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ID0806815500

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    Plenarprotokoll 8/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung . . . . . 5263 A Pairing-Vereinbarungen 5263 C Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/1368 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/1377 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/1383 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/1387 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zur Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1977 bis 1981 — Drucksachen 8/951, 8/1286, 8/1421 — Haase (Kassel) CDU/CSU 5264 A Grobecker SPD 5267 B Gärtner FDP 5269 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 5273 D Westphal SPD 5278 A Frau Matthäus-Maier FDP 5282 A Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 5284 C Augstein SPD 5289 C Wohlrabe CDU/CSU . . . . . 5291 B, 5293 C Dr. Dübber SPD 5293 A Hoppe FDP 5294 C Frau Pieser CDU/CSU . . . . . . 5295 B Augstein SPD 5298 B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1978 Präsident Carstens 5274 C Vizepräsident Stücklen 5293 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/1370 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 5300 A Simpfendörfer SPD 5303 D Paintner FDP 5306 D Ertl, Bundesminister BML . . . . . . 5308 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/1369 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . . 5311 D Dr. Sperling SPD 5315 C Dr. Biedenkopf CDU/CSU . . . . . . 5318 B Dr. Ehmke SPD 5326 A Dr. Haussmann FDP 5333 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 5335 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/1372, 8/1424 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 5344 B Müller (Nordenham) SPD 5346 C Ollesch FDP 5348 C Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 5350 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/1373 — . . . . . . 5351 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 8/1366 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/1384 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 8/1386 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . . 5352 A Liedtke SPD 5356 A Dr. Wendig FDP 5359 D Spranger CDU/CSU 5362 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 5366 A Walther SPD 5371 B Metz CDU/CSU 5371 D Namentliche Abstimmung . . . 5371 D, 5373 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 8/1367 — Dr. Friedmann CDU/CSU 5374 D Dr. Emmerlich SPD . . . . . . . . 5377 B Kleinert FDP 5379 B Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . 5383 B Dürr SPD 5385 B Dr. Vogel, Bundesminister BMJ 5386 C Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/1385 — 5392 C Nächste Sitzung 5392 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5393* A Deutscher Bundestag -- 8. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1978 5263 68. Sitzung Bonn, den 25. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Bayerl * 25. 1. Dr. Dollinger 25. 1. Dr. Fuchs * 25. 1. Jung * 25. 1. Dr. Kraske 27. 1. Dr. Kreile 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Lampersbach 26. 1. Luster * 25. 1. Dr. Mende ** 25. 1. Dr. Müller ** 25. 1. Dr. Müller-Hermann * 25. 1. Offergeld 27. 1. Reddemann ** 25. 1. Scheffler ** 25. 1. Schmidt (München) * 25. 1. Dr. Schwencke (Nienburg) *' 25. 1. Seefeld * 25. 1. Dr. Starke (Franken) * 25. 1. Dr. Todenhöfer 24. 2. Dr. Vohrer ** 25. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
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    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
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    Herr Kollege Franke, können wir uns nicht verstehen, oder wollen wir uns nicht verstehen? Es geht um die Beantwortung der Frage: Was ist jetzt, hic et nunc, zu tun, am 24. oder 25. Januar und den Folgetagen des Jahres 1978?

    (Franke [CDU/CSU] : Sie weichen meiner Frage aus!)

    Darüber wird aber zu diskutieren sein. Mir geht es hier im wesentlichen um die Frage, wieweit sich Kritik und der Mut zu Konsequenzen, die dann gezogen werden müssen, miteinander decken, oder wieweit man Kritik üben kann und Lösungsmöglichkeiten durch eigene Positionen, durch eigene Forderungen verbaut.

    (Franke [CDU/CSU] : Wo liegen die Vorschläge der Regierung? — Abg. Glombig [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Rede von Dr. Annemarie Renger
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    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nein, Frau Präsidentin, ich habe ja leider nur eine begrenzte Zeit.

    (Zuruf des Abg. Dr. Barzel [CDU/CSU])

    — Wir werden den Vorschlag in den nächsten Tagen machen.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Sie werden und wir sollen schon!)

    — Ich habe nicht gesagt, Herr Barzel — Sie wissen sehr genau zuzuhören und sehr genau zu verstehen —, Sie sollen einen Vorschlag machen, ich habe vielmehr gesagt, Sie sollen nicht Positionen aufbauen, die Vorschläge unmöglich machen, so daß man dann nicht miteinander darüber reden kann. Das ist die Position.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Sie doch gemacht!)

    Meine -Damen und Herren, ich will diese Probleme trotz der gestrigen Debatte mit aller Zurückhaltung behandeln, wobei ich mit der gestrigen Debatte nicht den Inhalt dessen meine, was wir besprochen haben, sondern -die Art, in der der erste Redner der Opposition vorgegangen ist. Ich will Ihnen mit aller Deutlichkeit, hoffentlich aller Gelassenheit, sagen, meine Damen und Herren, daß ich die Behauptung, der Chef der deutschen Regierung, der Bundeskanzler — der sich selbst verteidigen wird und verteidigen kann —, habe sich des Bruchs des Amtseides schuldig gemacht, für eine ehrabschneiderische Behauptung gegenüber jedem Mitglied dieses Kabinetts halte.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der SPD) Der Kollege Strauß ist wie üblich nicht mehr da.


    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Was heißt „wie üblich" ?)

    — Wie üblich? Ich weiß nicht, auf welcher Reise er ist. Ich will mich jetzt gerade mit einer seiner Reisen beschäftigen, Herr Kollege Waigel.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo ist denn der Kanzler?)

    Wer so in. den Wald hineinruft, der muß sich nicht wundern, wenn so zurückgerufen wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Auch was den Kollegen Strauß und seine Beiträge zur Terrorismusbekämpfung anbelangt, möchte ich gern Deckungsgleichheit von Vorwurf, von Rhetorik und persönlicher Haltung sehen. Ich warte immer noch auf eine Erklärung oder auf ein Dementi des verehrten Kollegen zu der Behauptung des „Spiegel", Herr Strauß habe in der Zeit der Attentatsdrohung gegen die Lufthansa seinen Flug von Lufthansa auf Swissair umgebucht und sei dann nach Chile geflogen.

    (Hört! Hört! bei der SPD — Dr. Waigel {CDU/CSU]: Das ist unfair, so etwas in den Raum zu stellen, ohne daß sich der Betreffende verteidigen kann! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Meine Damen und Herren, diese Behauptung — —

    (Franke [CDU/CSU] : Herr Lambsdorff, das ist unter Ihrem Niveau! — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Überlassen Sie doch so etwas dem Ehmke! Weitere. Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Kollege Waigel, diese Behauptung

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist unfair! — Das ist unseriös! — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    ist seit dem 28. November 1977 im Raum, aber nicht von mir, sondern abgedruckt im „Spiegel".

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Was hat sie in dieser Debatte zu tun? Gehen Sie doch auf Biedenkopf ein! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Was wollen Sie damit sagen? Sie sind doch sonst nicht so! — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)


    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    — Ich sage noch einmal, wer so in den Wald hineinruft, der wird auch dieses Echo ertragen müssen, und das werden Sie auch.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir werden nicht bereit sein, solche Behauptungen wie diese gestern widerspruchslos und ohne Reaktion hinzunehmen. Es wird mit gleicher Münze heimgezahlt.

    (Beifall bei der FPD und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, zum Jahreswirtschaftsbericht und zu Ihren Äußerungen, Herr Kollege Biedenkopf. Ich muß gestehen, ich finde es nicht ganz, ich will nicht sagen: korrekt, aber nicht ganz freundlich — sagen wir einmal so —, hier den Jahreswirtschaftsbericht, den Sie ganz offensichtlich
    — Information und Wissen ist Macht, ist Herrschaftsmacht, das wissen wir — von der ersten bis zur letzten Seite gelesen haben, zu zitieren, dabei aber von einem Wissensstand auszugehen, den die Mehrheit der Kollegen gar nicht haben kann.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das steht alles schon in der Zeitung!)

    — Es steht eben nicht alles in der Zeitung. Von dem verbalen Teil stehen nur wenige Abschnitte in der Zeitung. Vieles von dem, was Sie zitiert haben, ist wichtiger Bestandteil des Jahreswirtschaftsberichts. Wir würden uns freuen, wenn wir so viele aufmerksame Leser fänden. Lieber wäre es uns natürlich, Sie würden ihn so aufmerksam für eine Debatte lesen, bei der jeder über das gleiche Wissen verfügen kann. Ich gehe nicht davon aus, daß er es hat, weil es nicht alle lesen.

    (Franke [CDU/CSU] : Aber haben Sie es denn jetzt nicht verteilen lassen?)

    Sie haben im übrigen, Herr Biedenkopf, nicht alles vollständig gelesen. Ich will. darauf nachher eingehen.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Der Professor hat Ihnen ganz schön das Konzept verdorben!)

    Sie haben, wenn ich das recht verstehe, den Vortrag oder die Vorlesung, die Sie hier gehalten haben, sicherlich auch — und ich begrüße das — an einen Teil Ihrer eigenen Partei gehalten. Ich habe nichts dagegen, daß der Kollege Waigel das Ergebnis des FDP-Parteitags in Kiel glossiert, nur sage ich Ihnen, sage ich der Opposition: Gehen Sie doch nach Kiel, hic Kiel, hic salta, und dann machen Sie einmal ordnungspolitische Grundsatzprogramme und nicht das, was in Berlin zu Papier gebracht worden ist mit dem „sozialen Wohlbefinden".

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Waigel [CDU/CSU])

    Herr Biedenkopf, Sie haben hier — ich werfe Ihnen das gar nicht vor, ich stelle es nur fest — gut und relativ leicht reden, denn Sie reden als neuer Kollege jetzt noch vor dem Sündenfall. Eines Tages werden Sie mit Ihrer Zustimmung zu vielem von dem, was Sie hier kritisiert haben und dem so viele
    Ihrer Oppositionskollegen zugestimmt haben, auch nach dem Sündenfall stehen.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Also in Ihrer Lage!)

    Ja, selbstverständlich. Sie haben erst den ersten halben Schritt getan, als Sie die Senkung der Vermögensteuer abgelehnt haben. Das war schon der Weg zum Sündenfall.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie wissen doch genau, daß das nicht stimmt! — Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Sie wissen genau, warum wir die Vermögensteuersenkung abgelehnt haben!)

    — Ich weiß das sehr wohl, aber dies war wohl weniger Grundsatztreue als Opportunismus.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Und mit Ordnungspolitik hatte das so schrecklich viel auch nicht zu tun.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr schwach heute!)

    Meine Damen und Herren, an der Zustandsbeschreibung, an den Zahlen, die Sie genannt haben, wird hier keinerlei Kritik geübt. Die Aussage, daß Innovations- und Anpassungsfähigkeit als wesentlicher, als zentraler Betandteil zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung gehört, findet unsere Zustimmung. Daß Vertrauen von Konsumenten und Unternehmern vorhanden sein muß, ist eine Binsenwahrheit, die in diesem Hause wohl niemand bestreiten wird und bestreiten kann; da sind wir einig.

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD)

    Noch einmal dazu,. daß die Rentner sparen: Rentner sparen erstaunlicherweise immer überproportional. Bei fortschreitendem Alter spart man überproportional. Die menschliche Seele ist schwer erforschbar, und die Motivationen von Sparern sind erst recht schwer erforschbar. Ob es Prämiensparer oder andere sind, zu welchem Zweck und aus welchen Motiven sie sparen, weiß, Herr Biedenkopf, bis heute niemand. Oder sagen wir einmal, niemand weiß es annähernd genau.

    (Zuruf von der SPD: Aber vor allem, weil sie sparen können!)

    — Ja, daß sie etwas zum Sparen haben, ist zunächst einmal ein Zustand, in den sie die Politik versetzen muß.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Herr Biedenkopf, Sie haben die Frage gestellt — und haben es sich, wie ich finde, zu einfach gemacht —, warum Arbeitnehmer keine Aktien kaufen. Es ist gewiß richtig, daß eine Inflationsentwicklung — im Gegensatz zu dem, was wir früher gemeint haben, als wir an den Substanzwert der Aktie glaubten — die Renditeaussichten der Aktie so verschlechtert, daß man sie nicht mehr kauft. Aber ich sage Ihnen, die Überlegungen, die hier zugrunde liegen, habe ich in zehn Jahren beruflicher Praxis, in denen ich versucht habe, Aktien zu verkaufen, erforscht, und darüber müßte man dann hier etwas genauere Darlegungen machen als nur aus dieser



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    einen Überlegung heraus, die Sie für richtig und für entscheidend gehalten haben. Dies ist nicht der Punkt.
    Hinzu kommt im übrigen, daß wir mit der Körperschaftsteuerreform — notabene mit Ihrer Zustimmung — eine Schneise geschlagen haben, von der wir sehr hoffen, daß sie auf diesem Gebiet mehr Erfolg ermöglichen wird. Wir halten es für wichtig, daß dem Arbeitnehmer Zugang zum Produktivvermögen eröffnet wird, daß er am Erfolg der Wirtschaft — gelegentlich auch am Mißerfolg, aber wir alle wollen hoffen, am Erfolg — Anteil haben kann.

    (Zustimmung bei der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Warum lehnen Sie dann den Vorschlag Bayerns ab?)

    — Dazu kommen wir auch noch; das haben wir sehr sorgfältig begründet.
    Erneut haben Sie, Herr Biedenkopf, wie Herr Strauß — und ich bitte doch, es sich nicht so einfach zu machen —, das alte Lied gesungen, die Bundesregierung trage die außenwirtschaftlichen Schwierigkeiten — so sagten Sie — vor sich her, um von den eigenen Fehlern abzulenken. Ich habe niemals bestritten — und mein Amtsvorgänger hat niemals bestritten —, daß auch wir Fehler gemacht haben. Wer eigentlich macht keine Fehler, wenn er arbeitet und entscheidet?

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP und der SPD — Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Der Bundeskanzler bestreitet es ständig!)

    — Auch der Bundeskanzler bestreitet dies nicht. Der Bundeskanzler mißt — über den Prozentsatz kann hier lebhaft gestritten werden — den außen- und weltwirtschaftlichen Zusammenhängen — wie ich finde, zu Recht — eine sehr große Bedeutung zu; wie gesagt, das Ausmaß ist diskussionsfähig.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Aber es war doch in der Regierungserklärung genau andersherum!)

    Herr Biedenkopf, wie können Sie hier konstatieren, die Erhöhung der Energiepreise, die Vervierfachung der Energiepreise — so sagten Sie — sei kompensiert?

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Sehr gut!)

    Da sind Sie beim Thema „Kreislauf" beim Kapitel „Nationaler Kreislauf" stehen geblieben und haben das Kapitel „Internationaler Kreislauf" nicht mehr zur Kenntnis genommen.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Das habe ich erwähnt!)

    Denn, Herr Biedenkopf, die Belastung im internationalen Kreislauf, die doch sichtbar daraus entsteht, daß sich Dollar-Guthaben in Milliardenhöhe in einigen Wüstenländern ansammeln und dem Kreislauf anderer Volkswirtschaften entzogen werden, ist doch nicht überwunden. Wie denn um alles in der Welt?

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, Sie sagen uns, daß die Löhne, die Einkommen nicht nur Nachfragewirkung haben. Herr Waigel meint, wir kritisierten den Sachverständigenrat.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU] : Nicht Sie, aber andere aus der Koalition!)

    — Sie haben „die Bundesregierung" gesagt, und der gehöre ich an. — Meine Damen und Herren, Sie werden unsere Stellungnahme im Jahreswirtschaftsbericht finden. Ich will Sie jetzt nicht damit aufhalten, etwas zu verlesen, was Sie in wenigen Tagen gedruckt auf dem Schreibtisch finden. Sie werden unsere Stellungnahme zu diesem Punkt bekommen, in der wir klar und deutlich sagen, daß Löhne und Gehälter selbstverständlich auch Nachfragewirkung haben, daß sie aber in der gegenwärtigen Situation sicherlich überwiegend Kostenwirkung haben und daß wir sehr genau wissen, daß von Lohn- und Gehaltserhöhungen nur ein Teil und nicht etwa das Ganze nachfragewirksam werden kann. Wir sind da völlig einer Meinung, aber wir bitten denn doch darum, daß das nicht einfach übersehen wird.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Aber nach Herrn Kluncker ist das „Geschwafel"!)

    — Ich komme auch dazu noch, Herr Biedenkopf. Ich habe mich dazu öffentlich — draußen vor 3 000 Belegschaftsmitgliedern der KWU — geäußert und gesagt, daß ich die Bezeichnung „Geschwafel", wenn man anderer Meinung ist, für keine angemessene Form von Diskussion und Kritik halte.

    (Beifall)

    Kritik muß jedermann hinnehmen, aber über „Geschwafel" kann man nicht mehr diskutieren.
    Sie, Herr Biedenkopf, sagen, der Exportüberschuß des Jahres 1977 sei wesentlich gewesen, habe uns gerettet, sei hilfreich gewesen. Ich möchte antworten: ja und nein. Ja, weil er natürlich die Beschäftigung abgestützt hat. Schwierig wird es, wenn man sieht, unter welchen Konditionen dieser Exportüberschuß von der beliefernden Industrie erreicht werden konnte und wie das die Ertragsmarge gedrückt hat, weil der Wettbewerb, nicht zuletzt durch die Wechselkursbewegungen — ich bitte um gütige Nachsicht, aber auch das ist ein außenwirtschaftliches Moment —, auf die Preise gedrückt hat. Und wer glaubt denn eigentlich, wer ist denn so einfältig, zu glauben, daß man, nur weil man D-MarkRechnungen ausstellt, den ganzen Verlust durch Abwertungsbewegungen allein dem Käufer aufbürden kann, wenn man einen solchen Markt noch behalten will? Nein, hier gibt es Risiken, und hier hat der Export durchaus seine problematische Seite.
    Aber es geht weiter: Der Außenbeitrag dieses Landes, Herr Biedenkopf, ist eben nicht nur die Lieferung von Gütern, ist eben nicht nur die Handelsbilanz, sondern ist die Zusammenfassung von Waren- und Dienstleistungsbilanz, und die ist seit drei Jahren rückläufig. Und auch hier liegen unsere Schwierigkeiten wieder im außenwirtschaftlichen Bereich begründet.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Das ist ein ganz anderes Problem!)




    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    — Es ist kein anderes Problem, sondern es ist die
    halbe Seite eines Bildes, die Sie betrachten oder
    die Sie dem Betrachter zumindest vorgeführt haben.
    Sie nannten die Probleme im Inland; Sie sprachen die vier Gruppen an. Ich will mich mit diesen Gruppen auseinandersetzen. Aber ich will zuvor die Gesamtfrage, die Sie gestellt haben, versuchen zu beantworten, nämlich die Frage: Wie ist Entlastung von dem, was sich entwickelt hat, möglich? Es hat sich doch etwas entwickelt — ich habe das an dieser Stelle als wirtschaftspolitischer Sprecher meiner Fraktion mehrfach dargestellt, nicht immer zum Entzücken aller; es ist ja auch nicht begeisternd —: Eine Reihe von einzelnen Wohltaten, gutgemeinten Aktionen hat sich eben in der Summe in manchen Bereichen als eine Belastung gezeigt, die es uns schwer macht. Wer bestreitet das?

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Aber Sie sagen, daß wir soziale Demontage betreiben!)

    — Ich komme darauf noch zurück, Herr Biedenkopf
    Es wird nichts ausgelassen, wenn es mir die Zeit erlaubt. Haben Sie keine Sorge. Sie wissen, daß ich hier nicht um die Ecken sause.
    Ich will nur deutlich machen: Glaubt denn irgend jemand, daß wir hier durch Eingriffe Wesentliches reduzieren und ändern können, oder ist es richtig zu glauben, daß jetzt ein Stillstand, ein Stopp im Hinblick auf weitere Belastungen notwendig ist und daß wir u. a. darauf vertrauen müssen, daß die Entwicklung unserer Volkswirtschaft und die vergleichbare Entwicklung anderer Volkswirtschaften dazu führt, daß diese in ähnliche Kostenbelastungen hineinwachsen und unsere Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird? Das ist doch der einzig realistische Weg: nichts Neues mehr draufpacken. Darin sind wir uns doch einig. Da hat es keine Meinungsverschiedenheiten gegeben.
    Sie haben die Vollbeschäftigungsgarantie zum Thema Preise und Löhne zitiert. Ich will auf die alte Geschichte nicht eingehen; auch das haben wir vor vier Jahren diskutiert. Aber, Herr Biedenkopf, ich möchte in aller Deutlichkeit ein Wort zur Tarifautonomie sagen, so wie wir sie sehen. Tarifautonomie ist und bleibt ein Bestandteil einer liberalen Wirtschaftsordnung.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Sicher!)

    Sie muß von den Tarifpartnern verantwortlich wahrgenommen werden. Das geschieht im. wesentlichen. Es wird immer Fehlverhalten geben, in allen Bereichen. Wir machen ja auch Fehler. Sie dürfen nicht zur Regel werden. Wir sollten es hoch schätzen, daß dieses Land — dafür ist diese Politik auch mit verantwortlich — das einzige in Europa ist, in dem es überhaupt noch Tarifautonomie nach unseren Vorstellungen gibt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ob Sie das guide lines oder contrat social oder social contract nennen — das alles ist doch im Grunde Einflußnahme des Staates, der öffentlichen Hand, weil die Dinge so gelaufen sind — mit teilweise unverantwortlichen Gewerkschaften —, daß es nicht mehr geht. In diesem Lande sind die Tarifpartner,
    von einzelnen Fehlern abgesehen, verantwortungsbewußt gewesen.
    Ich sage nicht, daß das Problem der ungelernten Arbeiter, so wie Sie es dargestellt haben, anders zu sehen sei. Ich habe hier als wirtschaftspolitischer Sprecher — so kann man dann als Bundeswirtschaftsminister nicht mehr reden; deshalb zitiere ich mich von früher — gesagt, daß sich manche der ungelernten Arbeiter, die beschäftigungslos gewesen sind, bei Herrn Kluncker für seine Sockeltheorie bedanken müssen. Die Mindestlohnentwicklung ist ein Problem. Aber wir haben auch hier gesagt, Herr Biedenkopf, daß nur Bildung, Ausbildung, Verbesserung der Ausbildung der Ungelernten und vor allem der Jugendlichen — die Schere sehen wir doch: mehr Nachfrage nach Facharbeitern, weniger Angebot, weniger Arbeitsplätze für ungelernte, minderqualifizierte Arbeitnehmer — der Weg ist. Wo gibt es denn da Meinungsverschiedenheiten? Warum wird das so aufgeblasen, als bestünden hier ordnungspolitische Unterschiede?

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die sozialen Belastungen: Wer hat denn diesen sozialen Belastungen zugestimmt? Darf ich wieder etwas fragen, was ich schon von dieser Stelle aus gefragt habe? Herr Biedenkopf, wir wollen das doch nicht ändern, damit es nicht etwa ein Mißverständnis gibt. Das gäbe nicht nur bei den Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion Ärger. Herr Katzer hat mir damals gesagt, als ich das erwähnte, das sei ein fabelhaftes Gesetz, nämlich die arbeitsrechtliche Lösung der Lohnfortzahlung, die Sie in der Großen Koalition mit Ihren Stimmen beschlossen haben und die im Effekt — man mag das Gesetz gut oder nicht gut finden — die teuerste Belastung der mittelständischen Wirtschaft ist. Das ist nicht zu bestreiten.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir wollen sie nicht ändern, wir können sie nicht ändern. Aber wir wehren uns dagegen, daß uns etwas, was in der Großen Koalition beschlossen wurde, am 1. Januar 1970 in Kraft trat, als wir schon im Amte waren, so angelastet wird, als hätten wir die Wirtschaft stranguliert. So einfach geht es nun wahrlich nicht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir sind mit Ihnen einverstanden: Phantasie entfalten, mehr Flexibilität herbei führen. Jede Anregung wird aufgegriffen werden. Von dem Schlagwort „soziale Demontage" halten wir nichts. Niemand wird das ernsthaft in die Diskussion einführen; denn wir sind aus dem Wahlkampf heraus.

    (Dr. Biedenkopf [CDU/CSU] : Aber uns das im Wahlkampf vorwerfen!)

    — Wir sind aus dem Wahlkampf heraus, und wir werden uns mit Schlagworten

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU] : Jetzt stimmt es auf einmal nicht mehr!)

    — ich habe das Wort nie benutzt — nicht die Möglichkeiten zu Lösungen verstellen. Wenn Sie jedesmal daran dächten, keine Positionen aufzubauen, die sachgerechte Lösungen verwehren, so wären wir,



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdarff
    wie ich glaube, in mancher Hinsicht einen Schritt weiter.
    Sie sagen: zu wenig Bereitschaft zur Selbständigkeit, Prämien auf Unternehmensgröße. Es ist in der Tat nicht gut, daß Unternehmen, die sich zu bestimmten Größen entwickeln. — deswegen ist der Spruch „Größe an sich ist nicht gefährlich" vielleicht mit einem Fragezeichen zu versehen —, Sozialgebilde werden, die dem Wettbewerb nicht mehr ausgesetzt sind, weil der Staat dann meint, er müsse aus sozialen Verpflichtungen zugreifen, während die kleinen und mittleren Unternehmen sehr wohl dem Wettbewerb ausgesetzt bleiben. Dies sehen wir auch so. Da gibt es auch Bedenken in dieser Richtung.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Nur: Wir haben gerade in der Diskussion über die Mittelstandspolitik, über die freien Berufe — der Kollege Schachtschabel für die Sozialdemokraten, ich damals noch für meine Fraktion — überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten darüber aufkommen lassen, auch nicht mit Ihnen, daß es mehr Anreiz geben muß zum Selbständigwerden, daß das Risiko, sich selbständig zu machen, erleichtert werden . muß, daß wir überlegen, wie wir staatliche Maßnahmen treffen können, die das Anfangsstadium erleichtern.

    (Schwarz [CDU/CSU] : Wer ist „wir" ? Herr Coppik und Co. oder Sie?)

    — Herr Kollege Schwarz, Herr Coppik ist nicht Mitglied des Wirtschaftsausschusses, er ist auch nicht Bundeswirtschaftsminister — noch bin ich das. Meine Damen und Herren, wir unterhalten uns hier über eine Frage, bei der es im übrigen gar keine Meinungsverschiedenheiten gibt. Ich habenicht gehört, daß irgendein Mitglied der Koalitionsfraktionen erklärt hat, sie wollten die Selbständigen wegrasieren, wie das manchmal von Ihnen mitgeteilt wird.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, Sie haben das Fazit gezogen, die marktwirtschaftliche Ordnungspolitik habe in diesem Lande keine Chance. Mit Recht hat der Kollege Haussmann Herrn von Hayek zitiert. Wenn Sie fragen „Wer investiert denn heute noch in Nordrhein-Westfalen?", dann lassen Sie mich die Frage bitte fortsetzen: Wer investiert denn heute in der Bundesrepublik? Gehen Sie, Herr Biedenkopf, bitte einmal ins Ausland und fragen Sie Unternehmen, insbesondere multinationale Unternehmen, deren Aufgabe das ist, welches Land der westlichen Welt sie heute für Investitionen für geeignet halten. Dann werden diese Firmen sagen: erstens die Vereinigten Staaten, zweitens die Schweiz — da lassen sie uns leider nicht herein —, drittens die Bundesrepublik Deutschland — und wahrscheinlich auch Nordrhein-Westfalen; ich gehe jedenfalls davon aus.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Im übrigen, Herr 'Biedenkopf, darf ich sozusagen aus landsmannschaftlicher Verbundenheit eine Bitte äußern: Reden Sie uns bitte nicht gerade die Investitionen aus unserem gemeinsamen Bundesland Nordrhein-Westfalen heraus, das tut nicht gut.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es ist natürlich richtig: Einige andere finden das schön, denen werden die Investitionen zugetrieben. Aber wir möchten das nicht so gern. Wir wollen dort auch Investitionen haben. Wir brauchen im Ruhrgebiet wegen der strukturellen Anpassungsprozesse Investitionen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)