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ID0806716300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/67 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 67. Sitzung Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung . . . . . 5147 A Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . . 5147 A Begrüßung einer Delegation des Landwirtschaftsausschusses der Brasilianischen Abgeordnetenkammer 5164 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/1361 - 5147 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/1362 — Collet SPD 5147 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/1363 — 5149 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und . des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/1364 — Strauß CDU/CSU 5149 D Brandt SPD 5164 C Hoppe FDP 5173 B Dr. Apel, Bundesminister BMF 5179 D Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 5183 C, 5184 A Dr. Marx CDU/CSU (zur GO) 5183 D Porzner SPD (zur GO) 5184 A Friedrich (Würzburg) SPD 5190 D Dr. Bangemann FDP 5196 D Schmidt, Bundeskanzler 5202 D Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 5209 C Löffler SPD 5214 A Wohlrabe CDU/CSU 5215 C Esters SPD 5218 D Namentliche Abstimmung 5220 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 8/1365 — Dr. Marx CDU/CSU . . . . . . . . 5222 A Frau Renger SPD 5229 A Picard CDU/CSU 5233 B Genscher, Bundesminister AA 5236 A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/1380 — Mattick SPD 5239 B Franke, Bundesminister BMB 5241 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/1378 — Picard CDU/CSU 5245 C Esters SPD 5247 C Gärtner FDP 5250 B Frau Schlei, Bundesminister BMZ . . . . 5251 A Dr. Hoffacker CDU/CSU . . . . . . . 5253 B Hofmann (Kronach) SPD 5257 C Dr. Vohrer FDP 5259 A Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/1376 — . . . . . . . 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 1974 über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale — Drucksache 8/1390 — 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Oktober 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island über die gegenseitige Unterstützung in Zollangelegenheiten — Drucksache 8/1358 — 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altölgesetzes — Drucksache 8/1423 — 5260 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Agrarbericht 1977 — Drucksachen 8/80, 8/81, 8/1350 — . . . 5260 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung des Agrarberichts 1977 der Bundesregierung — Drucksachen 8/306, 8/1351 — . . . . 5260 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft „ehemalige Gallwitz-Kaserne" in Ulm an die Stadt Ulm — Drucksache 8/1352 — . . . . . . . 5260 C Beratung der Sammelübersicht 17 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen - Drucksache 8/1415 — . . . . . . . 5260 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf einer Richtlinie des Rates über bestimmte Erzeugnisse für die Tierernährung Vorschlag einer dritten Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der Tierernährung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 74/63/EWG über die Festlegung von Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen und Erzeugnissen in Futtermitteln und zur Änderung der Richtlinie 70/373/EWG über die Einführung gemeinschaftlicher Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die Untersuchung von Futtermitteln — Drucksachen 8/833, 8/1353 — 5260 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2772/75 über Vermarktungsnormen für Eier — Drucksachen 8/814, 8/1420 — 5261 A Nächste Sitzung 5261 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5263* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 5147 67. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 24. 1. Alber ** 24. 1. Dr. Bardens ** 24. 1. Böhm (Melsungen) ** 24. 1. Frau von Bothmer ** 24. 1. Büchner (Speyer) ** 24. 1. Dr. Dollinger 24. 1. Dr. Enders ** 24. 1. Flämig * 24. 1. Dr. Geßner ** 24. 1. Handlos ** 24. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lagershausen** 24. 1. Lampersbach 24. 1. Lemmrich** 24. 1. Marquardt ** 24. 1. Dr. Müller ** 24. 1. Müller (Wadern) * 24. 1. Offergeld . 27. 1. Pawelczyk ** 24. 1. Reddemann ** 24. 1. Dr. Schäuble *' 24. 1. Scheffler ** 24. 1. Schmidthuber ** 24. 1. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 1. Dr. Todenhöfer 24.2. Dr. Vohrer ** 24. 1. Frau Dr. Walz * 24. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
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    Rede von Marie Schlei


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe hier Dank zu sagen den Politikern aller Fraktionen, die im vergangenen Jahr außergewöhnliche Anstrengungen für die Entwicklungspolitik unternommen haben. Sie gaben den Entwicklungspolitikern das Gefühl, an ihrer Seite neue Verbündete zu haben, die bereit sind, in eine lebenswichtige Sache mit einzutreten, nämlich sich dafür einzusetzen, "daß der Nord-Süd-Ausgleich als eine unsere Zukunft sichernde, den Frieden fördernde Politik vorwärtszubringen ist. Herr Kollege Picard hat das in einem Schlußsatz formuliert. Ich begreife das als eine Chance, und ich habe auch den Eindruck, daß unsere Fraktionen es als eine Chance begriffen haben, Entwicklungspolitik als eine gemeinsame nationale Sache zu formulieren und durchzusetzen.
    Dieses Angebot hatte ich gemacht, als meine Ministerzeit begann. Ich habe den Eindruck: Dieses Angebot ist angenommen worden. Das Parlament hat im vergangenen Jahr der Entwicklungspolitik viele wichtige Impulse gegeben. Ich erwarte, daß diese engagierte Bereitschaft auch in Zukunft ein ganz wesentlicher Bestandteil der so erfolgreichen Zusammenarbeit von Regierung und Parlament in diesem speziellen Bereich, der Entwicklungspolitik., ist.
    Die Steigerung von 22 °/o, von der Bundesregierung für 1978 für den Einzelplan 23 festgelegt, sowie die Steigerungsraten der mittelfristigen Finanzplanung, die jeweils doppelt so hoch wie beim Gesamthaushalt vorgesehen sind, beweisen, daß die Bundesregierung zu ihrem Wort steht. Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung vom 19. Januar dieses Jahres bekräftigt, daß wir zur Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe bereit sind. Das Parlament hat darüber hinaus, wie hier schon vorgetragen und wie bereits im Jahr 1977, für den Einzelplan 23 die Baransätze sowie die Verpflichtungsermächtigungen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit erhöht. Der Bareinsatz des Einzelplans 23 beläuft sich heute auf nahezu 4 Milliarden DM. Das ist der absoluten Zahl nach ein Rekordbetrag der Leistungsübertragung unseres Landes an Entwicklungsländer. Wir haben für das Jahr 1978 5,26 Milliarden DM an Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen. Das sind wesentliche Steigerungen. Diese Steigerungen sind ganz besonders wichtig im Bereich der technischen Zusammenarbeit. Wir werden dadurch den Haushalt 1978 voraussichtlich auf 0,35 % des Bruttosozialprodukts bringen. Dieses Niveau sollte nie mehr unterschritten werden. Wir sollten es steigern. Ich weiß, da ß das Parlament meiner Meinung ist.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Wir wollen durch unsere Zusammenarbeit mit weit über hundert Entwicklungsländern dazu beitragen, die materielle Lage jener Menschen zu verbessern, die noch in Not und im Zustand absoluter Armut leben.
    Entwicklungspolitik muß darüber hinaus im Nord- Süd-Dialog eine richtungweisende Rolle übernehmen. Es ist dafür zu sorgen, daß die Weiterentwicklung der Weltwirtschaft zu einer Ordnung führt, in der alle Völker ihren Platz haben, in der alle Völker ihr Recht finden.
    Für die Verbesserung der Lage der Menschen in der Dritten Welt wird auf mittlere Sicht die klassische Entwicklungspolitik, also die projektbezogene Zusammenarbeit, ihre Bedeutung behalten. Sie leistet unmittelbar Unterstützung bei der Behebung von Not und Armut, wenn sie auch — entsprechend den strengen Vorgaben unseres Haushaltsrechts — mit Kontrollverfahren verbunden ist, die manchen unserer souveränen Partner schwer belasten.
    Viele Minister stellen mir in den Verhandlungen dar, daß sie es schwer erträglich finden. Wir sollten uns vielleicht einmal vergegenwärtigen, was ein Land auf sich nimmt, wenn es wegen eines verhältnismäßig günstigen Kredits seine internen Angelegenheiten vor Fremden offenlegen muß bzw. über diese seine Angelegenheiten mitbestimmen lassen muß. Um wirkliche Partnerschaft zu üben, werden wir die Grenzen noch strenger zu beachten haben, die die Empfindlichkeit junger Nationen, aber auch der Respekt und die Achtung vor der Souveränität der Staaten uns auferlegen. Wir haben nicht nur unsere Leistungen gegenüber den Entwicklungsländern zu steigern, wir müssen auch unsere Dialogfähigkeit mit den Partnern verbessern.
    Den Souveränitätsanspruch der Entwicklungsländer spüren wir auch im internationalen Bereich, wo uns manche Entwicklungsländer z. B. auch bei der Grundbedürfnisstrategie unterstellen, daß wir in ihre Angelegenheiten hineinreden wollen. Unsere Partnerländer werden aber verstehen müssen, daß Entwicklungspolitik auf die Erfüllung der Bedürfnisse des einzelnen Menschen gerichtet bleiben muß, weil wir uns gegenüber unserer Bevölkerung nur mit einer menschenrechtsorientierten Politik sehen lassen können, weil wir nur diese Form der Entwicklungspolitik durchsetzen können,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    die menschenrechtsbezogene Politik, die Freiheit von Not und Freiheit von Furcht meint.
    Die Definition der wirtschaftlichen Zusammenarbeit als einer Politik und Geschäftsbeziehung zu gegenseitigem Nutzen ist nicht nur der Sachlage angemessen, denn auch ein großer Teil der bilateral und multilateral vergebenen Mittel fließt in Form



    Bundesminister Frau Schlei
    von Aufträgen an unsere Wirtschaft zurück. Entwicklungszusammenarbeit — so beschrieben — erleichtert dem Partner, sich als gleichberechtigt und nicht als Almosenempfänger zu sehen. Birma z. B., ein Land, das ich gerade besucht habe und das sich sowohl seine Identität wie auch seine absolute Unabhängigkeit bewahrt hat, wollte die Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik auf diese Formel des gegenseitigen Respekts gebracht haben.
    Dieser Haushalt ist — wie alle Haushalte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit — konjunkturwirksam, ob das ausgesprochen wird oder nicht. Es ist selbstverständlich, daß in Zeiten, in denen bei uns eine hohe Arbeitslosigkeit vorhanden ist, verstärkt darüber diskutiert wird, ob durch beschleunigten Mittelabfluß und durch die Erhöhung schnell abfließender Mittel ein zusätzlicher Konjunktureffekt zu erreichen ist.
    Ich werde verstärkte Kontakte zu den Gewerkschaften und zur Wirtschaft suchen, um mögliche Interessengegensätze und gemeinsame Anliegen zu diskutieren. Ohne diese Basis wird Entwicklungspolitik für uns nicht gelingen; ohne diese Basis können wir nicht die breite Öffentlichkeit erreichen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bin dem Parlament sehr dafür dankbar, daß es bereits für den Haushalt 1978 zur Einrichtung eines neuen Titels für die finanzielle Zusammenarbeit, der ja nicht nur für die Erhaltung von Arbeitsplätzen bei uns von Bedeutung ist, sondern auch den Partnerländern in ihrer schwierigen Devisensituation hilft, bereit war. Die hier und im Entwicklungsland wirtschaftswirksamen Komponenten der Zusammenarbeit hindern uns nicht daran, unsere Unterstützung in erster Linie daran auszurichten, daß sie den Menschen, und zwar den am meisten benachteiligten Menschen, zugute kommt; sie muß Grundbedürfnisse erfüllen helfen und dabei beachten, daß die Menschen als Individuen von Anfang an in den Entwidclungsprozeß einbezogen werden.
    Diese grundsätzliche Ausrichtung unserer Zusammenarbeit leidet auch nicht darunter, daß wir vor allem für die Übertragung von Spitzentechnologien ein gefragter Partner sind, wie auch das Beispiel Birmas zeigt, wo wir mit ganz moderner Technologie zur Herstellung von Düngemitteln die landwirtschaftliche Produktion steigern helfen, und zwar so, daß es zwei- bis dreimal im Jahr zu guten bis sehr guten Ernten kommen kann.
    Unsere Zusammenarbeit orientiert sich an der Bedürftigkeit des Partners, und sie läßt sich von gelegentlichen Schwankungen der außenpolitischen, der innenpolitischen oder der ideologischen Ausrichtung des Partners nicht beirren, solange die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gegeben sind.
    Unsere Zusammenarbeit entzieht sich auch außenpolitischen Anforderungen nicht. Wir sind bereit, die Integration der südeuropäischen Länder in die Europäische Gemeinschaft durch wirtschaftliche Zusammenarbeit zu fördern, und ich bin dem Parlament sehr dankbar für seine Bereitschaft, durch einen Leertitel dieser politischen Willenserklärung Rechnung zu tragen. Ich versichere den Parlamenta-
    riem, daß meine wissenschaftlichen Institute für diese Form der Arbeit wissenschaftlich gesicherte Voraussetzungen schaffen.
    Wir engagieren uns besonders da, wo es den Frieden zu sichern gilt. Im Nahen Osten, wo wir Schwerpunktländer haben, begleiten wir die Friedensbestrebungen mit der Förderung des wirtschaftlichen Aufbaus der Länder. Im südlichen Afrika werden wir ein Programm der beruflichen Ausbildung, wie es Herr Picard schon beschrieben hat, anbieten. An diesem Programm wird Berlin sehr stark beteiligt sein, dessen vom Bund geförderte entwicklungspolitischen Institutionen im übrigen einen großen und in Zukunft steigenden Anteil an der Ausgestaltung des Nord-Süd-Dialogs haben werden.
    Die am wenigsten entwickelten Länder sowie die Länder, die durch die weltweite Rezession am stärksten betroffen sind, bleiben Schwerpunkt unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Solch ein Land ist Somalia. Somalia hat uns in einer großen Notlage geholfen. Wir haben dort die entwicklungspolitische Zusammenarbeit intensiviert und haben Somalia einen von allen Ressorts der Bundesregierung so gewünschten Dispositionskredit für entwicklungspolitische Maßnahmen zur Verfügung gestellt.
    Beide Seiten haben — um das noch einmal zu erklären — festgestellt, daß dieser Kredit ausschließlich für die im Regierungsabkommen festgelegten Zwecke, nämlich für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes, bestimmt ist. Dies ist nachprüfbar und wird dann durch die übliche Buchführung und Rechnungslegung nachgewiesen. Diese steht im Darlehensvertrag wie in allen anderen Darlehensverträgen, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau schließt. Wer verwahren uns dagegen, daß unser Vertrauensverhältnis zu unseren somalischen Freunden durch Spekulationen über Möglichkeiten anderer als entwicklungspolitischer Verwendung des Kredits aufs Spiel gesetzt wird.
    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Mittel, die wir über internationale Institutionen zur Verfügung stellen und die — wie auch im Falle der bilateralen Arbeit — vor allem den ärmsten Ländern zugute kommen, beweisen, daß wir weltweite Solidarität entwickeln. Dabei werden wir darauf achten, daß Quantität und Qualität unserer bilateralen Zusammenarbeit Gradmesser der Solidarität unseres Volkes mit den Entwicklungsländern bleiben.
    Neben den genannten Schwerpunkten werden wir — und das sicherlich auch im Einverständnis aller Fraktionen — unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den industriell fortgeschrittenen Entwicklungsländern intensivieren und dafür neue Formen suchen und finden. Ich werde den parlamentarischen Gremien noch in diesem Jahr ein Programm dafür vorlegen. Wir werden diese sogenannten Schwellenländer der Deutschen Entwicklungsgesellschaft mit ihrer erweiterten Kapitalbasis in die Lage versetzen, verstärkt Investitionen in den Entwicklungsländern unter Beteiligung deutscher Unternehmen zu ermöglichen.
    Die Bundesrepublik hat durch die Steigerung ihrer entwicklungspolitischen Leistungen, durch ihr Eintreten für Handelsliberalisierung, durch ihren Widerstand gegen Protektionismus, durch ihre aktive



    Bundesminister Frau Schlei
    Beteiligung am Nord-Süd-Dialog den Beweis ihrer Dialogfähigkeit erbracht, entsprechend ihrer Verantwortung gegenüber den Entwicklungsländern als eine der wirtschaftlich stärksten Nationen des Westens. Die übrigen OECD-Staaten haben gleichfalls substantielle Steigerungen ihrer Leistungen zugesagt. Die OPEC-Staaten liegen im Augenblick mit ihrer Leistung bei mehr als 2 °/o ihres Bruttosozialprodukts.
    Die Comecon-Staaten werden sich auf die Dauer einer Steigerung ihrer Leistungen nicht mehr durch Hinweise auf historische Verbindungen von westlichen Industrieländern und Entwicklungsländern entziehen können. Sie haben an der wirtschaftlichen Verflechtung ja ebenso teil und profitieren ebenso wie der Westen. Ihr politisches Engagement allein wird den Entwicklungsländern in Zukunft nicht mehr ausreichen. Aber ich möchte auch auf die Konsequenz hinweisen, die entstehen wird, wenn die Staatshandelsländer unserer Forderung nach größeren Entwicklungshilfeleistungen nachkommen. Sie wären damit nämlich entwicklungspolitisch, d. h. auch gesellschaftspolitisch und wirtschaftlich in Asien, Afrika und Lateinamerika noch stärker als bisher präsent. Das heißt für mich, daß unsere Politik in diesen Bereichen in Zukunft keineswegs leichter werden wird.
    Die Bundesrepublik bekennt sich weiter zum internationalen Ziel, 0,7 % des Bruttosozialprodukts als öffentliche Leistung zu übertragen. Die Parteien in der Bundesrepublik, die in diesem Parlament vertreten sind, haben sich gleichfalls zu diesem Ziel bekannt. Die Bundesrepublik hat damit eine politische und moralische Verantwortung auf sich genommen, die für die Haushaltsgestaltung und Finanzplanung richtungweisend sein muß. Regierung und Parlament werden ernsthaft zu prüfen haben, wie wir uns diesem Ziel nähern können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Hoffacker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Hoffacker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! Frau Minister Schlei, ich möchte gerne galant sein. Ich werde mir alle Mühe geben, das heute abend auch zu sein. Aber ich darf Sie daran erinnern, daß Sie mich bereits in Essen auf dem Kennedy-Platz praktisch gebeten haben, mir zumindest zu verstehen gegeben haben, Sie ins Gebet zu nehmen. Das will ich dann hier auch tun.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nachtgebet!)

    Ich halte sehr viel von der Harmonie, die am ehesten dadurch gesichert ist, daß wir uns nichts vormachen. Das gilt zunächst zu der Bemerkung zu Somalia. Wir hatten uns eindeutig dahin gehend abgesprochen, daß wir nicht dazu Stellung nehmen. Ich werde mir auch verkneifen, es zu tun. Ich bitte Sie aber, in unserem Ausschuß Rede und Antwort zu all den Fragen zu stehen, damit wir weiterhin eine deutliche Sprache sprechen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dasselbe gilt für Herrn Kollegen Esters. Herr Kollege Esters, ich bin nicht dafür, Ihrer geneigten
    Vorstellung zu folgen, daß wir hier eine Art Zusammenarbeit praktizieren, die einem Spiel mit verdeckten Karten gleichkäme. Ich meine, es muß klar sein zwischen uns, was uns trennt, und es muß klar sein, daß die Überlegungen zum Haushalt nicht der einzige Faktor und Indikator für Zusammenarbeit und Leistung sind, sondern daß es andere, tiefergreifende Überlegungen und Gemeinsamkeiten geben muß, in denen wir uns zu verstehen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Leider muß die CDU/CSU-Fraktion den Einzelplan 23 des Haushalts ablehnen. Wir tun das nicht giftig, sondern mit Bedauern, weil die Koalition die Basis der Gemeinsamkeit zwischen Koalition und Opposition in der Entwicklungspolititk verlassen hat. Diese mangelhafte Gemeinsamkeit wird u. a. in der von der Koalition verursachten Verquickung des Nord-Süd-Konflikts mit dem Ost-West-Konflikt, in der Unterstützung kriegerischer Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika, in der starren Haltung zur Rohstoffpolitik, in der Doppelstrategie zwischen Bundesregierung und Koalitionsparteien sowie in der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums sichtbar.
    Nicht zuletzt deshalb sieht sich die Unionsfraktion nicht in der Lage, dem Haushalt 23 zuzustimmen, weil der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit das Vertrauen der CDU/CSU-Opposition und -Fraktion verspielt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zur Jahreswende hat Frau Minister Schlei für das Jahr 1977 von einem großen Sprung nach vorn in der Entwicklungspolitik gesprochen. Sie hat die Arbeit des Parlaments und der gesellschaftlichen Kräfte genannt und der Bundesregierung das Verdienst um die Steigerung des Haushalts 1978 zugeschrieben. Ohne die Leistung dieser Steigerung schmälern zu wollen, dürfen wir uns aber nicht Sand in die Augen streuen lassen. Wenn hier das Hohelied der Steigerung des Haushalts 1978 gesungen wird, dann meine ich, entgehen dem geübten Ohr beim Anhören der Melodie dieses Eigenlobs nicht die schrillen Mißtöne. Ich darf es in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit kurz machen.
    Erstens. Die Steigerung für 1978 ist, gemessen an den öffentlichen Leistungen von 1975, gleich Null.

    (Zuruf von der SPD)

    — Wir haben nicht soviel Zeit, sonst täte ich das
    gern. Ich kann es Ihnen gleich draußen vorrechnen.
    Zweitens. Selbst in Kreisen der Koalition wird diese Steigerung des Anteils der Haushaltsmittel für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf 0,35 °/o des Bruttosozialprodukts nicht als Erfolg gefeiert, sondern eher schamhaft verschwiegen oder spöttisch kommentiert.
    Drittens. Die Bundesregierung unterliegt einer weiteren Fehleinschätzung, wenn es um die hoch gepriesene Quote der Rückflüsse der Entwicklungsgelder in die Bundesrepublik geht. Hier hat Herr Esters ein falsches Bild gezeichnet, das der aktuellen Situation nicht mehr gleichkommt. Bisher ist von der Bundesregierung immer der Eindruck vermittelt worden, wir könnten an der Lieferungebundenheit der Entwicklungshilfe deshalb festhalten, weil etwa



    Dr. Hoffacker
    80 % der Entwicklungshilfegelder auf dem Weg über die Auftragserteilung an deutsche Firmen wieder in die Bundesrepublik zurückflössen. Das stimmt schon länger nicht mehr. Wir wissen inzwischen aus einem Bericht der Kreditanstalt, daß für das Jahr 1976 dieser Prozentsatz nur noch 51,7 °% beträgt. Wir konnten in Erfahrung bringen, daß nach Schätzungen für 1977 dieser Prozentsatz auf 35% absinken soll. Diese Zahlen sind kein Wunder bei der binnenwirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre, d ie diese Bundesregierung selbst mit verursacht hat. Steigende Preise und hohe Kosten beeinträchtigen die Anbieterposition deutscher Unternehmen und werfen sie nur zu leicht aus dem Konkurrentenkarussell.
    Die CDU/CSU hat diesem Trend immer geringer werdender Rückflüsse dadurch entgegengewirkt, daß sie bei der Achtung des Prinzips der Lieferungebundenheit eine Verbesserung des Informationssystems für potentielle deutsche Auftragnehmer und Anbieter durch Einrichtung einer Datenbank gefordert hat. Statt daß die Regierung diesen Vorschlag schnell aufgreift und weiterentwickelt, verlegt sie sich, so meine ich, auf eine — das müssen wir deutlich sehen — Art Manipulation eines Soforthilfeprogramms und bietet diesen Posten im Haushaltsplan an. Die Ausstattung mit 400 Millionen DM für 1978 und den in Aussicht gestellten 800 Millionen DM für die nächsten Jahre erscheint generös. Die Maßnahme darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß damit das von der Bundesregierung selbst vertretene Prinzip der Lieferunggebundenheit unterlaufen wird und sie sich dem Verdacht des Protektionismus aussetzt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Schon längst, meine ich, hätte sie sich Gedanken darüber machen müssen, ob dieses Gütesiegel deutscher Entwicklungshilfe unverändert beibehalten werden kann oder ob das Prinzip der Lieferungebundenheit modifiziert werden müßte zugunsten der Entwicklungsländer und wieweit es möglicherweise für konkurrierende Anbieter aus Industrieländern eingeschränkt werden muß.
    Es dient niemandem — so scheint mir —, wenn wir dieses Prinzip der Lieferungebundenheit lediglich verbal aufrechterhalten oder gar manipulieren. Es dient auch nicht der Sache, wenn es dilettantisch gehandhabt wird, so daß beispielsweise Partner in den Entwicklungsländern — ich möchte sagen: wieder einmal — zum Spott über die Deutschen herausgefordert werden.
    Herr Esters, ich möchte mir hier verkneifen, von Lokomotiven ohne Schienen zu sprechen, von Schiffen für die Sandwüsten; denn selbst das Luftschiff hat da nichts getaugt. Ich meine, daß hier nicht staatsmännische Worte weiterhelfen, sondern nur einfallsreiches Handeln gefordert ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daß dieses einfallsreiche Handeln der Regierung abgeht, dafür ein kleines Beispiel.

    (Löffler [SPD] : Klatschen Sie doch mal, damit der Redner Luftholen kann!)

    — Ich habe einen langen Atem.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In Burma gehen Fachkreise davon aus, daß die Japaner mit unserem Geld dort Industrieanlagen errichten und bei der Einweihung als die großen Wohltäter gefeiert werden. Für die Einwohner von Burma ist dieses Ausschreibungs- und Auftragsverfahren unverständlich und sogar suspekt, weil der Eindruck entsteht, die Bundesrepublik finanziere ihre eigene Konkurrenz.
    Nicht genug damit, daß wir im eigenen Land über steigende Arbeitslosenzahlen klagen, geben wir uns auch noch weltweit der Lächerlichkeit preis und führen unsere Mitbürger in die Irre; denn, Herr Esters: Von Verantwortlichen dieser Bundesregierung und der Koalitionsparteien wird immer wieder — und Sie haben es auch getan — der Beschäftigungszusammenhang mit der binnenwirtschaftlichen Situation in der Bundesrepublik und in den Entwicklungsländern hervorgehoben und der Eindruck erweckt, Entwicklungshilfe diene der Sicherung unserer Arbeitsplätze. Die Wirklichkeit sieht anders aus, wie Sie sicher wissen, Herr Esters.
    Durch diese Ministerin wird auch die Wirklichkeit nicht im Sinne des bereits erhobenen Anspruchs beeinflußt. Sie kann das nicht.
    Das gilt auch für andere Bereiche. So war in der vergangenen Woche vom langsamen Tod der DEG-geförderten deutschen Hotelgesellschaft für Entwicklungsländer zu lesen. Die Touristikinvestitionen haben sich offensichtlich nicht gelohnt.
    Nun kann immer einmal — so meine ich — ein Projekt oder ein Projekttyp mißlingen. Das ist für sich genommen meines Erachtens keine Schande, weil Entwicklungshilfe immer mit Risiko verbunden ist; aber wenn ein Risiko wegdiskutiert oder gar — wie im Falle des Luftschiff-Tests in Ghana geschehen — die Wirklichkeit massiv entstellt wird, so haben die Verantwortlichen offenbar etwas mehr als erlittenes Pech zu verbergen.
    Als Beleg dafür gilt für mich der Brief des Herrn Staatssekretärs an Herrn Wüllenkemper, den Inhaber der Luftschiffgesellschaft. In seinem Brief spricht der Herr Staatssekretär davon, daß der Test positiv verlaufen sei und daß dieses alle Gutachter bestätigt hätten. Diese Darstellung, Herr Staatssekretär, ist einfach nicht wahr;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Grotesk!)

    denn in allen Zeitungen hat gestanden — und ich nehme an, daß wir alle lesen können —, daß dieser Test das erwartete Ergebnis nicht bestätigt hat und wie sehr er in die Kritik der Fachleute geraten ist.
    Wenn die Opposition, Herr Esters, nicht aufgepaßt hätte, so würde wahrscheinlich in diesem Haushaltsplan für das Jahr 1978 ein weiterer Betrag von 20 Millionen DM zur Fortentwicklung dieses Versuches und für den Ausbau gestanden haben. Daß dies nicht gelungen ist, verdanken wir dem Luftschiff, dem die Luft ausgegangen ist. Wir warten jetzt auf das Ergebnis der Prüfung des Bundesrechnungshofes und hören, daß der Inhaber der Luftschiffgesellschaft mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden soll.

    (Lachen bei der CDU/CSU)




    Dr. Hoffacker
    Diese Kritik, meine Damen und Herren, wird nicht um der Kritik willen vorgetragen, sondern sie muß geäußert werden, um klarzustellen, daß die Bundesregierung für das mangelnde Ansehen der Entwicklungspolitik bei den Bürgern verantwortlich ist.
    Der Herr Bundeskanzler hat es bislang vorgezogen, seinen Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu halten. Unsere Kritik gilt ihm deshalb gleichermaßen wie dem Minister.
    Aber auch in grundsätzlichen Fragen der Entwicklungspolitik macht diese Bundesregierung eine Unterstützung durch die CDU/CSU in vielen Fragen unmöglich. So heißt es z. B. im Dritten Bericht der Bundesregierung zur Entwicklungspolitik, daß die entwicklungspolitischen Anstrengungen Teil der deutschen Friedenspolitik seien. Ebenfalls im Dritten Bericht heißt es, daß für die Bundesregierung die Politik gegenüber der Dritten Welt Bestandteil der Friedenspolitik sei. In der jüngsten Erklärung des Herrn Bundeskanzler vom 19. Januar 1978 betont er, daß wir redlich an der Verminderung des internationalen Konfliktpotentials mitarbeiteten. Stimmt das?
    Diese Frage ist, meine ich, deshalb gerechtfertigt, weil diese Ausführungen so hehr und rein klingen, daß sich der Argwohn erst einschleicht, wenn man die Äußerungen der Bundesregierung und führender Politiker der Koalitionsfraktionen zum praktischen Anwendungsgebiet Südafrika mit den Ausführungen des Berichtes vergleicht. Wenn Frau Schlei in mehreren Äußerungen im vergangenen Jahr sich klar für die Unterstützung der SWAPO ausgesprochen hat, obwohl sie weiß oder wissen muß, daß die SWAPO erklärtermaßen mit kriegerischer Gewalt den Wandel in Südwest-Afrika herbeiführen will, dann erhalten die Worte Frieden und Friedenspolitik für uns eine neue Qualität, der die CDU/CSU nicht folgen kann. Für uns sind friedenspolitische Bemühungen nicht zu trennen von ordnungspolitischen Vorstellungen der Demokratie und ihrer Verwirklichung im demokratischen Prozeß. Soziale Gerechtigkeit und Durchsetzung der Menschenrechte können nicht mit kriegerischer Aggression erreicht werden. Wer diese kriegerische Gewalt unterstützt, macht sich mitschuldig an den Opfern in Südafrika.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Er verringert die Chancen einer möglichen Demokratie im südlichen Afrika und handelt, wie mir scheint, gegen den Frieden.
    Eine Unterstützung kann auch nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden,

    (Zuruf des Abg. Dr. Schmude [SPD])

    die SWAPO befände sich in einem Befreiungskampf, Herr Schmude, der einer Verteidigungssituation gegenüber einem kriegerischen Aggressor gleichkäme. Die SWAPO kämpft gegen die Unterdrückung, ohne die Unterdrücker selbst anzugreifen. Sie tötet wehrlose Menschen, von denen sie behauptet, sie befreien zu wollen. Sie läßt der Minderheitsregierung sowohl in Südafrika — ich war da — als auch in Rhodesien den Triumpf, von sich sagen zu können, daß all deren Regierungsmitglieder sich ohne polizeilichen Schutz frei im Lande bewegen könnten, ohne von jemandem angegriffen zu werden. Ich
    meine: Wer im südlichen Afrika für die Freiheit und gegen die Unterdrückungsstrukturen kämpft, kann dies überzeugend und mit moralischer Rechtfertigung nur tun, wenn er sich gegen die Unterdrücker selbst wendet. Wer im Namen der Befreiung wehrlose •Menschen tötet, verdient nicht unsere Unterstützung.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Frau Schlei, auch in diesem Punkt — das habe ich in Ihrer Rede gehört — bin ich für Freiheit von Not und Furcht dieser bedrohten Menschen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir verstehen deshalb nicht, wenn der Vorsitzende der SPD eine allgemeine Förderungswürdigkeit der Befreiungsbewegungen ohne Unterschied durch die brüderliche Umarmung auf dem Parteitag in Hamburg im vergangenen Jahr mit dem Vertreter der Patriotischen Front symbolisch besiegelt und die Politik der SPD in der Koalition damit festgeschrieben hat. Mit einer Verbrüderung der Gewalt will die CDU/CSU nichts zu tun haben. Wer Friedenspolitik so versteht, verläßt den Boden einer gemeinsamen Friedens- und Freiheitsstrategie, er ver- mehrt das Konfliktpotential und verführt unsere Bürger zu der irrtümlichen Annahme, kriegerische Gewaltanwendung sei ein Mittel zur Lösung politischer Konflikte.
    Was tun die CDU und die CSU?

    (Zurufe von der SPD)

    — Das ist schon sehr viel wert, weil Sie das nicht mehr können. Wir bekennen uns zur Unterstützung nicht kriegsanwendender Befreiungsbewegungen. Sie versteht sich auf einen gleitenden Dialog mit den Verantwortlichen dieser Bewegungen zur Sicherung eines friedlichen Wandels in Südafrika. Sie sucht auch den Kontakt mit den Gruppen — das wird von Ihnen häufig bestritten —, die unter Anwendung von Gewalt den Wandel im südlichen Afrika herbeiführen wollen; nicht etwa, um sie zu unterstützen oder zu bestärken, sondern im Gegenteil, um sie zum Gewaltverzicht zu bewegen. Wir wirken auf die jetzt dort Regierenden ein, um sie von ihrer falschen Politik der getrennten Entwicklung abzubringen und sie zu drängen, endlich gemeinsam mit den schwarzafrikanischen Bürgern die Politik in den Ländern zu gestalten. Wir sind gegen eine Hetze und für den Abbau der Polarisation der Gegenkräfte. Unser Konzept für das südliche Afrika heißt: ganzheitliche Entwicklung des Menschen in seinen familiären Bezügen, seinem gesellschaftlichen Umfeld, seiner nationalen Einbindung und internationalen Partnerschaft.

    (Zurufe von der SPD)

    Was tut die Bundesregierung? — Sie verharrt in ihrer Lethargie, Herr Schäfer, und bricht Brücken ab. Sie läßt den Parteivorsitzenden Brandt mit der Parole vom Wirtschaftsembargo gegen das südliche Afrika durch die Lande ziehen. Auch der Vorsitzende unseres Ausschusses vertritt diese Position, wohl wissend, daß ein solches Embargo den Schwarzafrikanern, denen doch geholfen werden soll, letztlich schadet. Beide sind in die Kritik Ihrer eigenen Kollegen geraten, zuletzt in die Kritik des Gewerkschaftsführers Loderer. Offenbar macht diese Ein-



    Dr. Hoffacker
    wendung auf die Koalitionsvertreter keinen Eindruck.
    Vielleicht aber wirkt das Wort des Herrn Bundeskanzlers, der kürzlich in Hamburg gesagt hat, daß diese Bundesregierung Nord-Süd-Politik nicht ohne Gewerkschaften machen wolle.