Rede von
Lothar
Löffler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Lieber Herr Kollege Schröder, ich will selbstverständlich hier überhaupt keine diesbezügliche Behauptung aufstellen.
Sie können nachher im Protokoll nachlesen, daß ich ausdrücklich betont habe, daß ich zwar eine Vermutung habe, sie jedoch nicht beweisen kann und daß ich selbstverständlich keinen Verdacht äußere. Das steht alles im Protokoll. Selbstverständlich steht es auch zu Ihrer Verfügung, und Sie können sich darauf berufen, wenn Sie sich darauf berufen wollen.
Der Personalrat des Kanzleramtes hat diese Ihre Behauptung eindeutig zurückgewiesen. Er distanziert sich von dieser Diffamierung und Unterstellung — ich glaube, zu Recht.
Das Kanzleramt, meine sehr verehrten Damen und Herren — und das sieht der Berichterstatter dieses Einzelplans nicht — muß personell und technisch so ausgestattet sein, daß der Kanzler seine Kompetenzen nach dem Grundgesetz voll wahrnehmen kann. Das Kanzleramt soll keine Superregierungsbehörde sein, die an die Stelle der Ministerien treten kann. Aber 'es muß in der Lage sein, folgende
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67 Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 5215
Löffler
Bedingungen zu erfüllen: dem Kanzler alle wichtigen Informationen schnellstens vorlegen zu können, eine Verbindung mit jedem wichtigen Punkt der Erde aufnehmen zu können, Möglichkeiten zu einer weltweiten Abstimmung der Meinungen und der vorgesehenen Schritte zu schaffen und Ad-hocGruppen zur akuten Krisenbekämpfung vernünftige Arbeitsbedingungen zu bieten.
Das ist kein Luxus, das ist keine Geldverschwendung, sondern eine Notwendigkeit, die unsere Bürger selbstverständlich von diesem Staat erwarten. Der Bürger will wissen, ob der Regierungschef auch in Krisenzeiten in der Lage ist, die Fäden fest in der Hand zu behalten. Wer dem Kanzler die Personen und die technischen Mittel dafür vorenthalten will, schadet nicht der Koalition, sondern versündigt sich an der Funktionsfähigkeit dieses Staates.
Daß beim Ausbau des Kanzleramtes nichts Überflüssiges installiert wird, beweisen u. a. die jährlichen Kosten, die der Herr Schröder beklagt hat; jeder Bürger der Bundesrepublik Deutschland wird jährlich mit 72 Pfennigen für eine der wichtigsten Regierungszentralen dieser Welt belastet.
Ich bedaure, daß die Debatte über den Einzelplan 04 zum Teil auf Kuchenkrümelniveau geführt wird. Leider muß ich mich dem anpassen; aus eigenem Antrieb hätte ich z. B. folgende Überlegungen und Sachverhalte unberücksichtigt gelassen: Setzt man die Ausgaben für die Regierungszentralen ins Verhältnis zu den Gesamtausgaben, so ergibt sich ein recht interessantes Bild. Der Bund gibt für seine Regierungszentrale 1978 2/100 % des Gesamtetats aus. Bayern, natürlich ein im Weltmaßstab sehr, sehr wichtiger Staat, gibt eben deshalb für seine Regierungszentrale 7/100 % des Gesamtetats aus.
Baden-Württemberg ist ein wenig sparsamer und gibt nur 4/100 % aus. Einsamer Spitzenreiter in diesem Vergleich ist das Land Rheinland-Pfalz im Jahre 1976; da waren es 10/100%. Ministerpräsident war damals Herr Dr. Kohl. Bemerkenswert daran ist — und das muß in diesem Hause auch einmal gesagt werden —, daß die beiden Länder mit den verhältnismäßig höchsten Ausgaben für ihre Regierungszentralen fleißige Empfänger im Rahmen ,des Länderfinanzausgleichs sind.
Was Bayern betrifft, wird man ja wohl mit dem Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten davon ausgehen können, daß ein Wandel eintritt. Nach dem, was Herr Strauß in dieser Debatte gesagt hat, kann man das ja wohl von ihm erwarten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundesrepublik ist kein besonders großer Landkreis, und die Bundesregierung ist kein Kreisverwaltung, sondern wir sind ein großer Industriestaat, einer der größten Teilnehmer am Welthandel. Das hat zur Folge, daß wir vielfältige Interessen überall auf der Erde haben und zu vertreten haben. Es geschieht kaum etwas, was der Kanzler nicht schnellstens wissen muß und worauf er nicht in irgendeiner Weise reagieren muß. Dazu benötigt er die technischen Anlagen und die Menschen, die diese Anlagen bedienen. Wir stellen dem Kanzler beides zur Verfügung. Deshalb lehnen wir die Anträge der Opposition ab. Wir wollen, daß der Kanzler über ein schnell einsatzbereites Krisenzentrum verfügt, damit er auch in Krisenzeiten die Informationen bekommt, die er benötigt, um das Steuer fest in der Hand zu halten. Einer der modernsten Industriestaaten kann in seiner Regierungszentrale im Hinblick auf den politischen Hilfsapparat keine Nostalgie pflegen. Diese Aussage mache ich unabhängig davon, wer gerade Kanzler ist.
Wir werden dem Einzelplan 04 in der Ihnen vorgelegten Fassung in namentlicher Abstimmung zustimmen.