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ID0803610600

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    Vokabeln: 7
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    6. Bundesminister: 1
    7. Verteidigung.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2763 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2763 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/498 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1976 bis 1980 — Drucksachen 8/101, 8/325, 8/612 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/517 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/513 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/514 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/515 — Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 2764 A Grobecker SPD 2769 A Gärtner FDP 2772 B Wohlrabe CDU/CSU 2774 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Löffler SPD . . . . . 2776 D Frau Matthäus-Maier FDP 2779 B Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 2780 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/499 — Dr. Waigel CDU/CSU 2785 C Dr. Sperling SPD 2788 D Dr. Haussmann FDP . . . . . . . . 2791 C Pieroth CDU/CSU 2793 A Reuschenbach SPD 2795 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 2797 D Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . 2800 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 2803 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU . . . . . 2805 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/504 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2813 D Möllemann FDP 2816 C Blank SPD 2822 D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2825 B Horn SPD 2827 A Leber, Bundesminister BMVg . 2830 D, 2854 A Dr. Wörner CDU/CSU 2839 A Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2846 C Dr. Kohl CDU/CSU 2848 A Schmidt, Bundeskanzler 2849 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 2855 B Erklärungen nach § 35 GO Dr. Zimmermann CDU/CSU 2856 D Würzbach CDU/CSU 2857 B Namentliche Abstimmung 2857 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/509 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU . 2859 C Stöckl SPD 2861 A Dr. Schneider CDU/CSU 2862 B Gattermann FDP 2864 A Ravens, Bundesminister BMBau . . . . 2866 C Niegel CDU/CSU 2869 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/502, 8/558 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2830 A Müller (Nordenham) SPD 2872 B Lemmrich CDU/CSU 2874 B Peters (Poppenbüll) FDP 2876 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP . 2876 D Metz CDU/CSU 2877 B Grobecker SPD 2877 D Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . 2878 A Schirmer SPD 2878 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen - Drucksache 8/503 — . . . . . . . . 2878 D Haushaltsgesetz 1977 — Drucksachen 8/518, 8/577 — . . . . . 2879 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung ,der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/651 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksache 8/652 — Müller (Remscheid) CDU/CSU 2806 C Franke CDU/CSU 2809 C Glombig SPD 2811 A Schmidt (Kempten) FDP 2812 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu einer dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/657 — 2813 B Nächste Sitzung 2879 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2881* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2763 36. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1977 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens *' 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Blumenfeld * 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders *' 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Klinker 24. 6. Kunz (Berlin) * 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp *** 24. 6. Lenzer *** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Scheffler *** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 24. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6. Zeyer * 24. 6.
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    Rede von Erwin Horn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr verehrter Herr Biehle, Sie machen in Nostalgie. Beim Haushaltsplan 1977 ist das nicht ein einziges Mal vorgekommen. Da haben alle sozialdemokratischen Mitglieder des Verteidigungsausschusses zugestimmt, und sie haben ihn vollinhaltlich getragen. Das müßten Sie eigentlich wissen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die totale Konfliktstrategie von Sonthofen ist doch bei Ihnen der Ausgangspunkt. Das Ergebnis der Abstimmung wird im Vorraum durch die CSU festgenagelt. Dann werden Gründe und Argumente im nachhinein geliefert, um sich für die Ablehnung zu rechtfertigen.



    Horn
    Es ist doch kein Zufall, daß die politische Debatte heute auch mit Herrn Zimmermann eingeleitet wurde. Dies ist in der Sache auch völlig richtig; denn es zeigt die politischen Gewichte, es zeigt, wer in der CDU/CSU-Fraktion das eigentliche Sagen hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Hier wackelt doch der Schwanz mit dem Hund, und wackeln tun Sie beide, nur die CDU macht's mit Freude. Da helfen die beschwörenden Appelle von Herrn Wörner nichts mehr. Da hilft auch nichts der Appell des Bundeswehrverbandes. Der Zug wurde von der CSU in Gang gesetzt. Strauß bestimmt als Zugführer die Richtung. Zimmermann betätigt sich als Heizer, und Wörner muß sich beeilen, noch auf das Trittbrett aufzuspringen, trotz Bedenken; sonst wäre er auf dem Bahnsteig stehengeblieben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Kohl ging ganz auf die Linie von Strauß und Zimmermann, weil er bei dieser Gelegenheit endlich einmal die Chance sah, als Schwacher auch einmal stark zu sein.

    (Buh-Rufe bei der CDU/CSU)

    Selbstverständlich waren die Argumente von Wörner vernünftiger und sachkundiger. Aber er mußte eine Pirouette drehen, um wieder in die angepaßte Richtung hineinzukommen. Nun, Herr Wörner ist so jung und elastisch, daß ihm das ständige Umfallen keinen gesundheitlichen Schaden zufügt.
    Da malt die Opposition seit Jahren entweder in Schauergemälden, die nur eine Karikatur der Wirklichkeit darstellen, oder macht ein jämmerliches Klein-Klein, weil ihr die Themen und die echten Gründe fehlen. Hier findet eine Haushaltsdebatte statt, bei der es im Einzelplan 14 um mehr als 32 Milliarden DM geht. Da spielt die Opposition als Großthema die Diskussion über einen General heraus. Das ist die politische Dimension, unter der Sie Haushaltspolitik betreiben.
    Das erinnert mich in fataler Weise an einen Vorgang im Verteidigungsausschuß. Wir hatten eine Verteidigungsausschußsitzung, da hat uns die CDU/ CSU vier Stunden lang über vier Soldaten aufgehalten, die mit einem Schild um den Bauch unter der Aufschrift „In der Rüstung sind sie fix, für die Wehrpflichtigen tun sie nichts" vor der Hardthöhe demonstrierten. Zu dem anschließenden Tagesordnungspunkt über die amerikanische Nuklearstrategie stellten die Vertreter der Opposition nicht eine einzige Frage. Das ist die Dimension derer, die innerhalb der Opposition Sicherheitspolitik betreiben.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber es gibt vielleicht andere strategische Fragen. Da ist die strategische Frage von Herrn Wörner nach der Sitzordnung bei einem Zapfenstreich. Ob Herr Wörner die richtige Sitzordnung bei einem Zapfenstreich findet, ist sicherheitspolitisch gewiß unerheblich. Ob aber ausgerechnet er und Sie legitimiert sind, eine Art Knigge über den richtigen Ton im Umgang mit Generalen gegenüber dem Minister aufstellen zu wollen, ist höchst zweifelhaft. Staatspolitisch ist es jedoch unerläßlich, daß endlich auch die Opposition die richtige Sitzordnung in der Sicherheitspolitik einnimmt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Sicherheitspolitik der sozialliberalen Koalition steht unter dem Motto „Kontinuität und Fortschritt". Das gilt für den Binnenbereich der Bundeswehr und für unsere Außen- und Bündnispolitik. Die Leistungen der Bundeswehr für Verteidigung und Entspannung sind unumstritten. Erst unter sozialdemokratischen Verteidigungsministern wurden die Bündnispflichten voll erfüllt. Dies wird auch in Zukunft gewährleistet sein.
    Da die Opposition an den bestehenden Zuständen keine substantielle Kritik üben kann, projiziert sie seit acht Jahren ihre Schreckensbilder immer in die Zukunft. Die Opposition will nicht daran erinnert werden, wie ihr jetziger Anspruch in der Opposition und ihr früheres Tun in der Verantwortung auseinanderklaffen. Ich will Sie daran erinnern, daß vor genau zehn Jahren der damalige CDU-Verteidigungsminister dem damaligen Bundeskanzler Kiesinger eine Reduzierung der Personalstärke der Bundeswehr von 460 000 auf 417 000 Mann vorschlug. Das heißt: Hier wurde von Ihnen Sicherheitspolitik zu einer Funktion der Finanzpolitik gemacht.

    (Dr. h. c. Kiesinger [CDU/CSU] : Wieso?)

    Heute beträgt die Personalstärke 495 000 Mann. Dies ist eine Bundeswehr, die in Personalbestand, Ausbildung und Ausrüstung zu den besten Streitkräften der Welt zählt. Es ist zugleich eine Streitmacht, deren Ausrüstung und Strategie rein defensiv angelegt sind. Wir sind weder in der Lage noch willens, einen anderen militärisch zu bedrohen oder gar anzugreifen. Allerdings kann uns kein potentieller Gegner risikolos angreifen.
    Wir erfüllen unsere Bündnispflichten. Dies wurde uns erst vor kurzem von dem NATO-Generalsekretär Luns und von General Haig eindrucksvoll bestätigt. Wir sind freilich nicht bereit, mangelhaftes Engagement einzelner Verbündeter durch deutsche Vorleistungen auszugleichen. Die NATO darf sich nicht auf die Achse Washington /Bonn reduzieren.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Dies wäre zum Schaden des Bündnisses. Es widerspricht jeder menschlichen und jeder geschichtlichen Erfahrung, daß ein Bündnis auf die Dauer nach dem Alimentärprinzip von zwei wirtschaftlich stärkeren Staaten leben kann. Das eigene Interesse an Sicherheit muß sich bei allen Partnern auch im entsprechenden Anteil an den Lasten dokumentieren.
    Georg Leber, der die Sicherheitspolitik der sozialliberalen Koalition verkörpert, hat ein nationales und internationales Ansehen, auf das die Opposition nur neidisch sein kann. Schlesinger sagt: Ich hege für Georg Leber große Bewunderung: die deutsche Stabilität ist eine Quelle der Stärke und des Vertrauens für Europa und die Allianz. Luns hat kürzlich die Bundeswehr als eine Musterarmee bezeichnet, die noch nie so demokratisch wie heute gewesen sei. Damit habe ich nur zwei von vielen Stimmen



    Horn
    über die Persönlichkeit, die Leistung und das Werk von Georg Leber zitiert.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Opposition geifert im Grund genommen nur, weil sie selber keinen Mann von dem Format aufzustellen hat und weil sie im Vergleich zu Georg Leber nur Zwergwuchs aufzuweisen hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die deutsch-nationalen Phrasen, die Sie dreschen, sind längst überholt und können vor allem keinen qualifizierten Verteidigungsminister ersetzen.

    (Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Haben Sie das auch in Hessen gesagt?)

    — Jawohl! Ich rede überall so, wie ich hier rede — in Unterschied zu einigen anderen Leuten. Davon können Sie überzeugt sein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Weiter ablesen! — Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Die eigenen Genossen haben es aber nicht geglaubt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Kontinuität und Fortschritt — nach diesem Prinzip wird die Bundeswehr in der sozialliberalen Koalition geführt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und Sie wollen von uns ernst genommen werden?)

    Die Neuregelung des Kriegsdienstverweigerungsgesetzes setzt auf den mündigen jungen Bürger. Wer allerdings, Herr Wörner und Herr Würzbach, dieses Gesetz mit Absolutheitswerten mißt, der geht fehl. Es ist bezeichnend, daß diese Untugend im äußeren linken und im äußeren rechten politischen Spektrum vorhanden ist. Den einen ist es zuwenig, weil sie bei konkurrierendem Verfassungsrecht die individuelle Entscheidung absolut setzen wollen. Den anderen ist es zuviel, weil sie den Staat vor den Bürger setzen und dieses lebendige Spannungsverhältnis nicht austragen wollen. Für uns ist es eine Chance, ein Stück mehr freiheitlicher Entscheidungsmöglichkeiten in Verantwortung. Den so erweiterten Entscheidungsmöglichkeiten, die — im Gegensatz zur Opposition — Vertrauen in die Jugend setzen, ist notwendigerweise auch eine Mißbrauchsklausel zugeordnet.
    Ich sage in allem Freimut: Dieser Verteidigungsminister ist von der Ehrlichkeit und dem Verantwortungsbewußtsein der Mehrheit der jungen Generation überzeugt. Er ist aber auch zugleich der Mann, der keinen Mißbrauch hinnimmt und die gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpft, um seinen Verpflichtungen gegenüber der Sicherheit unseres Staates Rechnung zu tragen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dem haben Sie doch inzwischen das Rückgrat genommen!)

    Auf der Kommandeurstagung in Sindelfingen haben der DGB-Vorsitzende, Heinz Oskar Vetter, und der Friedensforscher Karl Friedrich von Weizsäcker gesprochen. Dies ist für mich symbolisch, aber auch bezeichnend für den Stil und den Weitblick dieses Verteidigungsministers. Zum erstenmal sprach der Repräsentant der größten deutschen Arbeitnehmerorganisation vor diesem Kreis. Darin offenbart sich mehr als Anwesenheit und Ansprache. Ich will in diesem Zusammenhang der Opposition nicht die Gegenfrage stellen, warum sie in den Jahren, als sie den Verteidigungsminister stellte, nie zu einer solchen Begegnung fähig war.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Die Frage müssen Sie an die Gewerkschaften richten!)

    Auch die Anwesenheit von Karl Friedrich von Weizsäcker ist mehr als nur Erscheinen und Sprechen. Die Bundeswehr bekommt heute keine Existenzangst mehr, wenn über Abrüstung gesprochen und verhandelt wird. Friedensforschung und Sicherheitspolitik schließen einander nicht aus. Sie bedingen einander.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich möchte dem Verteidigungsminister für diese Initiative danken und ihn auffordern, diesen Weg weiterzugehen. Hier wird sinnfällig, daß in unserer heutigen Zeit der Dienst unserer Soldaten Friedensdienst ist. Diese lebendige Spannung, meine Damen und Herren, in der sichtbar wird, daß Verteidigung und Entspannung zu mehr Sicherheit führen, müssen wir aushalten. Daß Sie, Herr Minister, Türen geöffnet haben und Perspektiven aufzeigen, die illusionslos, aber zugleich mit Hoffnung versehen sind, verpflichtet uns als sozialdemokratische Bundestagsfraktion besonders.
    Wir stimmen dem Verteidigungshaushalt, der Ihre Handschrift trägt, eindeutig zu.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Das war der Tiefpunkt der Debatte!)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Georg Leber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich davon überzeugt, daß die Rednerliste erschöpft ist, und möchte gerne ein paar Bemerkungen machen.
    Die Hauptrede für die Opposition hat der Abgeordnete Dr. Zimmermann gehalten. Das ist mir aufgefallen, weil ich ihn sonst in verteidigungspolitischen Dingen selten als Gesprächspartner antreffe. Ich will das aber nicht weiter kommentieren.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das steht Ihnen auch nicht zu!)

    Herr Kollege Zimmermann, Sie haben eine Reihe von Behauptungen aufgestellt, mit denen allen ich mich nicht auseinandersetzen will. Aber vielleicht treffen wir uns einmal bei gutem Wetter in einem bayerischen Bierzelt. Da paßt das der Atmosphäre nach besser hin als hier in den Deutschen Bundestag.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Sehr gut! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Sie haben aber ein paar ernste Fragen aufgeworfen, bei denen ich geglaubt habe, daß Sie dabei im Namen Ihrer gesamten Fraktion sprachen. Sie haben gesagt: Wir stimmen gegen den Haushalt,



    Bundesminister Leber
    weil sich der Verteidigungsminister geändert hat. Der ist nicht mehr so, wie er war.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Und wir stimmen gegen den Haushalt — ich will Ihnen doch nur zeigen, daß ich ihn verstanden habe —, weil sich die Verteidigungspolitik so grundlegend geändert hat. Habe ich das richtig verstanden?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)

    Machen Sie sich bitte um mich keine Sorgen; die mache ich mir selber um mich.

    (Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sie treten sowieso zurück!)

    Wenn jeder so ernst mit sich umgeht, wie ich das versuche, dann werden wir alle miteinander auskommen. Sie haben aber gesagt: Sie lehnen den Haushalt wegen der Politik, die sich geändert habe, ab. Das ist ein sehr ernster Vorwurf.
    Weil das zur Haushaltsdebatte gehört, möchte ich mir folgende Ausführungen erlauben. Ich erbitte vom Deutschen Bundestag einen Beschluß, fast 33 Milliarden DM auszugeben, und Sie sagen: für eine Politik, die sich geändert hat. Ich möchte deshalb jetzt Gelegenheit nehmen, Ihnen darzustellen, wie diese Politik aussieht, damit Sie wissen, wofür wir Ihre Stimme erbitten und wogegen Sie stimmen wollen.
    Der NATO-Gipfel in London und die Frühjahrstagung der Verteidigungsminister in Brüssel haben ein zweifaches Ergebnis gebracht. Das Bündnis hat seine Geschlossenheit betont und zugleich einmütig zum Ausdruck gebracht, daß die gemeinsame Sicherheit einen hohen Rang einnimmt. Auf so hoher Ebene ist das so deutlich im Bündnis, seit es besteht, noch nie zum Ausdruck gebracht worden.
    Der Allianz bereiten weniger die gegenwärtige Lage und das derzeitige Kräfteverhältnis zwischen Ost und West Sorgen als vielmehr die Tendenzen, die rechtzeitig genug erkannt und denen begegnet werden muß. Das Bündnis hat in London und in Brüssel bewiesen, daß es sehr wohl in der Lage ist, Probleme rechtzeitig zu erkennen und rechtzeitig die erforderlichen Schlußfolgerungen daraus zu ziehen und Beschlüsse zu fassen. Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben ihre Verteidigungsminister beauftragt, Programme zu entwickeln, die den Verteidigungsbedürfnissen der Zukunft gerecht werden.
    Der Bundeskanzler hat die Ergebnisse der Londoner Konferenz am 12. Mai 1977 vor dem Deutschen Bundestag erläutert, und er hat selber keinen kleinen Anteil daran, daß dieses gute Ergebnis zustande gekommen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihnen, meine Damen und Herren, liegt seit zwei Wochen die Antwort der Bundesregierung auf mehrere Große Anfragen der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP zur Verteidigungspolitik vor.
    Damit hat die Bundesregierung innerhalb sehr kurzer Frist zweimal über den aktuellen Stand ihrer
    Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor dem Deutschen Bundestag berichtet. Der Bundestag wird die Großen Anfragen zwar zu einem späteren Zeitpunkt gesondert debattieren, aber ich möchte, weil das Fragen sind, die ich seit Tagen kommen sehe, die heutige Gelegenheit nutzen, ein paar wichtige Anmerkungen zu den Grundlinien dieser Politik zu machen, damit klar ist, was hier beschlossen wird.
    Das konventionelle Militärpotential der Staaten des Warschauer Paktes in Mitteleuropa ist dem der NATO der Zahl nach überlegen, und es ist größer, als es der Sicherheit der Länder des Ostens wegen notwendig wäre. Dies ist nicht neu, sondern das ist seit vielen Jahren so. Die Verteidigungskonzeption der NATO geht davon aus, daß das Bündnis ohne Risiko für seine eigene Sicherheit nicht auf die gleiche Zahl gleicher Waffensysteme angewiesen ist. Eine angemessene Zahl z. B. guter und moderner Panzer und eine hochmoderne und leistungsfähige Panzerabwehr ist zusammengenommen nach unserer gemeinsamen Überzeugung im Bündnis ein angemessenes Gegengewicht gegen eine größere Zahl von Panzern, wie sie der Warschauer Pakt besitzt. Im übrigen hat die NATO schon immer ihre Verteidigungskonzeption auf den Verbund von konventionellen und nuklearen Abwehrfähigkeiten gestützt. Dies tut sie auch heute noch.
    Bei sorgfältiger Einschätzung, auch in Anbetracht der Entwicklung des Kräfteverhältnisses in Zentraleuropa ergibt ein Vergleich aller Potentiale, daß die Nordatlantische Allianz heute insgesamt über eine solche Verteidigungskraft verfügt, daß wir deswegen nicht besorgt sein müssen. Dies ist nicht allein meine persönliche Einschätzung, sondern die übereinstimmende Auffassung der Verteidigungsminister und der Regierungschefs des ganzen Bündnisses auf Grund gründlicher Prüfung und gehöriger Beachtung aller ihnen bekannten und aller ihnen zugänglichen Umstände, einschließlich des wesentlichen Rates der militärischen Fachleute. Mit dieser Feststellung wird ein hohes Gut umschrieben, das auch im inneren Streit der Parteien nicht heruntergeredet werden sollte.
    Ungeachtet dieser Feststellung, die für die Gegenwart gilt, sind NATO-Rat und Verteidigungsminister sich einig, daß die konventionellen Kräfte für Abschreckung und Verteidigung künftig einen wichtigeren Rang bekommen, weil dieses Element angesichts der Parität im nuklearstrategischen Bereich einfach einen höheren Rang bekommen hat, weil dort ein Ausgleich herbeigeführt worden ist. Es wächst in einen höheren Rang hinein. Die Beschlüsse von London und Brüssel unterstreichen diese Erkenntnis und die sich daraus ergebenden Notwendigkeiten. Die Verteidigungsminister haben daher beschlossen, Mängel im Bündnis sorgfältig festzustellen und kurz- und mittelfristige Programme zur Behebung dieser Mängel zu entwickeln. Das Bündnis ist aufgefordert, binnen eines Jahres zu klären, was zu geschehen hat, und die Verteidigungsminister sind beauftragt, den Regierungs- und Staatschefs Anfang des nächsten Jahres Bericht zu erstatten, welche Vorschläge sie zu unterbreiten haben.



    Bundesminister Leber
    Meine Damen und Herren, wir wissen bei all dem natürlich, daß Maßnahmen auf diesem Gebiet Geld kosten, Maßnahmen, die wir in Brüssel ins Auge gefaßt haben, vor allen Dingen dort, wo es darum geht, Mängeln und Lücken in der Allianz zu begegnen. Wir, die Vertreter unseres Landes, haben uns bemüht, für das alles bei unseren Verbündeten zu werben, sie zu bewegen, wo etwas zu bewegen ist. Wir haben dabei im Gespräch miteinander in vielerlei Hinsicht Erfolg, Anklang und Verständnis gefunden.
    Es geht uns mit dem Blick auf die Zukunft besonders um eine ausreichende und gute Abwehrkraft gegen Panzer und gegen Kampfflugzeuge, also um die Ausprägung der defensiven Kraft des Bündnisses nach Maßgabe der erkannten Entwicklungen offensiver Fähigkeiten des Ostens. Dabei muß aber hier in der Allianz klar sein — dies sage ich vor dem Deutschen Bundestag mit Nachdruck —, daß die Zeichen, die in London und in Brüssel gesetzt worden sind, nicht nur eine Angelegenheit von Amerikanern und Deutschen sind, um Mängel und Lücken im Bündnis zu beheben. Kollektive Verteidigung muß auch als angemessene kollektive Teilung der Lasten und der Risiken zur Bewahrung von Freiheit und Unabhängigkeit im ganzen Bündnis verstanden werden.

    (Beifall bei der SPD und FDP)

    Deshalb ist es wichtig — ich habe Grund, das zu sagen —, daß jeder von uns, der hier oder irgendwo draußen an der Allianz Kritik übt, sauber prüft, ob das, was unser Land dem Bündnis gibt, im Verhältnis zu dem bestehen kann, was unsere Partner dort einbringen, wo Mängel und wo Lücken sind. Es wäre schlecht und gefährlich für uns und die Allianz, wenn die Bundesrepublik Schwächen und Mängel, die bei einigen Partnern ganz gewiß bestehen, sich selbst anlasten oder sich gar zumuten würde, für sie auch finanziell einzutreten.
    Unser Beitrag zum Bündnis ist dadurch charakterisiert, daß wir nach den Vereinigten Staaten von Amerika den größten Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung im Bündnis leisten und daß wir fast ein Drittel aller europäischen Verteidigungsausgaben aufbringen.
    Wichtig ist weiter, daß wir in unserem Lande seit nunmehr drei Jahren mehr als 30 % des Verteidigungshaushaltes für die Modernisierung unserer Armee, also für Neubeschaffungen und Investitionen, bereitstellen. Es gibt keinen Bündnispartner, der das in so hohem Maße tut wie die Bundesrepublik Deutschland. Wir können bei einem Vergleich mit anderen bestehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dieser Tatbestand bleibt auch im Haushalt für das Jahr 1977 gesichert. Dies ist eine wesentliche politische Feststellung. Ich weiß zu gut: Wenn sich alle Bündnispartner so verhielten, wie sich die Bundesrepublik Deutschland verhält — oder wenn sie sich so verhalten könnten, wie wir uns verhalten können —, dann wäre manches in der Allianz leichter, und wir brauchten nicht über Mangel und Lücken in der Allianz zu reden.
    Unsere Leistungen für das Bündnis werden tatsächlich auch von niemandem in der Welt bestritten, sondern von allen Bündnispartnern als angemessen und ausreichend anerkannt. Es ist deshalb auch für unsere eigene Einschätzung nicht ohne Wert, daß der Generalsekretär der NATO, der ja sehr kritisch den Finger auf Wunden legen muß, überall im Bündnis, zuletzt noch auf der Kommandeurtagung der Bundeswehr in diesem Jahr, feststellt: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein politisch, militärisch und wirtschaftlich stabiler Faktor im westlichen Bündnissystem.
    Herr Kollege Wörner, Sie haben kürzlich in einem Interview mit dem Bonner General-Anzeiger festgestellt, die Bundesrepublik Deutschland bleibe nun schon im dritten Jahr weit hinter den Mindestanforderungen des Bündnisses für die Verteidigung zurück. Dies hätte ich gern einmal von Ihnen erläutert, wer mehr von uns gefordert hat und ob es Sache der Bundesrepublik Deutschland sein kann, mehr für unseren eigenen Beitrag im Bündnis aufzuwenden, als das Bündnis selber im Optimum von uns verlangt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies müßten Sie im Deutschen Bundestag erklären, und dann müßten Sie auch sagen, um was es geht. Dabei geht es nicht um ein paar Groschen, da ist auch mit 64 Millionen DM nicht geholfen, sondern bei der Größe des Verteidigungshaushalts von 33 Milliarden DM kann es sich dann nur um Milliarden handeln.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dann muß aber Butter bei die Fische getan werden!
    Meine Damen und Herren, ich weiß, daß es für Sie gar nicht leicht ist, bei der Verteidigungspolitik, die wir vorzuweisen haben, Opposition zu machen. Ich habe deshalb eine ganze Menge Verständnis für Sie. Ich kann mich auch ganz gut in Ihre Lage versetzen. Ich rate Ihnen aber, ehe Sie hier solche öffentlichen Erklärungen abgeben, sich einmal zu überlegen, was das in den Ohren mancher Bündnispartner bedeutet, die weniger haben als wir, und was das für dieses Land bedeuten kann. Man muß schließlich hier Farbe bekennen, wenn man das draußen sagt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Überhaupt würde ich Ihnen, verehrte Herren von der Opposition, wenn Sie dessen überhaupt bedürften — was ich aber nicht vermute —, gern meine eigenen guten Dienste anbieten, damit Sie einmal das Gespräch mit den verbündeten Regierungen führen und dort hören können, wie bei allen mit uns verbündeten Regierungen der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland eingeschätzt und anerkannt wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die sozialliberale Koalition betreibt eine Verteidigungspolitik, die zu Ergebnissen geführt hat, denen niemand, der Verantwortung trägt, seinen Respekt zu versagen braucht. Im ganzen Bündnis versteht daher auch niemand die innere, eigene Mäkelei, die aus parteitaktischen Gründen an unserer dort für



    Bundesminister Leber
    erfolgreich gehaltenen Sicherheits- und Verteidigungspolitik erfolgt. Wer sich ernsthaft für Verteidigungspolitik interessiert, der weiß, was wir für unsere eigene Bundeswehr und damit für die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes in Gestalt des Beitrages zum Bündnis getan haben. Ich will das auf ein paar kurze Formeln bringen.
    Erstens. Wir haben Jahr für Jahr mehr Geld für die Verteidigung im Bündnis bereitgestellt, so daß die Verteidigungsaufwendungen von 1970 bis 1976 — das sind sechs Jahre — um 66,8 % gestiegen sind. Das bedeutet im jährlichen Durchschnitt eine reale Steigerung unserer Aufwendungen im Einzelplan 14 um rund 4 % Es gibt kein Land in der Allianz, das das aufgewendet hat. Ich sage Ihnen: dies müssen wir bei der Lage unseres Landes in dieser geteilten Welt auch tun.
    Zweitens. Wir haben die Abwehrkraft unserer Streitkräfte kontinuierlich verstärkt und haben der Bundeswehr praktisch eine zweite, völlig neue, hochmoderne Ausstattung gegeben. Die Beschlüsse dazu sind in großer Einmütigkeit im Deutschen Bundestag, mit den Stimmen aller Parteien, gefaßt worden.
    Drittens. Wir haben ein anspruchsvolles Konzept für die Reform von Bildung und Ausbildung in den Streitkräften verwirklicht, das gegenwärtig Studienobjekt für die meisten Partner im Bündnis ist.
    Viertens. Wir haben trotz aller Bedeutung der Materialausstattung den sozialen, den personellen Bereich nicht vernachlässigt und haben der Betreuung und Fürsorge in den Streitkräften unser besonderes Augenmerk gewidmet.
    Dies sind einige von vielen Erfolgen, die ich aufzählen könnte, die wir mit Kontinuität betrieben haben und mit Kontinuität fortsetzen werden.
    Es ist immer einhellige Meinung des ganzen Bundestages gewesen, daß unseren Soldaten Dank und Anerkennung für gezeigte Leistungen gebührt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dabei sind wir uns stets bewußt, daß ihnen viele Lasten aufgebürdet werden, die in anderen Teilen unserer Gesellschaft nicht überall so getragen werden müssen, wie das bei Soldaten der Fall ist, die auch am Heiligen Abend rund um die Uhr an ihren Geräten und in ihren Dienststellen Dienst tun müssen. Ich nehme deshalb diese Gelegenheit gerne zum Anlaß, den Dank an unsere Soldaten mit dem Wunsch zu verbinden, über Möglichkeiten nachzudenken, wo und wie, vor allem im nicht materiellen, im personalen Bereich, weitere Verbesserungen über das schon Erreichte hinaus verwirklicht werden können. Das ist eine Bitte. Ich weiß sehr wohl um die Verantwortung und die Anstrengungen, die für die Offiziere und gerade auch für die Unteroffiziere mit den schwierigen Ausbildungsaufgaben in den Streitkräften verbunden sind. Wir werden im Rahmen der uns aufgegebenen Fürsorgepflicht, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten alles prüfen, um weitere notwendige Erleichterungen und Verbesserungen zu schaffen.
    Wir werden die erfolgreiche Sicherheits- und Verteidigungspolitik der letzten Jahre fortsetzen, weil es keine Sicherheit ohne militärisches Gleichgewicht und weil es ohne Sicherheit keine Entspannung gibt. Zu dieser Verteidigungspolitik, deren Zukunftslinie genauso klar vorgezeichnet ist, wie sie es bisher war — was auch die Leistungsbilanz der Vergangenheit gezeigt hat —, gibt es in Wirklichkeit auch keine Alternative.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das ist wohl auch im wesentlichen die Ursache dafür, daß unsere Verteidigungspolitik — die, die wir fortsetzen — in den letzten Jahren von allen Fraktionen dieses Parlaments gemeinsam gestützt worden ist. Das war nicht von geringem Wert für das Gewicht der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Konzert. Dort hat man gesehen: Dahinter stehen alle Kräfte, die sonst im Lande miteinander ringen und auch einmal miteinander streiten — es gibt viele Bereiche, über die man streiten kann —; in dem Punkte sind sich die Deutschen einig. Fragen Sie sich einmal, was Sie jetzt riskieren!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dieser Grundkonsens in Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik scheint durch das jüngste Verhalten der Opposition — aus Gründen, die ich von ihrer Bedeutung her nicht einschätzen kann — aufs Spiel gesetzt zu werden. Wie eigentlich sonst sollte es zu erklären sein, daß die CDU/CSU, die bis heute alle Entscheidungen in den Ausschüssen des Bundestages mitgetragen hat, als Fraktion von der Entscheidung in den Ausschüssen abweicht und damit doch wohl ihre eigenen, mit der konkreten Arbeit befaßten Abgeordneten beachtlich ins Zwielicht bringt? Denn ein Ausschuß kann doch seine Arbeit nicht tun und keine Beschlüsse fassen, ohne die Deckung der jeweiligen Fraktion zu haben. Das Verhalten, das Sie hier zeigen, ist doch ein Novum.
    Es ist nicht Sache der Bundesregierung, über den Streit in der Opposition zur künftigen Linie in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu spekulieren. Aber ich frage Sie, ob Sie die bisher gemeinsam getragenen Grundprinzipien deutscher Bündnispolitik in Frage stellen oder gar aufgeben wollen. Dann sagen Sie mir bitte, was an dem, was ich vorgetragen habe, anders ist. Und ich muß Sie fragen, ob Sie anstelle dessen, was Sie ablehnen, eine Alternative anzubieten haben; denn auf dem Gebiet kann man ja nicht nur gegen etwas sein, da muß man doch für etwas sein. Wenn wir etwas anders gemacht haben, was wollen Sie an Stelle dessen machen? Sagen Sie das doch!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Zimmermann hat doch kein Wort dazu gesagt, sondern er hat mich beschimpft. Das kann er gut; außerdem weiß ich, von wem das kommt und wie das gemeint ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Für die Bundesregierung gibt es jedenfalls keine Alternative.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Außer für den Minister!)




    Bundesminister Leber
    — Auch für den Minister nicht. Da haben Sie recht. Die Bundesregierung denkt nicht in unterschiedlichen Kategorien.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wissen Sie, ich gehöre dem Hohen Hause seit ungefähr 20 Jahren an. Ich habe bisher selten eine so einheitliche und harmonische Koalitionsregierung wie die jetzige erlebt. Da brauchen Sie sich keine falschen Hoffnungen zu machen.

    (Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU)

    Die Auffassungen des Herrn Bundeskanzlers, des Herrn Außenministers und des Verteidigungsministers über das, was ich Ihnen vortrage, unterscheiden sich auch nicht in einer Nuance.

    (Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/ CSU] : Wie ist es mit Wehner und Brandt?)

    Es ist nicht unsere Sache, uns in den inneren Streit der Opposition über ihre künftige Sicherheitspolitik einzumischen. Aber ich muß Sie fragen, Herr Kollege Wörner — Sie sind doch immerhin der Sprecher der Opposition gewesen; ich höre, Sie tun sich schwer, hier ans Rednerpult zu gehen — —

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Ganz im Gegenteil! Ich komme gleich nach Ihnen!)

    — Es ist ja üblich, daß der Sprecher der Opposition bei Haushaltsberatungen, als wenn er Minister wäre, nach dem Minister redet.

    (Damm [CDU/CSU] : Das ist ja nicht zu glauben! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sie bilden sich eine Menge ein! — Zuruf von der CDU/CSU: Er will unbedingt das letzte Wort haben!)

    Wir können ja einmal abwarten, wie das nachher verläuft und wer dann nach Ihnen noch spricht. Ich stelle Ihnen dann eine Frage. Sie können ja darauf eingehen. Ich möchte hier sagen, Herr Kollege Wörner, ich erkenne auch bei Ihnen keine Alternativen zu dieser Politik. Das schließe ich jedenfalls aus Ihrer jüngsten Rede, die Sie in Edinburgh gehalten haben. Ich habe sie aufmerksam gelesen. Ich rate Ihnen, meine Damen und Herren: lesen Sie einmal die Rede von Ihrem Kollegen Dr. Wörner in Edinburgh und vergleichen Sie bitte diese Rede mit dem Trend dessen, was ich hier als Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Regierung dargestellt habe, und dann sagen Sie mir einmal, wo es da Unterschiede gibt, die doch hier herausgearbeitet werden müssen.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Herr Kollege Dr. Wörner, was man in Schottland sagt, dafür muß man auch in Bonn geradestehen. Man muß in Bonn für das Farbe bekennen, was man in Schottland sagt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und wenn es in Bonn anders ist, als man es in Schottland gesagt hat, dann hat man in Schottland etwas gegaukelt. Ich möchte gerne wissen, wo gegaukelt worden ist: in Schottland bei einem Verbündeten oder hier vor dem deutschen Parlament.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Hier ist der Platz. Sagen Sie hier bitte, was am Trend dieser Sicherheitspolitik falsch ist, wo die Bundesrepublik Deutschland nicht voll und hundertprozentig konform mit allen Bündnispartnern geht; denn es ist ja für mich als veranwortlichen Minister und für die Arbeit, die wir zu leisten haben, nicht unwichtig, ob ,der Sprecher der Opposition seine Fraktion in diesen Dingen hinter sich hat. Da sind wir im Augenblick am Schwimmen. Von Ihnen gehen ja große Irritationen aus.
    Ich frage die Opposition in diesem Zusammenhang weiter: Sollen die Schwächen und Mängel, die es in der Allianz gibt, dort, wo sie bestehen, behoben werden, und zwar unter Beibehaltung der gültigen Strategie, oder suchen Sie Zuflucht in der Diskussion über eine neue Strategie? Die Haltung der Opposition zu dieser Frage ist sehr widersprüchlich. Herr Wörner sagt, daß er zur Strategie der flexible response keine Alternative sieht. Das habe ich in diesem Jahr in Veranstaltungen mit ihm zusammen und anderswo mehrfach von Ihnen gehört. Da sind wir einer Meinung. Aber da müssen Sie einmal nachhören, wie es hinter Ihnen aussieht, Herr Kollege Wörner, gar nicht so weit hinter Ihnen. Der Herr Abgeordnete Dr. Dregger hat kürzlich in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Frage aufgeworfen, ob denn eine einseitige Konzentration finanzieller Mittel auf eine, wie er sagte, weitgehend im luftleeren Raum operierende Strategie noch im nationalen und atlantischen Interesse sein könne.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Wissen Sie, was das bedeutet, meine Damen und Herren? Das wird in Brüssel gelesen. Der Mann ist ja nicht irgendeiner, sondern der Herr Kollege Dr. Dregger ist ja ein sehr wichtiger und sehr prominenter Sprecher der CDU. Sind Sie sich eigentlich im klaren, welche Irritationen Sie mit diesem Gerede auslösen, Herr Kollege Dr. Dregger? Es wird Zeit, langsam zu erfahren, wer für die CDU in diesen Dingen spricht. Hier geht es um Existenzfragen für unser Land.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie sollten klarstellen, was gilt. Sie sind keine so kleine Partei, meine Damen und Herren,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig! — Damm [CDU/CSU] : Wir sind die stärkste Partei!)

    als das es in der Welt nicht irritieren würde, wenn Sie solchen Unsinn in die Welt setzen, Herr Kollege Dregger.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Dregger [CDU/CSU] : Sie werden immer primitiver!)

    — Das ist nicht primitiv, sondern die militärische Einschätzung dessen, was Sie hier erzählen, in Brüssel, Herr Kollege Wörner. Ich darf mich da zum Sprachrohr des Bündnisses machen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU] : Ein Schwätzer sind Sie!)

    Gefährlich ist es allerdings nicht, weil die Leute in
    Brüssel ja auch wissen, wer hier regiert, Sie oder



    Bundesminister Leber
    wir. Aber es ist immerhin nicht unbedeutend, das zu wissen.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Warum regen Sie sich dann so auf?)

    Für die Bundesregierung stelle ich fest, daß das Bündnis an der gültigen Strategie festhält, so wie es der Präsident der Vereinigten Staaten und der deutsche Bundeskanzler kürzlich in London ausdrücklich erklärt haben. Ich frage Sie aber auch, meine Damen und Herren, ob Sie mit uns versuchen wollen, das Anwachsen der militärischen Konfrontation in der Welt zu stoppen und Erfolge und Fortschritte für die Kontrolle und Begrenzung der Rüstungen auf der Grundlage gesicherter Verteidigungsfähigkeit zu erreichen? Da müssen Sie endlich Antwort geben und dürfen nicht nur einfach irgendwo dazu etwas sagen. Die Bundesrepublick ist für die Fortführung dieser Politik. Sie befindet sich dabei in voller Übereinstimmung mit der gesamten Allianz.
    Alle Bündnispartner bestehen zu Recht darauf, daß das Prinzip der Parität nicht nur bei strategischen Waffensystemen gelten kann. Auf diesem Feld gab es über eine lange Strecke ein Monopol oder eine Überlegenheit der Vereinigten Staaten und einen Rückstand der Sowjetunion. Ein Ausgleich, wie er im nuklearstrategischen Bereich vor sich gegangen ist, muß auch für den konventionellen Bereich angestrebt werden, in dem der Osten gegenwärtig zahlenmäßig erheblich überlegen ist.
    Ich sage hier mit aller Überlegung: Wenn der Warschauer Pakt nicht bereit wäre, längerfristig im konventionellen Bereich einzulenken, so wie der Westen im strategischen Nuklearbereich eingelenkt hat, dann würde er die westliche Allianz längerfristig vor die Wahl zwingen, entweder Unterlegenheit mit allen Folgen zu riskieren oder aber den Mut und den Willen aufzubringen, den eigenen Völkern höhere Opfer aufzuerlegen und abzuverlangen, damit man nicht in eine Unterlegenheit hineinsteuert.
    Wir sind nicht für eine solche Steigerung und einen solchen die Völker belastenden Rüstungswettlauf. Deshalb treten wir mit so großem Nachdruck für eine Herstellung der Parität auch im konventionellen Bereich durch Bemühungen am Verhandlungstisch ein. Wir sind für einen Erfolg bei MBFR und hoffen auf die Einsicht des Ostens.
    Es darf aber keine Unklarheit darüber bestehen, daß sich der Westen der Herausforderung stellen müßte, wenn das Prinzip der Parität verweigert würde, weil er nicht riskieren kann, in Unterlegenheit und Abhängigkeit zu geraten.
    Es wäre für den Fortgang der Dinge sehr viel wert, wenn wir zu Recht registriert hätten, daß es z. B. bei den Wiener Verhandlungen auf östlicher Seite Andeutungen für eine Einsicht gibt, die das betreffen, was wir im Westen auch im konventionellen Bereich unter Ausgewogenheit und Parität verstehen, und damit in allen drei Feldern der sogenannten Triade — im strategisch-nuklearen Feld, im taktisch-nuklearen Feld, in dem das schon praktisch vollzogen ist, und auch im konventionellen Feld — einen solchen Status erreichen würden.
    In diesem Zusammenhang halte ich es nicht für unwesentlich, anzufügen, daß die Bundesrepublik darüber befriedigt ist, daß uns gestern folgendes Telex zugegangen ist, das ich gerne verlesen möchte:
    Das Verteidigungsministerium der UdSSR überreicht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland unter Bezugnahme auf die Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa eine Einladung, zwei Beobachter zu entsenden für eine Truppenübung des Militärbezirks Karpaten, die im Gebiet Lutsk, Lwow, Rowno durchgeführt wird. An der Übung unter der Kodebezeichnung „Karpaten" nehmen Verbände und Einheiten der Land- und Luftstreitkräfte teil.
    Meine Damen und Herren, ich will das, was dieses Telex ausdrückt, hier nicht kommentieren. Aber wer eine Vorstellung davon hat, wie schwer es ist, auf militärischem Gebiet nach einem schrecklichen Krieg bei zwei Bündnissystemen, die sich eingefroren gegenüberstanden, überhaupt etwas in Bewegung zu bringen, weiß, was es bedeutet, wenn die Sowjetunion jetzt den Beschlüssen von Helsinki folgt und deutsche Beobachter zum Manöver in die Sowjetunion einlädt.
    Ich komme zum Haushalt zurück. Die Opposition hat öffentlich für höhere Verteidigungsausgaben plädiert. Die gleiche Opposition hat es aber unterlassen, entsprechende Anträge zu stellen. Von den paar Millionen wollen wir hier nicht reden. Ich stelle dazu fest: Mit den Mitteln, die Einzelplan 14 zur Verfügung stellt, kann die Bundesrepublik Deutschland bestehen und ihre Aufgaben im Rechnungsjahr 1977 angemessen auch vor dem Bündnis erfüllen.
    Man darf bei einem Blick in die Allianz nicht übersehen, wo die eigentlichen Schwächen in manchen Ländern der Allianz liegen. Die Fähigkeit der Verteidigungspolitik, Mängel zu beheben, hängt weitgehend vom Erfolg der Wirtschaft- und Finanzpolitik in diesen Ländern ab, nicht von mangelnder Einsicht in die Notwendigkeit der Verteidigungspolitik. Die Fähigkeit der Verteidigungsminister, das zu tun, was eigentlich notwendig wäre, hängt vom Erfolg der Wirtschaftsminister ab. Das ist das, was das Bündnis als Faktum sieht.
    Sicherheit hat heute noch viel mehr als früher politische, militärische, wirtschaftliche und soziale Dimensionen. Weil das so ist, stehen wir auch in dieser Frage im Bündnis nicht hinten, sondern sehr weit vorn.
    Natürlich kann man auf unterschiedlichen Wegen das gleiche Ziel verfolgen. Wer aber die Kontinuität der Verteidigungspolitik insgesamt in Frage stellt, muß sich bemühen, mehr zu bieten als Kritik, Schlagworte und parteitaktische Manöver. Wer das will, muß im Detail darlegen, welche Vorstellungen und welche Alternativen er hat, und er muß klarstellen, was das kosten würde und ob er bereit und in der Lage wäre, die Gelder dafür aufzubringen. Wer das will, der muß bedenken, wo angesichts unserer Einbindung in ein Bündnis die Chancen liegen und wie die Risiken aussehen. Herr Kollege Wörner



    Bundesminister Leber
    hat im Bonner „Generalanzeiger" gesagt: Unter dieser Bundesregierung sei die Entspannungspolitik zum Standbein, die Verteidigungspolitik zum Spielbein geworden. Meine Herren von der CDU, für einen solchen Spruch bekommt man möglicherweise Beifall, aber im Bündnis kein Vertrauen; da können Sie ganz sicher sein.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sprüche sind in Fragen Sicherheit kein Ersatz für Politik und vor allen Dingen nicht Ersatz für etwas, wobei die Leute im Lande ruhig schlafen können, wenn wir sie mit Sprüchen füttern.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Reichtum an Gedankenarmut und der Mangel an Phantasie scheinen sich als neuerliches Gütezeichen der Opposition auf diesem Gebiet sehr bemerkbar zu machen.
    Herr Zimmermann hat mich vorhin kritisiert, er hat Personalentscheidungen einbezogen; jüngster Bock, den ich geschossen hätte: einen Generalmajor aus politischen Gründen entlassen. So haben Sie gesagt, nicht wahr? Ich habe Ihre Rede ja da, kenne die Äußerungen und weiß, wie Sie denken. Herr Kollege Dr. Zimmermann, am 30. September werden bei einem routinemäßigen Wechsel 23 Generale in den Ruhestand geschickt und 23 Offiziere neu in deren Positionen befördert. 13 von diesen 23 Generalen sind 59 Jahre alt. Um einen von diesen 13 Herren bemühen Sie sich mit der Behauptung, der solle aus politischen Gründen entlassen werden. Ich habe alle 13 in den Ruhestand geschickt. Ich fühle mich für alle 13 verantwortlich und sage Ihnen hier: keiner von diesen 13 wird aus politischen Gründen in den Ruhestand geschickt, sondern alle, weil sie 59 Jahre alt sind und weil das Heer von unten herauf erneuert werden muß. Wir brauchen in den nächsten Jahren 14 Generale, die Dreisternepositionen haben, und müssen erst jüngere qualifizierte Kräfte zu Zweisternegenerale machen, damit wir genügend Dreisternegenerale in zwei Jahren zur Verfügung haben.
    Im übrigen: das Dienstalter der Generale ist in meiner Zeit nicht herabgesetzt worden. Die Generale des Jahrgangs, der 1969/70 verabschiedet wurde, waren 57 Jahre alt. Ich habe das Alter auf 59 gebracht. Mir kann keiner vorwerfen, ich würde die Leute früher heimschicken.

    (Beifall bei der SPD)

    Und dann kommt immer noch die Unterstellung, da werde Parteipolitik gemacht. Wissen Sie, wenn die Bundeswehr ein Spiegelbild unserer Bevölkerung draußen im Lande wäre, dann würde es da drinnen, so kann ich mir vorstellen, ein bißchen anders aussehen. Ich will das jetzt hier nicht näher beleuchten. Sie sollten da etwas zurückhaltender sein. Wir sehen doch, was Sie da betrieben haben. Herr Kohl hat mir in seiner so schönen und anmutigen Art auf einer Wehrkundetagung der CDU in Koblenz auch einmal gesagt, ich würde nur Sozis befördern. Meine Damen und Herren, da müssen Sie sich doch mal die deutsche Generalität angucken. Das sind großartige Männer; aber so ist das nicht, daß das so schillernd
    ist. Der von mir sehr verehrte erste Vorsitzende der CDU hat einmal gesagt: Wissen Sie, meine Damen und Herren, es kann einer 'ne Farbe haben, was er will, Hauptsache ist, daß er schwarz ist.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das sehe ich da ein bißchen wieder. Ich habe dem Herrn Kohl, als er mir öffentlich einen solchen Vorwurf gemacht hat, gesagt, ich biete ihm etwas an. Ich wiederhole das hier. Er ist leider nicht hier. Er wird aber irgendwo in seinem Zimmer sitzen, nehme ich an, wird etwas arbeiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Es wäre ja nicht schlecht, wenn er hier wäre und
    wüßte, was er nachher ablehnt. Er will ja die Politik ablehnen. Ich bin gerade dabei, sie darzustellen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sehen Sie, Herr Kohl ist in Amerika gewesen, und der Verteidigungsminister hat mir nachher erzählt, er habe sich alle Mühe gegeben, ihm das zu erklären, was man an neuen Dingen vorhabe, und da hat Herr Kohl dagesessen und hat gesagt: Das brauchen Sie mir nicht zu erzählen, Herr Minister, das weiß ich alles von den amerikanischen Generalen; mit denen habe ich ein gutes Verhältnis. Mir hat er aber gesagt: Das wissen aber die amerikanischen Generale noch gar nicht, was ich ihm erzählen wollte. Sehen Sie, so wird da oben drüber Politik gemacht. Und dieser Herr Kohl hat in Koblenz mal gesagt, auf der Hardthöhe sehe es sehr parteipolitisch, einseitig aus. Da habe ich ihm ein Angebot gemacht; das wiederhole ich: Ich bin bereit, dem Herrn Kohl alle mir bekannten CDU-Mitglieder auf der Hardthöhe zu nennen, wenn er mir dafür die in der Landesregierung von Rheinland-Pfalz anwesenden Sozialdemokraten im Datenaustausch zur Verfügung stellt.

    (Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

    Dann können wir mal darüber reden. Das ist doch auch eine Regierung. Das muß man doch sehen, meine Damen und Herren. Dabei rede ich nicht von Soldaten, sondern nur von der Ministerialverwaltung. Da muß jeder ein bißchen an seine eigene Brust klopfen. So zahlreich sind die Sozialdemokraten, die sich in den letzten 25 Jahren mit Verteidigungspolitik befaßt haben, gar nicht, daß das da oben von ihnen wimmeln könnte.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Und jetzt kommen ein paar, die gehen dorthin; da fangen Sie schon an, die Welt zusammenzuschreien: Die Armee darf keine CDU-Armee werden, meine Damen und Herren, damit Sie das wissen. Auch das ist eine Sorge, die ich habe. Das müssen auch Sie wissen, Herr von Weizsäcker.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie haben die Themen hier angeschnitten. Sie sind nicht so hoffähig — ich weiß das —, aber scheinbar baden Sie sich ja gern in solchen personalpolitischen Fragen, Herr Dr. Zimmermann.

    (Dr. Zimmermann [CDU/CSU] : Ungern! Nur, weil ich muß!)




    Bundesminister Leber
    Lassen Sie mich zum Schluß noch einige Bemerkungen zu einem Thema machen, auf Grund dessen Sie ebenfalls den Verteidigungshaushalt ablehnen wollen, nämlich zum Thema der Neufassung der Wehrdienstnovelle, die soviel Staub aufgewirbelt hat und wohl noch Staub aufwirbeln wird. Ich möchte zunächst feststellen: Ich hatte dabei keine Vorlage der Bundesregierung zu vertreten und auch keine des Bundesministers der Verteidigung. Beides gibt es nicht.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie bekommen das schon erklärt. Ich will Ihnen das ganz korrekt erklären, damit Sie wissen, was Sie treiben.
    Ich habe mir eine Meinung zu zwei aus dem Parlament kommenden, voneinander abweichenden Vorstellungen, wie man dieses Problem lösen könnte, zu bilden gehabt. Ich bilde mir meine Meinung in vollem Bewußtsein der mir von Amts wegen als Verteidigungsminister um den Bestand der Streitkräfte aufgegebenen Pflichten.
    Ich will mich dabei auf die Kernfragen beschränken, auf die es ankommt. Nach dem von der Regierungskoalition vorgelegten Gesetz kann der Wehrpflichtige unter Berufung auf Art. 4 unseres Grundgesetzes erklären, daß er aus Gewissensgründen keinen Wehrdienst leisten kann. Wenn er diese Erklärung abgibt, wird er nicht zum 15monatigen Wehrdienst herangezogen, sondern er wird zum gleichen Zeitpunkt — achten Sie bitte darauf — zu einem 18 Monate dauernden Zivildienst in eben dem Maße und zu eben dem gleichen Zeitpunkt herangezogen, in dem der wehrbereite junge Bürger als Soldat 15 Monate zur Bundeswehr herangezogen wird. Das steht in dem Gesetz; so werden wir das praktizieren. Das erkläre ich mit Überlegung vor dem Deutschen Bundestag. Das ist der Wille der beiden Koalitionsfraktionen.
    Ich gehe dabei davon aus, daß genügend Zivildienstplätze bereitgestellt werden — das ist eine Frage Ihrer Mittelbewilligung —, und daß der Zivildienst in bezug auf heimatnahe und heimatferne Verwendung dem Wehrdienst ähnliche Bedingungen enthält. Wenn sich in der Praxis bei diesem Verfahren herausstellen sollte, daß der Strom in den Zivildienst größer wäre als der Bedarf der Bundeswehr an Soldaten es zuließe, dann hätte die Bundesregierung nach dem Wortlaut des Gesetzes die Pflicht, durch eine einfache Verordnung die Prüfung durch einen Prüfungsausschuß wiedereinzuführen. So steht es im Gesetz.
    Die Bundesregierung müßte die Verordnung erlassen, wenn sie nicht einen Verstoß gegen das erlassene Gesetz oder einen schweren Konflikt mit der Verfassung riskieren wollte. Die jungen Männer, die dann, nachdem die Verordnung in Kraft getreten wäre, wieder vor den Prüfungsausschüssen erscheinen müßten, könnten sich nicht beklagen, daß sie wieder geprüft würden, denn sie hätten ja wohl selbst in der Praxis bewiesen, daß soviel Vertrauen nicht auf sie gesetzt werden könnte. Sie würden wieder geprüft und müßten dann auch bei bestandener Prüfung als Kriegsdienstverweigerer 18 Monate Zivildienst leisten. So steht das im Gesetz.
    Ich habe aber Anhaltspunkte dafür, meine Damen und Herren, daß die Einstellung der jungen Generation in einem positiven Wandel begriffen ist. Ich bin für eine Offerte des Staates an die Jugend — mit angemessenen Sicherungen. Wenn wir dieser Jugend nicht den Inhalt eines Gesetzes, das es nicht gibt, suggerieren — wie es die Opposition durch die Interpretation des Gesetzes, das hier beschlossen worden ist, leider mehrfach getan hat — und ihr nicht einreden, sie brauche jetzt nicht mehr zu dienen, die Wehrpflicht werde abgeschafft, sondern ihr offen klarmachen — ich sage das mit ganzem Ernst —, daß nach dem neuen Gesetz insgesamt ganz bestimmt mehr Dienst, nämlich mehr Wehrdienst und Zivildienst zusammengenommen, von unserer Jugend verlangt, gefordert und geleistet werden wird, und zwar ganz einfach deswegen, weil Freiheit eben nicht nur frei sein v o n etwas, sondern auch Pflicht und Verantwortung f ü r etwas ist, dann gehen wir keinen schlechten Weg.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Dieser Weg mag unbequemer sein für jemand, der es vorzieht, den Knüppel der staatlichen Order rasch bei der Hand zu haben. Ich bin der Auffassung, daß ein Staat, der den Bürger für mündig erklärt und dem freie Bürger auch mit Verantwortung von innen aus begegnen, fester, fundierter ist als der, der sich nur auf die Order und den Zwang erlassener Gesetze gründet.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr gut! — Beifall bei der SPD)

    Wir bauen mit auf Freiheit, Verantwortung, Pflichtbewußtsein.
    Diese Vorlage ist liberaler und sozialer. Wenn die Sicherungen nicht benutzt werden müssen, was ich hoffe, dann ist es ein Gesetz, das für die Entwicklung unseres Staatswesens von hohem Wert ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dieser Weg — das gebe ich zu — führt über eine unbequeme Schwelle, aber in einem gesünderen und gefestigteren Staat als in einem Staat, in dem der Bürger durch das Gesetz gezwungen wird zu geben, was der Staat braucht.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist ein echtes Gesetz der sozialiberalen Koalition; es ist sozialer und liberaler. Deshalb bin ich für diesen Versuch mit diesen Sicherungen. Es wäre viel für den Staat gewonnen, wenn wir uns mit unseren Annahmen nicht irren würden.
    Die Opposition hat eine andere Idee. Mit ihr habe ich mich auch befaßt, sehr ernst, meine Damen und Herren! Die muß Ihnen auch einmal vorgestellt werden. Das will ich jetzt tun.
    Die Opposition will den Prüfungsausschuß abschaffen. Sie will seine Rolle durch einen Beamten, der entscheiden soll, ersetzen.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Als Berufungsinstanz will die Opposition wie die
    Regierungskoalition als zweite Instanz eine Prü-



    Bundesminister Leber
    fungskammer ensetzen. Nun, meine Damen und Herren, ich frage Sie allen Ernstes - wir sind doch erwachsene Menschen —: Ist denn wirklich jemand hier in diesem Saal der Meinung, daß es einem Beamten möglich sein sollte, als einzelner Mensch etwas zu entscheiden, was das Gewissen eines anderen angeht,

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Sehr gut!)

    was ein geschriebenes Grundrecht unserer Verfassung betrifft? Soll das einem Menschen eher möglich sein als einem Ausschuß, der es bis jetzt nicht fertiggebracht hat?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Glauben Sie das allen Ernstes? Das steht in Ihrer Vorlage! Ich habe Vertrauen in die Redlichkeit unserer Beamten, aber ich würde selber ein solcher Beamter nicht sein wollen.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr richtig!)

    Ich würde nicht ein Beamter sein wollen, der vor eine solche Aufgabe gestellt würde, weil ich mich überfordert fühlen würde, als Person zu entscheiden, wie es um das Gewissen eines anderen Bürgers, um die Gewissensentscheidung, die ein Grundrecht ist, bestellt ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das wollen Sie in ein Gesetz schreiben! Ich wollte nicht Minister sein — das sage ich Ihnen auch —, der Beamte beauftragen müßte, eine solche Bürde zu tragen und solche Entscheidungen zu treffen, die sie eigentlich mit ihrem Gewissen — Beamte haben doch auch ein Gewissen — gar nicht tragen und entscheiden könnten.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn der Beamte, wie Sie wollen, nach seinem Gewissen zu entscheiden hätte, müßte er, weil es um das Gewissen anderer geht, redlicherweise wohl in der Regel — weil „im Zweifelsfall" — zugunsten des Antragstellers entscheiden. Das ist doch so. Ich kann doch nicht als einzelner beweisen, was da ist. Ich möchte nicht erleben, wie viele Fälle von anerkannten Kriegsdienstverweigerern es gäbe, wenn Sie mit Ihren Ideen zum Zuge gekommen wären, wie viele Anerkennungen es gäbe, wenn praktiziert würde, was die Opposition vorhatte.
    Daß dahinter oder darüber eine Prüfungskammer steht, ist kein Argument; das kaufe ich Ihnen nicht ab. Erstens sieht auch das andere Gesetz die Prüfungskammer vor. Es gibt ja bei diesem Verfahren keinen Staatsanwalt, der auftritt für den Fall, daß der Beamte die Leute alle zu Kriegsdienstverweigerern erklärt, weil er nicht hinter die Kulissen gucken kann.
    Ich nehme an, die Opposition — Sie sind ja klug! — wird das alles wohl bedacht haben und das wohl auch alles in Karlsruhe sich fragen lassen, wenn sie dahin geht. Sie wird das alles bedacht haben, als sie vor zwei Wochen ihr Nein in einer Abstimmung im Bundestag zum Ausdruck gebracht hat und nun dem Verfassungsgericht zustrebt. Ich halte das, meine Damen und Herren, was Sie machen, für schlecht, selbst als Parlamentarier. Hier ist eine Abstimmung gewesen. Ich war war an diesem Tage nicht sicher, ob es der Regierungskoalition gelingen würde, alle ihre Mitglieder hierher zu bringen. Es haben einige gefehlt.
    Ich bin persönlich der Auffassung: Wenn die Opposition an diesem Tag auf der Bühne gestanden hätte, so hätte sie eine Chance gehabt, zu zeigen, wie stark sie ist. Das habe ich Herrn Kohl gesagt. Wissen Sie, was er mir entgegnet hat? — Er sagte: „Das interessiert mich nicht; wir gehen nach Karlsruhe."
    Wenn es einmal soweit kommen sollte, daß politische Entscheidungen aus dem Deutschen Bundestag hier nicht angestrebt werden und man geht nach Karlsruhe, so halte ich das für einen Verfall der parlamentarischen Sitten. Hier wird regiert, nicht in Karlsruhe!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Unruhe bei der CDU/CSU)

    — Das gefällt Ihnen nicht; das kann ich mir denken.