verständigt. Ich fühle mich als Bundesminister der Verteidigung nicht nur für mein Ressort verantwortlich — etwa nach dem Motto: Nimm, was du kriegen kannst, und raff soviel, als geht! —, sondern ich habe dafür zu sorgen, daß ich soviel bekomme, wie ich brauche. Ich fühle mich als Verteidigungsminister mitverantwortlich für einen ausgeglichenen Haushalt und weiß, daß ich auch Rücksicht zu nehmen habe auf das, was es sonst noch gibt. Aber damit können wir gut leben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, die Forderung nach mehr Geld für die Bundeswehr richtig erscheint, dann möchte ich Ihnen dazu folgendes sagen: Hier sitzt der Generalinspekteur und hier sitzen alle Inspekteure der Teilstreitkräfte der Bundeswehr,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ach ja!)

    und ich sage das, obwohl die Herren hier sind. Wenn wir mehr Waffen und Geräte fordern würden, als der Deutsche Bundestag in den letzten Jahren für die Bundeswehr beschlossen hat, dann würden wir über das hinausgehen, was die Bundeswehr braucht. Wir würden damit auch über das hinausgehen, was die Bundeswehr verkraften kann.

    (Damm [CDU/CSU] Gilt das auch für Munition?)

    — Ich habe von Waffen und Gerät geredet, Herr Damm, nicht von Socken und nicht von Munition!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Damm [CDU/CSU] : Aber was machen Sie mit den Waffen, wenn Sie dafür keine Munition haben?)

    Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ernstlich mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben wollten, dann müßten Sie, wenn Sie von der Sache etwas verstehen und alles durchdenken, auch eine Erweiterung des Umfangs der Bundeswehr verlangen, weil wir für die Soldaten, die wir haben, nicht mehr Waffen und Gerät gebrauchen können. Wenn Sie das wollen, müssen Sie das hier offen sagen und dürfen nicht nur so darüber reden.

    (Beifall bei der SPD — Damm [CDU/ CSU]: Das ist nicht wahr!)

    Meine Damen und Herren, wer den Verteidigungshaushalt ablehnt — mir persönlich tut das so weh nicht —, wie immer er es auch mit Gründen verbrämen mag, der stimmt in den Augen unserer Soldaten gegen die Sicherheit unseres Landes, weil er die Voraussetzungen dafür nicht beschließt, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wer den Verteidigungshaushalt ablehnt, verweigert dem Verteidigungsminister die Mittel, die er braucht, um die Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten; das gibt es überhaupt nicht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Und wer bei seinem Nein —

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das saß!)

    — hat scheinbar getroffen, gell! —,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    wer bei seinem Nein, meine Damen und Herren — —

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich habe ja Zeit. — Wer bei seinem Nein darauf spekuliert, daß die Mehrheit im Parlament es schon machen wird, der begibt sich ins Abseits und sollte nicht von aktiver Sicherheitspolitik reden. Sie werden die Quittung nachher bekommen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich bin ganz sicher — was ich dazu tun kann, meine Herren von der CDU, werde ich tun —, ich bin ganz sicher, daß Ihr Nein, zum Verteidigungshaushalt der Bundesrepublik Deutschland jedem Soldaten bekannt wird und auch jedem Bündnispartner mitgeteilt wird, damit das bekannt ist und Sie dort nicht anders reden können, als Sie hier reden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung des Deutschen Bundestages zum Verteidigungshaushalt und danke bei dieser Gelegenheit wie immer in jedem Jahr unseren Soldaten und allen unseren zivilen Mitarbeitern, wo sie auch immer unverzagt Tag und Nacht ihren Dienst verrichten,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Trotz Leber! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    für treuen und guten Dienst, den sie für unsere Sicherheit leisten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun möchte ich mich einer Frage zuwenden, die in den Diskussionsbeiträgen heute schon eine Rolle gespielt hat, aber nicht nur heute, sondern auch in den letzten Tagen, und die draußen im Lande besondere Wellen schlägt; das ist die Sache mit der „Wanze".

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich hoffe, Sie geben mir Gelegenheit, mit etwas Ruhe zunächst einmal den Sachverhalt darzustellen. Dann sind Sie wieder dran, nehme ich an.
    Im Sommer 1973 bekamen wir — auch ich — von. außen einen ernsten Hinweis, daß in meinem Büro eine meiner beiden Sekretärinnen unter dem ernsten Verdacht der Spionage stünde. Dieser Hinweis kam von außen. Dieser Hinweis kam nicht von irgend jemand, sondern kam vom Bundeskriminalamt, vom Bundesamt für Verfassungsschutz und vom Generalbundesanwalt, von drei ernst zu nehmenden, wichtigen, für die Sicherheit unseres Landes zuständigen Behörden.
    Ich wurde darüber unterrichtet, nicht nur daß es einen Verdacht gebe, sondern daß es ein ernster Verdacht sein könne, der insbesondere darin bestehe, daß es eine Sekretärin in meinem Büro sei. Ich brauche den Damen und Herren nicht zu schil-



    Bundesminister Leber
    dern, daß eine Sekretärin im Büro des deutschen Verteidigungsministers bei seiner verfassungsmäßig bestimmten Stellung einen ungeheuren Einblick und eine ungeheure Möglichkeit hat, unserem Land Schaden zuzufügen, wenn sie ungetreu ist.
    Ich habe deshalb unverzüglich die Untersuchung gebilligt.

    (Zuruf und vereinzeltes Lachen bei der CDU/CSU)

    — Ich weiß nicht, ob daran so viel zu lachen ist, meine Herren von der CSU.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Kiechle [CDU/CSU] : Es fällt schwer, das alles zu glauben!)

    Ich habe unverzüglich die Untersuchung gebilligt und habe sie sehr ernst genommen. Ich will dem Parlament nicht verhehlen, daß es für mich eine über lange Monate gehende ungeheure Belastung war, weil mir geraten wurde, die Dame auf ihrem Platz zu lassen, weil das sonst zur Schöpfung von Verdacht hätte führen können, aber gleichzeitig auch alle Vorsicht walten zu lassen, daß sie dort bleiben konnte. Das müssen Sie sich einmal vorstellen: über viele Monate an diesem Platz hinweg, um der Sache auf die Spur zu kommen.
    Ich habe in kurzen Abständen, wie Sie sich denken können, immer wieder gefragt „Wie steht das? Wieweit sind die Ermittlungen, die Untersuchungen?" und habe immer wieder gehört: Es ist ein ernster Verdacht, aber wir sind noch nicht soweit, daß wir Ihnen mehr sagen können.