Rede:
ID0806902200

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8069

  • date_rangeDatum: 26. Januar 1978

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/69 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 69. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 5395 A Pairing-Vereinbarungen . . . 5395 B, 5493 B Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . 5395 A Erweiterung der Tagesordnung 5452 C Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/1371 — Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU . . . . . . . 5395 D Grobecker SPD 5399 C Katzer CDU/CSU 5403 A Rappe (Hildesheim) SPD . . . . . . 5410 A Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 5415 C Kraus CDU/CSU . . . . . . . . . 5420 A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 5423 A Franke CDU/CSU 5427 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/1375 — Glos CDU/CSU 5429 B Frau Simonis SPD 5433 A Eimer (Fürth) FDP 5435 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 5437 B Hauck SPD 5441 A Frau Funcke FDP 5443 C Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU 5445 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 5447 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/1374 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 5458 B Blank SPD 5461 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU 5463 D Möllemann FDP . . . . . . . . 5467 A Leber, Bundesminister BMVg 5471 C Dr. Kohl CDU/CSU 5481 D Wehner SPD 5485 C Mischnick FDP 5488 A Schmidt, Bundeskanzler 5489 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 5493 C Vizepräsident Frau Funcke 5489 D Namentliche Abstimmung . . . 5495 A, 5501 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/1379 — Dr. Schneider CDU/CSU 5497 B Stöckl SPD 5498 C Gattermann FDP 5499 C Ravens, Bundesminister BMBau 5500 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/1381 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5501 D Dr. Dübber SPD 5503 A Dr.-Ing. Laermann FDP 5504 A Matthöfer, Bundesminister BMFT . . . 5505 A Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/1382 — Westphal SPD 5507 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5508 C Rohde, Bundesminister BMBW . . . . 5509 D Haushaltsgesetz 1978 — Drucksachen 8/1388, 8/1426 — Gerster .(Mainz) CDU/CSU . . . . . . 5511 B Löffler SPD 5512 B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 8/1470 — Röhner CDU/CSU . . . . . . . . . . 5452 D Becker (Nienberge) SPD . . . . . . 5455 A Engelhard FDP 5456 D Nächste Sitzung 5512 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5513* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 5395 69. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens *' 26. 1. Dr. Fuchs * 26. 1. Dr. Geßner ** 26. 1. Dr. Gruhl 26. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Hoppe 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Klinker * 26. 1. Dr. Kraske 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lampersbach 26. 1. Lücker * 26. 1. Dr. Mende ** 26. 1. Dr. Müller ** 26. 1. Offergeld 27. 1. Reddemann ** 26. 1. Seefeld ' 26. 1. Dr. Starke (Franken)*' 26. 1. Dr. Todenhöfer 24.2. Dr. Vohrer ** 26. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
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    Rede von Hans Katzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich kann verstehen, daß Sie von den Jahren 1969 und 1970 ablenken wollen;

    (Glombig [SPD] : Ich nannte die Wahrheit!)

    aber das Jahr 1972 kommt nach dem Jahr 1970, und Sie werden nachher in einer genauen Beschreibung eine Antwort auf diese Ihre Frage bekommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er kann die Jahre nicht auseinanderhalten! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich bleibe dabei: Der Anfang der Misere der Rentenversicherung war in diesem Augenblick. Herr Kollege Arendt weiß das; ich habe ihn persönlich vor diesem Schritt gewarnt. Ich habe gesagt: Dieses Geld werden wir dringend gebrauchen. Wir haben die Rücklagen nicht angesammelt, um davon die Renten zu zahlen, sondern wir haben sie im Blick auf den Rentenberg angesammelt, der vor uns steht. Dies war der entscheidende Punkt, und das hat schließlich zum Rücktritt des Kollegen Arendt geführt.

    (Glombig [SPD] : Nein! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Der Bundeskanzler hat gestern oder vorgestern gesagt, Herr Arendt hätte mit der Rentengeschichte gar nichts zu tun; denn er hätte das .gar nicht so gewußt, er wäre daran unschuldig. Ich frage: Warum ist er zurückgetreten, wenn er unschuldig ist? Dann wäre er doch heute noch im Amt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Herr Kollege, Sie haben das Jahr 1972 angesprochen, und ich gehe in der heutigen Debatte nichts aus dem Wege;

    (Lachen bei der SPD)

    jede Verantwortung wird klar gewichtet.

    (Zuruf von der SPD: Da müssen Sie einen echten Slalom machen! — Weitere Zurufe von der SPD)

    1972 hat der damalige Arbeitsminister die flexible Altersgrenze eingeführt, aus der er in Wahrheit eine Herabsetzung der Altersgrenze machte.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    — Das war sehr gut. Hören Sie jetzt bitte zu. Sie,
    meine Damen und Herren der SPD und auch der FDP, haben bis heute nicht einen Pfennig an Einnahmen geschafft, um diese flexible Altersgrenze zu finanzieren. Dies haben Sie alles mit den Beitragseinnahmen finanziert, die wir damals in diesem Hause auf meinen Vorschlag hin beschlossen haben.
    Wir hatten sogar als Regierung den Mut, über unsere Regierungszeit bis 1969 hinaus zum 1. Januar 1973 die letzte Beitragserhöhung um 1 % vorzusehen. Das taten wir, weil wir wollten, daß das Gerede über die Renten aufhört und daß jedermann weiß: Meine Rente ist sicher. Das sind wir nicht nur den Rentnern schuldig, sondern wir wollten den Aktiven und Unternehmungen sagen, welche Belastungen auf sie zukommen, damit sie disponieren können, damit sie klar wissen, welche Ausgabenbelastungen sie erreichen. Dies haben wir in der Tat gemacht und haben Ihnen damals damit die Chance gegeben, eine Ausgabenpolitik zu betreiben.

    (Glombig [SPD] : Sie wollten die Ausgaben übertrumpfen! Insofern war das alles sinnlos!)

    — Nein. Ich komme auch darauf noch.
    Immerhin hat die Rentenversicherung für die Herabsetzung der Altersgrenze bisher rund 15 Mil-



    Katzer
    liarden DM ausgezahlt. Nachdem Sie schon zu Zeiten der Hochkonjunktur damit begonnen haben, die Reserven der Rentenversicherung auszugeben, ist es in Anbetracht einer solchen Finanzpolitik schon ein tolles Stück, wenn ausgerechnet von Ihnen heute die Rentenformel in Zweifel gezogen wird.

    (Glombig [SPD]: Sie wird nicht in Zweifel gezogen!)

    Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zu unserem besonderen Beitrag sagen, mit dem wir ein Grundverständnis von Regierung und Opposition berühren. Wir haben schließlich vielen Gesetzen, nicht nur im Sozialbereich, unsere Zustimmung gegeben. Aber der damalige Arbeitsminister hat im Rentenanpassungsbericht 1972 bzw. bis zur Vorlage des Ausschußberichtes 230 Milliarden DM als verfügbaren Überschuß bezeichnet. Die Opposition verfügt nicht über die Mehrheit, um über die Prioritäten einer zukünftigen Haushaltsplanung bestimmen zu können. Diese Prioritäten zu setzen und sie mit den finanziellen Möglichkeiten abzustimmen, ist nun einmal Aufgabe der Regierung; die Opposition hat darauf keinen Einfluß. Sie trägt dafür auch keine Verantwortung. Sie kann es auch nicht verhindern, daß die Bundesregierung konkrete und ausreichende Alternativen der Union, wie wir sie im letzten Jahr vorgelegt haben, in den Wind schlägt und anschließend, wenn sie mit leeren Händen dasteht, wiederum fragt: Liebe Opposition, was machst Du nun?
    Verehrter Herr Wirtschaftsminister, ich habe gestern mit Erstaunen Ihre Einlassung gehört. Sie ge-
    hen über dies alles — das ist der Grund, weshalb ich das hier noch einmal aufzähle — so weg und sagen: Das ist ja alles ganz schön und gut, das mag auch so gewesen sein, aber jetzt kommt's drauf an, was wir jetzt tun. Meine Damen und Herren, es geht doch nicht so, daß die Opposition davor warnt, den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner abzuschaffen, und Sie es dann doch gegen unseren Willen tun. Wenn dann ein Finanzloch kommt, sagen Sie: Was tun Sie jetzt? Sie werden dies ja auch heute wieder ablehnen. Wir werden doch sehen, wir werden es doch erleben, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sind mit der FDP — nicht erst seit heute, Herr Kollege Mischnick; das wissen wir aus langen Jahren der Zusammenarbeit, sei es in der Regierung oder als Opposition — der Meinung, daß gegenüber all dem, was die Regierung jetzt hier vorschlägt, ein sozial gestaffelter Krankenversicherungsbeitrag der Rentner das vernünftigste und systemgerechteste Mittel ist, um der Krise Herr zu werden. Nur, meine Damen und Herren, Sie machen einen großen Fehler: Sie haben nicht den Mut zu einer solchen Entscheidung, Sie schieben das Problem vor sich her.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Das wird immer schlimmer!)

    Indem Sie das Problem vor sich herschieben, wird
    es größer und damit auf Dauer unlösbar. Das ist
    doch Ihre Politik, die Sie zu vertreten haben und nicht wir.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die SPD und FDP haben eine besondere Verantwortung für die Abschaffung des Krankenversicherungsbeitrages der Rentner. Auf die Herabsetzung der Altersgrenze habe ich hingewiesen.
    Ich will, Herr Kollege Glombig, selbstverständlich auch auf die vorgezogene Rentenanpassung von 1972 hinweisen, die die Union zu vertreten hat. Dies war kein Sündenfall, sondern dies war eine Leistung der Union' für die von der damals trabenden Inflation von mehr als 7 % — ich bitte das nicht zu vergessen — hart bedrängten Rentner.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Sie rühmen sich heute des hohen Rentenniveaus. Damals war das Rentenniveau auf einem Tiefpunkt. Wir haben uns mit der Vorziehung um ein halbes Jahr für die Rentner eingesetzt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben uns dies — um auch das deutlich zu sagen — gar nicht so leicht gemacht. Wir haben tagelang diskutiert, um den richtigen Weg zu finden. Wir haben dann gesagt: Es muß eine Maßnahme sein, die reparabel ist. Es gab ja damals auch Vorschläge zur Einführung eines Weihnachtsgeldes, einer 13. Rente usw. Wir haben uns für diesen Weg entschieden, ich glaube mit Recht. Wir sagten: In dem Augenblick, in dem die Inflation dem Rentner am meisten zu schaffen macht, geben wir dies dazu. Wir haben doch vor einem Jahr hier im Hause erklärt: Da sich die Situation der Rentner jetzt verbessert hat, können wir dies auch wieder zurücknehmen. Das haben wir als Opposition hier im Hause gemacht. Sie wären doch gar nicht so über die Runden gekommen, wenn wir Ihnen nicht unsere Stimmen dazu gegeben hätten, um das in Ordnung zu bringen. Das ist eine vernünftige Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Glombig [SPD])

    — Ja genau, das ist so gewesen. Es war haarscharf so.

    (Zuruf von der SPD: Wider besseres Wissen!)

    — Wenn Sie etwas anderes sagen, dann wissen Sie es entweder nicht, was ich Ihnen- nicht übel nehme, weil Sie nicht dabei waren, oder Sie reden wider besseres Wissen.
    Eine Meisterleistung der Demagogie aber — Herr Bundeskanzler, das muß ich sagen — war Ihr Interview, das Sie im „Spiegel" vom 16. Januar gegeben haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Glombig?

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    Rede von Hans Katzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, ich möchte diese Passage erst zu Ende bringen.
    Nicht nur, daß darin von der Herabsetzung der Altersgrenze keine Rede war. Es fiel mir ein, was



    Katzer
    der Finanzminister Helmut Schmidt am 22. September 1972 im Bundestag zu all diesen Problemen sagte. Hören Sie gut zu, meine Damen und Herren. Ich zitiere:

    (Zuruf von der SPD: Aber richtig!)

    ... daß unsere gestrigen Rentenbeschlüsse und insbesondere die flexible Altersgrenze, die ja einer Initiative Walter Arendts und der Bundesregierung entsprang — das wollen wir nicht vergessen, Herr Katzer —,
    — ich zitiere immer noch —
    in Zukunft nur dann finanziert sein werden, wenn Sozialdemokraten bis 1985 für kontinuierliche Vollbeschäftigung in diesem Lande sorgen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das Zitat geht noch weiter:
    Nur dann sind sie finanziert. Aber sie werden finanziert sein. Denn wir werden dafür sorgen.
    Und heute hören wir: Die Zahl der Arbeitslosen wird im Februar auf 1,2 Millionen ansteigen. Das ist nur wenige Jahre nach jener Aussage Ihres damaligen Finanzministers.

    (Franke [CDU/CSU] : Der Bundeskanzler hat sich eben nur geirrt, wie er sagt!)

    — Ich komme noch darauf, Herr Kollege Franke. — Drei Tage vor der Bundestagswahl 1976 hat der Bundeskanzler Helmut Schmidt in seiner unübertrefflichen Art mit dem „Problemchen" wieder letzte Wahrheiten verkündet. Meine Damen und Herren, für wie dumm halten Sie eigentlich den Wähler, wenn man uns heute weismachen will, man habe nicht gewußt, was damals gewesen ist? Alle haben es gewußt, und Sie haben es zuallererst gewußt.
    Die Konsequenzen Ihrer Worte von 1972 bedeuten im Klartext: Insbesondere die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze ist nicht finanziert. Da der Bundeskanzler jetzt als gebranntes Kind eine Inflationsfinanzierung und — wie ich höre eine Beitragserhöhung ausschließt, muß es dann ja wohl die große Zahl der kleinen Rentner sein, die die offene Rechnung zu begleichen haben. Das nennt man dann sozialdemokratische Umverteilungspolitik. Denn — das sollte man deutlich sehen — die von der bruttolohnbezogenen Rentenformel abweichenden Kürzungen der Rentenansprüche belasten insbesondere die kleinen Rentner und überlassen sie daher mehr und mehr der Sozialhilfe und damit den kommunalen Haushalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für die Union war dieser Zusammenhang immer sichtbar. Für die Union ist eine gute Rentenpolitik immer auch ein Stück Unabhängigkeit von der Sozialhilfe gewesen.

    (Hasinger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    In seiner Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976 hat sich der Bundeskanzler aber nicht nur gegenüber jeder Beitragserhöhung festgelegt. Nach
    seiner Erklärung wird auch die Festsetzung der Neurenten bruttolohnbezogen bleiben, nach seiner Erklärung wird es keinen Krankenversicherungsbeitrag der Rentner geben, und nach seiner Erklärung werden die bestehenden Renten mindestens an die Nettolohnentwicklung angepaßt.
    Wir wissen, daß die Nettoanpassung wegen der Steuerbeschlüsse nicht mehr viel bringen wird. Aber dann muß man doch ernsthaft die Frage stellen — die „Süddeutsche Zeitung" hat es am 24. Januar getan —, wie „in diesem Umfeld von lauter Fixpunkten" für die notwendige Sanierung der Rentenversicherung noch ein Spielraum verbleibt, wo der Kanzler „sich und sein Kabinett in der Rentenfrage so perfekt mit politischen Tretminen umgeben hat, daß er bewegungsunfähig geworden ist". Genau darum geht es. Deshalb diese ausführliche Einlassung heute morgen. Ich habe die Sorge, daß Sie von allen Möglichkeiten der Sanierung wieder die kleinste nehmen, den leichtesten Weg gehen

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: So ist es!)

    und jetzt scheinbar über die Runden kommen, wir aber im nächsten Jahr die erneute Rentendebatte und noch eine Rentendebatte und wieder eine Rentendebatte haben.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: So ist es! — Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wollen Ihnen aber auch Mut machen. Gehen Sie diesen für Sie im Augenblick leichten Weg nicht! Denn er wird am Ende für Sie der schwerste sein.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Für alle zu teuer!)

    — Für alle wird es zu teuer sein. Vielleicht werden Sie, Herr Bundeskanzler, um in absehbarer Zukunft
    — wie jetzt in München und am Dienstag im Deutschen Bundestag — noch einmal eingestehen, daß Sie auch mit Ihrer Regierungserklärung vom Dezember 1976 einem „Irrtum" erlegen sind. Ich finde die Art und Weise, wie der Bundeskanzler sich aus der Affäre ziehen will, wirklich schlimm. Es. wäre gut, wenn im Lauf dieser Debatte der Herr Bundeskanzler sich dafür, daß er auf einen Zuruf des Kollegen Mertes mit keinem Wort die damalige Verunglimpfung der gesamten Opposition, begangen durch die Behauptung, wir führten eine „unchristliche Kampagne zur Verunsicherung der Rentner", zurückgenommen hat, entschuldigen würde,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    damit die Luft wieder sauber wird in diesem Hause und damit wir miteinander anständig und vernünftig diskutieren können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn einer die Rentner verunsichert, dann sind Sie es mit Ihrem dauernden Hinhalten und Ihren dauernden Erklärungen in der Öffentlichkeit, aus denen niemand mehr herausfindet. Sie sind es doch, der Bundeskanzler und der Arbeitsminister, die dauernd die Verunsicherung betreiben. Es geht doch am Problem einfach vorbei, wenn Sie ständig behaupten, die Renten würden bezahlt. Daran hat



    Katzer
    I doch niemand gezweifelt. Das haben wir schließlich mit unserer Reform von 1957 gewollt und über 20 Jahre solide erreicht, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, Sie kürzen die Ansprüche der Rentner gegenüber dem bisherigen Rentenrecht. Das ist das Problem.
    In Wahrheit, Herr Bundeskanzler, können Sie sich auch für die Jahre 1975 und 1976 nicht hinter einem Irrtum verschanzen. Was Sie damals getrieben haben, war ein gigantisches, groß aufgeführtes Täuschungsmanöver, um über den Tag der Bundestagswahl hinwegzukommen. Sie wären doch nicht auf dem Sessel des Bundeskanzlers, wenn Sie dies damals nicht der Bevölkerung wider besseres Wissen eingeredet hätten.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie werden wohl kaum den Stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes und damaligen Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, Herrn Muhr, mit seiner Feststellung der Unwahrheit bezichtigen wollen, „daß alle im Bundestag vertretenen Parteien spätestens seit Oktober 1975 gewußt haben, wohin die finanzielle Situation in der Rentenversicherung führen würde".
    Ebensowenig können Sie sich vor den heutigen Schwierigkeiten hinter einer unzureichenden Fähigkeit zur Prognose der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung verstecken. Daß gerade eine Regierung der Planer und Macher

    (Stücklen [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    unzureichende Prognosefähigkeit hervorhebt, ist schon erstaunlich genug. Die Planifikateure waren in der Vergangenheit doch eigentlich mehr auf dieser Seite des Hauses anzutreffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie sollten ihre neue Erkenntnis auf Ihre vorausschauende Strukturpolitik übertragen. Wahr ist freilich, daß sich diese Regierung aus den vorliegenden Prognosen immer nur die optimistischsten Annahmen herausgesucht hat und sich dann wundert, daß sie nicht stimmen. Es ist aber nicht die Aufgabe von Prognosen, daß man sich das schönste herauszieht. Sie sollen doch nur eine Bandbreite aufzeigen, damit man in seiner eigenen Entscheidung eine möglichst solide Grundlage hat.
    Neine, meine Damen und Herren, es geht nicht um die Prognosefähigkeit, die Möglichkeit, sich zu irren. Hier geht es schlicht und einfach um die Handlungs- und Regierungsunfähigkeit dieser Koalition, die an diesem Punkte deutlich, exemplarisch für jedermann in der Öffentlichkeit festgestellt ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: So ist es!)

    Lassen Sie mich zusammenfassen.
    Erstens. Die Bundesregierung steht in der Rentenpolitik mit leeren Händen da. Kein Mensch weiß
    heute, wohin die Reise geht. Die Verunsicherung durch die Bundesregierung selbst nimmt kein Ende.

    (Zuruf von der SPD: Wo ist Ihr Programm?)

    Zweitens. Weil sie von Jahr zu Jahr zögert, die Rentenfinanzen dauerhaft zu sanieren, türmen sich die Defizite. Während die Rentenreserven dahinschmelzen, wächst die Abhängigkeit vom Bundeshaushalt.
    Drittens. Inzwischen haben wir es mit einer neuen Qualität der Krise zu tun, weil eine endlose Flickschusterei die Grundlagen des Rentensystems in Gefahr bringt. Für die politischen Fehler und für die Unfähigkeit der Regierung, rechtzeitig das Richtige zu tun, kann aber nicht das Rentensystem verantwortlich gemacht werden.
    Viertens. Im Gegenteil, das System hat sich auch in schwierigen Zeiten bewährt. Rentenpolitik braucht das, was Ihnen fehlt, nämlich einen sehr langen Atem.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Fünftens. Wer die Krise der Rentenfinanzen meistern will, muß bei ihren Ursachen ansetzen. Dazu gehört eine Politik des Wachstums und der Vollbeschäftigung,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    eine solide Finanzpolitik, für konjunkturelle Schwankungen und langfristige Bevölkerungsentwicklungen ausreichende Reserven.
    Sechstens nenne ich die bruttolohnbezogene dynamische Rente mit Lohnersatzfunktion. Sie fragen nach unserem Beitrag. Wenn wir Ihnen aber einen Beitrag anbieten, nämlich den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner einzuführen, dann tun Sie so, als wenn das nicht möglich wäre, weil Sie seine Notwendigkeit — ich weiß nicht, aus welchen Gründen — einfach nicht wahrhaben wollen. Dies ist der Beitrag der Opposition, den wir nicht erst heute, sondern schon 1966/67, 1972 und vor einem Jahr geliefert haben. Ich wiederhole das heute noch einmal namens der CDU/CSU-Fraktion. Sagen Sie also nicht, wir hätten keinen Beitrag geleistet!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Ich habe Ihnen die Zahlen genannt. Sie brauchen sich, wenn Sie den Rentnerkrankenversicherungsbeitrag nicht abgeschafft hätten, heute nicht über die Finanzmisere zu unterhalten, denn dann wären die Beträge vorhanden, wie ich vorhin dargestellt habe.
    Damit ist der Weg gewiesen, auf dem auch das Problem der notwendigen Gleichstellung von Mann und Frau in der Alterssicherung, das große Problem, vor dem wir stehen, gelöst werden kann. Das ist die Position der Union. Dafür haben wir 1957 die Grundlage geschaffen. Diese Position haben wir 1966/67 gefestigt, und sie ist auch jetzt eine solide Grundlage, um die Schwierigkeiten meistern zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)