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ID0806701700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/67 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 67. Sitzung Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung . . . . . 5147 A Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . . 5147 A Begrüßung einer Delegation des Landwirtschaftsausschusses der Brasilianischen Abgeordnetenkammer 5164 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksachen 8/950, 8/1285 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/1361 - 5147 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/1362 — Collet SPD 5147 D Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/1363 — 5149 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und . des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/1364 — Strauß CDU/CSU 5149 D Brandt SPD 5164 C Hoppe FDP 5173 B Dr. Apel, Bundesminister BMF 5179 D Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 5183 C, 5184 A Dr. Marx CDU/CSU (zur GO) 5183 D Porzner SPD (zur GO) 5184 A Friedrich (Würzburg) SPD 5190 D Dr. Bangemann FDP 5196 D Schmidt, Bundeskanzler 5202 D Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 5209 C Löffler SPD 5214 A Wohlrabe CDU/CSU 5215 C Esters SPD 5218 D Namentliche Abstimmung 5220 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 8/1365 — Dr. Marx CDU/CSU . . . . . . . . 5222 A Frau Renger SPD 5229 A Picard CDU/CSU 5233 B Genscher, Bundesminister AA 5236 A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/1380 — Mattick SPD 5239 B Franke, Bundesminister BMB 5241 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/1378 — Picard CDU/CSU 5245 C Esters SPD 5247 C Gärtner FDP 5250 B Frau Schlei, Bundesminister BMZ . . . . 5251 A Dr. Hoffacker CDU/CSU . . . . . . . 5253 B Hofmann (Kronach) SPD 5257 C Dr. Vohrer FDP 5259 A Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/1376 — . . . . . . . 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 1974 über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale — Drucksache 8/1390 — 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Oktober 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island über die gegenseitige Unterstützung in Zollangelegenheiten — Drucksache 8/1358 — 5260 A Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altölgesetzes — Drucksache 8/1423 — 5260 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Agrarbericht 1977 — Drucksachen 8/80, 8/81, 8/1350 — . . . 5260 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung des Agrarberichts 1977 der Bundesregierung — Drucksachen 8/306, 8/1351 — . . . . 5260 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft „ehemalige Gallwitz-Kaserne" in Ulm an die Stadt Ulm — Drucksache 8/1352 — . . . . . . . 5260 C Beratung der Sammelübersicht 17 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen - Drucksache 8/1415 — . . . . . . . 5260 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf einer Richtlinie des Rates über bestimmte Erzeugnisse für die Tierernährung Vorschlag einer dritten Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der Tierernährung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 74/63/EWG über die Festlegung von Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen und Erzeugnissen in Futtermitteln und zur Änderung der Richtlinie 70/373/EWG über die Einführung gemeinschaftlicher Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die Untersuchung von Futtermitteln — Drucksachen 8/833, 8/1353 — 5260 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2772/75 über Vermarktungsnormen für Eier — Drucksachen 8/814, 8/1420 — 5261 A Nächste Sitzung 5261 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5263* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 5147 67. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 24. 1. Alber ** 24. 1. Dr. Bardens ** 24. 1. Böhm (Melsungen) ** 24. 1. Frau von Bothmer ** 24. 1. Büchner (Speyer) ** 24. 1. Dr. Dollinger 24. 1. Dr. Enders ** 24. 1. Flämig * 24. 1. Dr. Geßner ** 24. 1. Handlos ** 24. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 27. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lagershausen** 24. 1. Lampersbach 24. 1. Lemmrich** 24. 1. Marquardt ** 24. 1. Dr. Müller ** 24. 1. Müller (Wadern) * 24. 1. Offergeld . 27. 1. Pawelczyk ** 24. 1. Reddemann ** 24. 1. Dr. Schäuble *' 24. 1. Scheffler ** 24. 1. Schmidthuber ** 24. 1. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 1. Dr. Todenhöfer 24.2. Dr. Vohrer ** 24. 1. Frau Dr. Walz * 24. 1. Baron von Wrangel 27. 1.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident, ich möchte es halten wie der Kollege Strauß und meine Ausführungen im Zusammenhang machen.

    (Beifall bei der SPD)

    Gerungen und gestritten wird darum, wie unsere Interessen in einer komplizierten und unruhigen Welt zweckmäßig vertreten werden oder, auf die Materie dieser Woche bezogen, welche Mittel der Bundesstaat für welche Aufgaben einsetzt und welche Einnahmen dazu erforderlich sind.
    Wenn man Glück hat, findet ein Parlament auch noch die Kraft, gelegentlich über neue gesellschaftliche Probleme und sich verändernde internationale Bedingungen zu reden, geistige Positionen, programmatische Plattformen aneinander zu messen, neue Erfahrungen der Wissenschaft und der Technik, soweit man sie mitbekommen kann, nicht zu vernachlässigen.
    Ich frage jetzt mich selbst und alle anderen: Was haben die Bürger davon, wenn wir hier allzu oft aneinander vorbei, zum Fenster hinaus und in die Fernsehkamera hinein reden?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    In einer freiheitlich-demokratischen Ordnung ist es ja die Aufgabe des Parlaments, nicht nur über die vorhandenen — und legitimen — Unterschiede von Überzeugungen — oder was man dafür hält — und von Interessen — oder was man darunter versteht — zu streiten, sondern auch darüber zu reden, welche gemeinsamen Pflichten sich aus dem Grundgesetz ergeben und welche gemeinsamen Werte wir über den Streit der Parteien hinweg zu verteidigen und zu pflegen entschlossen sind.
    Ich sehe die große Gefahr, daß wir den Bürgern in doppelter Hinsicht nicht gerecht werden: Sie erfahren durch unsere Debatten allzu oft nicht die gebotene und mögliche Orientierung — auch was die Alternativen angeht —, und sie erfahren auch wenig darüber, welche sachliche Arbeit neben dem zugespitzten Parteienstreit geleistet wird. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, es gibt doch einen erheblichen Widerspruch zwischen den vom Fernsehen vermittelten Redeschlachten und der überwiegend stillen, sachlichen Arbeit in den Ausschüssen,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    nicht zuletzt im Haushaltsausschuß; und dies erwähne ich natürlich besonders aus Anlaß der Debatte, die wir jetzt führen. Ich könnte hinzufügen: Es gibt den Widerspruch zwischen der zunehmenden Konfrontation auf der staatlichen Ebene — nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern —
    und dem erfreulicherweise im ganzen ungebrochenen Willen zur Kooperation in den Rathäusern.
    Nun stehen die meisten von uns lange genug im Leben, um zu wissen, daß man bei Fehlentwicklungen die Schuld nicht immer nur beim anderen suchen darf. Ich habe also — so sehr die Ausführungen meines Vorredners dazu einladen könnten — nicht die Absicht, allein der Opposition das anzukreiden, was mich besorgt und weshalb ich mich heute in erster Linie zu Wort gemeldet habe. Wenn Sie mir entgegenhalten — und das klang ja nach meinem ersten Satz an —, daß ich mich selbst prüfen und eigenen Irrtümern nachgehen sollte, muß ich bereit sein, das einzustecken. Ich gehöre in der Tat nicht zu denen, die meinen, immer recht gehabt und alles richtig gemacht zu haben. Und wenn Sie ehrlich sind, kann keiner von uns garantieren, daß er nicht Fehler macht oder in der Hitze des Gefechts etwas sagt, was er so am liebsten nicht gesagt hätte.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Schauen Sie einmal den Bundeskanzler an!)

    Meine Partei hat ihre Grundüberzeugung. Sie arbeitet gewissenhaft daran, Probleme zu erkennen und Lösungen vorzuschlagen. Aber die SPD meint natürlich nicht, über den Stein der Weisen zu verfügen; über den verfügt keiner von uns. Die Regierung der sozialliberalen Koalition nimmt nicht für sich in Anspruch, nie geirrt zu haben und immer nur das Beste bieten zu können. Aber sie leistet gute Arbeit, und dafür verdient sie Anerkennung. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion spricht diese Anerkennung erneut und ganz nachdrücklich aus.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber ich will uns noch einmal fragen: Wem kann eigentlich daran liegen, daß der Bundestag bei den Bürgern in Verdacht gerät, mehr als einmal an den wirklichen Problemen der Bürger vorbeizureden oder sie nicht zur Kenntnis zu nehmen?

    (V o r s i t z : Vizepräsident Pr. SchmittVockenhausen)

    Ich frage weiter: Ist es bei dem notwendigen Streit der Meinungen und Interessen nicht doch möglich, daß wir auf unnötige Übertreibungen verzichten und uns bei allen Auseinandersetzungen immer wieder einmal fragen, was des gemeinsamen demokratischen Staates, seiner Bürger, unseres Volkes wegen geboten ist? Was sollen die Bürger davon halten, wenn hier Reden immer häufiger nicht unter dem Gesichtspunkt sachlicher Überzeugungskraft, sondern wegen ihrer vermeintlichen Öffentlichkeitswirkung gehalten werden, wobei dann oft noch der eigene Heerhaufen mit der Öffentlichkeit verwechselt wird? Täten wir nicht gut daran, uns über Parteigrenzen hinweg diese Gefahr von Wirklichkeitsverlust einzugestehen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt auf einmal?)

    Nun bin ich nicht optimistisch genug zu glauben, wir, meine Kollegen von der SPD und die Kollegen von der FDP, könnten durch das, was wir sagen,



    Brandt
    das Abstimmungsverhalten der Opposition beeinflussen. Sie werden den Bundeshaushalt ablehnen.. Das entspricht parlamentarischem Brauch, fast hätte ich gesagt: gutem parlamentarischen Brauch. Jedenfalls ist es ein Stück normaler politischer Auseinandersetzung. Wir werden erneut feststellen, wer hier die Mehrheit hat; auch da wird es keine Überraschungen geben. Aber auf die Begründung kommt es an, und wenn dem, was Herr Strauß heu-. te morgen für die Opposition gesagt hat, nicht noch ganz Wesentliches hinzugefügt wird, dann tut mir • die Opposition bei der Begründung ihres Nein zum Bundeshaushalt leid.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Da kommt es auf mehr Argumente und den Nachweis möglicher Alternativen an. Daran wird in diesem Fall die Qualität gerade der Opposition geniessen.
    Kritik ist nicht nur unvermeidlich, sie muß doch erwünscht sein, auch wenn sie aus der Sicht eines Regierungschefs manchmal unbequem sein mag. Dazu gehört doch aber auch: Die Auseinandersetzung muß sich an dem orientieren, wie die tatsächliche Lage ist. Es ist unglaubwürdig, über Jahre hinweg — wie Herr Strauß es tut; das wird man feststellen, wenn man der Sache nachgeht — zu allem Wesentlichen immer nur nein zu sagen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

    Nun weiß ich wohl, daß die Menschen, seit sie denken können, auch darüber streiten, wie sich ihnen die Wirklichkeit darstellt und wie sie sie interpretieren sollen. Aber wäre es nicht beispielsweise möglich, das anzuerkennen — wenn auch zähneknirschend —, was der Bundeskanzler hier in der letzten Woche zur Lage unseres Landes noch einmal deutlich gemacht hat? Der Bundeskanzler hat weder übertrieben noch Schönfärberei betrieben.

    (Oh-Rufe bei der CDU/CSU)

    Er hat, verehrte Kollegen von der Opposition, in Wirklichkeit keinen Anlaß gegeben, sich im polemischen Ton zu vergreifen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Bei allem, was umstritten ist, sollten — sollten! — wir uns doch miteinander unter Umständen sogar bei allem, was trennt, darüber freuen können, daß unser Land stabiler ist als die meisten anderen Länder, und das redet auch Herr Strauß nicht kaputt!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir sollten uns darüber freuen können, daß dieses unser Land sozial sicherer ist, auch heute und morgen, als die meisten anderen Länder;

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    daß die rechtsstaatlichen Grundlagen, vor einer Generation neu geschaffen — gemeinsam —, sich bewährt haben; daß die Bundesrepublik Deutschland ein überall geachteter Partner der europäischen Zusammenarbeit geworden ist und sich in der Welt
    als ein gewichtiger Faktor der Friedenssicherung erweist.
    Meine verehrten Damen und Herren, dank der Anstrengungen vieler — nicht einer Partei, nicht zweier Parteien, nicht einer Regierung — haben wir es doch, wenn wir ehrlich sind, mit einer stabilen, sozial weithin ausgeglichenen Gesellschaft zu tun. Um die Bewahrung dieses Zustandes und seinen vernünftigen Ausbau sollten wir uns bemühen. Wir sollten wetteifern, wo es um dieses Bewahren und dieses Ausbauen geht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dabei dürfen wir natürlich nicht — wenn mir das entgegengehalten werden sollte, stimme ich sofort zu — den Blick für die Realitäten verlieren, d. h., wir müssen darauf achten, daß die Grenzen des Möglichen nicht überschritten werden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Verehrte Kollegen aus den Reihen der Oppositionsparteien, niemand nimmt Ihnen übel, daß Sie den Bundeshaushalt ablehnen, da Sie der Regierung insgesamt verständlicherweise nicht zustimmen wollen. Aber muß man deswegen — — Nein, ich frage jetzt nicht; ich hätte Herrn Strauß, wenn er da wäre, direkt gesagt: Aber, Herr Strauß, deswegen, weil man der Regierung kein Vertrauen aussprechen will, muß man doch die Lage im eigenen Land und des eigenen Landes in der Welt nicht schlechtermachen, als sie ist!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn es uns besser geht als vielen anderen Völkern, dann drückt sich darin doch vor allem auch die Arbeitsleistung, das Verantwortungsbewußtsein, der Fleiß, die Zuverlässigkeit der vielen einzelnen in unserem Lande aus, unserer Wähler und Ihrer Wähler.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ein uns allen bekannter Kommentator schrieb vor ein paar Wochen, auch für dieses Jahr lasse sich mit einiger Sicherheit prognostizieren, „daß es den Bundesbürgern besser gehen wird als den meisten Nachbarn, daß sie sich aber unglücklicher fühlen werden als alle übrigen". Er fügte hinzu: „Leicht verständlich ist das nicht."
    So ist es.

    (Wehner [SPD] : Das ist wahr!)

    Unbestreitbar ist wohl, daß wir es mit einem erheblichen Maß an Unsicherheit zu tun haben. Viele fühlen sich ratlos gegenüber den neuen Problemen, hilflos gegenüber dem, was man in der Welt nicht begreift — das ist ja auch häufig schwer genug zu verstehen —; ratlos, hilflos gegenüber den sich immer mehr aufdrängenden Herausforderungen der Zukunft. Sicher scheint mir auch zu sein, daß dieses Empfinden bei vielen unserer Mitbürger nicht von ungefähr kommt und nicht nur objektiv bedingt ist. Es sind auch Stimmungen der Angst, der Hilflosigkeit und der Ohnmacht geschürt worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!)




    Brandt
    Unsicherheit und Furcht sind Gegenstand eines engen und rücksichtslosen machtpolitischen Kalküls geworden. Wenn soeben jemand „Pfui" dazwischenrief, dann antworte ich darauf: Niemand stehle sich aus der Verantwortung! Der Satz, es müsse alles noch schlimmer kommen, stammt nicht von uns.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Viele Menschen machen sich deshalb Sorgen, weil ihnen Verführung angeboten wird. Wo zu sehr mit Stimmungen gespielt wird, können die Chancen für demokratische Politik verspielt werden. Desinformation und Fehlorientierung, Übertreibung und Verweigerung sind untaugliche Mittel, um über Schwierigkeiten hinwegzukommen und die Dinge zum Besseren zu wenden. Ich will versuchen, das durch einige Beispiele deutlich zu machen.
    Ist es nicht eine Desinformation, eine Fehlorientierung, wenn man im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt und dessen Verabschiedung wiederum so tut, als werde der Staat wegen der Aufnahme neuer Kredite zusammenbrechen? In Wirklichkeit weiß auch die Opposition, unter welchen Voraussetzungen wir diesen Weg nach gewissenhafter Prüfung und im Zusammenhang mit internationalen Erfahrungen haben beschreiten müssen und daß wir uns über die Grenzen dieses Weges durchaus im klaren sind. Ich verbinde dies gerade nach jenem Redeteil von Herrn Strauß mit einem ausdrücklichen Vertrauensvotum für Bundesminister Hans Apel und mit einem Dank für die Bürde,
    I) die er in diesen Jahren auf sich genommen hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    In den vorausgegangenen Beratungen des Haushaltsausschusses — ich habe mich genau erkundigt — hat es im übrigen keine ernsthaften alternativen Vorschläge der Opposition gegeben. Wenn es ein anderes Grundkonzept gibt, frage ich: Warum wurde es dort nicht vorgetragen, warum wurde es dann heute früh nicht durch den wirtschafts- und finanzpolitischen Sprecher der Opposition vorgetragen?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn man meint, man könne Milliarden einsparen, in dieser Höhe nicht zusätzlich in die Nettokreditverschuldung eintreten, dann muß man sagen, wie und wo. Das ist auch heute nicht geschehen. Welchen Sinn soll es eigentlich ergeben, wenn man einerseits fordert, der Staat solle beispielsweise mehr tun, um Arbeitsplätze zu sichern und neue schaffen zu helfen, andererseits aber im Grunde die Mittel verweigert, die der Staat braucht, um im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern? Ich frage weiter: Was soll es in einer ernsthaften Debatte nutzen — ich knüpfe jetzt an eine lautstark vorgetragene Passage von Herrn Strauß an —, wenn angeblich klimatische Störungen immer wieder als Kampfformel herhalten müssen, um die zweifellos bestehende Investitionszurückhaltung im Inland gegen die Bundesregierung zu wenden? Als ob Wirtschaftspolitik
    nach meteorologischen Maßstäben gemessen werden könnte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Nein, es hilft keinem Arbeitslosen, es hilft auch nicht der Wirtschaft insgesamt,- wenn unser Land als eines dargestellt wird, in dem zu investieren sich nicht mehr lohnte. Es gehört doch gerade zu Ihren Überzeugungen, meine Damen und Herren von der Union, daß Investitionen nach Gewinn- und Verlusterwartung getätigt oder unterlassen werden. Wenn dem so ist, warum ist dann die Bundesrepublik Deutschland ein so gesuchtes Land für ausländische Investitionen?

    (Beifall bei der SPD und der FDP) .

    Zweifeln Sie an der Urteilskraft ausländischer Unternehmen, die mit ihrem verstärkten Engagement in der Bundesrepublik Vertrauen in unsere wirtschaftliche Zukunft beweisen? Es widerspricht dem nicht, wenn gleichzeitig die Beteiligung deutscher Unternehmen im Ausland kräftig ansteigt. Es zeigt nur das Ausmaß des weltwirtschaftlichen Strukturwandels, dem naturgemäß die vom Welthandel in besonderem Maße abhängigen Industriestaaten am stärksten ausgesetzt sind. Das, was Herr Strauß über Investitionen und Beschäftigung gesagt hat, ließ diesen entscheidenden Faktor des Strukturwandels, in dem wir mittendrin sind — in der Welt draußen, in Europa und bei uns zu Hause —, außer Betracht.
    Im übrigen hat er einen großen Irrtum begangen. Ich will kein härteres Wort dafür benutzen; er hat sehr viel härtere Ausdrücke verwendet. Er ist einem ernsten Irrtum unterlegen, als er gemeint hat, dies zumal an die Adresse des Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Heinz Oskar Vetter, sagen zu müssen: Nicht nur die Wirtschaft, nicht nur die öffentliche Hand — Regierung, wie man so sagt —, auch die Arbeitnehmerseite ist betroffen und muß daran mitwirken, Arbeitsplätze zu erhalten und, wo es geht, neue zu schaffen. Wer Zeitungen liest und sich einmal darüber hinaus informiert, weiß, daß Heinz Oskar Vetter genau dies geschrieben und gesagt hat — noch in dieser Woche —: er möchte, daß die Spitzen — bei allem, das da sonst war — der Gewerkschaften und der Unternehmen und ihrer Verbände über Arbeitsplätze reden, zusätzlich zu dem, was darüber an anderer Stelle geredet wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich frage weiter — nach dem, was Herr Strauß gesagt hat —: ist es nicht eine maßlose und nahezu unverantwortliche Übertreibung, wenn man den Eindruck erweckt, als ob die Renten in ihrer Sub. stanz nicht gesichert seien und als ob sie nicht auch in Zukunft so erhöht würden, daß die Alten und die anderen, die einen Rentenanspruch erworben haben, weiterhin an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben werden?

    (Beifall beider SPD und der FDP)

    In Wirklichkeit, meine Kollegen von der Opposi-
    tion, geht es doch hier um unser gemeinsam ge-



    Brandt
    schaffenes System der fortlaufend wachsenden Rente. Es sollte in unserer gemeinsamen Verantwortung bleiben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Renten sind — Sie wissen es wie wir — im Laufe der Jahre beträchtlich gestiegen, und sie werden weiter steigen. Im Gegensatz zu Herrn Strauß-sage ich: der Generationenvertrag wird weiter tragen. Seine Interpretation zum Generationenvertrag.

    (Zuruf von der CDU/CSU: War richtig!)

    leidet darunter, daß er offenbar der illusionären Vorstellung gewesen ist, diese Welt und die Bundesrepublik würde für alle Zeit mit ungebrochenem wirtschaftlichen Wachstum rechnen können;

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    das war eine Illusion. Aber der Generationenvertrag muß auch unter sich verändernden Bedingungen halten,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    und er wird weiter tragen. Dadurch kommt jedem einzelnen — seien wir ehrlich, und die Menschen draußen wissen es — ein Mehrfaches dessen zugute — und so soll es sein —, was er selbst durch sein „Kleben", wie man so sagt, hat erarbeiten können. Statt Angstformeln zu prägen und Vorurteile zu mobilisieren,

    (Zurufe von der CDU/CSU — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Es sind Fakten!)

    sollten wir miteinander jenseits jeden Zweifels deutlich machen, daß die Renten sicher bleiben werden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe vorhin von Verweigerung gesprochen und will auch dies begründen. Das Thema war in der vorigen Woche schon mal dran; aber manches muß mehrfach gesagt werden. Wem nutzt es eigentlich, daß die Ministerpräsidenten Filbinger und Albrecht das Heizenergiesparprogramm von Bundeswohnungsbauminister Karl Ravens zu Fall brachten?

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ist es im Interesse der Bürger von Baden-Württemberg und von Niedersachsen,

    (Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

    wenn mehr als 2 Milliarden DM allein vom Bund nicht zur Steigerung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung eingesetzt werden können?

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich sage Ihnen ganz offen, ich finde es deprimierend, wie hier parteipolitische Enge über das Gebot der Vernunft gesiegt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Als ein bedenkliches Beispiel von Verweigerung habe ich auch empfunden, daß führende Mitglieder der Opposition die Klage der Arbeitgeberverbände gegen die Mitbestimmung mit wohlwollenden Kommentaren begleitet haben.

    (Zustimmung bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Erst ist man dagegen, •

    (Zurufe von der SPD)

    dann stimmt man dafür und rühmt sich dessen,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    und danach begrüßt man den Versuch, es außerparlamentarisch auszuhebeln.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das ist nicht nur ein Mangel an Geradlinigkeit, es ist gefährlich für den sozialen Frieden in unserem Land.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Denn wenn wir wirtschaftlich besser dastehen als viele, als die meisten anderen Länder, dann ist dies doch unbestreitbar mit darauf zurückzuführen, daß wir uns auf den Gebieten von Betriebsverfassung und Mitbestimmung nach vorne bewegt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der SPD: Das ist das Entscheidende!)

    Es reicht eben nicht — so würde ich Herrn Strauß jetzt wiederum angesprochen haben, hätte er hier sein können —, die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften zu ökonomischer Vernunft aufzufordern, damit sie unter den gegebenen Umständen mit bescheidenen Lohnzuwächsen zufrieden sind. Es ist geboten, meine Damen und Herren, daß wir uns von dem Weg, der zu gemeinsamer Verantwortung und solidarischer Teilhabe führt, unter keinen Umständen abbringen lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sage Ihnen in aller Ruhe, die Sozialdemokraten werden unruhig, wenn im Verständnis einzelner das Bemühen um Mitbestimmung durch Neigung zum Klassenkampf von oben ersetzt werden sollte.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will auch dies hinzufügen: Aus der Inflation, mit der politische Entscheidungen zu Gerichten hin verlagert werden, kann meiner Meinung nach nichts Gutes kommen. Das gilt aus meiner Sicht ausdrücklich auch für das Bundesverfassungsgericht. Nun sagt Herr Strauß, Gerichte sind doch dazu da, auch das Verfassungsgericht, daß man sie anruft. Stimmt! Nur — auch auf der Ebene draußen —, wer ohne Not und überflüssigerweise dorthin läuft: den nennt man einen „Prozeßhansl", und das kann man auch auf die höhere Ebene anwenden.

    (Beifall bei der SPD Zurufe von der CDU/CSU)

    Übrigens kann auch eine Inflation an Untersuchungsausschüssen — aber im Moment gibt es ja „nur" in Bonn, München und Stuttgart welche —

    (Hartmann [CDU/CSU]: Inflation an Affären! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)




    Brandt
    der parlamentarischen Demokratie kaum gut tun. Jedenfalls — sagen Sie das bitte Herrn Strauß weiter —,

    (Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

    wer in der Lage ist, selbst etwas aufzuklären oder aufklären zu helfen,

    (Schwarz [CDU/CSU] : Ihr vertuscht doch alles!)

    der sollte nicht statt dessen nach einem Untersuchungsausschuß rufen und erstmal Verdächtigungen verbreiten.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Sonst darf er sich nicht wundern, wenn er schlafenden Rattenfängern Melodien liefert.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr gut!)

    Ich komme auf meinen Ausgangspunkt zurück. Wir sollten auch in der oft unvermeidlichen Hitze des politischen Gefechts möglichst nie aus dem Auge verlieren, weshalb wir die Auseinandersetzung führen. Wir sind hier — wem sage ich es? — Teil der freiheitlichen Ordnung unseres Staates, die dem Bürger das Grundrecht zur demokratischen Teilhabe garantiert. Es liegt an uns allen, wie ernst wir dieses Grundrecht, wie ernst wir also den Bürger nehmen und was wir dazu tun, daß er als Bürger in der Demokratie handlungsfähig und bereit bleibt — und es zunehmend wird —, daß er, im be- sten Sinne aufgeklärt, Kritik üben oder unserer Arbeit zustimmen kann.
    Auch in diesem — wie man sagt — Hohen Hause sind, wie wir heute morgen wieder erfahren haben, Töne zu hören, die nicht zweifelsfrei von der Leitmelodie des mündigen Bürgers bestimmt sind; damit meine ich nicht nur die Sprache. Es geht um ein grundsätzlicheres Verständnis von Politik, dem wir als Demokraten verpflichtet sind, wollen wir nicht die Basis — und hier paßt der Ausdruck wirklich mal — unterspülen lassen.
    Natürlich gibt es verschiedene Auffassungen von Politik. Das Modell von Sonthofen beispielsweise, in dem ausdrücklich angeraten wurde — wenn man es noch mal genau liest —, nicht aufzuklären. Das war hoffentlich nicht ganz so zynisch gemeint, wie es dort stand. Aber manches davon hat negativ fortgewirkt.
    Ich meine, meine Damen und Herren, was die Grundfragen angeht, gibt es eigentlich nur ein demokratisches Prinzip. Ich darf uns alle eindringlich und keineswegs frei auch von Selbstkritik bitten, der Versuchung zu widerstehen, mit diesem Prinzip leichtfertig umzugehen. Vielleicht darf ich auch dies wieder an ein paar Beispielen deutlich machen.
    Kommt es nicht an Verweigerung heran, wie sich gegenwärtig einige Vertreter der Opposition mit unserer Bundeswehr befassen? Ich meine nicht den Untersuchungsausschuß; dazu habe ich meine Meinung gesagt. Aber ich meine, wie Sie — einige Vertreter der Opposition — die Bundeswehr in Ihren öffentlichen Äußerungen herabsetzen und sich
    damit in krassen Widerspruch setzen zur Meinung unserer Verbündeten und nicht nur dieser.

    (Beifall bei der SPD)

    Als maßlose Übertreibung muß ich das bezeichnen, was Herr Strauß und andere führende Vertreter der Unionsparteien nun schon seit geraumer Zeit zum Thema der inneren Sicherheit von sich geben. Es zeugt auch von einem sehr verengten Blick. Sonst müßte man sich doch einig darüber sein können, daß wir es über unsere eigenen Sorgen hinaus mit europäischen und internationalen Erscheinungen des Terrorismus und anderer Gewalthandlungen zu tun haben. Man müßte übrigens auch einmal anerkennen, daß sich in der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorhandlungen endlich gewisse Fortschritte ergeben. Es sind noch nicht genug; aber, ich finde, es ist zu begrüßen, daß sich etwas bewegt.
    Wir Sozialdemokraten waren und sind der Meinung, daß wir das sicherheitspolitische Instrumentarium verbessern müssen, aber nicht durch falsche Betriebsamkeit und auch nicht durch das Aufpeitschen von Emotionen, sondern mit Verstand und mit Augenmaß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nach den Einlassungen der Opposition ist nun klargeworden: Da sie alles — was sie für alles hält — nicht bekommen kann, will sie lieber nichts. So habe ich es verstanden. Das kann doch nicht vernünftig sein, das kann doch nicht überzeugen. Das wird auch nicht überzeugender durch die falschen, abgrundtief falschen Alternativen, die Herr Strauß hier heute früh dem Bundeskanzler hat aufdrücken wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das andere ist nicht so wichtig, seine nicht sehr sachkundigen Auffassungen über den Meinungsbildungsprozeß innerhalb der sozialdemokratischen Fraktion. Da könnten ihm Kollegen von uns ruhig einmal Nachhilfeunterricht geben.

    (Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU] : Herr Coppik! — Dr. Hennig [CDU/CSU] : Herr Thüsing!)

    Aber wir weisen die — ich muß mich beherrschen, um nicht unparlamentarisch zu werden — unglaublichen Verdächtigungen und Anwürfe, die Herr Strauß hier gegen den Bundeskanzler erhoben hat, nachdrücklich zurück.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Übrigens, zu einem Punkt hätte ich gerne etwas von den Rechtsgelehrten der Unionsfraktion gehört. Die Ausführungen von Herrn Strauß zu einem Punkt, nämlich zur Sicherungsverwahrung, laufen doch, wie Ihnen klar wird, wenn Sie es nachher im Protokoll nachlesen, falls es jetzt nicht jedem klar ist, zweifelsohne auf eine rückwirkende Änderung dieser Bestimmungen hinaus,

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : .Sehr richtig! — Widerspruch bei der CDU/CSU — Schwarz [CDU/CSU]: Kein Popanz!)




    Brandt
    denn nur dann kann die Entlassung bereits Verurteilter verhindert werden.

    (Erneuter Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Natürlich!)

    Genau hierüber hat Herr Strauß gesprochen.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Genau!)

    Bisher hat die Opposition im Rechtsausschuß die verfassungswidrige Gesetzesänderung nicht verlangt, die Herr Strauß heute hier vom Podium vorgetragen hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir möchten, daß die Gemeinsamkeit

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Das ist aber von wenig Sachkunde getragen! — Schwarz [CDU/CSU]: Typisch Brandt!)

    der Abwehr von Gewalt nicht verschüttet wird.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Typisch Brandt!)

    — Das ist Ihnen unangenehm; ich muß es einstecken, daß Sie deswegen ein bißchen unruhig werden. Das macht nichts.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Nein, Sie verstehen nichts von der Geschichte!)

    Aber gemeinsam mit allen, die sich in der Welt umschauen und die Erfahrungen der eigenen Vergangenheit beherzigen, d. h. auch mit Ihnen, hoffentlich mit allen von Ihnen, jedenfalls mit vielen von Ihnen, möchten wir neben dem Nachdenken über die Vervollständigung des Instrumentariums dafür sorgen, daß die freiheitliche Substanz unseres Rechtsstaates nicht angetastet wird. Das ist kein Thema, das aus unserer Sicht kontrovers diskutiert werden muß, sondern eines, das im Sinne der Beidseitigkeit der Problematik, mit der wir es zu tun haben, diskutiert werden sollte.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Dann darf nicht eine Seite die Thematik so einschränken, Herr Brandt!)

    — Gut, ich habe ja von vornherein gesagt, wir haben einander vermutlich in beiden Richtungen etwas zu sagen. Ich habe nicht behauptet, daß wir nicht auch zuzuhören hätten, wenn die Union zu diesen und zu anderen Themen hier oder anderswo etwas zu sagen hat.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang aus meiner Sicht noch auf folgendes hinweisen, gerade nachdem ich wieder manches gelesen habe, was in der letzten Zeit draußen geredet und geschrieben wurde: Ich bleibe der festen Überzeugung, daß man orientierungslosen, suchenden jungen Menschen — und von denen gibt es doch eine ganze Menge — nicht so begegnen darf, als seien sie potentielle Verbrecher. Das ist nicht vernünftig.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Dialog mit der jungen Generation, nicht nur, aber auch an den Hochschulen, ist nicht leichter, er ist aber wieder wichtiger geworden. Mit Verteufelungen — hier sind hoffentlich die meisten von uns auch einer Meinung — ist nichts Vernünftiges zu
    erreichen. Ich füge hinzu — und ich weiß, was ich sage —: Manches, was zum vermeintlichen Schutz der Verfassung erfunden wurde, hat sich nicht bewährt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir dürfen der Demokratie nicht mehr aufladen, als sie zu tragen vermag. Vor allem dürfen wir die Jugend nicht mit ihren unmittelbaren Problemen allein lassen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das sind die Fragen der Berufsausbildung, der Arbeitsplätze, der Arbeitsbedingungen an den hohen Schulen, aber es sind auch die weiterreichenden Fragen einer friedlichen und würdigen Existenz in der Zeit, in die die hineingehen, die nach uns kommen. Ein Volk ist eben auch verantwortlich für seine Jugend.

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Eine große Erkenntnis!)

    Was aus ihr wird, geistig und materiell — wenn ich Ihnen zumuten darf, über den Begriff „geistig" mit nachzudenken, Herr Wohlrabe —,

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU])

    dafür tragen wir Alteren Verantwortung. Es liegt mit an uns, statt Existenzflucht Lebensmut, statt Duckmäusertum

    (Dr. Hennig [CDU/CSU] : Fröhlichkeit!)

    Freiheitswillen zur Entfaltung kommen zu lassen.
    Ich muß noch auf ein anderes Beispiel für grobe und zuweilen bösartige Desinformation zu sprechen kommen.

    (Wohlrabe [CDU/CSU]: Presseamt! Darauf kommen wir noch!)

    Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben das gute Recht, sich mit unserer Vertragspolitik kritisch auseinanderzusetzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Ich bestreite Ihnen aber das Recht, ein Mitglied dieses Hauses, das mit vielen anderen die Vertragspolitik nicht zerstören lassen will, einen Anwalt des Unrechts zu nennen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Mit unserem Kollegen Egon Bahr, der aus den Reihen der Opposition so tituliert, also beleidigt wurde, sind wir der Meinung, daß die Vertragspolitik nicht zerstört werden darf, sondern daß sie zur Sicherung des Friedens und im Interesse der Menschen ,weiterentwickelt werden muß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Was an uns liegt, wir werden sie nicht kaputtmachen lassen.
    In der Deutschlandpolitik — Herr Strauß hat darüber nicht gesprochen, aber ich rede darüber, denn wir reden über den Einzelplan 04 — hat sich die Haltung der Opposition leider weiter zum Negativen entwickelt. Nach dem, was man an Stimmen der Vernunft aus Kreisen der Opposition heute
    Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. Januar 1978 5171
    Brandt
    nicht mehr hört, kann man bezweifeln, daß bei Abstimmungen noch so viele Stimmen der Enthaltung oder des Ja aus den Reihen der Opposition zu erwarten wären, wie das vor einigen Jahren der Fall war.

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Es ist seitdem auch vieles schlimmer geworden!)

    Das Abrutschen auf das heute zu vernehmende Niveau des totalen Nein ist für die Deutschlandpolitik unseriös und damit schädlich.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU] : Das totale Nein sagen doch Sie!)

    Die Erfolge der Politik dieser Koalition sind bei allen Rückschlägen oder nicht geleugneten, nicht vermeidbaren Unvollkommenheiten so, daß es zu ihrer Fortsetzung keine Alternative gibt. Wenn wir die andere Seite in Schwierigkeiten sehen, so mag das kein Grund zu großem Bedauern sein. Aber es darf im Interesse unseres ganzen Staates und seiner Menschen kein Grund sein, ein Feuer zu schüren, das außer Kontrolle geraten könnte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Opposition sollte im übrigen nicht vergessen, daß sie sich über die Verletzung von Verträgen durch die DDR beklagt, die sie selber mehrheitlich abgelehnt hat.
    Ich will, was die Entspannung im allgemeinen angeht, noch folgendes hinzufügen. Die Entspannung gedeiht leider nicht von allein. Man muß etwas für sie tun. Alle müssen etwas für sie tun. Es ist meine Überzeugung, daß die Entspannung über die nächsten Jahre hinweg nicht bestehen wird., wenn sie nicht auch auf dem Gebiet der Rüstungen, also des Verhältnisses der Rüstungen zueinander und der Rüstungsbegrenzungen, bestätigt und konkretisiert wird. Darüber hat Herr Strauß nicht sprechen wollen oder nicht mehr sprechen können. Daran dachte ich, als ich vorhin sagte, daß er sich zu einigen der drängendsten Fragen nicht ausgelassen hat. Dies ist für uns Sozialdemokraten mit die drängendste Frage: im letzten Jahr 400 Milliarden Dollar für Rüstungsausgaben; wen könnte das ruhig schlafen lassen!

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist wahr, Herr Strauß hat sich kurz zur Neutronenwaffe und zu einem Brief Breschnews geäußert, den ich nicht kenne und den vermutlich auch Herr Strauß nicht kennt. Ich meine, die Grauzonenwaffen müssen in die Verhandlungen zwischen Ost und West einbezogen werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich finde es unbefriedigend, daß die SU polemisiert, ohne selber einen Verzicht auszusprechen, und daß sich die CSU über Waffen freut, über die noch gar nicht entschieden worden ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir brauchen, wenn der Menschheit — nicht nur unserem Volk — nicht gewaltige Gefahren drohen sollen, ernsthafte Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle, über SALT II hinaus hin zu einem ersten Einstieg,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ohne Vorleistung!)

    zu einem stabilisierenden Akt als Ergebnis der Wiener Verhandlungen. Wir brauchen — auch davon war hier nicht die Rede — eine erste, wenn auch noch so schwache Verknüpfung zwischen Rüstung und Entwicklung oder, wenn Sie wollen, zwischen Weltrüstung und Welthunger. Dies muß zu einem Hauptpunkt der in Aussicht stehenden Sonderversammlung der Vereinten Nationen gemacht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Hier war heute morgen auch nicht vom Nahen Osten die Rede. Ich kann hier an einem Tag wie diesem, nach der Sadat-Rede und nach der Begin-Rede, nicht sprechen, ohne dazu auch ein Wort aus meiner und unserer Sicht zu sagen. Ich hoffe, nein, ich bin sicher, wir sind alle in diesem Haus der Überzeugung, daß es uns Deutsche und Europäer mitbetrifft, was sich dort vollzieht, daß wir dem mutigen Aufeinander-Zugehen mehr als Sympathie entgegengebracht haben und daraus die Hoffnung ableiten, daß nicht ein Rückfall in eine zerstörerische Entwicklung eintritt. Wenn es so ist, daß wir hierüber gar nicht zu streiten brauchen, dann will ich im Namen der SPD ausdrücklich hinzufügen: Das Bemühen um eine friedliche Lösung in dieser unserer Nachbarregion darf bitte nicht aufgegeben und darf bitte nicht verschüttet werden. Wir sind mit ganzem Herzen bei denen, die nicht aufgeben, sondern sich um gesicherten Frieden und eine möglichst gerechte Lösung für alle Beteiligten in der Region bemühen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und wir meinen, daß die Bundesrepublik Deutschland in und mit der Europäischen Gemeinschaft dieses Bemühen begleiten und ermutigen muß: a) durch Mitverantwortung, sogar durch Mitgarantie, wenn dies erwünscht ist,

    (Zuruf des Abg. Dr. Barzel [CDU/CSU])

    b) durch das Inaussichtstellen einer umfassenden friedlichen Kooperation zwischen jener Region und dem sich organisierenden Europa.
    Wenn ich nun noch mal von mir selbst sprechen darf, möchte ich sagen: Sie haben ein gräfliches Mitglied Ihrer Fraktion ohne Widerspruch sagen lassen, ich — ich zitiere jetzt — betreibe das Geschäft Moskaus. Weshalb? Weil — so war die Logik, wenn es eine gibt — ich in Daressalam und in Lusaka mich dafür eingesetzt habe, daß der Rassismus und die Reste des Kolonialismus im südlichen Afrika überwunden werden, und zwar so rasch wie möglich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Wohlrabe [CDU/CSU] : Aber nicht durch Guerillatruppen, sondern auf friedliche Weise!)

    Ich bin nicht geneigt, mich hiervon abbringen zu lassen. Die Bundesregierung ist gut beraten, wenn sie die Beschlüsse der Vereinten Nationen weiterhin ernst nimmt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Wohlrabe [CDU/CSU])


    Brandt
    Dadurch — Herr Kollege, der Sie zwischenrufen — kann unnötiges Blutvergießen vermieden und der Gefahr begegnet werden — und diese Gefahr existiert —, daß unser Nachbarkontinent zum Schauplatz von zerstörerischen Großmachtkonflikten wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Da mögen uns einige nennen, was sie wollen: Wir sind gegen Rassenherrschaft und Kolonialismus,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    für friedlichen Ausgleich, wo immer er noch möglich ist, und für freundschaftliche Verbindungen mit denen, die sich ihre Freiheit und ihre Unabhängigkeit nicht länger vorenthalten lassen wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich kann es mir bei dieser Gelegenheit nicht verkneifen, Sie daran zu erinnern, daß der Streit um wichtige Teilgebiete der Außenpolitik früher anders ausgetragen worden ist. Wir Sozialdemokraten hatten ernste Bedenken gegen wichtige außenpolitische Vorhaben, die mit dem Namen Konrad Adenauer verbunden waren und bleiben. Darüber ist hier leidenschaftlich gestritten worden, bis sich die objektive Lage geändert hatte. Aber ich bitte die älteren Kollegen, sich einmal daran zu erinnern und es vielleicht auch den jüngeren zu sagen, wie peinlich wir Sozialdemokraten im Ausland darauf geachtet haben, gemeinsame Interessen wahrzunehmen, obwohl wir in der Opposition standen, jedenfalls nicht der Regierung des eigenen Landes Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

    (Beifall hei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU CSU: Wehner in Moskau!)

    Konrad Adenauer und Heinrich von Brentano haben das zu würdigen gewußt, und ich vermute, daß gerade der Kollege Gerhard Schröder aus der damaligen Zeit nicht nur Negatives in Erinnerung behalten hat.
    Ich weiß wohl: Im Bewußtsein vieler werden die staatspolitischen Aufgaben einer konstruktiven parlamentarischen Opposition nicht gewürdigt oder gering geachtet. Wir Sozialdemokraten haben hierzu seinerzeit einen nicht einfachen, sondern teilweise schmerzhaften Lernprozeß durchmachen müssen. Aber wir haben das im Laufe einer einzigen, nämlich der ersten, Legislaturperiode hinter uns gebracht. Andere bemühen sich darum nun schon — wenn sie es tun — im neunten Jahr.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Konstruktives Zusammenwirken von Regierung und Opposition erfordert das Ringen um bessere Lösungen, wenn es sein muß, auch mit harten Bandagen. Aber der politischen Auseinandersetzung, dem legitimen Kampf um politische Macht sollten — ich nehme auch diesen Faden wieder auf — doch Grenzen gesetzt sein. Sie waren nicht zuletzt durch die prinzipielle Regierungsfähigkeit gesetzt, die auch eine Opposition nachweisen muß. Aber ich gebe zu, es wird vielleicht immer schwieriger, über den lang gewordenen schwarzen Schatten zu springen.
    Bundespräsident Walter Scheel hat um die Jahreswende in einem Interview mit Recht darauf hinge-
    wiesen, daß die Grenzen der Zukunft sichtbar geworden seien. Er fügte hinzu, diese neue Erfahrung werde die westliche Zivilisation tiefgreifend verändern. Der Bundespräsident fuhr fort — ich darf zitieren —:
    Ich mache mir Sorgen darüber, ob wir uns als fähig erweisen, die Grenzen frühzeitig, richtig und in vollem Umfang zu erkennen und diese Erkenntnis in unser Handeln, in unsere politischen Entscheidungen einzubeziehen. Ich mache mir Gedanken
    — so der Bundespräsident —
    über die Funktionsfähigkeit und die Anpassungsfähigkeit unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung und ihrer staatlichen Institutionen angesichts dieser großen Herausforderung.
    Der Bundespräsident kam zu dem Schluß:
    Ich halte es für die große Aufgabe der Politik, neue politische Gesamtbilder zu erarbeiten, wie wir in Zukunft leben können und wie wir in Zukunft leben wollen.
    Soweit das Zitat. Das sollte in der Tat unsere Aufgabe sein, auch hier 'in diesem Parlament. Dieser Wettstreit ist es wert, aufgenommen zu werden. Wenn wir dem ausweichen, darf sich niemand wundern, wenn sich politisches Interesse von Bürgern am Parlament und an Parteien vorbei artikuliert, ja, sich dann auch auf eine Weise Ausdruck zu verschaffen sucht, die an die Substanz des demokratischen Staates rühren kann.
    Es ist Aufgabe und Pflicht sowohl der Koalition als auch der Opposition, sich Gedanken über das zu machen, was auf uns zukommt. Es ist unsere Pflicht, dies neben unserer Tagesarbeit nicht zu versäumen, jeder auf seine Weise. Aber warum eigentlich nicht dort, wo es geht, auch im Gespräch miteinander?
    Ich will jetzt nur auf einen Aspekt dessen hinweisen, was mit neuen Grenzen zu tun hat, mit tiefgreifenden Veränderungen für die westliche Zivilisation, und ich möchte damit eine Bitte verbinden dürfen. Mich hat gefreut, daß in der Regierungserklärung der vorigen Woche über die neue unabhängige Kommission für internationale Entwicklungsfragen Freundliches, Positives gesagt worden ist, jene Kommission, deren Vorsitz ich auf Vorschlag von Weltbankpräsident McNamara übernommen habe. Meine Partei betrifft dies auch, aber erst in zweiter Linie; denn ich habe den Vorsitz jener Kommission nicht als Parteivorsitzender, sondern in persönlicher Verantwortung übernommen, gemeinsam mit Kollegen aus einer Reihe anderer Länder und aus sehr unterschiedlichen Erfahrungsbereichen. Natürlich habe ich Wert darauf gelegt, auch Kollegen aus konservativen und christdemokratischen Erfahrungsbereichen um ihre Mitarbeit zu bitten, und sie sind freundlich genug gewesen, diese zuzusagen.
    Deshalb habe ich die Bitte, das ernsthafte Bemühen — schwierig genug wird es sein - um einen neuen überparteilichen Beitrag zum weltweiten Nord-Süd-Dialog nicht ohne Not durch kleinkarier-



    Brandt
    ten bundesrepublikanischen Parteienstreit zu belasten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich weiß nicht, ob die Kommission den in sie gesetzten Erwartungen auch nur einigermaßen wird gerecht werden können, wenn sie ihren Bericht in eineinhalb Jahre vorlegt. Aber es ist gewiß an der Zeit, die Beiderseitigkeit und die Gegenseitigkeit der Interessen von Industrieländern und Entwicklungsländern neu zu definieren. Das ist nicht möglich, wenn man dogmatisch gefärbte Brillen aufsetzt. Nicht die CDU insgesamt, aber Übereifrige aus ihren Reihen haben gemeint, wir, die wir diese Arbeit in Gang gesetzt hätten, seien vom Weg der marktwirtschaftlichen Tugend abgewichen, als wir in jener Kommission in Übereinstimmung mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Herrn Waldheim, von der Notwendigkeit einer neuen weltwirtschaftlichen Ordnung gesprochen haben. Das ist doch, wenn man nicht unbedingt Streit sucht, kein Anlaß, Streit zu führen. Auf den Inhalt wird es ankommen, weniger auf die Überschrift, und die allermeisten von uns werden sich darüber im klaren sein, daß es in den internationalen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Beziehungen nicht nur kosmetischer, sondern tiefgreifender Veränderungen bedarf.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Welt, in der wir leben, kann nicht nur durch das Ergebnis von Wettrüsten und nuklearer Eskalation in die Luft gejagt werden; auch internationaler Klassenkampf — wenn das Wort hier richtig verstanden wird — kann an den Rand der Katastrophe oder von Katastrophen führen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Unsere eigenen Interessen sind direkt und indirekt in vielfacher Hinsicht berührt. Deshalb brauchen wir viel Aufgeschlossenheit für die neuen Probleme, wir brauchen die Fähigkeit, über unsere eigenen Beiträge gründlich und unvoreingenommen nachzudenken, und ich bin sicher, daß ich nicht nur von Kollegen meiner eigenen Fraktion verstanden worden bin.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Der Herr
Kollege Brandt hatte dankenswerterweise schon in seiner Rede darauf hingewiesen, daß der Herr Kollege Strauß zur Zeit von Herrn Staatspräsident Bongo empfangen wird. Er legt verständlicherweise Wert darauf, daß das Hohe Haus das weiß, weil er unmittelbar nach seiner Rede für 11/2 Stunden das Haus verlassen mußte.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die geballte Polemik des Kollegen Strauß ist auf die Bundesregierung und den Haushalt niedergegangen. Nun, ich habe gar nichts gegen Polemik, . insbesondere dann nicht, wenn sie gekonnt vorgetragen wird und das Salz der parlamentarischen Auseinandersetzung ist. Aber mit Formulierungen wie „Kriegsfinanzierung im Frieden" und bösartigen Unterstellungen im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung ist doch wohl die Grenze des guten Geschmacks weit überschritten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es wurde wieder einmal knallhart zugeschlagen, aber kräftig danebengehauen.

    (Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD)

    Kollege Strauß hat dann noch vorgeschlagen, einen Rumpelstilzchen-Preis zu stiften. Beim Stiftungsakt kann er ganz gewiß aus einem schillernden Fundus seines eigenen politischen Lebens schöpfen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Gerade bei dem von ihm gewählten Beispiel von dem zum Siegen angetriebenen Rennpferd, dem die Vorderbeine zusammengebunden sind, wird dies für jeden ganz eindringlich plastisch, denn ganz genau so geht er mit dem Oppositionsführer um.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Auch wenn der Kollege Strauß der Bundesregierung vorwirft, sie jage einem Phantom nach, muß er wohl von seiner eigenen Vergangenheit getrieben und verfolgt worden sein; sein Phantom heißt nämlich Starfighter.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Wohlrabe [CDU/CSU] : Sie waren auch schon einmal besser! — Zuruf von der CDU/CSU: Auch Polemik muß geübt werden!)

    Aber angesichts der problemgeladenen aktuellen Situation werde ich jetzt auf einen Ausflug in die Vergangenheit verzichten.
    Bei der CDU/CSU wird eine solche Rückschau immer gleich zu einem Stück Selbstbeweihräucherung; Entscheidungshilfen werden dadurch nicht geliefert und Entscheidungen nicht begünstigt. Gleichwohl — das verstehe ich — möchten Sie immer wieder das Bild entstehen lassen, daß wir zu Unions-Zeiten im Schlaraffenland lebten, weil die CDU/ CSU nun einmal zum Wirtschaftslenker und Menschheitsbeglücker geboren ist. Dagegen sind die Sozialliberalen aus Ihrer Sicht — naturgemäß aus schwarzer Perspektive — das genaue Gegenteil davon. Mit diesem immer wieder aufgewärmten Märchen kann Franz Josef Strauß zwar immer noch seine Kollegen hier entzücken, aber anderswo ist damit niemand mehr zu beglücken, selbst nicht im Bayerischen Wald.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Unsere Bevölkerung wünscht präzise Antworten auf aktuelle Fragen. Im Zusammenhang mit dem Haushalt 1978 ist es deshalb erforderlich, auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des letzten Jahres zurückzugreifen; denn die wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele, denen dieser Haushalt zu dienen hat, werden naturgemäß durch den Wirtschaftsablauf des vorangegangenen Jahres entscheidend beeinflußt. Das Wirtschaftswachstum ist im Jahre 1977 nicht so vorangekommen, wie es den beschäftigungspolitischen Erfordernissen entsprochen hätte. Bei einem realen Wirtschaftswachstum von nur 2,5 %



    Hoppe
    hat sich die Arbeitsmarktlage insgesamt nicht verbessert. Allerdings konnten bei der Preisentwicklung erfreuliche Stabilisierungsfortschritte erzielt werden. So gut wie die Bundesrepublik steht in Sachen Stabilität kein Land sonst in der Europäischen Gemeinschaft da.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Gründe für die Verlangsamung des Wachstums sind bekannt; sie müssen nicht wiederholt werden. Es kann auch eine Aufzählung dessen unterbleiben, was an steuerlichen Entlastungsmaßnahmen und gezielter Investitionssteigerung durch Bundesregierung und Parlament geschehen ist, um die Wachstums- und Beschäftigungsbedingungen zu verbessern. Der tatsächliche Wirtschaftsablauf des vergangenen Jahres stand zu den der Wirtschafts-und Finanzpolitik zunächst zugrunde gelegten Annahmen in einem herben Mißverhältnis. Das wird am krassesten bei der Halbierung des realen Wirtschaftswachstums deutlich. Die Diskrepanz, die sich ' zwischen Prognose und Wirklichkeit aufgetan hat, läßt erkennen, wie groß die Unsicherheitsfaktoren auf diesem Gebiet immer noch sind. Man wird das für die Projektion vorhandene Instrumentarium durch aussagekräftigere Indikatoren verbessern-müssen, und die Wirtschaftsentwicklung muß sicher kurzfristiger überprüft werden, um schneller auf Konjunktureinschläge und Abweichungen von der Projektion reagieren zu können. Der stark veränderte Zyklus unseres Wirtschaftsablaufs erzwingt das.
    Die Annahmen der Bundesregierung für 1977 waren dabei durchaus gut begründet. Sie wurden zudem durch die Aussagen der wissenschaftlichen Institute, der Sachverständigen und nicht zuletzt auch durch die Empfehlungen der Bundesbank gestützt. Es handelte sich keineswegs um verbreiteten Zweckoptimismus und nicht um geschönte Zahlen. Die jetzt offenliegenden Ursachen für den negativen Wirtschaftsablauf machen dies ja auch zur Genüge deutlich. Richtig ist allerdings, daß von Anbeginn Skepsis vorhanden war. Aber damit soll man Prognosen ja wohl nicht füttern.
    Ein nicht unbedeutender Faktor für die zu schwachen Auftriebstendenzen hat in dem verzögerten Vollzug der öffentlichen Haushalte gelegen. Der Bundeshaushalt 1977 hatte zwar seine Anlaufschwierigkeiten, aber er ist dann ohne Reste gefahren worden und konnte so voll konjunkturwirksam werden. Von den Haushalten der Länder und Gemeinden kann Vergleichbares dagegen leider nicht gesagt werden. Bei ihnen fehlte es an der notwendigen Ausgabensteigerung. Sie ist erheblich hinter den für die Konjunkturbelebung anvisierten Projektionsdaten zurückgeblieben.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Die Suche nach den Schuldigen hilft aber nicht weiter. Wir müssen erkennen, daß bei der Voraussage der Wirtschafts- und Konjunkturentwicklung die letzte Sicherheit eben nicht zu gewinnen ist. Das mag für den Politiker unbefriedigend sein, und die Zweifel an den wissenschaftlichen Daten mögen sich verstärken. Dennoch sollte uns diese Erkenntnis
    nicht deprimieren. Zeigen wir uns nicht überrascht, sondern räumen wir ruhig ein, daß Wirtschaftspolitik eben nicht mit mathematischer Genauigkeit zu betreiben ist. Suchen wir Trost bei Albert Hahn, der die Theoriegläubigkeit auf diesem Gebiet schon frühzeitig attackiert hat. Nach seiner Auffassung „gibt es keine wissenschaftliche Methode, Konjunkturumbrüche zu prophezeien. Alles ist Sache des Konjunkturgefühls". Er konnte über die offiziellen und offiziösen Propheten des Unprophezeibaren nur lachen.

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    „Konjunkturen sind eben Kinder der Ungewißheit und des Irrtums. Niemand kann wissen, wie weit die Wellen des Optimismus oder Pessimismus im Publikum schlagen werden." Mit dieser Ungewißheit gilt es also zu leben und Wirtschafts- und Finanzpolitik zu treiben.
    Meine Damen und Herren, für 1978 haben wir alles daranzusetzen, eine nachhaltige Belebung der Wirtschaftstätigkeit zu erreichen und gleichzeitig weitere Fortschritte auf dem Feld der Stabilität zu machen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Probst [CDU CSU])

    Nur so können die Voraussetzungen für die schrittweise Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden.
    Die Annahme eines realen Wirtschaftswachstums von 3,5% zeugt erneut von einer optimistischen Wirtschaftsprognose. Schließlich ist dieser Jahresdurchschnitt nur dann zu erreichen, wenn im Jahresverlauf zu einem Aufschwung bis zu etwa 4,5 % gelangen. Dies muß fast aus dem Stand geschafft werden, weil der Überhang aus dem vergangenen Jahr äußerst bescheiden ist.
    Die Hoffnung darauf kann allerdings aus der ansteigenden Tendenz der Auftragslage — und hier besonders bei den Investitionsgütern — gefunden werden. Auch die Konsumgüternachfrage im Inland hat sich im zweiten Halbjahr positiv entwickelt. Dabei wird das auf der Exportseite aus Dollarschwäche und Kursentwicklung bestehende Risiko keineswegs übersehen.
    Trotz dieser alles in allem gedämpft optimistischen Betrachtung werden für das Jahr 1978 entscheidende Veränderungen bei den Beschäftigungszahlen nicht eintreten. Für einen spürbaren Abbau der Arbeitslosenzahlen brauchen wir eine durchgreifende Konjunkturbelebung; denn nur sie kann die arbeitsplatzschaffende Investitionsausweitung bringen.
    Die so gekennzeichnete Lage zeugt von einem gestörten gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht in der Bundesrepublik Deutschland, und alle Anstrengungen im gesamtwirtschaftlichen- und finanzpolitischen Verhalten sind darauf zu lenken, diesen Zustand zu überwinden. An dieser Aufgabe hat sich auch die Haushaltswirtschaft zu orientieren. Der vom Haushaltsausschuß veränderte und zur Beschlußfassung vorliegende Entwurf des Bundeshaushalts 1978 ist also daran zu messen, ob er dieser Verpflichtung gerecht wird.
    Zunächst einmal beweist auch der Etat 1978 mit einer über 10 % igen Steigerungsrate, daß den wirt-



    Hoppe
    schafts- und konjunkturpolitischen Erfordernissen mit einer bewußt expansiven Haushaltspolitik Rechnung getragen wird. Schon in der ersten Lesung habe ich davon gesprochen, daß der Haushalt so zum Packesel der Konjunktur geworden ist. Ich habe dabei versucht, auf die Gefahren hinzuweisen, die sich dann für die Staatsfinanzen ergeben, wenn zu lange und zu rigoros Haushaltsdefizite produziert werden, um Ausgaben in solcher Höhe zu finanzieren, wie sie uns die Konjunkturprognostiker abverlangen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    So gesehen ging das von der Bundesregierung unterbreitete Zahlenmaterial schon an die Grenze der vertretbaren Belastbarkeit. Nach der Beratung und der notwendig gewordenen Erhöhung der Nettokreditaufnahme auf fast 31 Milliarden DM ist der Haushalt jetzt wohl als endgültig ausgereizt zu bezeichnen. Die auf diesem Wege auszugleichende Minderung von rund 3,6 Milliarden DM Steuereinnahmen resultiert aus dem Steuerentlastungsgesetz mit rund 1,4 Milliarden DM und dem Ergebnis der Steuerschätzung von Dezember 1977 mit einem geringeren Aufkommen von 2,2 Milliarden DM.
    Die Neuverschuldung in dieser Höhe liegt damit um knapp 2 Milliarden DM über der Summe der veranschlagten Investitionen.
    Sie überschreitet die nach Art. 115 des Grundgesetzes gezogene Grenze für die Kreditaufnahme im Normalfall. Der Ausnahmetatbestand wird aber dadurch gerechtfertigt, daß die auf diesem Weg zu finanzierenden wirtschaftspolitischen Anstrengungen zur Wiedergewinnung des konjunkturellen Gleichgewichts zwingend notwendig sind.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wie viele Jahre noch?)

    Daß dies den wirtschaftspolitischen Gegebenheiten und damit der Verfassungslage der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich entspricht, sollte niemand ernsthaft leugnen.
    In dankenswerter Objektivität hat auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Herr Kollege Windelen, in seiner nach Abschluß der Etatberatung abgegebenen Erklärung am 2. Dezember 1977 zur Nettokreditaufnahme und Verschuldung in dieser Höhe festgestellt, „daß man sie angesichts der düsteren Aussichten für den Arbeitsmarkt für ein einzelnes Jahr, rein gesamtwirtschaftlich betrachtet, als vertretbar anzusehen hätte".

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Lesen Sie das erst einmal nach!)

    Diese Einschätzung entspricht der Annahme der Opposition, wie sie bereits im September 1977 vertreten wurde. In dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Anwendung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 5. September 1977 wird eine eindeutige Feststellung darüber zur Begründung der geforderten Anwendung des Stabilitätsgesetzes getroffen. Wenn damals von der Opposition zu Recht auf das niedrige Wachstum des Sozialprodukts, die langanhaltende Arbeitslosigkeit und den Nachfragerückgang an Investitionen und Bauleistungen hingewiesen wurde, so ist festzustellen, daß diese negativen Faktoren nicht nur fortwirken, sondern um die aus der Dollarschwäche resultierende außenwirtschaftliche Komponente noch verschärft worden sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    An dieser Stelle sollte die Opposition jedenfalls nicht den Vorwurf des leichtfertigen Umgangs mit der Verfassung oder gar des Verfassungsverstoßes erheben.
    Wir können den wirtschaftspolitischen Zwängen des Augenblicks nicht ausweichen. Zur Stützung der Konjunktur mußte der Versuch einer Nachfragebelebung über den Haushalt gemacht werden. Bei aller Skepsis gegenüber einem durchschlagenden Effekt haushaltspolitischer Maßnahmen hat sich letztlich auch die Opposition einer expansiven Haushaltspolitik nicht versagt. Sie erklärt zwar, daß sie den zweistelligen Ausgabenzuwachs des Haushalts für falsch hält; dennoch sind ernstzunehmende Einsparungsvorschläge nicht auf den Tisch gekommen. Von der Opposition für ihre Kürzungsabsichten ins Feld geführte Beispiele lassen doch sehr deutlich erkennen, daß man zwar bemüht war, für die Deklamationen bezüglich Ausgabensenkung den Schein der Glaubwürdigkeit zu liefern, daß sie aber einer kritischen Prüfung auf Durchführbarkeit nicht standhalten.
    Im einzelnen wird dies bei der Beratung des Einzelplans 12, wo die CDU einen Antrag auf Kürzung eines Investitionszuschusses um 500 Millionen DM gestellt hat, und beim Einzelplan 32, wo sie 200 Millionen DM beim Diskont für Schatzanweisungen kürzen wollte, noch deutlich zu machen sein.
    Ist aber trotz aller Wünsche, Absichtserklärungen und Beschwörungsrituale eine Senkung der Ausgaben im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht durchzusetzen, dann muß es bei der beschlossenen Höhe der Neuverschuldung bleiben. Mit dieser die Haushaltsentscheidung 1978 rechtfertigenden Begründung dürfen wir uns allerdings alle miteinander nicht beruhigen: Allein die Tatsache, daß es hier um ein verfassungsrechtliches und verfassungspolitisches Problem von Gewicht geht, macht auf die politische Bedeutung aufmerksam. Niemand sollte leichtfertig dieses Warnsignal übersehen, das wir alle hier empfangen. Es kann keine Meinungsverschiedenheit darüber geben, daß derart hohe Kreditaufnahmen kein Dauerzustand sein können.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

    Allein die Vorbelastungen, die sich bei der gegenwärtigen Staatsverschuldung aus dem Zins- und Tilgungsdienst für die nächsten Haushalte ergeben, werden für das Etatjahr 1979 brisant sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Dabei müssen wir schon jetzt erkennen, daß die Verschuldung des laufenden Haushalts 1978 noch steigen wird. Das, was gemeinhin sonst über Haushaltsrisiken am Schluß einer solchen Beratung zu sagen ist, hat — ich nenne hier nur die Stichworte



    Hoppe
    Stahl und Koks, Kohle — längst einen Punkt erreicht, der zur düsteren Gewißheit geworden ist. Die jetzige Lage darf also für die Zukunft bereits auf einem höheren Niveau fortgedacht werden.
    Es ist deshalb langsam an der Zeit, die drückenden Finanzprobleme nicht immer nur für die kommenden Jahre zu beschreiben und in die Zukunft zu prophezeien.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir können uns nicht mehr damit beruhigen, daß es zur Stunde zwar schwierig ist, aber doch alles noch lösbar erscheine. Aber wenn ich dies sage, fürchte ich gleichwohl, daß die Bereitschaft zum Handeln sich erst dann einstellen wird, wenn sie mit dem Entwurf des Haushaltsplans 1979 auf den Tisch gelegt wird.
    Bei der ersten Lesung ist zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Kollegen Strauß mit nautischen Begriffen gestritten worden. Während der Bundesfinanzminister darauf hinwies, daß die Finanzpolitik Mühe habe, sich dem immer schnelleren Wechsel der wirtschaftspolitischen Gegebenheiten anzupassen, weil sie kein flinkes und wendiges Rennboot sei, wollte der Kollege Strauß Schwimmwesten austeilen, um Untergangsstimmung zu verbreiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mit Recht!)

    Die Manövrierfähigkeit des Haushalts, meine Damen und Herren, ist zwar eingeengt, aber von einem leckgeschlagenen Boot kann in diesem Zusammenhang wohl nicht die Rede sein.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie haben die Schwimmweste doch schon angezogen!)

    Wenn ich das Wortspiel aus der ersten Lesung noch einmal aufnehme, möchte ich die Anmerkung hinzufügen, daß das Boot zwar voll seetüchtig ist,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Voll Wasser!)

    aber nicht auf Dauer als Unterseeboot gefahren werden kann.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: Sehr gut! — Ausgezeichnet! — Herr Hoppe, Sie sind Klasse!)

    Eine solche Übung könnte zudem eine demoralisierende Wirkung haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

    Daraus entsteht nämlich leicht jene Stimmung, in
    der es gleichgültig wird, ob man einen Meter oder
    hundert Meter unter der Wasseroberfläche ertrinkt.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/CSU)

    Deshalb dürfen wir die in den letzten beiden Jahren in den Hintergrund getretene Aufgabe der Konsolidierung des Haushalts und der Sanierung der Staatsfinanzen nicht aus den Augen verlieren. Wir werden das nur erreichen, wenn wir auch die Ausgabeseite
    unseres Haushalts wieder schärfer unter die Lupe nehmen

    (Beifall bei der FDP und der CDU CSU — Zurufe von der CDU/CSU: Sehr wahr! — Richtig!)

    und bei Neuverteilung der Lasten streng nach dem Gesichtspunkt des sachlich Notwendigen entscheiden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Auch richtig!)

    Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit ist vieles in Frage gestellt worden. Es scheint jetzt an der Zeit, die Frage nach Sinn und Zweck einzelner Staatsausgaben neu zu stellen.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/ CSU — Bravo-Rufe bei der CDU/CSU)

    Dabei wird nicht nur die Berechtigung der einzelnen Ausgaben neu zu überprüfen sein, sondern auch die zahlreichen Zuwendungsempfänger und Kostgänger des Bundes

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    werden ihre Ansprüche noch einmal auf ihre Unabweisbarkeit abklopfen lassen müssen.

    (Beifall bei der FDP — Sehr gut! und Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist, wie mir scheint, unausweichlich, sich eingehend mit den Problemzonen des Haushalts zu beschäftigen und die schwachen Stellen zu analysieren und auf Abhilfe zu sinnen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie das noch nicht gemacht?)

    Das Einnahmeminus bei den Steuern zeugt nicht nur von Konjunkturschwäche, sondern ist auch — und daran sollten wir, auch die Zwischenrufer, dann alle miteinander denken — das Resultat des eigenen Steuerverzichts. Der Steuerausfall als Folge von Steuererleichterungen mußte ertragen werden, weil diese Maßnahme als langfristig wirkender Investitions- und Konjunkturanreiz unumgänglich war,

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Es fehlt sogar noch etwas!)

    so wie es dann auch die Ratgeber der Bundesregierung empfohlen hatten.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ob die im Vermittlungsverfahren, meine verehrten Kollegen, zusätzlich geschnürten Geschenkpäckchen tatsächlich wirtschaftlich geboten, haushaltspolitisch vertretbar und deshalb in diesem Augenblick politisch klug waren, wird angesichts unserer defizitären Lage wohl umstritten bleiben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Die für den Haushalt 1978 wirksam werdende neue Steuerverteilungsquote aus dem Verteilungskompromiß zwischen Bund und Ländern ist vom Haushaltsausschuß zwar mit der Haushaltslage vereinbar erklärt worden. Ob sie dies bei der schlechten Finanzlage aber wirklich ist, darf in diesem Fall ernsthaft angezweifelt werden.

    (Zustimmung bei der FDP)




    Hoppe
    Politisch, meine Damen und Herren, war auch dieser Entscheidung nicht auszuweichen. Zu wünschen wäre aber wenigstens, daß diese schmerzliche Vorleistung des Bundes die Länder dazu bringt, daß auch sie ihre Entscheidungen an gesamtstaatlichen Interessen orientieren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir sollten jedoch unsere Erwartungen hier nicht zu hoch schrauben. Das parteipolitische Kalkül wird bei der Auseinandersetzung um die Finanzmasse auch künftig nicht auszuschalten sein. Und wenn erst Franz Josef Strauß als Bayerischer Ministerpräsident mitmischt, wird Kreuth sicher ganz groß und Bonn ganz klein geschrieben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: So einfach ist das nicht!)

    Meine Damen und Herren, bei dieser nicht sehr ermutigenden Perspektive wird es nicht leicht sein, ein drängendes Thema unserer Steuerpolitik anzupacken: Ich meine die Korrektur des Steuertarifs.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Daß hier etwas geschehen muß, steht außer Frage. Wann es geschehen kann, läßt sich im Augenblick nicht absehen. Bei der gegenwärtigen Steuerschwäche und der horrenden Verschuldung wird es schwer sein, dieses Thema zu aktualisieren. Unsere Steuerfachleute haben schon gewußt, warum sie bei dem teuren Steuerkompromiß verdrießlich dreingeschaut haben.
    Meine Damen und Herren, es gehört schon ein kräftiger Schuß Optimismus und viel Selbstvertrauen dazu, um in dieser Lage noch von der Konsolidierung des Haushalts zu sprechen

    (Beifall bei der CDU/CSU — Werner [CDU/ CSU] : Wem sagen Sie das.?)

    und an den Abbau der Kreditfinanzierung zu glauben. Es ist bittere Wahrheit, daß der haushaltspolitische Spielraum durch die dramatisch steigende Zinslast mehr und mehr eingeengt wird.

    (Beifall bei der FDP — Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Ohne Kurskorrektur wird die für Prioritätenentscheidungen zur Verfügung stehende Haushaltsmasse völlig aufgezehrt sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Wenn wir das sagen, ist das Schwarzmalerei!)

    Das Ziel der Haushaltskonsolidierung darf deshalb nicht unter dem Schuldenberg versinken.

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, der Entwurf des Bundeshaushalts sah bereits eine beachtliche Steigerung der Investitionsquote vor. In den Beratungen ist es gelungen, diese noch zu erhöhen und damit die Struktur des Haushaltes zu verbessern. Die Entwicklung ist durch das Programm für Zukunftsinvestitionen im vergangenen Jahr eingeleitet worden. Dennoch bleibt die Relation von investiven zu konsumtiven Ausgaben nach wie vor unbefriedigend.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Wenn es aber trotz aller Anstrengungen nicht durchführbar war, die Investitionsausgaben weiter zu steigern, dann wird daraus doch deutlich, daß wir die im Bundeshaushalt liegenden Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir — lassen Sie sich von Ihren sachkundigen Kollegen da aufklären —

    (Werner [CDU/CSU] : Wer ist sachkundig?)

    sind an die Grenze dessen gestoßen, was in der
    Kompetenz des Bundes überhaupt zu realisieren ist.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir werden die Investitionsanteile von Bund, Ländern und Gemeinden nicht entscheidend verändern können. Nach der Statistik des Jahres 1976 — und das hier als Beleg — ist es so, daß im Hochbau nur 5 %der Investitionsausgaben vom Bund getätigt wurden, 95% von den Ländern und Gemeinden, und zwar 25 % von den Ländern, 70 % von den Gemeinden. Im Tiefbau ist das Verhältnis wie folgt: 30 % der Investitionsleistungen liegen beim Bund, 70 % bei den Ländern und Gemeinden, und zwar 10 % bei den Ländern, 60 °/o bei den Gemeinden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war schon immer so!)

    Meine Damen und Herren, es ist nun einmal so, daß nach der Aufgabenverteilung, wie sie sich aus der Verfassung ableitet, der Löwenanteil bei den Gemeinden liegt. Damit die hier vorhandenen Möglichkeiten noch besser als bisher genutzt werden können, ist eine angemessene Finanzausstattung der Gemeinden notwendig. Jetzt sind die Länder am Zuge. Nachdem sie durch das neue Verteilungsverhältnis bei der Umsatzsteuer so klar begünstigt worden sind, müssen sie ihre Verpflichtung gegenüber den Kommunen auch voll wahrnehmen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Bedenklich hoch ist nach wie vor der Anteil der Personalkosten an den Gesamtausgaben des Staates.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Trotzdem haben wir nach Jahren der Enthaltsamkeit, in denen in der Bundesverwaltung keine neuen Personalstellen geschaffen wurden, in diesem Jahr 2400 neue Stellen bewilligt. Zum einen konnte der tatsächlich nachgewiesene Bedarf in einigen Bereichen des öffentlichen Dienstes nicht länger negiert werden, und zum anderen mußte auch die. öffentliche Hand ihren Beitrag zur Beschäftigungspolitik leisten.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Aber das ist doch ungeeignet! Das wissen Sie doch selbst!)

    Unter diesen Umständen wirkte der die Übung der Vorjahre schematisch nachahmende Antrag der Opposition, 900 Stellen im Verlauf des Jahres an anderer Stelle einzusparen, wie eine oppsitionelle Pflichtübung.



    Hoppe
    Wegen der hohen Personalkosten wird sich jeder davor hüten, den öffentlichen Dienst einmal schnell zum Instrument der Arbeitsplatzbeschaffung zu machen.

    (von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Hoffentlich!)

    Wir können uns keine Personalreserven leisten. Solche „Fettpolster" sind finanziell einfach nicht mehr zu verkraften.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Aber dort, wo ein zusätzlicher Personalbedarf entsteht, muß er auch gedeckt werden, damit die Verwaltung funktionsfähig bleibt.

    (Zustimmung bei der FDP — Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Bei den Stellenvermehrungen im Bereich der inneren Sicherheit ist es allerdings gelungen, jenen zusätzlichen, Kosten produzierenden Nebeneffekt zu vermeiden, der nach dem üblichen Ritual von Stellenvermehrungen darin liegt, daß neue Stellen automatisch zur Verbesserung des Stellenkegels und damit der Beförderungschancen führen. Eine solche Automatik ist diesmal vermieden worden. Alles für die Sicherheit Nötige und zur Bekämpfung des Terrorismus Erforderliche ist getan, unnötige Ausgaben sind aber vermieden worden.
    In diesem Zusammenhang muß ein Wort zu der umstrittenen Umwandlung von rund 1 500 Beamtenplanstellen in Angestelltenstellen gesagt werden. Die Opposition möchte uns ideologische Gründe für diesen Beschluß unterstellen und sieht in der Maßnahme einen Angriff auf das Berufsbeamtentum. Nach Auffassung des Beamtenbundes stellt der Beschluß eine „eklatante Verletzung des Grundsatzes funktionsgerechter Personaleinsatzpolitik im öffentlichen Dienst dar" ; weiterhin ist er um „eine uneingeschränkte Sicherung rechts- und sozialstaatlicher Aufgabenerfüllung" besorgt.
    Eingeräumt werden muß aber von der Opposition und dem Beamtenbund, daß tatsächlich in weiten Bereichen der öffentlichen Verwaltung — auch und gerade im Verteidigungsministerium — Beamtenplanstellen über längere Zeiträume hinweg mit Angestellten besetzt wurden.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie wissen doch, warum, Herr Hoppe!)

    Allein dieser haushaltsrechtliche Aspekt war für die Stellenumwandlung ausschlaggebend. Dies habe ich jedenfalls mit allem Nachdruck für die Freien Demokraten zu erklären. Es entspricht doch den Tatsachen, daß im Verteidigungsbereich ein bestimmter Teil des Beamtenstellenplans auf Dauer für die Besetzung mit Angestellten reserviert war und daß zu keinem Zeitpunkt die Absicht bestand, Beamtenanwärter auf diese Stellen zu setzen. Hat sich aber eine vom Stellenplan des Haushalts so eklatant abweichende Personalpolitik in der Praxis verfestigt, dann müssen bei der Haushaltsberatung irgendwann einmal die Konsequenzen daraus gezogen werden. Meine Damen und Herren, nur so werden wir eine der Rechtslage entsprechende Ausstattung und Besetzung von Beamtenplanstellen erreichen. Der vom
    Beamtenbund angeratene Weg, die derzeitige Handhabung dadurch abzustellen, daß vom Parlament auf die Dienstbehörden Einfluß genommen werden soll, ist zwar theoretisch gangbar, aber in der Praxis — wie wir alle wissen — wenig erfolgversprechend. Deshalb mußte der Weg des spürbaren Eingriffs gewählt werden; denn eines ist gewiß nicht akzeptabel, daß die auf Dauer für Angestellte reservierten Beamtenplanstellen für den Restbereich des Stellenkegels zur Verbesserung der Beförderungspyramide herangezogen werden. Das kann nicht der Sinn eines ordentlich aufgebauten Stellenkegels sein. Das wird nur unnötig teuer für den Steuerzahler.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Eine solche Manipulation mit Beamtenplanstellen kann nicht geduldet werden. Meine Damen und Herren, wir werden daher allen Unkenrufen zum Trotz auch künftig dort, wo die Erledigung hoheitlicher Aufgaben durch Beamte zu erfolgen hat, Beamtenplanstellen schaffen und darauf hinwirken, daß sie auch mit Beamten besetzt werden. Wir haben jedenfalls mit diesem Beschluß in keiner Weise gewerkschaftlichen Forderungen nachgegeben. Wer glaubt, im Verteidigungsbereich hätten wir den ersten Teilabschnitt eines gewerkschaftlichen Umwandlungsfahrplans erfüllt, irrt. Dies sei mit aller Klarheit auch an die Adresse der Gewerkschaften gesagt.