Rede:
ID0803612700

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Schäfer.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2763 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2763 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/498 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1976 bis 1980 — Drucksachen 8/101, 8/325, 8/612 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/517 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/513 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/514 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/515 — Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 2764 A Grobecker SPD 2769 A Gärtner FDP 2772 B Wohlrabe CDU/CSU 2774 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Löffler SPD . . . . . 2776 D Frau Matthäus-Maier FDP 2779 B Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 2780 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/499 — Dr. Waigel CDU/CSU 2785 C Dr. Sperling SPD 2788 D Dr. Haussmann FDP . . . . . . . . 2791 C Pieroth CDU/CSU 2793 A Reuschenbach SPD 2795 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 2797 D Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . 2800 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 2803 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU . . . . . 2805 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/504 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2813 D Möllemann FDP 2816 C Blank SPD 2822 D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2825 B Horn SPD 2827 A Leber, Bundesminister BMVg . 2830 D, 2854 A Dr. Wörner CDU/CSU 2839 A Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2846 C Dr. Kohl CDU/CSU 2848 A Schmidt, Bundeskanzler 2849 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 2855 B Erklärungen nach § 35 GO Dr. Zimmermann CDU/CSU 2856 D Würzbach CDU/CSU 2857 B Namentliche Abstimmung 2857 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/509 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU . 2859 C Stöckl SPD 2861 A Dr. Schneider CDU/CSU 2862 B Gattermann FDP 2864 A Ravens, Bundesminister BMBau . . . . 2866 C Niegel CDU/CSU 2869 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/502, 8/558 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2830 A Müller (Nordenham) SPD 2872 B Lemmrich CDU/CSU 2874 B Peters (Poppenbüll) FDP 2876 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP . 2876 D Metz CDU/CSU 2877 B Grobecker SPD 2877 D Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . 2878 A Schirmer SPD 2878 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen - Drucksache 8/503 — . . . . . . . . 2878 D Haushaltsgesetz 1977 — Drucksachen 8/518, 8/577 — . . . . . 2879 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung ,der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/651 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksache 8/652 — Müller (Remscheid) CDU/CSU 2806 C Franke CDU/CSU 2809 C Glombig SPD 2811 A Schmidt (Kempten) FDP 2812 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu einer dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/657 — 2813 B Nächste Sitzung 2879 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2881* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2763 36. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1977 Beginn: 9.02 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens *' 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Blumenfeld * 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders *' 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Klinker 24. 6. Kunz (Berlin) * 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp *** 24. 6. Lenzer *** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Scheffler *** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 24. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6. Zeyer * 24. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Wörner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich habe Zeit, und die Frau Präsidentin wird mir sicher konzedieren, daß die Zeit, die mir verlorengeht, weil Sie nicht bereit sind, zuzuhören, nicht angerechnet wird.

    (Zuruf des Abg. Friedrich [SPD] sowie weitere Zurufe von der SPD)

    — Auch wenn Ihnen das nicht gefällt, was ich Ihnen zu sagen habe, was ich mir übrigens vorstellen kann, Sie werden es sich bis zum Schluß anhören müssen, meine verehrten Kollegen von der SPD.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eines möchte ich Ihnen hier auch noch einmal sagen:

    (Zuruf des Abg. Friedrich [SPD])

    Wenn hier der Reihe nach Kollegen mit flammenden Bekenntnissen zu diesem Verteidigungsminister auftauchen,

    (Möllemann [FDP] : Das ärgert Sie ganz schön!)

    mit flammenden Solidaritätsadressen an diesen Verteidigungsminister, darunter der Kollege Horn, so kann ich nur sagen: Der Minister hätte Ihre Solidarität gebraucht, als man ihm seinen Wahlkreis weggenommen und einem Jungsozialisten gegeben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Er hätte Ihre Solidarität gebraucht, als ihn der Wehner hier im Plenum unter Zitierung seiner Äußerungen in der Fraktion noch einmal zurechtgebogen hat.

    (Zuruf des Abg. Friedrich [SPD])

    Da haben wir auf Beweise Ihrer Solidarität mit diesem Verteidigungsminister gewartet. Wo waren Sie da?
    Nun kommt der Herr Kollege Horn,

    (Friedrich [SPD] : Sie sind doch viel zu intelligent, um diesen Mist zu glauben!)

    ausgerechnet der Kollege Horn, und hält hier Reden über die Bundeswehr. Das ist derjenige, der geargwöhnt hat, in der Bundeswehr werde ein neues Chile vorbereitet, der an der Verfassungstreue der Soldaten gezweifelt hat.

    (Pfui-Rufe bei der CDU/CSU)

    Herr Horn, es wäre besser gewesen, Sie wären nicht aufgetreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Minister Leber, ich kann und will die Debatte über das Gesetz zur Wehrdienstverweigerung nicht wiederholen, auch wenn Sie hier längere Ausführungen gemacht haben, die Sie besser in der Debatte gemacht hätten. Wir werden ja noch Gelegenheit haben, unsere Meinungen auszutauschen. Gestatten Sie mir aber einige wenige Bemerkungen dazu. Wir halten daran fest: Nicht im nächsten Jahr, aber langfristig wird sich dieses Gesetz als der verhängnisvollste Einbruch in die Wehrstruktur der Bundesrepublik Deutschland in der Nachkriegszeit herausstellen. Ich wiederhole: Wenn Sie es den jungen Wehrpflichtigen freistellen, für was sie sich entscheiden, ob für die Bundeswehr oder gegen die Bundeswehr, dann können Sie nicht verhindern, daß das Bewußtsein sich verliert, daß diese Demokratie davon lebt, daß alle jungen Staatsbürger, die dazu tauglich sind, auch zur Verteidigung dieser Demokratie bereit sind. Das ist der entscheidende Punkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hierzu möchte ich noch folgendes sagen, und zwar auch im Blick auf den Herrn Bundeskanzler, weil er in der Aussprache auch die Frage des Vertrauens wieder in den Vordergrund gespielt hat. Wenn es wirklich eine Frage des Vertrauens für Sie gewesen wäre, Herr Leber, warum berühmen Sie sich dann, daß diese Vorlage ja nicht von Ihnen komme, sondern von dem Koalitionspartner? Dann wäre es doch gut gewesen, Sie hätten sie ausgearbeitet. Das zeigt doch, daß das mit Vertrauen überhaupt nichts zu tun hat.
    Zweitens. Sie haben noch vor zwei Jahren in einem Gespräch mit dem „Spiegel" auf eine entsprechende Frage ausdrücklich erklärt, Sie sähen überhaupt keine Veranlassung und hätten auch gar kein Recht, die Prüfung für Wehrdienstverweigerer abzuschaffen. Dann kommen charakteristischerweise zwei Worte: „Im Gegenteil". Deswegen wehren wir in der CDU/CSU uns gegen den Versuch, das, was eine Kapitulation vor Ihnen Linken war, als eine Frage des Vertrauens in die junge Generation hochzustilisieren und umzufunktionieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Jetzt komme ich zu den Fragen, die Sie an uns gerichtet haben. Sie haben wieder einmal gesagt — und das meinen wir, wenn wir von Beschwichtigen



    Dr. Wörner
    sprechen —, man brauche gar nicht besorgt zu sein, die Lage sei ja in Ordnung. Ich kann Ihnen leider nicht all die Zitate von zwei Jahren vorher vorlesen, als Sie genau das Gegenteil gesagt haben. Aber einige Zitate von Leuten, die Sie ebenfalls zitiert haben, kann ich Ihnen nicht ersparen, um Ihnen deutlich zu machen, warum wir sagen, daß Anlaß zur Sorge besteht.
    Warum steht denn im Kommuniqué einer Tagung, an der zwar nicht Sie persönlich, aber Ihr Staatssekretär teilgenommen haben, daß die anwesenden Mitglieder über die Berichte über den Aufbau der Militärmacht im Warschauer Pakt schockiert gewesen seien? Warum wird in dem offiziellen und auch veröffentlichten Dokument von dem damaligen Chefberater der NATO, Norton Hill, folgendes gesagt: „Klar erkennbare, ungehemmte und bedenkenlose Entschlossenheit der sowjetischen Führung, die militärische Überlegenheit zu erringen, die Angriffskraft ihrer Armeen in Mitteleuropa auszubauen" ? „Die Befehlshaber in Europa" — ich zitiere nur — „haben schon heute nicht mehr die Mittel, ihren Auftrag sicher und wirksam zu erfüllen. Ohne zusätzliche Kräfte und Rüstungsmittel können die alliierten Streitkräfte einem mit Wucht und Überraschung vorgetragenen Angriff wohl kaum standhalten."

    (Gallus [FDP]: Deshalb zustimmen!)

    Sie sagen hier: Sie brauchen nicht besorgt zu sein. Ihr jetziger Staatssekretär Herr Schnell sagte, als er noch Oberbefehlshaber Europa-Mitte war: „Die Streitkräfte des Warschauer Pakts haben ihre offensiven Heeresverbände und Luftwaffen derart verstärkt, daß sie in der Lage sind, mit oder ohne atomare Unterstützung bei schwindender Vorwarnzeit für die NATO Mitteleuropa anzugreifen."

    (Gallus [FDP]: Trotzdem lehnen Sie ab!)

    — Lieber Herr Gallus, Lautstärke ersetzt nicht unbedingt vernünftige Argumente.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der amerikanische NATO-Botschafter Strauß-Hupe erklärt vor Journalisten in Brüssel, die Sowjetunion sei in der Lage, innerhalb von fünf Jahren das militärische Gleichgewicht zwischen West und Ost zusammenbrechen zu lassen, wenn sie weiterhin — wie bisher — die Verstärkung ihrer Streitkräfte betreibe. Innerhalb der letzten 20 Jahre habe sich die Sowjetunion von einer regionalen zu einer Weltmacht entwickelt. Dies zitiere ich übrigens aus einem Bulletin der Bundesregierung.
    Jetzt komme ich zu Alexander Haig, dem gegenwärtigen Oberbefehlshaber, der auf die Frage des Korrespondenten Lothar Rühl: „Wie würden Sie den militärischen Zustand der Allianz angesichts des massiven Kräfteaufbaus des Warschauer Pakts in Europa und der Probleme im Bündnis beschreiben?" erst vor kurzem wieder erklärt hat. „Ich wäre weniger als aufrichtig, wenn ich Ihnen irgend etwas anderes als besorgniserregend nennen würde." Ich zitiere aus einem Bulletin der Bundesregierung. Und Sie stellen sich hier hin und sagen, es bestehe kein Anlaß zur Sorge. Sehen Sie, das meinen wir, wenn wir sagen: Dieser Leber ist nicht mehr der Leber von vor eineinhalb Jahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nun zur Frage des Budgets, das Sie angesprochen haben. Sie berühmen sich, Sie hätten alles erfüllt, was das Bündnis von Ihnen verlangt habe. Sie haben mich aufgefordert, ich solle den Beweis antreten, daß mehr gefordert worden sei. Ich könnte Ihnen unzählige Dokumente vorlesen. Ich lese Ihnen bloß eines vor.

    (Zuruf von der SPD: Lesen Sie lieber unzählige vor!)

    — Manchmal gibt es Zwischenrufe, bei denen man sich wirklich nur um der Barmherzigkeit willen zu einer Antwort durchringen kann. Das war ein solcher Zwischenruf.

    (Zuruf von der SPD: Ihnen fällt nur nichts ein!)

    Sie, lieber Herr Leber, haben in den letzten drei Jahren Verteidigungshaushalte vorgelegt — das ist unbestreitbar —, die Zuwachsraten hatten, die unter 4 % lagen. Die Zuwachsraten Ihres Haushalts im Jahre 1977 beträgt nach den Darstellungen Ihres eigenen Haushaltsexperten ohne Personalverstärkungsmittel 1,9 %, mit Personalverstärkungsmitteln höchstens 3 %. Sie werden doch nicht behaupten wollen, daß die Inflationsrate in diesem Jahr unter 3 % fällt. So kühn wäre wahrscheinlich noch nicht einmal der Herr Bundeskanzler. Das bedeutet, daß die Steigerungsrate des Verteidigungsetats des Jahres 1977 wie diejenige der drei Etats vorher — das ist glasklar — unter der Inflationsrate bleibt. Im Klartext heißt das, daß die Verteidigungsaufwendungen der Bundesrepublik Deutschland real zurückgegangen sind. Das können Sie mit keinen Rechenkunststücken aus der Welt schaffen, Herr Leber. Es muß unser Recht bleiben, das aufzugreifen.
    Sie selbst haben sich erst vor kurzem, zusammen mit Ihren Kollegen, zu folgender Aussage bequemt — ich lese Ihnen das aus dem Bulletin vom 24. Mai 1977 vor —:
    Auf dem Hintergrund der nachteiligen Tendenzen im Kräfteverhältnis zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt und zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung des Verhältnisses der Kampfkraft der Streitkräfte zwischen beiden Seiten sollten alle Mitgliedstaaten eine reale Erhöhung der Verteidigungshaushalte anstreben. Diese jährliche Steigerung sollte etwa 3 % betragen .
    Schon im letzten Jahr haben Sie sich zu einer realen Steigerung verpflichtet. Geschehen ist aber nichts. Sie stehen also nach Ihren eigenen Erklärungen und Verpflichtungen bei der NATO im Wort und haben sie nicht eingelöst. Das ist es, was wir zu monieren haben, Herr Leber. Wir werden auch nicht aufhören, das zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Dann müßten Sie ja auch zustimmen!)

    Was den Erhöhungsantrag angeht, so wissen Sie so gut wie wir auch, daß man Munition und Waffen-



    Dr. Wörner
    systeme nicht wie Pfefferminzbonbons kaufen kann, daß man nicht im August ankommen und sagen kann: Jetzt brauche ich 500 Millionen DM mehr für soundso viel Waffen und soundso viel Munition. Das kann man nicht an der Theke kaufen. Diese Bemerkung von Ihnen ist doch nur platonisch. Sie wissen auch, daß Ihre Kollegen im Haushaltsausschuß es abgelehnt haben, auch nur den Zustand wiederherzustellen, den Sie gerne wiederhergestellt hätten.

    (Löffler [SPD] : Welchen?)

    Nun kommen Sie und verlangen von uns Anträge. Unsere Kollegen haben diese Anträge gestellt. Im übrigen, Herr Leber, gibt es immer noch einen Unterschied zwischen Regierung und Opposition:

    (Demonstrativer Beifall bei der SPD)

    Die Opposition ist nicht dazu da, die Lasten der Unpopularität allein zu tragen, damit die Regierung nur die populären Dinge durchsetzt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Schwabe [SPD] : So populär sind Sie auch nicht, Herr Wörner!)

    Aber damit Sie nicht den Eindruck haben, daß wir ausweichen, sage ich Ihnen für die Fraktion der CDU/CSU zu: Wenn Sie im nächsten Jahr der Forderung der NATO nachkommen — sofern Sie dann überhaupt noch an der Regierung sind —(Lachen bei der SPD)

    und eine Steigerungsrate von real 3 % vorsehen, werden Sie dafür die Zustimmung der CDU/CSU bekommen. Wir trügen diesen unpopulären Beitrag selbstverständlich mit.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Gallus [FDP] : Abwarten! — Pawelczyk [SPD] : Vorsichtig mit Zusagen!)

    Meine Damen und Herren, nun kommen einige Bemerkungen und einige Fragen des Herrn Leber an mich, die mich nicht besonders erschrocken haben, die ich aber auch nicht besonders originell finde. Ich finde, daß Sie sehr auf das kurze Gedächtnis der Wähler draußen spekulieren, wenn Sie einen Abgeordneten der CDU/CSU nach seiner Alternative zur NATO-Politik fragen, wenn sich ein Abgeordneter der CDU/CSU nach der NATO-Politik von einem Mann fragen lassen muß, der wie Sie persönlich und zusammen mit Ihrer Partei erbittert gegen den Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in die NATO gekämpft hat, Herr Leber.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wären wir Ihren Ratschlägen von damals — im übrigen den Ratschlägen all Ihrer Parteifreunde — gefolgt, dann gäbe es heute keine Diskussion mehr über Alternativen, dann wäre nämlich die eine Alternative Wirklichkeit geworden: die Neutralisierung der Bundesrepublik Deutschland und damit ihr Eintreten in den Herrschaftsbereich der Sowjetunion. Dann bräuchten wir uns keine Gedanken mehr über deutsche Sicherheitspolitik zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    NATO-Politik, Herr Leber, ist CDU-Politik, CSU- Politik gewesen und bis zum heutigen Tag geblieben. Es wäre besser, Sie würden sich um die Herren Brandt, Pawelczyk und Wehner kümmern, die immer wieder die Positionen der NATO untergraben, anstatt um uns, die wir Sie in diesen Positionen bis zum heutigen Tag unterstützen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann kommen Sie hierher und erzählen mir etwas von Brüssel. Nun haben Sie das Pech, daß ich mich gelegentlich auch in Brüssel aufhalte, wie im übrigen auch viele andere Oppositionspolitiker. Dort haben wir Zutritt. Im Unterschied zu Ihnen und Ihrem Haus — das muß ich schon sagen — ist die NATO und sind die Dienststellen der NATO, vom Oberkommandierenden und Generalsekretär angefangen, viel eher bereit, Informationen zu geben. Deshalb sage ich Ihnen nur: Wissen Sie, was dort Besorgnis ausgelöst hat? Die Tatsache, daß Sie nicht mehr Herr der Lage in Ihrer Partei sind, daß der Bundesvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei die festgefügten NATO-Positionen bei den MBFR-Verhandlungen in Wien zu unterhöhlen und auszugraben beginnt. Man hat mich gefragt: Wird das Aussicht auf Erfolg haben, und wie lange hält diese Regierung diese Position noch?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann kommen Sie hierher und machen Spiegelfechterei. So sind die Dinge in Brüssel.
    Dann zitieren Sie den Generalsekretär Luns. Das hat mir noch gefehlt. Sie sagen, Sie seien gerne bereit, uns Kontakte zu verschaffen. Da möchte ich Ihnen einmal ein ganz praktisches Beispiel geben. Da sind die Kollegen Möllemann und Neumann und die anderen Obleute im Verteidigungsausschuß, der Kollege Kraske, Obmann der CDU/CSU. Herr Luns hat mir gesagt: Wir haben ein Briefing für die Regierungen, um sie einmal über das Geheimste der Bedrohung zu informieren; aber ich würde es begrüßen, wenn dazu wenigstens einige ausgelesene Politiker, also die Verteidigungsfachleute, die Obleute der Fraktionen, hinzugezogen würden. Ich habe daraufhin im Einvernehmen mit meinen Kollegen von SPD und FDP einen Brief geschrieben und Sie darum gebeten. Welche Antwort habe ich dann zurückgekriegt? Der Herr Bundeskanzler habe es abgelehnt, und deswegen könnten wir nicht daran teilnehmen. So sieht Ihre Bereitschaft aus, uns in das Einblick nehmen zu lassen, was es an Bedrohung gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Dann gehen Sie her und heucheln hier, daß es einem wirklich das Mitleid in die Augen treibt ob Ihrer Krokodilstränen.
    Nun fragen Sie mich nach der Strategie. Sie fragen die CDU/CSU nach der Strategie. Dazu gibt es klare Dokumente, Herr Leber. Wir sind der Auffassung, daß die Strategie der „flexible response" ohne Alternative ist. Das ist die verbindliche Aussage der CDU/CSU. Dazu stehen wir. Das sage ich namens der Fraktion der CDU/CSU und namens der beiden Parteien, weil es in beider Parteiprogramm steht.



    Dr. Wörner
    Aber der gleiche Mann, der sich über die CDU/ CSU erregt, läßt hier völlig unerwähnt, daß die FDP, repräsentiert durch den genialen Geist Möllemann, strategische Vorstellungen unterbreitet hat, von denen ich nur sagen kann: Wenn einmal das Vetorecht der Bundesrepublik Deutschland verankert ist, dann können wir die nukleare Abschreckung, ja, sogar die ganze Abschreckung vergessen, und dann ist die Strategie der „flexible response" am Ende. Kümmern Sie sich um Ihre Koalition, bevor Sie sich um die CDU/CSU kümmern, lieber Herr Leber!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Möllemann [FDP] )

    Jetzt kommt wieder der alte Schlenker, Herr Leber: Wir sollten Ihnen doch sagen, wie es um unsere Vorstellungen zur Abrüstung steht. Sie haben hier schon einmal den Versuch gemacht, den Eindruck zu erwecken, als ob die CDU/CSU einen neuen Ritt gen Osten plane. Wenn wir nicht aufhören, uns gegenseitig zu unterstellen, daß wir mit dem Frieden nichts im Sinn hätten, dann liefern wir Material für die da drüben. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn es die Friedenspolitik der CDU/CSU nicht gegeben hätte, dann hätten Sie keine Chance, Verteidigungspolitik in einer Bundesrepublik Deutschland, die noch frei ist, zu machen, Herr Leber.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann kam wirklich auch wieder so ein Schlenker, der den Ansatz zum Staatsmann, der in den ersten 15 Minuten spürbar war, wieder völlig zunichte machte. Es kam wieder das Übliche gegen unseren Fraktionsvorsitzenden Kohl. Nur: Nehmen Sie zur Kenntnis, daß dieser unser Fraktionsvorsitzender den Mut hatte, den noch keiner der Politiker Ihrer Partei — mit Ihrer Ausnahme — aufgebracht hat, auf die Frage, die ich selbst im Wahlkampf unmittelbar vor den Wahlen mehrfach erlebt habe: „Was ist Ihre erste Priorität?", die unpopuläre Antwort zu geben: „Die Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland." Ich wollte, Sie hätten solche Politiker in Ihrer Partei, lieber Herr Leber.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann ginge es Ihnen besser, dann bräuchten Sie nicht immer um Ihr Amt und alles mögliche zu bangen, nur weil Sie mit Ihrer eigenen Partei und Ihren Jusos nicht fertigwerden.
    Ich fasse zusammen. Das erste Nein in der Geschichte der Unionsparteien zum Verteidigungsetat fällt uns, das habe ich gesagt, nicht leicht. Wir haben uns diese Entscheidung auch nicht leicht gemacht. Gemeinsamkeit in Sachen Verteidigungspolitik — ich wiederhole dies — ist ein hoher Wert. Aber sie ist kein Selbstzweck. Gemeinsamkeit in einer falschen Politik wäre schlechter als entschiedene Opposition gegen eine falsche Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was bedeutet unser Nein? Es bedeutet die Absage an eine Politik, die die allgemeine Wehrpflicht abschafft und damit der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland Schaden zufügt. Es bedeutet die Absage an einen Minister, der nicht mehr die Standfestigkeit, Klarheit und Entschiedenheit besitzt, mit der er angetreten war, sondern der sich auf die Straße der Resignation und des Rückzugs vor dem Druck seiner Partei begeben hat und der damit von sich aus den Boden der Gemeinsamkeit aufgegeben hat. Es bedeutet schließlich die Absage an eine Art des Umgangs mit untergebenen Soldaten, die wir als unverantwortlich und unerträglich empfinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was bedeutet dieses Nein nicht? Ich sage das nicht im Ton der Rechtfertigung, weil ich weiß, daß man uns draußen

    (Blank [SPD] : Warum denn überhaupt?)

    in der Bundeswehr und im Bündnis wohl versteht. Dieses Nein bedeutet nicht den Übergang zur totalen Konfrontation und zu einer Politik abgebrochener Brücken im Bereich der Verteidigung.

    (Zurufe von der SPD)

    — Die Tatsache, daß Ihnen das nicht paßt, läßt doch die ganze Heuchelei erahnen, die sich dahinter versteckt, daß man das Nein der CDU beklagt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Noch gibt es viele gemeinsame politische Vorstellungen — mindestens mit diesem Minister —, insbesondere im Bereich der NATO-Politik. Ich habe davon gerade gesprochen. Wir werden auch in Zukunft nicht zögern, als CDU/CSU seine Politik im Plenum und in den Ausschüssen dort — aber nur dort — zu billigen und zu unterstützen, wo dies der Stärkung der Verteidigung der Bundeswehr dient.
    Unser Nein ist auch kein Nein zur Bündnispolitik. Das möchte ich nur noch einmal klarstellen,

    (Zurufe von der SPD)

    nicht für unsere Verbündeten, sondern weil ja schon im Ansatz erkennbar wird, daß Sie mit dieser These draußen arbeiten wollen.

    (Zurufe von der SPD)

    Die CDU/CSU hat den Eintritt der Bundesrepublik in die NATO durchgesetzt. Das Atlantische Bündnis bleibt unverbrüchlich Kernstück unserer Sicherheitspolitik,

    (Zurufe von der SPD)

    und unsere Verbündeten — allen voran die Vereinigten Staaten von Amerika — sollen und können wissen und wissen es, daß sie auch in Zukunft mit der CDU/CSU rechnen können,

    (Zurufe von der SPD)

    wenn es um die Kräftigung und den Ausbau der Atlantischen Allianz geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Unser Nein bedeutet

    (Zuruf von der SPD: Ein Ja zu Strauß!)

    schließlich keine Absage an die Bundeswehr und ihre Soldaten.

    (Zurufe von der SPD)




    Dr. Wörner
    Ich glaube auch nicht, daß die Gefahr besteht, daß man es draußen so verstehen könnte.

    (Zurufe von der SPD)

    Aber ich sage Ihnen noch einmal ausdrücklich und um Ihnen das entsprechende Handwerkszeug nicht an die Hand zu geben:

    (Zuruf von der SPD: Haben wir schon!)

    Wir stehen weiterhin zu ihnen; die Soldaten können sich bei uns nicht nur auf Lippenbekenntnisse, sondern auf unsere aktive parlamentarische und politische Unterstützung verlassen. Das ist die Art, in der wir unseren Dank an diese Soldaten abzustatten pflegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unser Nein — nehmen Sie es noch einmal zur Kenntnis — wird gerade gesprochen um der Bundeswehr willen,

    (Zurufe von der SPD)

    um der Sorge um die allgemeine Wehrpflicht willen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wir sagen nein

    (Zurufe von der SPD)

    zu Ihrem Haushalt, nicht weil wir weniger, sondern weil wir mehr Verteidigung wollen. Jeder, der es anders interpretiert, der täuscht die Öffentlichkeit ganz bewußt.

    (Zuruf von der SPD: Es wird ein Traumdenken sein! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Ich darf abschließend sagen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    die CDU/CSU bleibt, was sie bis zum heutigen Tage war, — —

    (Lautes Lachen und Händeklatschen bei der SPD — Zurufe von der SPD: Das ist wahr! — Genau das ist Ihr Problem! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Es gibt Kollegen, die schon immer Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache und ihrer Grammatik gehabt haben. Für deren Hausgebrauch und damit sie anschließend noch einmal nachlesen können, wiederhole ich diesen Satz: Die CDU/CSU bleibt, was sie bis zum heutigen Tage war, die einzige — —

    (Erneutes lautes Lachen und Händeklatschen bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Meine Damen und Herren, auch wenn es Ihnen nicht paßt,

    (Zurufe von der SPD: Doch! Doch! — Händeklatschen bei der SPD)

    Sie können über die tiefe Zerrissenheit Ihrer Partei in Sachen Verteidigung auch durch so ein Geschrei nicht hinwegtäuschen; das weiß man draußen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Darum bleibt die CDU/CSU die einzige geschlossene politische Kraft,

    (Lautes Lachen bei der SPD)

    die sich zur Verteidigung in der Bundesrepublik Deutschland

    (Anhaltendes Lachen und Zurufe von der SPD)

    gestern und auch morgen bekennt und auf sich die Bürger der Bundesrepublik Deutschland verlassen können.

    (Anhaltender lebhafter Beifall der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schäfer.

(Oh-Rufe von der CDU/CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die sozialliberalen Bundesregierungen seit 1969 haben auf dem Gebiet der äußeren Sicherheit hervorragende Arbeit geleistet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)


    (V o r sitz : Vizepräsident Stücklen)

    Sie haben eine Außenpolitik der Entspannung betrieben und haben diese Politik in vollem Einvernehmen mit allen Partnern in der NATO eingeleitet. Und sie haben mit allen Partner der NATO das NATO-Bündnis ausgebaut.
    Diese sozialliberalen Bundesregierungen gingen durch ihre beiden Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt und Georg Leber aber auch innenpolitisch an die enorme und entscheidend wichtige Aufgabe der Integration der Bundeswehr. Und wir können heute feststellen, die Bundeswehr ist in vollem Umfange ein Teil dieses Staates;

    (Zustimmung bei der SPD)

    sie wird von niemandem mehr als Außenseiter betrachtet, und sie ist auch von sich aus in vollem Umfange integriert. Das verdanken wir der Arbeit dieser Regierung!

    (Beifall bei der SPD)

    Die CDU/CSU-Fraktion hat sich — man wundert sich eigentlich fast, aber man kommt dahinter — mit dem Haushaltseinzelplan 14 immer schwergetan. Das muß ich Ihnen einmal an Hand der Protokolle vorlesen. So, wie es eben gesagt wurde, ist es nicht; es ist ganz anders, meine Damen und Herren.
    Am 5. Juni 1970 haben wir im Plenum den Einzelplan 14 behandelt, und da trug Herr Haase (Kay sel) vor:
    Die CDU/CSU-Fraktion kann aus diesen Gründen dem Haushalt des Verteidigungsministers nicht zustimmen. Sie bedauert das und hofft, daß ihr die Sicherheits- und Verteidigungspolitik dieser Regierung erlauben wird, dem Einzelplan im kommenden Jahr zuzustimmen.
    1970: Stimmenthaltung.
    1971 sprach Herr Klepsch dazu und sagte: „Die CDU/CSU lehnt den Einzelplan 14 nicht ab; die CDU/CSU kann jedoch nicht mit Ja stimmen."



    Dr. Schäfer (Tübingen)

    1972 aber gab es dann — durch Herrn Jenninger — so etwas wie einen Kahlschlag. Da hieß es am 19. Dezember ohne jede Diskussion: ratzeputz abgelehnt; da hieß es: „Wir werden den Einzelplänen 01 — Bundespräsident —, 02 — Bundestag —, 03 — Bundesrat —, 19 — Bundesverfassungsgericht —, 20 — Bundesrechnungshof — und 33 — Beamtenversorgung — unsere Zustimmung geben, aber alles andere in dieser zweiten Beratung ablehnen." — Das war 1972!
    Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einen Augenblick innehalten. Das war jene 6. Wahlperiode, in der man unter Führung des damaligen CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Barzel darauf hingearbeitet hat, jeden Tag diese Regierung stürzen zu können. Das hat man nicht erreicht.
    Deshalb hat man dann 1973 die Taktik geändert. Ab 1973 stimmte man zu — mit Begleitbegründungen, die der Minister eigentlich hätte zurückweisen müssen, denn er bedarf nicht Ihrer Hilfe gegen die „Linken", sondern er ist ein Politiker, der steht, der auch gegen Sie steht und Ihnen deshalb manchmal unangenehm sein kann.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP)

    1974 haben Sie zugestimmt. Auf 1975 komme ich zurück; das ist das Schönste. Und 1976 wurde hier im Bundestag am 13. Mai kurzerhand der Einzelplan 14 aufgerufen; niemand hat sich zu Wort gemeldet — bitte, merken Sie es sich: 13. Mai —, und es wird festgestellt: „Der Einzelplan 14 ist einstimmig angenommen."
    Das war am 13. Mai. Am 8. April, also sechs Wochen vorher, hatte dieser Bundestag, dem Art. 4 des Grundgesetzes entsprechend, das, was man „Wehrpflicht- und Zivildienstnovelle" nennt — das, was ich „endlich der Gewissensfreiheit eine Möglichkeit geben" nenne —, verabschiedet. Am 14. Mai 1976 lag dieses Gesetz dem Bundesrat vor. Sie hatten keinen Anlaß, bei der Beratung des Haushaltsplans sich damit zu befassen.
    Wenn ich nun an das denke, was Herr Dr. Kohl in bezug auf dieses Gesetz hier vorgestern von sich gegeben hat — über „Zerschneidung dessen, was uns seither gemeinsam war" —, und an das, was der Herr Wörner soeben vorbrachte, dann muß man sich doch fragen, warum jetzt, am Beginn der neuen Legislaturperiode, man wieder zu einer neuen Methode kommt und warum man zu einer Ablehnung kommen will, obwohl man am 22. April im Verteidigungsausschuß unter Erörterung aller Gesichtspunkte zu einem Ja gekommen ist. Das ist ein sehr bedenklicher Vorgang.
    Deshalb darf ich Ihnen mal vorlesen, was Ihr Sprecher am 20. März 1975 — es war Herr Haase (Kassel) — hier selber vorgetragen hat. Das mögen Sie sich bitte noch einmal vergegenwärtigen, ehe Sie mit Nein stimmen. Denn w i r verabschieden den Haushaltsplan. Um das geht es nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Sondern es geht darum, daß in diesem Haus diese Politik gemeinsam getragen wird. Herr Haase hat damals gesagt:
    Obwohl, meine Damen und Herren, im Verteidigungsbereich manche Teilentwicklungen zu verzeichnen sind, die wir mißbilligen, hat sich die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages entschlossen, dem Verteidigungsetat wiederum zuzustimmen. Wir stimmen ihm zu, meine Damen und Herren, weil wir es für richtig halten, daß die Landesverteidigung als ein im wesentlichen unpopulärer Bereich der öffentlichen Angelegenheiten von Regierung und Opposition gemeinsam getragen wird.
    Das Protokoll verzeichnet Beifall bei der CDU/ CSU. —
    Wir stimmen dem Verteidigungsetat zu, weil wir deutlich machen wollen, daß sich die Opposition auch dort nicht aus der Verantwortung stiehlt,
    — so steht es hier wörtlich! —
    wo sie angesichts der allfälligen Belastungen für die Allgemeinheit nicht mit Beifall und uneingeschränkter Zustimmung rechnen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU ...)

    Wir stimmen zu, weil die Bedeutung der Landesverteidigung angesichts der gegenwärtigen Zeitverhältnisse einer besonderen Unterstreichung bedarf. Wir stimmen zu, weil wir Volk und Soldaten sichtbar machen wollen, daß sich die Streitkräfte des Landes auf eine breite parlamentarische Basis stützen können. Und wir stimmen zu, weil wir auch jenseits der Grenzen
    — jenseits der Grenzen —
    deutlich machen wollen, meine Damen und Herren, daß ein Regierungswechsel in Deutschland kein Nachlassen unserer Anstrengungen für die gemeinsamen Verteidigungsbemühungen der westlichen Welt nach sich ziehen würde.
    Ich darf am Schluß anfangen: an den Regierungswechsel glauben Sie anscheinend selbst nicht mehr. Deshalb zieht dieses Argument nicht bei Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sagen selbst: wir dürfen uns nicht davonstehlen. Die Schlußfolgerung: also stehlen Sie sich jetzt davon, wenn Sie nicht zustimmen.
    Wenn dann hier mit Pathos, Herr Wörner — entschuldigen Sie, wir sind beide Schwaben, ich muß das sagen — — Bei uns zu Haus würden wir sagen: er meint, er sei stark, dabei ist er bloß geschwollen.

    (Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

    So ungefähr ist das bei Ihnen gewesen am Schluß. Es ist schizophren, Herr Wörner. Lesen Sie mal Ihre pathetischen Worte nach, die Sie am Schluß sprechen! Genau das Gegenteil von dem, was Sie polemisch fast eine Stande lang vertreten.
    Wenn ich mir das vergegenwärtige: Irgendwie ärgert Sie das, daß dieser Verteidigungsminister hier sauber und klar Rede und Antwort gestanden ist und Ihnen dann aber auch in der notwendigen Weise geantwortet hat. Meine Damen und Herren, das sollten Sie sich doch einmal überlegen!



    Dr. Schäfer (Tübingen)

    Ich sage Ihnen: wenn es die Auswirkung der Straußschen Methode sein sollte, in der neuen Legislaturperiode auf diese Weise Gräben auszuheben, dann werden Sie nicht die Gewinner davon sein.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)