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ID0806706100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/67 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 67. Sitzung Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung . . . . . 5147 A Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . . 5147 A Begrüßung einer Delegation des Landwirtschaftsausschusses der Brasilianischen Abgeordnetenkammer 5164 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/1361 - 5147 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/1362 — Collet SPD 5147 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/1363 — 5149 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und . des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/1364 — Strauß CDU/CSU 5149 D Brandt SPD 5164 C Hoppe FDP 5173 B Dr. Apel, Bundesminister BMF 5179 D Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 5183 C, 5184 A Dr. Marx CDU/CSU (zur GO) 5183 D Porzner SPD (zur GO) 5184 A Friedrich (Würzburg) SPD 5190 D Dr. Bangemann FDP 5196 D Schmidt, Bundeskanzler 5202 D Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 5209 C Löffler SPD 5214 A Wohlrabe CDU/CSU 5215 C Esters SPD 5218 D Namentliche Abstimmung 5220 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 8/1365 — Dr. Marx CDU/CSU . . . . . . . . 5222 A Frau Renger SPD 5229 A Picard CDU/CSU 5233 B Genscher, Bundesminister AA 5236 A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/1380 — Mattick SPD 5239 B Franke, Bundesminister BMB 5241 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/1378 — Picard CDU/CSU 5245 C Esters SPD 5247 C Gärtner FDP 5250 B Frau Schlei, Bundesminister BMZ . . . . 5251 A Dr. Hoffacker CDU/CSU . . . . . . . 5253 B Hofmann (Kronach) SPD 5257 C Dr. Vohrer FDP 5259 A Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/1376 — . . . . . . . 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 1974 über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale — Drucksache 8/1390 — 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Oktober 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island über die gegenseitige Unterstützung in Zollangelegenheiten — Drucksache 8/1358 — 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altölgesetzes — Drucksache 8/1423 — 5260 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Agrarbericht 1977 — Drucksachen 8/80, 8/81, 8/1350 — . . . 5260 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung des Agrarberichts 1977 der Bundesregierung — Drucksachen 8/306, 8/1351 — . . . . 5260 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft „ehemalige Gallwitz-Kaserne" in Ulm an die Stadt Ulm — Drucksache 8/1352 — . . . . . . . 5260 C Beratung der Sammelübersicht 17 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen - Drucksache 8/1415 — . . . . . . . 5260 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf einer Richtlinie des Rates über bestimmte Erzeugnisse für die Tierernährung Vorschlag einer dritten Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der Tierernährung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 74/63/EWG über die Festlegung von Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen und Erzeugnissen in Futtermitteln und zur Änderung der Richtlinie 70/373/EWG über die Einführung gemeinschaftlicher Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die Untersuchung von Futtermitteln — Drucksachen 8/833, 8/1353 — 5260 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2772/75 über Vermarktungsnormen für Eier — Drucksachen 8/814, 8/1420 — 5261 A Nächste Sitzung 5261 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5263* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 5147 67. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 24. 1. Alber ** 24. 1. Dr. Bardens ** 24. 1. Böhm (Melsungen) ** 24. 1. Frau von Bothmer ** 24. 1. Büchner (Speyer) ** 24. 1. Dr. Dollinger 24. 1. Dr. Enders ** 24. 1. Flämig * 24. 1. Dr. Geßner ** 24. 1. Handlos ** 24. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lagershausen** 24. 1. Lampersbach 24. 1. Lemmrich** 24. 1. Marquardt ** 24. 1. Dr. Müller ** 24. 1. Müller (Wadern) * 24. 1. Offergeld . 27. 1. Pawelczyk ** 24. 1. Reddemann ** 24. 1. Dr. Schäuble *' 24. 1. Scheffler ** 24. 1. Schmidthuber ** 24. 1. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 1. Dr. Todenhöfer 24.2. Dr. Vohrer ** 24. 1. Frau Dr. Walz * 24. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Bitte sehr.


Rede von Dr. Alois Mertes
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundeskanzler, sind Sie unter diesen Umständen bereit, Ihr im letzten Wahlkampf oft wiederholtes böses Wort, die Unionsparteien legten in der Rentenfrage falsches Zeugnis wider den Nächsten ab, mit dem Ausdruck der Entschuldigung zurückzunehmen?

(Beifall bei der CDU/CSU)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Abgeordneter Mertes, mit einer für Sie schmerzlichen Qualifikation muß ich darauf antworten: Solange Unionsabgeordnete, wie auch heute morgen durch Herrn Abgeordneten Strauß geschehen, dem Parlament gegenüber und in Wirklichkeit mit der Absicht, die Öffentlichkeit damit zu erreichen, so tun, als ob die Zahlung
    der Renten nicht gesichert sei, kann ich dieses Wort nicht zurücknehmen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich darf aber die Qualifikation, die ich Ihnen angekündigt habe, hinzufügen. Der Abgeordnete Strauß hat heute morgen wörtlich ausgeführt, die alte Generation werde betrogen, die kommende Generation werde ausgebeutet. — Der Beweis dafür fehlt; er kann auch nicht erbracht werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Tatsachen sind folgende, Herr Kollege Strauß. Seit Beginn der sozialliberalen Koalition und ihrer Gesetzgebung in diesem Bundestag sind die durchschnittlichen Nettoeinkommen der Arbeitnehmer — seit 1970 bis heute — um 69,1 % gestiegen, die Renten im Durchschnitt um 96,8 %. Tatsache ist, daß die Renten in der Bundesrepublik Deutschland heute — nominal gesehen und auch bezogen auf die reale Kaufkraft — den höchsten Stand erreicht haben, den sie jemals hatten, und sie werden jeden Monat ausgezahlt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn Sie dies auch nur einmal hinzufügten oder zugäben, daß bei all Ihrer Schwarzmalerei dies auch richtig ist, dann wäre ich, Herr Kollege Mertes, mit dem Ausdruck des Bedauerns bereit, mein scharfes Wort zurückzunehmen. Aber dann bestätigen Sie bitte, Herr Kollege Strauß, daß die Tatsachen, die ich hier vortrage, zutreffen.
    Bestätigen Sie bitte zweitens, daß das Rentenniveau eines Versicherten mit 45 Versicherungsjahren 1977 fast 75% des Nettoeinkommens eines vergleichbaren Arbeitnehmers erreicht hat. Weil ja die Renten nur mit dem Ertragsanteil der Besteuerung unterliegen, die Rentner also in der Regel ihre Renten völlig steuerfrei beziehen, haben die Nettoeinkommen bei den Rentnern im Vergleich zu den Arbeitnehmern den höchsten Stand überhaupt erreicht.
    Wenn Sie drittens wenigstens nicht widersprächen, sondern schweigend die Feststellung hinnehmen könnten, daß jeder Rentner bisher damit rechnen konnte und auch in Zukunft damit rechnen kann, daß seine Renten der wirtschaftlichen Entwicklung entsprechend angepaßt, d. h. erhöht werden, daß allerdings eine sehr verlangsamte allgemeine wirtschaftliche Entwicklung sich auch auf den Umfang dieser Rentenerhöhung, auf die Rentenzuwächse auswirken muß, dann wären wir uns schon ein wenig näher.
    Herr von Weizsäcker hat mehrere Bemerkungen zum Feld der äußeren Sicherheit gemacht. Er hat an ein paar Punkten angemerkt, ich hätte in der Regierungserklärung vorige Woche dieses und jenes Feld nicht beackert. Das ist wahr; ich habe nicht alle Felder beackern können. Ich habe eh' schon länger gesprochen, als es eigentlich von Ihnen aus wünschenswert erschien. Ich hatte ausdrücklich angekündigt, daß es keine flächendeckende, alle Ge-



    Bundeskanzler Schmidt
    genstände behandelnde Regierungserklärung sein würde.
    Aber ich gehe gern noch einmal auf einen Gegenstand ein, den Sie hier etwas ausführlicher angeleuchtet haben, als ich das letzte Woche getan habe. Ich rede von den Wiener Verhandlungen über die beiderseitige ausgewogene Reduzierung der Streitkräfte.
    Ihnen ist sicher bewußt, daß ich qua Person, wenn ich einmal persönlich reden darf, an diesem Feld seit fast 19 Jahren einen großen Anteil habe. Ich habe auf diesem Felde eigentlich ohne Unterbrechung fast zwei Jahrzehnte lang gearbeitet; ich habe vielfältig darüber publiziert. Ich habe auch hier im Parlament, später als Bundesminister und dann in den letzten Jahren als Bundeskanzler einen großen Teil meiner Arbeitskraft auf diesem Feld verwandt.
    Im Prinzip haben sich meine Auffassungen zu diesem Thema im Laufe von zwei Jahrzehnten nicht verändert. Ich bin im Prinzip der Meinung, daß eine der Voraussetzungen, die einerseits allein nicht hinreicht, die andererseits aber notwendig ist für die Bewahrung des Friedens, das Gleichgewicht der in Europa wirksamen und von außen auf Europa wirkenden militärischen Kräfte ist. Das ist eine der nötigen Voraussetzungen, allein reicht sie aber noch nicht aus! Das Gleichgewicht der Kräfte allein reicht nicht aus, um den Frieden zu bewahren; es muß noch mehr hinzukommen. Aber ohne die Aufrechterhaltung von einigermaßen Gleichgewicht ist der Frieden auch nicht zu bewahren, weil die Versuchungen sonst zu groß sein könnten.
    Nun gibt es verschiedene Ebenen, auf denen militärischer Druck oder auf denen politischer Druck, gestützt auf militärische Fähigkeiten, und Gegendruck denkbar sind. Es gibt die Ebene der nuklearstrategischen Waffen, die wir Deutschen nicht haben und nicht haben wollen, die im wesentlichen — mit ein paar Ausnahmen — in der Disposition der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion stehen. Darüber gibt es ein Salt-I-Abkommen, das im letzten Herbst ausgelaufen ist. Es wird über ein Salt-Il-Abkommen verhandelt, wobei man den Eindruck gewinnt, daß die beiden Weltmächte — und das ist zu begrüßen, auch unter den Interessengesichtspunkten der Europäer und der Deutschen — auf jenem Felde der nuklear-strategischen Waffen — Salt II genannt — zu einem numerischen Gleichgewicht kommen und es miteinander verabreden wollen.
    Es gibt ein zweites Feld, zu dem andere nukleare Waffen gehören. Ich glaube, Herr Brandt hat vorhin von der Grauzone gesprochen. Einige Amerikaner reden vom „substrategic level" und wieder andere reden von taktischen Nuklearwaffen oder von „nichtzentralen Waffen".
    Und noch darunter gibt es die konventionelle Ebene. Auf dieser Ebene der konventionellen, der klassischen Waffen - das sind also Infanterie, Panzerwaffen, Kanonen, taktische Flugzeuge, mit konventionellen Waffen ausgerüstet — wird in Wien
    verhandelt, in den sogenannten MBFR-Verhandlungen.
    Das Feld dazwischen wird gegenwärtig nicht beackert, es ist gleichwohl ein sehr gefährliches Feld; zumal auf diesem Felde dazwischen, auf dem Feld der Grauzonen, wir möglicherweise in die Gefahr geraten, daß man sich von dem Gleichgewicht eher entfernt als auf ein Gleichgewicht hin bewegt. Ich sehe solche Gefahr sehr deutlich.
    Was die Wiener Verhandlungen auf dem Felde der klassischen Waffen angeht, Verhandlungen, bei denen man sich fragen muß, ob sie um das Feld der Waffen, von denen ich zuletzt sprach, erweitert werden sollten — Stichwort Grauzone oder „substrategic level" oder wie immer —, und bei denen wir, die Bundesrepublik Deutschland, eine Rolle spielen, so haben wir nicht die Absicht — und wenn wir sie hätten, gar nicht die Möglichkeit; aber die politische Klugheit verbietet uns, eine solche Absicht überhaupt zu fassen! — so haben wir nicht die Absicht, eine eigene, eigenständige, nationale deutsche Rolle zu spielen, sondern bei den Wiener Verhandlungen erwarten unsere Verbündeten von uns, und wir erwarten von unseren Verbündeten, daß wir dort in Abstimmung miteinander handeln. Das tun wir auch. Das tun wir schon seit einer längeren Reihe von Jahren, so wie wir es auch vor der KSZESchlußakte in Helsinki auf jenem anderen Felde getan haben: in Abstimmung miteinander, in Rücksichtnahme aufeinander und auf die Interessen des jeweils anderen Bündnispartners. So geschieht es auch in Wien.
    Es ist unrichtig, wenn hier der Eindruck erweckt worden ist, wir seien auf diesem Felde nicht interessiert oder ergriffen keine Initiativen. Das Gegenteil ist zutreffend. Nur, wir ergreifen sie nicht als einzelnes Land, sondern in Abstimmung mit anderen.

    (Dr. von Weizsäcker [CDU/CSU] : Das hat auch niemand gesagt!)

    — Ich bin nicht ganz sicher gewesen, wie ich es verstehen sollte, was Sie sagten; aber was ich jetzt sage, findet offenbar Ihren Widerspruch nicht.

    (Dr. von Weizsäcker [CDU/CSU] : Ich habe mich nur auf die Diskrepanz bezogen!)

    Wir handeln in Abstimmung mit anderen, und manchmal dauert die Abstimmung länger, als es demjenigen, der eine Initiative ersinnt, angenehm ist. Manchmal ergibt sich im Laufe einer Abstimmung auch, daß man auf andere Vorstellungen Rücksicht zu nehmen hat.
    Sie haben auch eine Bemerkung, Herr Abgeordneter von Weizsäcker, zu Europa gemacht. Ich habe sie positiv aufgenommen. Ich fand keine Notwendigkeit zum Widerspruch, abgesehen von der von Ihnen nun einmal erwarteten und von Ihnen dann auch pflichtgemäß vorgetragenen Kritik an uns. Im Grunde gibt es, glaube ich, keinen Gradunterschied im europäischen Engagement.
    Allerdings kontrastierte das, was Sie sagten, von der europäischen Gesinnung aus sprechend, in erstaunlicher Weise mit den Ausführungen des Herrn



    Bundeskanzler Schmidt
    Abgeordneten Strauß zu dem gemeinsamen europäischen Forschungsprojekt JET, und zu dem Standort, den JET nun schließlich durch Beschluß des Ministerrats der Europäischen Gemeinschaft gefunden hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Abgeordneter Strauß, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß wir nicht nur in Briefen Ihnen gegen-. über und anderen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland gegenüber, sondern auch brieflich und mündlich unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft gegenüber zu jedem Zeitpunkt und ohne Einschränkung die Auffassung vertreten haben, daß angesichts der vorher getätigten Investitionen in Garching und angesichts der dort vorhandenen wissenschaftlichen Kapazität dies nach unserem Urteil der beste Standort gewesen wäre. Ich bitte nur, bei der Verurteilung der Bundesregierung, die hier — wie hat es hier geheißen? — „hintergründige Machinationen und Manipulationen zugunsten Großbritanniens" — - Diesen Wortlaut müssen Sie mal auf der Zunge zergehen lassen, Herr Abgeordneter von Weizsäcker, der Sie sich für europäische Gesinnung aussprechen: der Bundesregierung „hintergründige Machinationen und Manipulationen zugunsten Großbritanniens" vorzuwerfen. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, daß die Engländer und nicht nur sie — aus Gründen, die auch ihre Plausibilität haben — der Meinung waren, der englische Standort Culham sei angesichts der dort im Vorwege seit langer Zeit geleisteten Investitionen und angesichts der dort vorhandenen wissenschaftlichen Kapazität der bestgeeignete Standort. Hier waren also zwei Mitgliedsländer, die beide meinten, sie seien eigentlich an der Reihe und hätten auf Grund ihrer Fähigkeiten und ihrer Investitionen einen Anspruch.
    Nun möchte ich in allem Ernst sagen: Wenn in solchen Fällen in Zukunft immer die Bundesrepublik Deutschland auf ihren eigenen Interessen beharren sollte, dann ginge Europa sicherlich in die Brüche. Wir müssen auch einmal nachgeben können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es ist nicht leicht, die europäischen Ministerräte bei Interessenkollisionen immer wieder zu übereinstimmenden Beschlüssen zu führen. Wir werden hier von der Opposition bisweilen öffentlich kritisiert, weil wir nicht dafür sorgten, daß mehr Übereinstimmung schneller zustande käme. Wer allerdings in seinem nationalen Parlament, ob hier im Deutschen Bundestag oder im Unterhaus oder in der Kammer in Paris oder wo sonst, in solchen Tönen die eigenen Interessen absolut und unter Vernachlässigung der Interessengesichtspunkte anderer in den Vordergrund stellt, der läßt Europa zentrifugal auseinanderfliegen und verwirkt das Recht, hier für Europa zu sprechen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ihre Rede, Herr Abgeordneter Strauß, hat ein anderes Mal gezeigt, daß Ihnen persönlich, Ihrer Politik und Ihrer impulsiven, unkontrollierten Art, mit Dingen umzugehen, weder die Bundesrepublik Deutschland noch die Beschlußfassung über europäische Dinge ausgeliefert werden dürfen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Solche Ausrutscher wie der von den Machinationen und Manipulationen der Bundesregierung zugunsten Großbritanniens zeigen blitzlichtartig,

    (Strauß [CDU/CSU] : Sie haben mir die Unwahrheit geschrieben! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    was wirklich in Ihrem Kopfe vorgeht. — Ich nehme den Zwischenruf der Kollegin aus Berlin auf.

    (Strauß [CDU/CSU] : Sie haben mir die Unwahrheit geschrieben!)

    Dies war allerdings ein Augenblick, in dem es einem schwerfällt

    (Strauß [CDU/CSU] : Sie haben mir die Unwahrheit geschrieben!)

    — im allgemeinen bleibt es aber gleichwohl möglich! —, seine Fröhlichkeit zu bewahren.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Strauß [CDU/CSU] : Sie haben mir die Unwahrheit geschrieben!)