Rede:
ID0806900100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8069

  • date_rangeDatum: 26. Januar 1978

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/69 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 69. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 5395 A Pairing-Vereinbarungen . . . 5395 B, 5493 B Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . 5395 A Erweiterung der Tagesordnung 5452 C Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/1371 — Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU . . . . . . . 5395 D Grobecker SPD 5399 C Katzer CDU/CSU 5403 A Rappe (Hildesheim) SPD . . . . . . 5410 A Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 5415 C Kraus CDU/CSU . . . . . . . . . 5420 A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 5423 A Franke CDU/CSU 5427 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/1375 — Glos CDU/CSU 5429 B Frau Simonis SPD 5433 A Eimer (Fürth) FDP 5435 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 5437 B Hauck SPD 5441 A Frau Funcke FDP 5443 C Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein CDU/CSU 5445 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 5447 A Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/1374 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 5458 B Blank SPD 5461 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU 5463 D Möllemann FDP . . . . . . . . 5467 A Leber, Bundesminister BMVg 5471 C Dr. Kohl CDU/CSU 5481 D Wehner SPD 5485 C Mischnick FDP 5488 A Schmidt, Bundeskanzler 5489 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 5493 C Vizepräsident Frau Funcke 5489 D Namentliche Abstimmung . . . 5495 A, 5501 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/1379 — Dr. Schneider CDU/CSU 5497 B Stöckl SPD 5498 C Gattermann FDP 5499 C Ravens, Bundesminister BMBau 5500 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/1381 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5501 D Dr. Dübber SPD 5503 A Dr.-Ing. Laermann FDP 5504 A Matthöfer, Bundesminister BMFT . . . 5505 A Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/1382 — Westphal SPD 5507 A Dr. Stavenhagen CDU/CSU 5508 C Rohde, Bundesminister BMBW . . . . 5509 D Haushaltsgesetz 1978 — Drucksachen 8/1388, 8/1426 — Gerster .(Mainz) CDU/CSU . . . . . . 5511 B Löffler SPD 5512 B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 8/1470 — Röhner CDU/CSU . . . . . . . . . . 5452 D Becker (Nienberge) SPD . . . . . . 5455 A Engelhard FDP 5456 D Nächste Sitzung 5512 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5513* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 69. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978 5395 69. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens *' 26. 1. Dr. Fuchs * 26. 1. Dr. Geßner ** 26. 1. Dr. Gruhl 26. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 26. 1. Hoppe 26. 1. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Klinker * 26. 1. Dr. Kraske 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lampersbach 26. 1. Lücker * 26. 1. Dr. Mende ** 26. 1. Dr. Müller ** 26. 1. Offergeld 27. 1. Reddemann ** 26. 1. Seefeld ' 26. 1. Dr. Starke (Franken)*' 26. 1. Dr. Todenhöfer 24.2. Dr. Vohrer ** 26. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
    Amtliche Mitteilung ohne Verlesung
    Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 23. Januar 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Spranger, Dr. Eyrich, Schwarz, Biechele, Dr. Miltner, Berger, Volmer, Krey, Dr. Laufs, Dr. Langguth, Regenspurger, Broll und der Fraktion der CDU/CSU betr. Veröffentlichung von Vorgängen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz (Drudcsache 8/1344) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1459 verteilt.
    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung werden in der heutigen Sitzung die nachfolgenden Einzelpläne beraten:
    Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung
    Einzelplan 15 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit
    Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bun-ministers der Verteidigung
    Einzelplan 25 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordordnung, Bauwesen .und Städtebau
    Einzelplan 30 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie
    Einzelplan 31 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft
    sowie
    Entwurf eines Haushaltsgesetzes 1978
    Im Einvernehmen mit den Fraktionen haben für die Teilnahme an der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments in Berlin die nachfolgenden Abgeordneten Pairingvereinbarungen getroffen: aus der Fraktion der CDU/CSU Dr. Früh, Dr. Fuchs, Klinker, Dr. Mende, Dr. Müller, Reddemann, Dr. Starke (Franken) ; •aus der Fraktion der SPD Dr. Ahrens, Dr. Geßner, Hoffmann (Saarbrücken), Lemp, Seefeld; aus der Fraktion der FDP Jung, Dr. Vohrer.
    In Fortsetzung der
    Zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978)

    — Drucksachen 8/950, 8/1285 —
    Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß)

    rufe ich auf:
    Einzelplan 11
    Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung
    — Drucksache 8/1371 — Berichterstatter:
    Abgeordneter
    Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
    Interfraktionell ist eine Redezeit von drei Stunden vereinbart worden. Die Fraktionen nehmen die Aufteilung der auf sie entfallenden Redezeiten selbst vor. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
    Wünscht der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache.
    Das Wort hat der Abgeordnete Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

    (CDU/ CSU)




    Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
    der Renten, zum anderen darauf, daß nur zwei Monate, nachdem das 20. Rentenanpassungsgesetz und das Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz in diesem Hause beschlossen waren, die ersten kostspieligen Reparaturen an diesen Gesetzen notwendig wurden, Reparaturen in einer Größenordnung von 6,175 Milliarden DM bis 1980. Die Bundesregierung sah sich, nachdem sie jahrelang die Situation in der Rentenversicherung verniedlicht und die Zerstörung der Finanzgrundlagen in Abrede gestellt hatte, genötigt, bereits früher, als es ursprünglich vorgesehen war, die Rentenbeitragszahlung der Bundesanstalt für Arbeit für Empfänger von Arbeitslosengeld vorzusehen und einen Bundeszuschuß mit 1,450 Milliarden DM bereits zum 1. Juli 1978 im Haushalt einzubauen ebenso wie eine vorzeitige Rückzahlung aufgeschobener Bundeszuschüsse festzulegen.
    Die Tatsache, daß hier also zum einen vorzeitig zusätzliche Leistungen vom Bundeshaushalt übernommen wurden und zum anderen gesetzliche Maßnahmen den Anstieg in diesem Haushalt begründet haben, relativiert die Aussagen des Ministers Ehrenberg und auch des Bundesfinanzministers.
    Bereits bei der Debatte um den Kanzlerhaushalt haben die Finanzgrundlagen der Rentenversicherung eine Rolle gespielt, und ich darf zunächst noch einmal auf das zurückkommen, was der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Herr Brandt, eingangs seiner Ausführungen vertrug. Er beklagte nämlich, daß hier im Plenum des Deutschen Bundestages anders miteinander umgegangen werde, anders gesprochen werde als in den Ausschüssen, insbesondere im Haushaltsausschuß. Ich glaube, darüber darf sich der Herr Brandt nicht wundern. Denn seit Jahren stellt man gerade im Bereich der Rentenversicherung fest, daß auf alle Argumente, auf alle Diskussionsbeiträge, auf alle Fragen, welche die Opposition in diesem Zusammenhang gestellt hat, überhaupt nicht eingegangen wird. Bei dem Dialog zwischen dem Sozialpolitischen Sprecher der CDU/CSU, Heinz Franke, und dem Bundeskanzler in der Debatte am 1. April 1976, der von uns allen gehört wurde, ging der Bundeskanzler z. B. überhaupt nicht auf die Fragen und Argumente von Heinz Franke ein. Bereits in der Debatte vom 16. Januar 1975 wurde deutlich gemacht, wie sich die Finanzentwicklung bei der Arbeitslosigkeit und dem Wirtschaftswachstum einmal darstellen werde. Bei all diesen Fragen und Feststellungen gab es kein Eingehen auf die Argumente der Opposition.
    Vielmehr hat es der Bundeskanzler für richtig befunden, im Rahmen seiner Regierungserklärung am 16. Dezember noch festzustellen:
    Unsere in einer schwierigen wirtschaftlichen Phase getroffenen Entscheidungen sind geeignet, die Rentenversicherung zu konsolidieren und damit die Altersversorgung der Bürger zu sichern.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Alles Schwindel!)

    Eine solche Feststellung war, wie Sie, Herr Kollege
    Haase, mit Ihrem Zwischenruf schon deutlich ge-
    macht haben, leichtfertig, weil alle Debatten im
    Bundestag, die Anhörung im Sozialpolitischen Ausschuß, die Berichte der Bundesbank, die Stellungnahme des Sozialbeirats und die Äußerung der Rentenversicherungsträger von der Regierung überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wurden. Es war die fehlende Bereitschaft festzustellen, auf diese Argumente einzugehen.
    Deswegen kann man den Bundeskanzler auch nicht davon freisprechen, daß bei der Wahl am 3. Oktober 1976 eben doch eine Absicht zur Täuschung vorhanden war.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn der Bundesarbeitsminister bei der letzten Haushaltsdebatte immer wieder die Grunddaten des Jahreswirtschaftsberichts, die gesamtwirtschaftlichen Annahmen als Grundlage für seine Überlegungen und Unterlassungen darstellte, dann muß er sich doch auch daran erinnern, daß der damalige Finanzminister Schmidt von dieser Stelle aus am 22. September 1972 im Zusammenhang mit den Rentenbeschlüssen, die damals gefaßt wurden, feststellte — ich möchte fast sagen: sehr anmaßend und hochmütig —:
    Das heißt aber, daß unsere gestrigen Rentenbeschlüsse in Zukunft nur dann finanziert sein werden, wenn Sozialdemokraten bis 1985 für kontinuierliche Vollbeschäftigung sorgen. Nur dann sind sie finanziert.
    Wenn ein Finanzminister diese Feststellung, liebe Kollegen, hier trifft und sagt „Die Entwicklung der Rentenversicherung ist von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt abhängig", dann kann er sich nicht drei Jahre später hier hinstellen und so tun, als ob ihn diese Entwicklung überrascht habe und als ob er nur einem Irrtum unterlegen sei.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für dieses Verhalten gibt es nur zwei Begründungen oder vielleicht Erklärungen: Entweder haben der Bundeskanzler und die zuständigen Minister, damals Arendt, dann Ehrenberg, unbequeme Tatsachen nicht zur Kenntnis genommen oder nach dem Motto verdrängt, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, oder sie leiden — hier möchte ich einen neuen medizinischen Begriff prägen — an einem „Leber"-Syndrom, an einem Georg-Leber-Syndrom. Ein Syndrom ist ein Krankheitsbild mit mehreren Symptomen. Was bedeutet das Georg-Leber-Syndrom? Nicht alles zu lesen, nicht alles zur Kenntnis nehmen, weil man alles besser weiß, und das meiste zu vergessen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    An diesem „Leber"-Syndrom ist auch Herr Kühn schon erkrankt.
    Bis zum heutigen Tag werden die Probleme geleugnet. Dies macht auch die Aussage des Bundesfinanzministers bei der Einbringung des Haushalts am 4. 10. 77 deutlich. „Daraus folgt: die Finanzen der Rentenversicherung sind in Ordnung." Der Herr Bundesarbeitsminister hat selbst noch am 12. Januar 1978 in einer Mitteilung für die Presse gesagt, er verzichte auf tönende Neujahrsbotschaften, die Finanzen der Rentenversicherung seien entscheidend



    Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
    gefestigt, ohne daß es zu einer Belastung der Beitragszahler komme und ohne daß der Besitzstand der Rentner geschmälert werde.
    Alle diese Aussagen sind eine Täuschung der Öffentlichkeit und ein Beitrag zur Verunsicherung insbesondere der Rentner. Insofern muß von dieser Stelle der Vorwurf des sozialdemokratischen Parteivorstandes an die Opposition zurückgewiesen werden, wir hätten für die Verunsicherung in dieser Rentendebatte gesorgt. Die zahlreichen Erklärungen von Mitgliedern von SPD und FDP, die verschiedenen Lösungsvorschläge, die auch Herr Ehrenberg in den letzten Wochen zur Debatte gestellt hat, der Lambsdorff-Plan, die Vorschläge der Arbeitsgemeinschaft der Arbeitnehmer in der Sozialdemokratischen Partei und viele andere Dinge — wir kennen dies alles, und der Kollege Katzer wird nachher noch im einzelnen darauf eingehen — haben die Diskussion der letzten Wochen beeinflußt. In dieser Situation kann man nicht davon sprechen, daß die Öffentlichkeit durch uns verunsichert wurde.
    Der Arbeitsminister muß sich fragen lassen, ob er wirklich noch seine Aussagen vom Mai 1977 aufrechterhält, als er gesagt hat: Wir rechnen vorsichtig, und wir rechnen solide.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Nur wenige Wochen danach mußten weitere sechs Milliarden DM aus Haushaltsmitteln für die Sanierung der Rentenversicherung bereitgestellt werden. Heute wissen wir, daß bis 1982 weitere 25 bis 30 Milliarden DM Defizit in der Rentenversicherung vorhanden sein werden. Ich sage es noch einmal: Der Hinweis auf gesamtwirtschaftliche Annahmen und die Begründung kann nicht ausreichen, sondern Veränderungen müssen zur Kenntnis genommen werden. Ich frage Sie: Was würde wohl mit einem Weichenwärter der Deutschen Bundesbahn passieren, der seiner Pflicht dadurch genügt, daß er die Schranken nach dem Fahrplan und nicht nach dem tatsächlichen Fahrverlauf der Züge schließt? Er würde entlassen, wenn etwas passiert. Es ist genau das gleiche, wenn sich der Bundesarbeitsminister auf Annahmen beruft, die durch die tatsächliche Entwicklung längst überholt sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn sich der Bundestag schon so frühzeitig mit dem Haushaltsplan des Jahres 1978 beschäftigt, so ist es, meine ich, eigentlich eine Mißachtung des Parlaments, wenn der Jahreswirtschaftsbericht erst am Ende der Haushaltsdebatte vorgelegt wird und in die Diskussion einbezogen werden kann. Ich meine, dieser Bundestag sollte auch im Zusammenhang mit der Haushaltsdebatte erwarten können, daß die Grundannahmen, die die Bundesregierung für ihr Handeln im folgenden Jahr zugrunde legt, so rechtzeitig in die Debatte eingeführt werden, daß wir sie auch mit dem Haushalt zusammen erörtern können. Da das Thema wichtig genug ist, sollte es natürlich auch in einem besonderen Durchgang noch einmal vertieft und diskutiert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch darüber sollten wir einmal nachdenken.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Graf Lambsdorff?

(CDU/ CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß der Jahreswirtschaftsbericht nach den Vorschriften des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes Ende Januar veröffentlicht werden muß, und darf ich Sie weiterhin darauf aufmerksam machen, daß die Haushaltsberatungen in diesem Jahr erst so spät stattfinden, weil es sich letztlich um eine Folge des Wahltermins handelt?

    (CDU/ CSU)


    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Zack, zack! 1 : O! — Heiterkeit)

    Ein Zweites. Wir finanzieren zahlreiche Sachverständige aus Haushaltsmitteln, insbesondere den Sozialbeirat. Wir müssen feststellen, daß in der Diskussion zwar immer wieder Versuchsballons in Form von verschiedenen Vorschlägen zur Sanierung der Rentenversicherung gestartet werden, daß aber die Argumente des Sozialbeirates — bestehend aus Sachverständigen, die doch der Regierung zur Seite stehen sollen — keine Beachtung finden und daß nicht auf deren Vorschläge eingegangen wird.
    Noch ein Wort zu den wiederholten Aussagen des Kanzlers, des Finanzministers und des Arbeitsministers zur Sicherheit der Renten. Natürlich sind die Renten sicher, weil nämlich wir, die CDU, in § 1384 der Reichsversicherungsordnung auch eine Garantie des Bundes begründet haben. Sie wollen aber doch wohl nicht — wir jedenfalls wollen es nicht —, daß die Rentenversicherung zum Kostgänger der Bundeskasse wird. Ihre Politik aber wird immer mehr zu einer solchen Entwicklung führen, z. B. durch die Abschmelzung der Rücklagen und anderem mehr.
    Ich darf Sie einmal auffordern, Herr Bundesarbeitsminister, uns mitzuteilen, wie. Sie sich denn die gesetzliche Regelung des § 1384 RVO vorstellen; denn das ist bisher ebensowenig geregelt wie die Defizithaftung des Bundes für die Bundesanstalt für Arbeit nach § 187 des Arbeitsförderungsgesetzes. Auch hier sind Sie, Herr Bundesarbeitsminister, am Zuge. Sie müssen die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, daß die Rentenversicherung und die Bundesanstalt für Arbeit nicht Not leiden.

    Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
    Meine Damen und Herren, die gestrige Debatte hat zahlreiche Diskussionsbeiträge zum Problem der Arbeitslosigkeit gebracht. Ich will deswegen im Zusammenhang mit Einzelplan 11 nur auf einen Gedanken eingehen.
    Der Bundeskanzler hat vor nicht allzulanger Zeit kritisch festgestellt — an die Adresse der Gemeinden gerichtet —, mit der mangelhaften Ausnutzung der angebotenen Konjunkturprogramme sei ein Investitionsstau entstanden, der vor allem Schuld der Gemeinden sei. Hier muß dem Bundeskanzler gesagt werden, daß er sich erst einmal in seinem Zuständigkeitsbereich umsehen soll, denn wir haben in den Haushaltsdiskussionen feststellen können, daß zahlreiche Bauvorhaben — etwa im Einzelplan 11 oder auch im Einzelplan 15 —, für die der Bund Mittel bereitgestellt hat, nicht oder erst viel später durchgeführt werden können, weil eine lahme Bürokratie nicht die Voraussetzungen schafft, diese Bauvorhaben so durchzuführen, wie es notwendig ist. Deswegen sollte die Regierung die Fehler nicht bei anderen suchen, sondern sich selbst erst einmal prüfen und untersuchen, ob hier nicht Verbesserungen möglich sind.
    Auch die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Regierung haben hier wiederholt eine Rolle gespielt. Herr Ehrenberg wurde nicht müde, diese Maßnahmen als einen gewichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu loben. Ich stelle fest, daß von den 1,65 Milliarden DM, die im Einzelplan 11 und im Einzelplan 60 für arbeitsmarktpolitische Programme zur Verfügung standen, 774 Millionen DM bisher nicht abgerufen wurden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Das zeigt doch, daß ein Teil der Programme nicht gegriffen hat und daß es an der Zeit ist, daß sich die Bundesregierung einmal Gedanken darüber macht, warum es zu diesem mangelnden Abfluß der Mittel gekommen ist. Wenn ich noch sehe, daß 400 Millionen DM als globale Minderausgabe — die der Finanzminister ja gegenüber dem Parlament begründet hat — im Bereich der Arbeitsmarktpolitik hier angeführt wurden, dann frage ich Sie, Herr Bundesarbeitsminister: Stehen die im Jahr 1978 noch für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verfügung, oder sind die ein für allemal im Rahmen der globalen Minderausgabe gestrichen worden?
    Lassen Sie mich noch ein Wort zur Krankenversicherung und deren ,Entwicklung sagen. Von Beitragserhöhungen — etwa bei der gesetzlichen Krankenkasse, der ich angehöre, von 25 % — bis zu leichten Beitragssenkungen beobachten wir unterschiedliche Entwicklungen. Man kann sich noch kein abschließendes Bild machen. Aber eines kann man heute schon feststellen, nämlich daß aller Voraussicht nach die Auswirkungen des Krankenversicherungskostendämpfungsgesetzes im nächsten Jahr zu erheblichen Steigerungen der Beitragsentwicklung auch in der Krankenversicherung führen werden.
    Gesundheitspolitisch entsteht damit ein äußerst unerwünschter Effekt: Die Versichertengemeinschaft und die Anbieter von Leistungen, die sich in den letzten zwei Jahren ja sehr gut an die Empfehlungsvereinbarungen von Krankenkassen und Kassenärzten gehalten haben, werden für ihr durchaus vernünftiges Verhalten, um das wir sie alle miteinander gebeten haben, praktisch bestraft.

    (Dr. Hammans [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Der Bundesarbeitsminister macht es sich zu einfach, indem er in einer Mitteilung an die Versicherten sagt: Seit dem 1. Juli ist unsere Krankenversicherung auf dem Weg der Genesung. Genau das ist falsch. Denn es ist festzuhalten: Durch die Studie, die unser Freund Heinrich Geißler, damals noch Sozialminister des Landes Rheinland-Pfalz, 1974 vorgelegt hat, ist die ganze Diskussion über die Kosten im Gesundheitswesen in Gang gekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Er kann für sich das Verdienst in Anspruch nehmen, als erster auf diese Problematik hingewiesen zu haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der damalige Bundesarbeitsminister Arendt sprach damals von einem Horrorgemälde.
    Die Kostensteigerungen bei den Krankenkassen — nämlich 1972 17 %, 1973 19%, 1974 20 % — kommen ganz anders zur Geltung, wenn man erkennt, daß bereits 1975 eine leichte Tendenzwende eintrat, die 1976 zu einem Rückgang der Kostensteigerungen auf 9 °/o und im ersten Halbjahr 1977 — vor Inkrafttreten des Krankenversicherungskostendämpfungsgesetzes — zu einem weiteren Absinken auf 5,4 % führte. Das sind die tatsächlichen Auswirkungen. Das ist nicht das Verdienst des Bundesarbeitsministers auf Grund des Krankenversicherungskostendämpfungsgesetzes. Das sollte er hier zugeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich zum Schluß einen Problembereich herausgreifen, bei dem der Bundesarbeitsminister in der Öffentlichkeit offensichtlich so tut, als sei er dafür nicht verantwortlich und nicht zuständig. Ich meine den Skandal um den Zivildienst der Wehrdienstverweigerer. Der Bundesbeauftragte, der seine politische Vergangenheit offenkundig nicht vergessen kann, tut in der Öffentlichkeit so, als sei allein er hier zuständig. Für den Skandal, daß derzeit nahezu 100 000 Plätze gebraucht werden, die 54 000 Kriegsdienstverweigerer nach altem Recht und die Bugwelle, von der immer gesprochen wurde, im Zivildienst keinen Platz gefunden haben, trägt die Verantwortung der Bundesarbeitsminister Ehrenberg.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich fordere ihn auf, zu erklären, wie es zu dem Versagen gekommen ist, das wir in den letzten Wochen und Monaten im Hinblick auf das Bundesamt für Zivildienst und das mangelnde Vermögen des zuständigen Bundesamts, entsprechende Plätze für die Wehrdienstverweigerer bereitzustellen, erleben mußten. Es lag nicht etwa an Geldmangel. Im vorigen Jahr hat der Haushaltsausschuß 100 Millionen DM zusätzlich bereitgestellt. Ich habe schon damals gefragt: Sind das Bundesministerium und das Bundesamt überhaupt in der Lage, damit administrativ fertig zu werden? Heute kann man sagen, meine



    Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
    Damen und Herren insbesondere von der SPD und der FDP: Diese 100 Millionen DM sind verlorengegangen. Das hat ja auch mit einen Einfluß auf die einstweilige Anordnung gehabt, die das Bundesverfassungsgericht erlassen hat. Die Ursachen liegen in diesem Hause, wo man nicht in der Lage war, zur Wehrdienstnovelle rechtzeitig entsprechende flankierende Maßnahmen einzuleiten.
    Ich frage heute aus höchst aktuellem Anlaß, meine Damen und Herren: Wie beurteilt der Herr Bundesarbeitminister die Streikandrohung der Zivildienstpflichtigen?

    (Zurufe von der CDU/CSU: So ist es!)

    Herr Wehner hat bei dem Sicherheitskongreß in Leverkusen, wenn ich mich recht entsinne, von der Gleichstellung der Wehrpflichtigen und der Zivildienstpflichtigen gesprochen. Wenn das so ist — das bestreite ich ja gar nicht —, dann frage ich: Was würde mit den wehrpflichtigen Soldaten in der Bundesrepublik Deutschland geschehen, wenn sie Streik androhten? Wir möchten von der Regierung wissen, wie der Bundesarbeitsminister zu diesen Dingen steht.
    Wir können unserem Kollegen Vohrer von der FDP zustimmen, der gesagt hat, die Wehrdienstnovelle sei administrativ ungenügend vorbereitet worden. Es ist zu einer Diskussion über Disziplinierungsmaßnahmen gekommen. Um die Zauberlehrlinge wieder loszuwerden, die man gerufen hatte,-will man Gemeinschaftsunterkünfte einrichten, kasernieren. Ich frage: Wo sind denn die Mittel dafür? Wo ist denn die personelle Ausstattung für solche Unterkünfte? Ist es richtig, was der Kollege Hölscher gesagt hat, daß es sich um Strafbataillone an der Sozialfront und vieles andere mehr handelt? All das konnte sich nur in der Weise entwickeln, weil der Bundesarbeitsminister nicht in der Lage und bereit war, hier politische Verantwortung zu übernehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Opposition dafür die Schuld zuzuweisen, daß es so viele Meldungen von Kriegsdienstverweigerern gegeben hat, ist billig. Herr, Iven, der diese Äußerung im Haushaltsausschuß gemacht hat, kann diese Zahlen nicht belegen. Er hat gesagt, viele, die sich gemeldet hätten, seien zu jung oder viel zu alt gewesen. Meine Damen und Herren, von 14 000 Zivildienstpflichtigen und Wehrdienstverweigerern, die sich bis Ende September gemeldet hatten, waren ganze 800 zu alt oder zu jung. Man sieht, daß auch hier versucht wird, die Öffentlichkeit zu täuschen, und daß man eben keine rechtzeitigen Konsequenzen aus der Gesetzgebung dieses Hauses gezogen hat.
    Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Die Hinweise auf die ungenügende Vorbereitung und Durchführung des Wehrdienstgesetzes zeigen ebenso wie der Skandal um die Rentenfinanzierung und die notwendige Sicherung der Finanzgrundlagen in diesem Bereich deutlich, daß der Bundesarbeitsminister in den Entscheidungsbereichen, wo er gestalten könnte, wo er Entscheidungen treffen könnte, diesen Entscheidungen ausgewichen ist, die Probleme verniedlicht und nicht rechtzeitig Maßnahmen eingeleitet hat, die es uns erleichtern würden, zu positiven
    Feststellungen zu kommen. Wir können nur feststellen, daß Herr Ehrenberg für diese Versäumnisse und Fehlentwicklungen Verantwortung trägt. Man ware fast versucht, hier zu fordern, das Bundesministerium solle seinen Namen ändern. Wenn man die Entwicklung im Bereich der Rentenversicherung und auch des Zivildienstes beobachtet, so muß man eigentlich von einem Ministerium für Unsoziales und Mißwirtschaft sprechen. Dafür trägt der Bundesarbeitsminister die Verantwortung. Wir lehnen daher den Einzelplan 11 ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)