Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß der Haushalt des Bundesarbeitsministeriums Gelegenheit gibt und als Gelegenheit wahrgenommen wird, über das gegenwärtig aktuellste Thema, nämlich die Konsolidierung der Rentenfinanzen, zu reden, ist fast so etwas wie eine Selbstverständlichkeit. Nicht ganz so selbstverständlich ist es allerdings, wenn der Kollege Katzer hier den sozialdemokratischen Berichterstatter dieses Haushalts, der zu Recht und eindeutig festgestellt hat, daß dieser Haushalt kein Krisen- und Katastrophenhaushalt ist,
anschließend wegen dieses selbstverständlichen Ausdrucks kritisiert.
— Das ist eben, wenn Sie sich die Positionen dieses Haushalts ansehen, Kollege Katzer, selbstverständlich. Das, was der Kollege Grobecker gesagt hat, ist eine realistische, exakte Aussage.
Dann, wenn Sie das als nicht guten Stil ansehen, Herr Kollege Katzer, frage ich. mich, wie dann wohl erst der Stil zu bezeichnen ist, den nach der Einleitung von Herrn Strauß auch alle anderen Sprecher der Opposition, die hier zu diesem Thema gesprochen haben, gepflegt haben.
Diesen Stil will ich jetzt gar nicht bewerten — das sei den Zuhörern vorbehalten —, aber gerade die Art, in der von Herrn Strauß am ersten Tag, von Ihnen, Herr Kollege Katzer, und ein wenig — wenn auch sehr viel konkreter und zurückhaltender — auch vom Berichterstatter Sayn-Wittgenstein über die Rentenfinanzen geredet worden ist, veranlaßt mich, ein wenig mehr, als es sonst im Plenum des Deutschen Bundestages notwendig wäre, über die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftsentwicklung und Rentenfinanzen zu sprechen, über Zusammenhänge, die anscheinend — denn ich will ja niemandem von Ihnen unterstellen, daß er wider besseres Wissen redet — zu wenig bekannt sind.
Es dürfte eigentlich sehr schnell einleuchtend zu machen sein, daß geringeres Wachstum der Weltwirtschaft auch in der Bundesrepublik zu langsamer wachsenden Löhnen und Gehältern geradezu führen muß und daß langsamer wachsende Löhne und Gehälter ebenso zwangsläufig zu geringerem Wachstum der Einnahmen der Sozialversicherungsträger —
und zwar aller Sozialversicherungsträger — führen müssen Daß das für die Rentenversicherung besonders zutrifft, ist ein in wirtschaftlich schwachen Zeiten sehr spürbares Nebenergebnis jener sehr vernünftigen Dynamisierungsformel, die 1957 alle Fraktionen dieses Hauses gemeinsam gefunden haben: Aber zu diesem Nebenergebnis muß man auch stehen, nicht nur zu den positiven Auswirkungen.
Herr Kollege Katzer, wenn Sie hier dargestellt haben, daß Sie sich 1966/67 in einer ähnlichen Lage befunden und den Mut gehabt hätten, die Dinge mit Beitragserhöhungen von 14 auf 18 % schrittweise zu regeln, so ist das zwar richtig; Sie hätten redlicherweise aber gleichzeitig hinzufügen müssen, daß im gleichen Zeitpunkt — das war der einzige Zeitpunkt in der Bundesrepublik — der Finanzminister Strauß und der Arbeitsminister Katzer die Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung gekürzt haben. Auch das gehört zur Wahrheit über die Situation in den Jahren 1966/67.
— Daß eine Kürzung der Bundeszuschüsse, verehrter Herr Kollege Katzer, bei gleichzeitiger Beitragserhöhung — wenn die Last also allein den Beitragszahlern aufgebürdet wird, die nicht „Arbeitnehmersteuern" zahlenden Steuerzahler aber entlastet werden — ausgewogen ist, wage ich zu bezweifeln. Dies wäre eine sehr merkwürdige Art von Ausgewogenheit.