Rede von
Heinz
Westphal
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich im Gegensatz zu meinen sonstigen Gewohnheiten am Anfang eine landwirtschaftliche Bemerkung machen. Es geht um die „abgegraste Wiese", über die wir hier reden.
Mein Eindruck ist — und ich nehme an, das wird auch bei den Kollegen Bestätigung finden —, daß die beiden Sprecher der Opposition jedenfalls nicht zu den guten „Futterverwertern" gehört haben.
Wenn man nun zum viertenmal — Herr Haase, Herr Carstens, Herr Strauß gestern, Herr Kohl vorige Woche — sieht und hört,
was an Horrorgemälden über die Finanzpolitik und
die wirtschaftliche Situation unseres Landes an die
Wand gemalt worden ist, dann hat man tatsächlich
den Eindruck und findet man betätigt, daß offensichtlich von irgendeinem ganz anderen Land die
Rede ist und nicht von dem, in dem wir leben und
von dem wir hier zu sprechen haben und über
dessen Etat wir eine Entscheidung zu treffen haben.
Wer hier von „Kriegsfinanzpolitik im Frieden" spricht
— und das hat Herr Strauß getan —, der liegt doch
fern von der Wirklichkeit, der liegt nicht nur schief,
sondern der hat jeden Sinn für kritische Maßstäbe letztlich völlig verloren.
Herr Strauß, unser Land hat die niedrigste Inflationsrate in der ganzen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Wer etwas über Kriegsfinanzen nachgelesen hat, der weiß, daß das mit Inflationspolitik schlimmster Art zu tun hat. Dieses Land ist stabiler als alle in seiner Umgebung mit Ausnahme der Schweiz.
Damit der Bürger solche -Ansichten nicht unkorrigiert übernehmen muß,
damit die Tassen im Schrank wieder zurechtgerückt werden, damit nicht untergeht, was auch der Bundeskanzler hier in seiner Regierungserklärung in einer eindrucksvollen Liste über das vorgetragen hat, was im Jahre 1977 mit Wirkung für dieses Jahr in besonderer Weise für den Bürger in diesem Lande geschaffen worden ist, zähle ich das noch einmal auf. Am liebsten würde ich das sozusagen langsam zum Mitschreiben für Sie in der Opposition tun.
Trotz schwieriger Wirtschaftsentwicklung sind 1977 die Realeinkommen der Arbeitnehmer in unserem Land gestiegen. Dies wird auch bei den vorsichtigen Prognosen, die wir für 1978 zu erwarten haben, in diesem Jahr ebenfalls so sein. — Vielleicht ist es trotz aller schwierigen Dikussionen, die wir über Sozialversicherungsprobleme zu führen haben, doch auch berechtigt, daran zu erinnern, daß nicht weniger als viermal nacheinander die Renten für die Rentner um 10 bzw. 11 % gestiegen sind. — Man darf auch hier noch einmal sagen, der Sold für unsere Soldaten wurde erhöht, das Kindergeld ist verbessert worden.
Wohngeld und Ausbildungsförderung wurden angehoben. Die von uns angestrebte Kostendämpfung im Gesundheitswesen tritt tatsächlich ein. Der Weihnachtsfreibetrag ist vervierfacht worden. Die Preissteigerungsrate ist noch niedriger geworden: 3,9 °/o im Jahresdurchschnitt 1977. Und nun hören Sie bitte auch: Trotz Umsatzsteueranhebung wird das Preisniveau 1978 in noch geringerem Maße als 1977 ansteigen; das ist die Aussage der Wissenschaftler, und ich nehme an, die Bundesregierung wird sich in ihrer Voraussage dazu in ähnlicher Weise äußern können.