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ID0803613400

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    Plenarprotokoll 8/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2763 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2763 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/498 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1976 bis 1980 — Drucksachen 8/101, 8/325, 8/612 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/517 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/513 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/514 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/515 — Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 2764 A Grobecker SPD 2769 A Gärtner FDP 2772 B Wohlrabe CDU/CSU 2774 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Löffler SPD . . . . . 2776 D Frau Matthäus-Maier FDP 2779 B Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 2780 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/499 — Dr. Waigel CDU/CSU 2785 C Dr. Sperling SPD 2788 D Dr. Haussmann FDP . . . . . . . . 2791 C Pieroth CDU/CSU 2793 A Reuschenbach SPD 2795 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 2797 D Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . 2800 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 2803 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU . . . . . 2805 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/504 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2813 D Möllemann FDP 2816 C Blank SPD 2822 D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2825 B Horn SPD 2827 A Leber, Bundesminister BMVg . 2830 D, 2854 A Dr. Wörner CDU/CSU 2839 A Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2846 C Dr. Kohl CDU/CSU 2848 A Schmidt, Bundeskanzler 2849 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 2855 B Erklärungen nach § 35 GO Dr. Zimmermann CDU/CSU 2856 D Würzbach CDU/CSU 2857 B Namentliche Abstimmung 2857 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/509 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU . 2859 C Stöckl SPD 2861 A Dr. Schneider CDU/CSU 2862 B Gattermann FDP 2864 A Ravens, Bundesminister BMBau . . . . 2866 C Niegel CDU/CSU 2869 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/502, 8/558 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2830 A Müller (Nordenham) SPD 2872 B Lemmrich CDU/CSU 2874 B Peters (Poppenbüll) FDP 2876 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP . 2876 D Metz CDU/CSU 2877 B Grobecker SPD 2877 D Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . 2878 A Schirmer SPD 2878 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen - Drucksache 8/503 — . . . . . . . . 2878 D Haushaltsgesetz 1977 — Drucksachen 8/518, 8/577 — . . . . . 2879 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung ,der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/651 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksache 8/652 — Müller (Remscheid) CDU/CSU 2806 C Franke CDU/CSU 2809 C Glombig SPD 2811 A Schmidt (Kempten) FDP 2812 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu einer dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/657 — 2813 B Nächste Sitzung 2879 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2881* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2763 36. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1977 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens *' 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Blumenfeld * 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders *' 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Klinker 24. 6. Kunz (Berlin) * 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp *** 24. 6. Lenzer *** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Scheffler *** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 24. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6. Zeyer * 24. 6.
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich dem Herrn Abgeordneten Kohl — —

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Wenn ich dem Herrn Abgeordneten Kohl

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] :D o k t o r Kohl!)

    richtig zugehört habe — — Also wenn Sie Wert auf den Doktor legen, den soll er haben;

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    er hat ihn sich offenbar erarbeitet.


Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
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Herr Bundeskanzler, gestatten Sie, daß ich die Damen und Herren an der linken Seite bitte, Platz zu nehmen.

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    Wenn ich den Herrn Dr. Kohl richtig verstanden habe, hat er in bezug auf den Vorgang, wegen dessen er gegen den Minister Leber polemisiert hat, in dem entscheidenden Punkt das bestätigt, was Herr Kollege Leber hier ausgeführt hatte.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD)

    Ich hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre, denn Herr Kollege Leber hat mir diese Unterhaltung, die nun schon einige Zeit zurückliegt, seinerzeit berichtet. Ich habe in dem Bewußtsein dieser Unterhaltung die Debatte der letzten Tage und insbesondere auch den diesbezüglichen Teil der Debatte am Dienstag miterlebt.
    Aber darauf kommt es mir hier im Augenblick nicht weiter an, sondern ich möchte gerne auf eines zurückkommen, was, wie ich glaube, uns allen



    Bundeskanzler Schmidt
    bei einer solchen Debatte in die Erinnerung gerufen werden darf. Ich erinnere mich — hier sitzen ein paar Kollegen, die damals daran beteiligt waren; andere sind schon gestorben, zum Beispiel mein Freund Fritz Erler —, daß wir vor 21 oder 22 Jahren

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das waren noch Zeiten!)

    in diesem Hause unabhängig davon, wer zur damaligen Regierungskoalition gehörte und wer damals zur Opposition gehörte — das waren jedenfalls wir Sozialdemokraten —, gemeinsam, übrigens gegen den Willen des damaligen Bundeskanzlers, die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Bundeswehr und für die Wehrpflicht gelegt haben. Ich war einer der Beteiligten. Ich möchte nur daran erinnern, daß unabhängig davon, wer gerade regiert — das kann ja wechseln im Laufe der Jahrzehnte;

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    es hat mehrfach seither im Laufe der Jahre gewechselt — oder wer in Opposition zu arbeiten hat, wir beide oder alle drei, besser gesagt alle vier, den erheblich großen gemeinsamen Nenner des Jahres 1955, des Jahres 1956 nicht ohne Not gefährden sollten, auch nicht in solchen Debatten wie hier heute nachmittag.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    In den Jahren seit jener großen umfassenden Verfassungsergänzung, der umfassenden Ergänzung des Grundgesetzes durch ein verfassungsänderndes Gesetz, das im Bundestag initiativ ausgearbeitet worden ist, für das die damalige Bundesregierung dem Bundestag keine Vorlage zugesandt hatte, haben wir eine größere Zahl von Verteidigungsministern erlebt, die ja alle nach jener Grundgesetzergänzung auch die Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt waren. So hatten wir es bei jener Gelegenheit damals in das Grundgesetz hineingeschrieben. Das war zunächst Theodor Blank, dann war es der Kollege Strauß, dann war es der Kollege von Hassel, dann war es der Kollege Schröder, dann sind es seit 1969 bis zum heutigen Tage zwei Sozialdemokraten gewesen, darunter der gegenwärtige Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, bis auf 14 Tage genau schon fünf Jahren. Er hat in diesen fünf Jahren nicht nur nach meinem Urteil, Herr Abgeordneter Kohl, sondern nach dem Urteil vieler Menschen — auch in Ihrer eigenen Partei —, vor allen Dingen aber in der ganzen Welt und nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, eine große Leistung vollbracht und mit Recht ein hohes Ansehen erworben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn ich mich in diesem Zusammenhang einer Bemerkung des Herrn Abgeordneten Wörner zuwenden darf: Er hat über einen personellen Konflikt innerhalb der bewaffneten Streitkräfte gesprochen. In all den Jahren, in denen die soeben aufgezählten Personen Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber waren, hat es immer wieder einmal Streitigkeiten über die Personalpolitik gegeben — mehr bei den Streitkräften selbst, also im bewaffneten Teil, als im zivilen Teil, im Ministerium oder in der Wehrverwaltung.
    Vielleicht darf ich in Klammern sagen, daß ich es eigentlich ein wenig bedaure, daß in diesen über 20 Jahren personalpolitische Auseinandersetzungen über Soldaten, meist über Generale, zu häufig —auch hier im Parlament — eine viel größere Rolle gespielt haben als etwa Auseinandersetzungen über personelle Affären ziviler Diener des Staates, Affären, die es bisweilen auch verdient hätten, daß man hier im Bundestag über sie redet. Es ist noch nicht ganz jenes Ausmaß an Normalität eingekehrt, das zu einer vollständigen Gleichbehandlung im Parlament geführt hätte, das man sich wünschen möchte. Ich erinnere an den Rücktritt eines Generalinspekteurs und des Inspekteurs einer Teilstreitkraft — Herr Kollege von Hassel wird sich ganz besonders gut daran erinnern —, nämlich an die Generale Trettner und Panitzki.

    (von Hassel [CDU/CSU] : Da waren Sie Hauptredner!)

    — Ich wollte gerade daran erinnern. Ich war damals Hauptredner für die damalige Opposition in jener Debatte. — Ich habe damals den Verteidigungsminister, Herrn Kollegen von Hassel, scharf kritisiert. Aber weder der damalige erste Redner der Opposition noch andere Redner haben — auch nicht bei anderen Gelegenheiten ähnlicher Auseinandersetzungen — etwa bezweifelt oder auch nur stillschweigend offengelassen, ob das Verhalten der Generale, das zu einer Maßnahme des Ministers Anlaß gab, mit erörtert werden darf. Im Falle der Affäre Trettner und Panitzki hatte der Minister zwar Maßnahmen ergriffen, er hatte die Generale aber nicht in den Ruhestand versetzt, sondern sie selbst waren, wie man zu sagen pflegt, um ihren Abschied eingekommen. Jedenfalls mußte selbstverständlich in einem solchen Zusammenhang, wenn sich das Parlament schon damit beschäftigt, auch das Verhalten der Generale mit zur Debatte stehen.
    Es gibt ähnliche Fälle. Ich will sie nicht alle in Erinnerung rufen. Die Herren, die länger im Parlament sitzen, können sich an General Müller-Hillebrand erinnern. Daran wird sich insbesondere auch der Kollege Strauß erinnern. Es hat immer wieder viele solcher Angelegenheiten gegeben. Es ist vielleicht nicht gut, daß sie dauernd im Parlament debattiert werden. Wenn es aber geschieht, dann muß man mit derselben kritischen Sonde an alle beteiligten Personen herantreten.
    Ich kann mich gut daran erinnern, daß im Laufe des Jahres 1969, als der Herr Kollege Schröder Verteidigungsminister war, ein General des Heeres — ich lasse seinen Namen einmal weg; es kommt auf den Namen und auf den Mann auch nicht an — an einer wichtigen Einrichtung der Bundeswehr, nämlich der Führungsakademie in Blankenese, einen erstaunlichen Vortrag gehalten hat. In diesem Vortrag hieß es, es würde nun Zeit, daß man auf die Innere Führung verzichte und die Maske ablegte; denn die Innere Führung sei doch nur eine Maske. Dieser Mann ist kurze Zeit später nach dem Ministerwechsel aus dem Amt geschieden. Aber ich erzähle diesen Vorgang eigentlich wegen eines anderen Vorkommnisses. Unmittelbar anschließend an jene Rede jenes Generals stand ein anderer Mann



    Bundeskanzler Schmidt
    auf — ich glaube, er war damals noch Oberst; es kann aber auch sein, daß er Brigadegeneral war —, nämlich Dr. Wagemann, von dem Herr Wörner vorhin gesprochen hat. Dr. Wagemann hat sich dort in einer mannhaften und tapferen Weise gegen die schwer erträglichen, quasi öffentlichen Ausführungen über die „Maske" der Inneren Führung gewandt. Er ist dann deswegen von anderen Generalen gerügt worden.
    Ich habe seinerzeit Wert darauf gelegt, Dr. Wagemann kennenzulernen, weil das Eindruck auf mich gemacht hatte. Ich habe mit ihm ein paar Jahre zusammengearbeitet. Er ist ganz gewiß ein wackerer Mann, übrigens ein Schwerkriegsversehrter, ein Mann, der für seine Überzeugung kämpft, der aber auch streitbar ist. Ich glaube, Dr. Wagemann wäre der letzte, der sich wundern würde, wenn man bei Streitigkeiten im Laufe des letzten Jahres, in denen er wiederum von Generalskameraden kritisiert worden ist, jetzt quasi von der anderen Seite, denn nun hatte er sich ein bißchen vergaloppiert,

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — ja, bitte, er ist ja doch von seinen militärischen Vorgesetzten kritisiert worden, wie Sie in den Zeitungen haben lesen können — nicht auch ihn und sein Verhalten kritisiert hätte. Ich finde es aber nicht gut, dies allzuweit in die Debatte hineinzuziehen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich sagte Ihnen ja schon vorher, wenn Herr Wörner solche Sachen aufbringt, muß man nicht nur eine Seite beleuchten, sondern beide.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nur daran wollte ich erinnern. Ich bin hier weder Fürsprecher eines Generals noch bin ich Kritiker eines Generals. Ich finde nur — und dafür habe ich früher allerdings Beispiele gegeben —, daß man dann beide Seiten beleuchten muß.

    (Zuruf des Abg. Dr. Jenninger sowie weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich möchte sodann auf eine Bemerkung zu sprechen kommen, die der Herr Abgeordnete Wörner hier mit einer gewissen Genugtuung gemacht hat. Er hat mehrfach von der Geschlossenheit der CDU/ CSU in Sachen Wehrpflicht und in Sachen Verteidigungspolitik gesprochen. Ich glaube, daß er die subjektive Wahrheit ausgesprochen hat. Dies war seine Wahrheit, er sieht das so. Ich möchte aber hinzufügen: Ich fände es so schlecht nicht, wenn es in Ihrer großen Fraktion auch ein oder zwei Mitglieder gäbe, die innerlich mit ihren eigenen Wertvorstellungen auf der Seite der Kriegsdienstverweigerer stünden. So schlecht wäre es nicht; es würde nämlich innerhalb Ihrer eigenen Fraktion zu einer tiefergehenden Befassung mit den hier liegenden Problemen führen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich darf auch hier einmal aus der Erfahrung der 50er Jahre im Bundestag sprechen. Jedermann weiß, daß ich kein Kriegsdienstverweigerer war, daß ich es nicht bin; und ich vermute, ich werde es auch nicht mehr werden. Ich bin aber damals im Verteidigungsausschuß von einem Vortrag und von Antworten tief beeindruckt worden — bei mir hat es übrigens dazu geführt, in der Schule anerzogene Vorurteile gegenüber Jesuiten abzulegen —, die der Jesuitenpater Professor Hirschmann aus Frankfurt zu diesem Problem der Wehrdienstverweigerung uns, die wir an dem Gesetz arbeiteten, damals gegeben hat.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Eine wichtige These, die Professor Hirschmann nicht aus seinem eigenen Kopf schöpfte, sondern aus dem gesicherten Bestande der Moraltheologie seiner Kirche, enthielt den Hinweis auf die Lehre vom irrenden Gewissen, das den gleichen Respekt und die gleiche Unverletzlichkeit als Gewissen beanspruchen darf wie das Gewissen desjenigen, dessen Entscheidung Sie für richtig halten. Deswegen ist mir diese Geschlossenheit, von der der Abgeordnete Wörner auf der Basis einer nicht tief genug greifenden gedanklichen Arbeit sprach, im Grunde nicht ganz überzeugend, Herr Abgeordneter Wörner.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich muß meine Ausführungen zu diesem Punkte vom Dienstag nicht noch in Erinnerung rufen. Nur, wenn der Abgeordnete Kohl in bezug auf diese selbe Frage, wie eben geschehen, von einer „Schicksalsfrage deutscher Demokratie" spricht, dann finde ich, Sie sollten darüber noch einmal nachdenken. Die Wortwahl „Schicksalsfrage" ist richtig. In der Tat ist es eine Schicksalsfrage, daß in der deutschen Demokratie der Staat das Gewissen der einzelnen Person eben nicht verletzen darf.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das Verfahren, das das neue Gesetz, das initiativ aus dem Bundestag geboren ist — genauso wie vor 20 Jahren die Wehrverfassung initiativ aus dem Bundestag geboren worden ist —, an die Stelle des alten Gesetzes setzen will, hat jedenfalls den Vorteil, daß sich nicht eine Mehrheit von Personen nach Schemata, nach Frageverfahren darüber zu entscheiden anschickt, ob das Gewissen echt sei, aus dem heraus jemand spricht, oder ob es nicht echt sei. Das hat ja leider zu dem Ergebnis geführt, daß diejenigen, die als Betroffene vor diesem Ausschuß gut sprechen können, in einem viel höheren Prozentsatz als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen anerkannt werden als diejenigen, die das glatte Sprechen auf der Schule nicht gelernt haben.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Deswegen bitte ich um Nachsicht, daß ich Anstand daran nehme, daß jemand, der von den Unionsparteien als derjenige vorgestellt ist und wohl auch bleibt, der im Falle der Kanzlerschaft von Herrn Kohl den Oberbefehl über die Bundeswehr zu übernehmen hätte, hier hinsichtlich dieses Gesetzes und des neuen Verfahrens von einer „Kapitulation" spricht. Herr Wörner, es ist keine Kapitulation, son-



    Bundeskanzler Schmidt
    dern es ist der Ausdruck des Respekts, nein, des Gehorsams vor dem Befehl, die Würde des Menschen nicht anzutasten.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Für mein Verständnis ist die Quelle der Würde des Menschen sein Gewissen. Die Tatsache, daß der Mensch ein Gewissen hat, macht überhaupt seine Würde aus.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun zu ein oder zwei anderen Punkten, die hier heute nachmittag eine Rolle gespielt haben. Seit Sie an der Regierung nicht mehr beteiligt sind, meine Damen und Herren von der CDU und CSU, seit 1969, haben Sie Ihr Verhalten bei den Abstimmungen über den jeweiligen Verteidigungshaushalt mehrfach gewechselt.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sie doch auch!)

    Das ist Ihr gutes Recht. Sie haben sich zunächst mehrfach enthalten. Sie haben 1972, wenn ich mich recht erinnere, auch einmal dagegen gestimmt. Dann haben Sie seit 1972 eine Reihe von Malen dafür gestimmt. Diesmal wollen Sie wieder dagegen stimmen. Das ist Ihre Sache. Die Begründung ist auch Ihre Sache. Aber auf mich hat die heutige Begründung wenig Eindruck gemacht, weil Sie doch in den früheren Jahren, als Sie zustimmten, in der Begründung für Ihre Zustimmung immer ausgeführt haben, daß Sie zwar mit der Politik keineswegs voll einverstanden seien, aber aus übergeordneten Gesichtspunkten meinten, zustimmen zu sollen. Das kam mir durchaus plausibel vor. Daß Sie heute aus übergeordneten Gründen glauben ablehnen zu müssen, ist mir nicht ganz plausibel geworden, weil ich nicht verstanden habe, Herr Abgeordneter Kohl, welch andere Sicherheits- und Verteidigungspolitik Sie denn machen würden, falls Ihnen irgendwann im Laufe dieses oder des nächsten Jahrzehnts die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland dazu das Mandat erteilten.
    Die Begründung, die Sie gegeben haben, Herr Abgeordneter Wörner, fand ich im übrigen nicht nur nicht überzeugend, sondern in anderer Weise auch bedenklich. Man kann nämlich das Vertrauen der Deutschen und das Vertrauen unserer Partner — ich sage noch etwas umfassender: das Vertrauen unserer Nachbarn — in den Stabilisierungsbeitrag, den unsere Streitkräfte zum Gleichgewicht in Europa und damit zum Frieden in Europa leisten, durch solche Reden, wie sie zum Teil heute nachmittag gehalten wurden, auch gefährden. Und das ist dann nicht mehr Ihre Sache. Es ist unsere gemeinsame Sache, die Glaubwürdigkeit des Stabilisierungsbeitrages unserer Streitkräfte nicht zu gefährden. Das sollten wir beide nicht tun.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Abgeordneter Wörner kann nicht belegen, daß die Bundesrepublik Deutschland ihren Bündnisbeitrag 1977 anders als im Jahre 1976 oder anders als in den Jahren 1975, 1974, 1973 nicht leistet, oder nicht in gehöriger Weise leistet. Er kann nicht belegen, daß sie die Pflichten nicht erfüllt, die sie auf sich genommen hat.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Ich habe es belegt!)

    Es gibt auch außerhalb dieses Saales und außerhalb Ihrer Anhängerschaft niemanden von mitwirkendem Einblick und von Urteilskraft über den Stand des Bündnisses — weder in Paris noch in London noch in Washington noch in Brüssel —, der diese Behauptung des Herrn Wörner stützen oder ihr beipflichten würde.
    Herr Wörner hat gesagt: Wir wollen „mehr Verteidigung". Es mag im Bündnis vielleicht welche geben, die Ihnen beipflichten würden, insbesondere natürlich in der internationalen Gewerkschaft der Generale. Das ist klar. Das ist übrigens nicht auf den Westen beschränkt, das ist in der Sowjetunion, in Moskau auch nicht anders.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sie werden doch wissen, was der amerikanische Verteidigungsminister auf der letzten Konferenz gesagt hat!?)

    Alle Fachleute, auch militärische Fachleute, wollen von ihren jeweiligen politischen Instanzen, von den Regierungen und Parlamenten, für ihr Fachgebiet immer noch ein bißchen mehr Geld haben, als der Haushaltsgesetzgeber insgesamt bewilligen kann. Das ist ganz normal.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Nur, Herr Abgeordneter Wörner — das sage ich auch an die Außenpolitiker Ihrer Fraktion, das sage ich auch dem Oppositionsführer, Herrn Kohl —: so wie die Dinge mit den westdeutschen Streitkräften und ihren 500 000 Soldaten liegen — ich sage noch einmal: erstklassig defensiv ausgebildet und ausgerüstet —, glaube ich, daß Sie es sich, gemeinsam mit den Bündnispartnern — die würden auch Fragen stellen —, sehr lange überlegen würden, ob Sie daraus wesentlich mehr machen wollten. Das will nämlich außer Ihnen von denen, die politische Verantwortung tragen, in Europa wirklich niemand.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Gehen Sie nach Paris und sprechen Sie mit denjenigen unserer französischen Freunde, die Ihnen politisch vielleicht besonders nahestehen. Sprechen Sie z. B. mit dem Führer der gaullistischen Partei, mit Herrn Chirac, oder sprechen Sie mit anderen im Westen. So einfach ist es nicht, daß man — —

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sprechen Sie mit dem amerikanischen Außenminister und Verteidigungsminister!)

    -- Sprechen Sie mit den Amerikanern, sicherlich. Mir wäre es lieber, Sie verstünden, daß es eine Gefahr für die Stabilität Europas wäre, wenn aus dem atlantischen Bündnis von 15 Nationen im Effekt eine bloß amerikanisch-deutsche Angelegenheit würde, Herr Kollege Wörner.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Wörner [CDU/CSU]: Das ist ein Strohmann!)

    In dem Zusammenhang hat der Abgeordnete Wörner eine Bemerkung gemacht, die vielleicht nicht



    Bundeskanzler Schmidt
    jedermann ohne weiteres verständlich war. Ich greife sie deshalb auf. Sie haben sich beklagt, daß der Bundeskanzler nicht zugelassen habe, daß einige Abgeordnete der Opposition und auch der anderen Fraktionen zu einer Kabinettsitzung dazugebeten worden sind.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Es handelte sich nicht um eine Kabinettsitzung, sondern um eine Information durch die NATO!)

    — Es gab keine Information durch die NATO außerhalb der Kabinettsitzung. Es gab eine Kabinettsitzung, die morgens um 9 Uhr auf der Hardthöhe begann und bis 19 Uhr abends dauerte. Ich habe auch in Zukunft nur in ganz besonderen Fällen und aus ganz besonderem Anlaß die Absicht, die Opposition in die Kabinettsitzung einzuladen. Das wäre ja sonst ein komischer Zustand.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich habe dem Verteidigungsminister Leber, der diese Anregung überbrachte — ich weiß nicht, von wem sie wirklich kam —, gesagt: Bitte, lieber Schorsch, sorg doch dafür, daß die Herren Abgeordneten diesselbe Information kriegen, aber nicht im Rahmen einer Kabinettsitzung, das kann ja wohl nicht vernünftig sein. Aber damit Sie mich nun nicht mißverstehen: Mir lag doch nicht daran, Sie von einer Sitzung auszuschließen, an der ich teilnahm und die ich sogar geleitet habe. Sie sind mir in allen möglichen Sitzungen willkommen. Ich lade ja sogar Herrn Zimmermann ein, der öffentlich sagt, ich verträte die Interessen Moskaus, und es bis heute noch nicht zurückgenommen hat, was mich schmerzt, wenn ich das sagen darf.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — PfuiRufe von der SPD — Abg. Dr. Kohl [CDU/ CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)