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ID0806911000

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    6. Hauck.: 1
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    Plenarprotokoll 8/69 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 69. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 5395 A Pairing-Vereinbarungen . . . 5395 B, 5493 B Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . 5395 A Erweiterung der Tagesordnung 5452 C Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/1371 — Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU . . . . . . . 5395 D Grobecker SPD 5399 C Katzer CDU/CSU 5403 A Rappe (Hildesheim) SPD . . . . . . 5410 A Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 5415 C Kraus CDU/CSU . . . . . . . . . 5420 A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 5423 A Franke CDU/CSU 5427 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/1375 — Glos CDU/CSU 5429 B Frau Simonis SPD 5433 A Eimer (Fürth) FDP 5435 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 5437 B Hauck SPD 5441 A Frau Funcke FDP 5443 C Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU 5445 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 5447 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/1374 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 5458 B Blank SPD 5461 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU 5463 D Möllemann FDP . . . . . . . . 5467 A Leber, Bundesminister BMVg 5471 C Dr. Kohl CDU/CSU 5481 D Wehner SPD 5485 C Mischnick FDP 5488 A Schmidt, Bundeskanzler 5489 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 5493 C Vizepräsident Frau Funcke 5489 D Namentliche Abstimmung . . . 5495 A, 5501 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/1379 — Dr. Schneider CDU/CSU 5497 B Stöckl SPD 5498 C Gattermann FDP 5499 C Ravens, Bundesminister BMBau 5500 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/1381 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5501 D Dr. Dübber SPD 5503 A Dr.-Ing. Laermann FDP 5504 A Matthöfer, Bundesminister BMFT . . . 5505 A Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/1382 — Westphal SPD 5507 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5508 C Rohde, Bundesminister BMBW . . . . 5509 D Haushaltsgesetz 1978 — Drucksachen 8/1388, 8/1426 — Gerster .(Mainz) CDU/CSU . . . . . . 5511 B Löffler SPD 5512 B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 8/1470 — Röhner CDU/CSU . . . . . . . . . . 5452 D Becker (Nienberge) SPD . . . . . . 5455 A Engelhard FDP 5456 D Nächste Sitzung 5512 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5513* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 5395 69. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens *' 26. 1. Dr. Fuchs * 26. 1. Dr. Geßner ** 26. 1. Dr. Gruhl 26. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Hoppe 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Klinker * 26. 1. Dr. Kraske 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lampersbach 26. 1. Lücker * 26. 1. Dr. Mende ** 26. 1. Dr. Müller ** 26. 1. Offergeld 27. 1. Reddemann ** 26. 1. Seefeld ' 26. 1. Dr. Starke (Franken)*' 26. 1. Dr. Todenhöfer 24.2. Dr. Vohrer ** 26. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Was kann man für die leiblichen Eltern tun, damit die Erziehungskraft der Familie gestärkt wird? Oder ist man etwa bereit, den „professionellen" Erziehern Vorrang zu geben, weil man der Familie selbst nicht mehr genug zutraut?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Elterliche Sorge und Jugendhilferecht: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft warnt in ihrer letzten Veröffentlichung eindringlich davor, zuviel in die Familien „hineinzuregieren". Die Familie ist eben mehr als eine Sozialisationsagentur. Frau Minister, es ist höchste Zeit, daß Sie sich in dieser Lage auch einmal mit dem Familienbericht auseinandersetzen und Distanzierungen dort vornehmen, wo sie dringend notwendig wären.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Familie ist keine Freizeitveranstaltung auf Gegenseitigkeit; sie ist — wir müssen es noch einmal sagen; es geht einfach unter im Soziologenchinesisch — Lebens- und Schicksalsgemeinschaft. Sie hat insofern eine anthropologische Dimension und Qualität. Wenn von Lebensqualität gesprochen wird, dann muß sie hier ansetzen, auch wegen der Entfaltung der Persönlichkeit.
    An diesem Maßstab müssen auch die Auswirkungen des neuen Ehe- und Familienrechts in der Praxis gemessen werden. Natürlich wissen auch wir — und wir unterstützen das —, daß Konfliktsituationen nicht unauflöslich bleiben dürfen. Aber wir sollten



    Frau Dr. Wex
    aus der Erfahrung mit diesem Recht beizeiten Bilanz ziehen und den Mut haben, es, wenn nötig, zu novellieren. Nach dem Urteil von Nell-Breuning ist die gegenwärtige deutsche Familienpolitik die jämmerlichste Familienpolitik aller Industrienationen.

    (Dr. Ritz [CDU/CSU] : Hört! Hört! Leider wahr!)

    Die Bundesregierung, die- im Bereich der Wirtschaftspolitik

    (Fiebig [SPD] : Sie sprechen von Italien!)

    die ihr passenden internationalen Vergleichszahlen ständig mit Selbstzufriedenheit zur Schau stellt, sollte entsprechende Vergleichszahlen auch einmal für das Gebiet der Familienpolitik offenlegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie würde leider das Urteil von Nell-Breuning bestätigt finden. Wir bedauern das sehr; denn jedes Jahr, das hier für die Zukunftsinvestitionen verloren geht, bezahlen wir alle.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Hauck.

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    Rede von Rudolf Hauck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es zutreffend ist, daß der Haushalt in Zahlen gegossene Politik darstellt, steht es um die Familie, optisch gesehen, nicht schlecht. Die Kindergeldleistungen in Höhe von 15,4 Milliarden DM machen rund 8 % des gesamten Bundesetats aus und umfassen 95,5 % des gesamten Einzelplans 15. Das Bundeskindergeldgesetz ist das vom Volumen her größte Bundesleistungsgesetz, und durch die am 1. Januar 1978 in Kraft getretenen Verbesserungen wurde das Kindergeld für Familien mit zwei Kindern um 8,3 °/o, für Familien mit drei Kindern um 16,6 %, für Familien mit vier Kindern um 19,4 °/o und für Familien mit fünf Kindern um 20,8 % erhöht. Diese Erhöhungen schlagen sich mit Mehrausgaben von 1,7 Milliarden DM im Haushalt 1978 nieder.
    Im übrigen ist mir im Verlauf dieser Gesamtdebatte, in der von Steuerlastquote und vom Staatskorridor so viel die Rede ist, der Gedanke gekommen, daß, optisch gesehen, die Steuerlastquote um 0,7 bis 1 % niedriger wäre und der öffentliche Korridor um rund 15 Milliarden DM enger wäre, hätten wir uns damals bei der Neuregelung des Familienlastenausgleichs für die steuerrechtliche Lösung und nicht für die Lösung über die Arbeitsämter entschieden.

    (Beifall bei der SPD)

    Aus diesem Beispiel ersieht man, wie einfache Organisationsentscheidungen Gesamtbilder verändern können.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Aber dies ist nur der haushaltsrechtliche Einstieg, an den ich aus sozialdemokratischer Sicht einige Aussagen zur Familienpolitik insgesamt anschließen möchte. Wir alle wissen, daß die wirtschaftliche Sicherung der Familie von großer Bedeutung ist, daß aber Familienpolitik umfassender gesehen werden
    muß. Für uns Sozialdemokraten ist Politik für die Familie ein entscheidender Bestandteil einer umfassenden Gesellschaftspolitik. Verantwortliches politisches Handeln muß auf rationalen Erkenntnissen, kritischen Einsichten und gesetzten Zielen beruhen. Dies gilt auch für die Familienpolitik der SPD, die Bedingungen schaffen will, die es unseren Familien ermöglichen, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen und ihr Leben in eigener Verantwortung nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und zu erfüllen. Dabei berücksichtigen wir die geschichtliche Entwicklung und die gegenwärtigen Möglichkeiten unserer Gesellschaft, sind aber für neue Formen und Inhalte offen.
    Auch für die Bundesregierung ist die Erhaltung, Förderung und Stärkung der Familie eine vorrangige Aufgabe, weil die Familie wie keine andere Gemeinschaft der Isolation des einzelnen in einer an sozialen Bezügen ärmer gewordenen Arbeits- und Berufswelt entgegenwirkt. Die Familie hat auch großen Einfluß darauf, daß sich Kinder zu Bürgern entwikkeln, die unsere demokratische Grundordnung bejahen und fähig sind, auf Grund eigener Wertorientierung an der Fortentwicklung unserer Gesellschaft konstruktiv mitzuwirken.

    (Beifall bei der SPD)

    Die überragende Bedeutung der Frau und Mutter im Erziehungsbereich der Familie ist bekannt, wird anerkannt und ist unbestritten. Lassen Sie mich aber in diesem Zusammenhang betonen, daß es auch entscheidend darauf ankommt, daß sich die Väter verstärkt an Familienaufgaben, insbesondere auch an der Erziehung, beteiligen, und daß die Sorge für die Kinder als Aufgabe beider Elternteile gesehen werden muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Deshalb wird auch im Familienpolitischen Programm meiner Partei die Situation und Aufgabenstellung der Frau, des Mannes u n d der Kinder dargestellt.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : In Hamburg habt ihr das Thema vertagt!)

    — Wir haben es beschlossen!

    (Frau Eilers [Bielefeld] [SPD] : Genau, es ist verabschiedet!)

    Unsere Familienpolitik ist in das gesellschaftliche Gesamtkonzept, welches auf Chancengleichheit, Solidarität, soziale Sicherheit und sozial gebundene Freiheit gerichtet ist, eingebunden. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann man zwar über manche Vorstellungen, Formulierungen, Auslegungen und Ansichten streiten und diskutieren — wir leben ja in einer parlamentarischen Demokratie —, aber es hilft keinem, wenn man mit pauschalen Vorwürfen und Unterstellungen durchs Land zieht und behauptet, die Bundesregierung und die SPD vernachlässigten die Familie, und ihre Reformen seien auf Aushöhlung, ja, sogar Zerstörung der Familie gerichtet.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wissen doch genau, daß dies nicht stimmt und
    daß wir genauso viele für Kinder und Familien enga-



    Hauck
    gierte Frauen und Männer in unseren Reihen haben wie Sie!

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Mehr! — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir sollten also. unqualifizierte Verdächtigungen, die doch im Grunde die Familie nicht stärken, sondern verunsichern, unterlassen. Herr Glos, es war kein gutes Beispiel, was Sie heute geliefert haben!

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Es führt doch kein Weg daran vorbei, daß im Mittelpunkt aller sozialen Reformen der letzten Jahre bei uns das Wohl der Familie und des Kindes gestanden hat. Dies gilt auch für die jetzt im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Vorhaben. Lassen Sie mich bitte einmal am Beispiel der Neuregelung der elterlichen Sorge darstellen, an welch falschen Fronten und mit welch falschen Vorstellungen wir oftmals miteinander und gegeneinander kämpfen. Da wird nach außen hin so getan, als wollten die Koalitionsfraktionen mit der Neufassung des § 1666 BGB dem Staat das Recht des unbegrenzten Eingriffs in die Familie eröffnen. Es ist erschütternd, mit welchen Schlagworten und Diffamierungen da oftmals umgegangen wird. Wenn man dann aber versucht, sachlich zu argumentieren, stellt sich sehr oft heraus, daß man die Zusammenhänge gar nicht kennt und vielfach den genauen Wortlaut überhaupt noch nicht gelesen hat.
    Gestatten sie mir deshalb bitte, daß ich diesen Paragraphen einmal zitiere. Es heißt in Abs. 1:
    Wird das persönliche Wohl des Kindes gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat • das Vormundschaftsgericht die erf order-lichen Maßnahmen zu treffen. Es kann erforderliche Erklärungen der Eltern, eines Elternteils oder des Kindes ersetzen, wenn dies zur Abwendung einer Gefahr für die Person des Kindes notwendig ist.
    Sinn dieser Änderung ist es also, Möglichkeiten zu schaffen, gerichtliche Maßnahmen einzuleiten, auch wenn ein Verschulden der Eltern nicht vorliegt.
    Diese Neuregelung wird aber seit fast 20 Jahren gefordert und spielte schon bei der ersten großen Reform des Kindschaftsrechtes — ich meine die verfassungsmäßig gebotene Reform des Nichtehelichenrechtes — eine wichtige Rolle. Damals im Herbst 1967, also vor über zehn Jahren, hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Regierung folgendes gefordert:
    Im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens sollte § 1666 BGB dahin gehend geändert werden, daß von der Voraussetzung des Verschuldens abgesehen wird . . . Der Bundesrat verfolgt damit ein Reformanliegen, das seit längerer Zeit von Rechtsprechung und Rechtslehre vertreten wird. Aus Anlaß der Neuregelung der elterlichen Gewalt der unehelichen Mutter ist dieses Problem von besonders aktueller Bedeutung. . .
    Das war vor zehn Jahren.
    Die Bundesregierung hat damals wie folgt erwidert:
    Eine Neuordnung der §§ 1628, 1629 und 1666 BGB ist zwar sachlich geboten. Es erscheint jedoch nicht empfehlenswert, diese Vorschriften schon mit dem Unehelichenrecht, über dessen Bereich sie weit hinausgehen, neu zu regeln. Besonders eine Änderung ,des § 1666 BGB erfordert umfangreiche Vorarbeiten, welche die Neuordnung des Unehelichenrechts erheblich verzögern könnten.
    Aus rein arbeitstechnischen Gründen also ist damals
    diese dringend notwendige Neufassung vom Gesetzgeber nicht vorgenommen worden. Meine sehr
    verehrten Damen und Herren, Sie sehen an diesem
    Beispiel, daß es sich bei der Neuregelung des Rech-
    tes der elterlichen Sorge um eine Maßnahme handelt,
    die schon vor zehn Jahren als dringend empfunden
    wurde, und nicht um eine Maßnahme zur Schaffung
    von sozialistischen Einfallstoren im Familienbereich.

    (Beifall bei der SPD — Abg. Hasinger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Hasinger, ich halte es so wie meine Vorgänger. Im Ausschuß sprechen wir ja sehr offen miteinander; das freut mich immer. Hier im Plenum will ich aber ohne Unterbrechung vortragen.
    Daher sollten wir die Problematik sachlich und emotionsfrei diskutieren und gemeinsam um sachgemäße und praktikable Lösungen ringen. Daß sich dabei auch andere Aspekte eröffnet haben, haben die Beratungen der letzten Monate gezeigt. Die schon zitierte Forschungsgruppe „Familienrecht" der Deutschen Forschungsgemeinschaft unter Leitung der Professoren Dr. Simitis, Dr. Rosenkötter und Dr. Vogel kommt in einer Studie über das Kindeswohl in der vormundschaftsgerichtlichen Praxis zu der Feststellung, daß sich die Vormundschaftsgerichte im wesentlichen darauf beschränken, die physisch-materiellen Lebensbedingungen zu gewährleisten. Nach dieser Untersuchung steht in der Praxis das körperliche Wohl des Kindes zu sehr im Mittelpunkt der Entscheidungen, während die psychische Dimension, nämlich das geistige Wohl des Kindes, weitgehend
    zurücktritt.
    Tatsache ist also, daß das geistige Wohl des Kindes in den Ermittlungen nur unzureichend erfaßt wird und in den Entscheidungen kaum Berücksichtigung findet.

    (Beifall bei der SPD)

    Es würde jetzt zu weit führen, die Gründe, die zu dieser Feststellung geführt haben, im einzelnen zu erläutern. Vereinfacht dargestellt, läuft es aber auf das gleiche hinaus, was wir im Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit bei vielen Diskussionen und Anhörungen immer wieder festgestellt haben: mangelhafte Ausstattung der Jugendämter, Fehlen von Erziehungsberatungsstellen, unzureichendes Vorhandensein von sozialen Diensten, zu wenig Angebote für Eltern- und Familienbildung, Fehlbedarf im Be- reich der familienergänzenden Einrichtungen. Dieses unbestrittene Defizit bezieht sich sowohl auf den In-



    Hauck
    vestitionsbereich als auch auf die personelle Ausstattung.
    Deshalb möchte ich hier auch noch einmal unterstreichen, was ich am Schluß der Anhörung im Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit unter Unmutsäußerungen eines CDU-Abgeordneten gesagt habe. Am Schluß habe ich damals zusammengefaßt und erklärt, ich sei sehr überrascht, daß von fast allen Sachverständigen die personelle Unterbesetzung der sozialen Dienste angesprochen worden sei. Ich sagte dann weiter:
    Wenn wir über den Arbeitsmarkt reden und feststellen, daß heute durch Strukturveränderungen Arbeitsplätze in der produzierenden Wirtschaft wegrationalisiert werden, dann sollten wir in diesem Kreise auch darauf hinweisen, daß im sozialen Dienstleistungsbereich noch viele, viele Arbeitsplätze notwendig sind.
    Diese Arbeitsplätze könnten unseren Familien, der Jugend und dem Sozialwesen zugute kommen.

    (Beifall bei SPD und FDP)

    Wir sollten uns alle darum bemühen, wie es zu erreichen ist, das zweifellos notwendige Geld für die Schaffung und Erhaltung dieser Arbeitsplätze in der Gesamtgesellschaft zu erwirtschaften, denn diese Ausgaben wirken sich wiederum zugunsten der Familie und der Kinder aus.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    So gesehen, gewinnt die Neuregelung des Jugendhilferechts auch in familienpolitischer Hinsicht eine besondere Bedeutung. Der Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Jugendhilferechts gibt der Förderung der Erziehung in der Familie ausdrücklich Vorrang vor Hilfen zur Erziehung außerhalb der eigenen Familie. Die Stärkung der Erziehungskraft der Familie ist im Gesetzentwurf ausdrücklich verankert, beruhend auf dem Grundgedanken, daß Hilfen für die Jugend nicht nur an die Jugendlichen unmittelbar, sondern auch und gerade indirekt über die Familie geleistet werden müssen. So kommt es zu der geradezu paradoxen Situation, daß von Jugendvertretern im Verbandbereich halb ironisch gesagt wird, der Entwurf sei ja nur ein Familienförderungsgesetz, während der jugendpolitische Sprecher der CDU/CSU im Ausschuß erklärt, auch dieses Gesetz höhle die Familie aus. Paradoxer geht es nicht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Beides ist unrichtig. Ich bin davon überzeugt, daß wir als Gesetzgeber mit der Neuregelung des Rechtes der elterlichen Sorge und mit dem Jugendhilferecht einen wichtigen Beitrag zur Förderung der jungen Generation und der Familie leisten werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, in meinem Beitrag habe ich mich auf diesen Ausschnitt aus dem großen Spektrum der jugend- und familienpolitischen Probleme beschränkt, um den Versuch zu unternehmen, hier Emotionen abzubauen und wieder zur sachlichen Diskussion hinzuführen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)


    (Ehrlichkeit von uns erwarten. Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke. Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wer die Rede von Frau Kollegin Wex gehört hat, konnte sie eigentlich nur als eine bittere Selbstanklage in bezug auf die frühere Familienpolitik der CDU/CSU werten; denn alles das, was Sie als Mängel beklagen, ist eben in jener Zeit, als die CDU 15 Jahre lang das Familienministerium geleitet hat, nicht gemacht und nicht vorbereitet worden. Wenn man heute die Familienfeindlichkeit in unserer Gesellschaft beklagt, so frage ich mich doch: Was ist denn in Ihrer Zeit geschehen? (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Sie waren immer dabei! — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das gehört zu ihrem Wesen. Sie sind immer dabei, damals wie heute!)


    (Beifall von der SPD und der FDP)