Rede von
Dr.
Annemarie
Renger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Dr. Marx, ich will hier nicht mehr näher darauf eingehen, schon deswegen nicht, weil ich es vollkommen unangebracht finde, in dieser Art und Weise und in dieser Breite über ein Manifest zu sprechen
— Moment, Herr Reddemann! —, von dem ich nicht weiß, wer es geschrieben hat, worüber ich mir seit Wochen die tiefsten Gedanken mache, wem dies wohl nützen kann, um so mehr, Herr Kollege Dr. Marx, deswegen, weil ich, wie Sie alle, weiß, daß die dort beschriebene Situation der DDR sehr real ist. Aber gerade diese Situation kann ungeheure Konsequenzen haben, mit denen wir uns wohl auseinandersetzen müssen, aber nicht in einer aufge-
5230 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67, Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978
Frau Renger
zwungenen, sondern in einer politischen Weise, die der Situation gegebenenfalls entspricht. Aber ich weigere mich, hier an dieser Stelle mich im Zusammenhang mit diesem Manifest, über das die ganze Welt schon phantasiert, zu einer weiteren Phantasie zu bekennen.
— Ich nehme die Sache ernst; damit Sie das nicht mißverstehen. Aber ich möchte mich damit nicht an dieser Stelle und nicht in dieser Weise beschäftigen. Niemand von Ihnen weiß: Wer hat es ausgedacht? Was ist damit beabsichtigt?
Aber eins ist denkbar: Sollte jemand damit beabsichtigt haben — und das ist denkbar — die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten zu verschlechtern, aus Gründen, die in dem eigenen Teilland liegen mögen oder woanders, dann ist das sicherlich eine Absicht, die zwar nicht gelungen ist, die aber ganz bestimmt Steine in den Weg gelegt hat.
Ich glaube, mit diesem Aspekt kann ich mich von diesem Thema abwenden.
Der Herr Kollege Dr. Marx hat auch einige Bemerkungen an den Außenminister gerichtet, die kritischer Natur waren und auf Grund derer ich doch annehmen muß, daß er mit der Außenpolitik nicht ganz zufrieden ist.
— In Maßen! Die Rede des Kollegen Marx setzte sich wohltuend davon ab, wie schon verschiedentlich am heutigen Tage mit dem Herrn Bundeskanzler umgesprungen worden ist.
— Ja, das ist in Ordnung. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mir gesagt: So schlecht kann die Außenpolitik gar nicht sein. Deswegen ist wohl auch die Kritik nicht so heftig; aber die Außenpolitik wird ja auch vom Kanzler, der die Richtlinien der Politik bestimmt, mitverantwortet.
Ich habe mir nun —
ein Redemanuskript des Herrn Kollegen Dr. Mertes — ich weiß gar nicht, wie es zu mir gekommen ist — vorgenommen, das schon etwas älter ist. Verehrter Herr Kollege, möglicherweise sind es nur Fragmente; aber sie haben mich so fasziniert, daß ich glaube, sie dem Hause nicht vorenthalten zu sollen. Da sprach Herr Kollege Mertes
— das war am 10. Mai 1977 in der Redoute —, wir haben ja immer sehr freundschaftliche Gespräche, Herr Kollege Mertes, wenn wir auch unterschiedlicher Meinung sind, zur deutschen Außenpolitik:
Seit der Bildung der Regierung Schmidt/Genscher haben sich die Chancen eines außen- und deutschlandpolitischen Konsenses erhöht .
— Ja, das ist aber viel.
Zweitens. Aus der Sicht der Opposition bietet sich heute hinsichtlich der Außen- und Deutschlandpolitik folgendes Bild, das ich auch auf dem Düsseldorfer Parteitag ohne Widerspruch vorgetragen habe. In wesentlichen Bereichen besteht Übereinstimmung,
— so Mertes —
d. h. würde die CDU/CSU bei Regierungsübernahme
— was ja demnächst nicht zu erwarten ist -
— das hat er nicht gesagt —
den gleichen Kurs verfolgen wie die jetzige Bundesregierung. Dies gilt vor allem für die Europapolitik, die Außenwirtschaft, die militärischen Aspekte des Bündnisses, die NahostFrage, die internationale Nuklearpolitik, für MBFR und für Berlin. Der weitgehende Konsens in diesen Bereichen
— Gott sei Dank, jetzt kommt ein Wort für Sie —
wird heute nicht von der Opposition, sondern von der SPD in Frage gestellt.
— Darf ich noch das letzte zitieren?
In einem weiteren Bereich vertritt die Opposition in der Substanz die Linie der Bundesregierung, setzt sie aber die Akzente wegen ihrer kritischen und kontrollierenden Funktion als Treuhänder der parlamentarischen Rechte und Pflichten anders als die Bundesregierung.
— Bitte schön, verehrter Herr Kollege.