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ID0803605500

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2763 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2763 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/498 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1976 bis 1980 — Drucksachen 8/101, 8/325, 8/612 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/517 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/513 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/514 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/515 — Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 2764 A Grobecker SPD 2769 A Gärtner FDP 2772 B Wohlrabe CDU/CSU 2774 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Löffler SPD . . . . . 2776 D Frau Matthäus-Maier FDP 2779 B Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 2780 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/499 — Dr. Waigel CDU/CSU 2785 C Dr. Sperling SPD 2788 D Dr. Haussmann FDP . . . . . . . . 2791 C Pieroth CDU/CSU 2793 A Reuschenbach SPD 2795 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 2797 D Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . 2800 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 2803 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU . . . . . 2805 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/504 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2813 D Möllemann FDP 2816 C Blank SPD 2822 D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2825 B Horn SPD 2827 A Leber, Bundesminister BMVg . 2830 D, 2854 A Dr. Wörner CDU/CSU 2839 A Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2846 C Dr. Kohl CDU/CSU 2848 A Schmidt, Bundeskanzler 2849 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 2855 B Erklärungen nach § 35 GO Dr. Zimmermann CDU/CSU 2856 D Würzbach CDU/CSU 2857 B Namentliche Abstimmung 2857 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/509 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU . 2859 C Stöckl SPD 2861 A Dr. Schneider CDU/CSU 2862 B Gattermann FDP 2864 A Ravens, Bundesminister BMBau . . . . 2866 C Niegel CDU/CSU 2869 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/502, 8/558 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2830 A Müller (Nordenham) SPD 2872 B Lemmrich CDU/CSU 2874 B Peters (Poppenbüll) FDP 2876 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP . 2876 D Metz CDU/CSU 2877 B Grobecker SPD 2877 D Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . 2878 A Schirmer SPD 2878 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen - Drucksache 8/503 — . . . . . . . . 2878 D Haushaltsgesetz 1977 — Drucksachen 8/518, 8/577 — . . . . . 2879 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung ,der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/651 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksache 8/652 — Müller (Remscheid) CDU/CSU 2806 C Franke CDU/CSU 2809 C Glombig SPD 2811 A Schmidt (Kempten) FDP 2812 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu einer dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/657 — 2813 B Nächste Sitzung 2879 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2881* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2763 36. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1977 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens *' 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Blumenfeld * 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders *' 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Klinker 24. 6. Kunz (Berlin) * 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp *** 24. 6. Lenzer *** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Scheffler *** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 24. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6. Zeyer * 24. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Lassen Sie mich mit folgendem Satz beginnen:
    In den letzten zehn bis zwölf Jahren haben wir
    zuviel an marktwirtschaftlichen Entwicklungen, an marktwirtschaftlichen Funktionsabläu-



    Dr. Barzel
    fen demontiert, sie manipuliert, in sie eingegriffen.

    (Zuruf von der FDP: Wo denn?)

    — Da kommt ein Zuruf von der FDP: Wo denn? Dieser Satz ist gar nicht von uns, er ist aus einer der letzten Bundestagsreden des Grafen Lambsdorff.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Weil das die Wirklichkeit ist, Herr Kollege Lambsdorff, kann ich es verstehen, daß Sie soeben über die Dörfer gegangen sind und alle möglichen Popanze aufgebaut haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Zeit ist knapp. Es wäre eine große Versuchung, jetzt den Verschönerungsabsichten der Bundesregierung entgegenzutreten, da mancher Redner der Koalition offensichtlich nicht weiß, wie die Lage junger Menschen, die Lage der Arbeitslosen ist, wie es um die Staatsfinanzen aussieht.
    Herr Kollege Apel, nachdem Sie sich hier besonders mit einem Bibelzitat hervorgetan haben, das mit der Wahrheit zu tun hat, hatten Sie wenig später die Freundlichkeit, das Berliner Institut zu loben, das ein bestimmtes Wachstum voraussagt Dies ist richtig; aber, Ihren Wahrheitsbegriff unterstellt, hätten sie das Ganze zitieren müssen. Damit die Sache rund wird, darf ich es tun. Dieses Institut moniert die Finanzpolitik, weil diese in ihrer Grundtendenz „den Aufschwung eher gebremst als gefördert" habe. Und so geht das weiter: Hier fehlt die Kontinuität, hier ist Mißtrauen und Pessimismus erzeugt worden. Es fehlt die Zeit, das ganze Zitat in die Debatte einzubringen, weil ich gern meinem Kollegen Reuschenbach eine Antwort auf einen Punkt geben möchte, dessen Einführung in die Debatte mir grundsätzlich wichtig erscheint.

    (Zurufe von der SPD)

    Sie, verehrte Kollegen von der SPD, haben unlängst einen Energiekongreß gehabt, auf dem am 28. April Erhard Eppler gesprochen hat. Ich las darüber in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 29. April folgenden Bericht — ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten —:
    Es sei zunächst politisch zu entscheiden, wieviel und welches Wachstum nötig sei. Daraus seien der Energiebedarf und die Vorkehrungen für die Energieversorgung herzuleiten. Die Politik also müsse das Wachstum steuern. Eppler scheut sich nicht, das Beispiel zu nennen, daß eben die Politik auch den Hausfrauen anordnen müsse, wann sie ihre Waschmaschinen einstellen.
    Ich wollte diesen Rückfall in einen autoritären Sozialismus nicht glauben; ich habe deshalb dankenswerterweise von Ihrer Fraktion die ganze Schrift über diesen Kongreß bekommen; ich habe dies alles nachgelesen. Die Sache ist noch schlimmer: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" ist korrekt; sie hätte es härter sagen können. Auf die Ausführungen von Herrn Eppler folgt der verehrte Kollege Schmidt von der IG Bergbau, Ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Er weist diesen ordnungspolitischen Angriff, diese Forderung nach einer anderen Republik, nicht zurück. Man blättert weiter in der Meinung: Da muß doch einer kommen, der das tut. Am Schluß findet man den Herrn Bundeskanzler, der sagt: Ich habe die Vorträge gelesen. Er hebt aber nicht etwa die Faust und haut auf den Tisch, weil hier eine andere Republik gefordert wird,

    (Zurufe von der SPD)

    sondern er unkt, hebt sanft den Finger und sagt wörtlich — dies muß man in die Debatte einführen —:
    Wenn auf Grund staatlicher Prognosen zukünftig Entscheidungsfreiheiten eingeengt werden, zukünftige Möglichkeiten der Entwicklung abgeschnitten werden, dann kann sich das bitter rächen.
    Er sagt nicht, daß dies nicht geschehen soll. Er wendet sich nicht dagegen, daß diese Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland eine auf die private Entscheidung gegründete private Veranstaltung in einem staatlichen Rahmen ist. Dieses hier ist das Gegenteil. Wo Politik absichtlich, wo der Staat absichtlich Energie zuteilt, hört Freiheit auf — nicht nur in der Wirtschaft, sondern da hört auch die Demokratie auf.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Debatte wird im einzelnen zu führen sein, vielleicht wenn wir über unser Wirtschaftsprogramm diskutieren.

    (Abg. Reuschenbach [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Reuschenbach, es geht nicht. Sie wissen, ich habe nicht einmal zehn Minuten Zeit für meine Rede.
    Diese Debatte wird zu führen sein. Auch die über unser Wirtschaftsprogramm, das in der Öffentlichkeit bisher unter einem ganz falschen Eindruck behandelt wird.
    Ich möchte mich direkt und unmittelbar dem Herrn Bundeswirtschaftsminister, dessen Etat wir lesen, dem sehr geschätzten Kollegen Friderichs, zuwenden. Seit der letzten Debatte, Herr Kollege Friderichs, über den Jahreswirtschaftsbericht sind wir uns einig, daß der nötige und mögliche Aufschwung allein von der Wirtschaftskraft kommt — oder ausbleibt, wenn diese fehlt; daß kein anderes Programm, kein lautes und kein leises, kein gigantomanisches und kein schleichendes, daran vorbeikommt oder sich darum herummogeln kann. Wir waren uns einig, daß unsere Arbeitsplatzlücke eine Folge der Investitionslücke ist; daß Wachstum und Vollbeschäftigung davon abhängen, daß die private Wirtschaft wieder lebendiger wird; kurzum: daß nicht eine weltwirtschaftliche Verschwörung auf uns einwirkt, sondern überwiegend Probleme mit heimischen Wirkursachen. Denn: Unsere Löhne, unsere Abgaben, unsere Probleme sind überwiegend hier gemacht und nicht draußen produziert. In diesen Dingen waren wir uns weitgehend einig, Herr Kollege Friderichs, obwohl der Kanzler in diesen Fragen alles allein dem Ausland zuschreibt.



    Dr. Barzel
    Ich möchte Ihnen deshalb eines sagen, Herr Kollege Friderichs: ich glaube, daß das, was sich in Westeuropa als Krise der Wirtschaft darstellt — wenn Sie das Wort Krise nicht mögen, dann nehmen Sie es eine Nummer kleiner —, in Wahrheit eine Krise der Politik ist. Und diese Krise der Politik ist eine Krise von Politikern. Denn es gibt eine Menge unter Ihnen, die sich nicht des Vorwurfs erwehren können, daß sie die Anspruchsinflation geweckt haben, sich nicht dagegengestellt haben, als dann die Inflation galoppierte, weil sie das scheinbar Populäre für das Richtige hielten. Ein solcher Politiker, der sich dies vorwerfen lassen muß, ist dieser Bundeskanzler; und der ist im Amt, weil Sie, Herr Kollege Friderichs, und Sie, Graf Lambsdorff, und Sie alle dies wollen. Deshalb ist diese Krise der Politik von Ihnen zu vertreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU Zurufe von der SPD)

    Meine verehrten Damen und Herren, die Hauptwachstumsbremse ist für die Bundesrepublik Deutschland in der Lage in Bonn zu suchen. Die Krise kommt aus der Politik. In Italien wird kein Produktivitätszuwachs, in Frankreich keine Inflationsrate, in Großbritannien kein Kredit die Probleme lösen. Sie kommen aus der Politik. In der Bundesrepublik Deutschland kommen sie daher, daß Bonn keine Führung und keine Perspektive bietet, sondern Nebel und Unklarheit. Wenn dann die Männer draußen im Lande den Fuß vom Gashebel nehmen, dann sind sie nicht „Unterlasser", sondern reagieren auf eine schlimme Situation, die andere herbeigeführt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Verehrte Damen und Herren, in dieser Lage sollte eigentlich —(Zuruf von der SPD: Aufhören!)

    — Ja, die Regierung sollte aufhören. Sie haben meinen Gedanken erraten.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Ich wollte Ihnen das gerade vorschlagen.

    Nachdem sich zunächst nur die Koalition im Zustande mißtrauischen Belauerns befand, ist das nun auf Ihre Partei übergegangen. Herr Kollege Wehner, Sie haben mir einmal in einer bestimmten Situation gesagt: Übertragen Sie nicht eine Krise Ihrer Fraktion oder Partei auf den Staat! Ich gebe Ihnen dies heute zurück: Sie sind dabei, Ihre Krise auf diesen Staat zu übertragen. Die Leidtragenden sind die Bürger draußen. Haben Sie Mut und Verantwortung, den Weg zu einem neuen Anfang freizugeben, indem Sie sich in der Opposition erneuern, Herr Wehner! Das ist die Sache, um die es hier geht.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Wie eindrucksvoll!)

    Ich möchte mich wieder dem Kollegen Friderichs zuwenden.

    (Löffler [SPD] : Sie haben das Manuskript von vor sieben Jahren vor sich liegen!)

    — Ich bin da nicht so altmodisch. Sie verwechseln den Griff von Herrn Eppler in die Mottenkiste des Sozialismus mit einer Zukunftsperspektive. Aber das war ein Triumph der Träume über die Erfahrung, was Herr Eppler da vorhat. Wir werden das später ja diskutieren.
    Ich möchte mich Herrn Friderichs zuwenden. Ich verstehe, daß Sie ahnen, was jetzt kommt. Herr Kollege Friderichs, niemand in diesem Hause bestreitet, daß Sie den Instrumentenkasten der Ökonomie beherrschen. Ich bin auch sicher, daß Sie hinsichtlich der ökonomischen Arzneimittel völlig auf dem Stand der neuesten Entwicklung sind. So fragen Sie sich vielleicht, wo die Vollbeschäftigung bleibt. Denn Sie lesen — wie wir auch —, daß z. B. das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung feststellt, was die Nürnberger Anstalt unter die Leute bringt — ich zitiere —, „daß gegenwärtig bei voller Auslastung aller Sachkapazitäten noch genügend Arbeitsplätze für Vollbeschäftigung zur Verfügung stehen, weil z. B. die verarbeitende Industrie 700 000 und das Baugewerbe 250 000 Personen einstellen könnte" — wenn ausreichend Wachstum da wäre. Dieses Wachstum, diese Nachfrage — einverstanden. Verehrte Damen und Herren, da komme ich nun wieder auf den Punkt. Wenn das stimmt, was ich hier nur extemporieren kann, daß diese krisenhafte Zuspitzung politisch verursacht ist, dann nützt eben, Herr Kollege Friderichs, kein Griff in den ökonomischen Medikamentenkasten. Da müssen Sie schon in die politische Kiste greifen. Deshalb wiederhole ich hier das, was ich am 24. März in der Debatte über das Sachverständigengutachten gesagt habe. Ich habe damals gesagt: „Herr Bundeswirtschaftsminister, bei aller Wertschätzung, der Sie sich weithin erfreuen, können wir nicht übersehen, daß Sie die volle Verantwortung für die grundlegende Wirtschaftspolitik dieser Regierung tragen, für die Tatsache, daß es diese Koalition gibt, wie sie wirkt, zu welchen Ergebnissen sie geführt hat." Dieses Urteil, Herr Kollege Friderichs, ist inzwischen erhärtet.
    Im Interesse einer möglichen besseren Politik lehnen wir Ihren Haushalt ab — einer besseren Politik, die, wenn Sie nur wollen, möglich ist. Ihre Verantwortung ist groß. Sie ist nicht zu groß für Ihre herausragende Persönlichkeit.

    (Zuruf von der SPD: Das sind Leimruten!)

    Es liegt an Ihnen, Ihre Kraft entweder gegen Herrn Eppler und dessen Genossen zu verschwenden oder das zu tun, was jetzt objektiv nottut, was unserem Lande nützt, was die Basis des Aufschwungs ist: der neue politische Anfang. Den einfachen, den bequemen Weg gehen, das kann jeder. Die Geschichte, Herr Kollege Friderichs, fragt nach den anderen, nach denen, die den Mut hatten, den Weg zu weisen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2803

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Friderichs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Trotz der Kürze der Zeit will ich versuchen, auf die einzelnen Argumente kurz einzugehen. Vor-
    " ab möchte ich den Berichterstattern aus allen drei Fraktionen für ihre Eingangsbemerkungen danken und gleich zu einigen dieser Punkte etwas sagen.
    Erstens die Kokskohle-Beihilfe, die der Abgeordnete Waigel angesprochen hat. Ich will klarstellen, daß es sich aus meiner Sicht bei der KokskohleBeihilfe nicht in erster Linie um eine Maßnahme der Energiepolitik handelt. Kokskohle ist ein Rohstoff, der zur Herstellung von Stahl benötigt wird. Die deutsche Stahlindustrie ist daran gehindert, diese Kokskohle am Weltmarkt zu kaufen, weil wir ihr die entsprechende Erlaubnis aus wohlüberlegten Gründen nicht geben. Wenn dann der Weltmarktpreis wesentlich niedriger ist als der deutsche Listenpreis — dies war in den beiden letzten Jahren nicht der Fall, früher war es der Fall, jetzt ist es wieder der Fall —, gewährt die Bundesregierung einen entsprechenden Ausgleich, um die Wettbewerbsgleichheit wiederherzustellen. Die Stahlindustrie nimmt einen Selbstbehalt hin, weil sie durch die Sicherheit der Versorgung auch einen gewissen Vorteil hat.
    Herr Abgeordneter Waigel, Sie haben kritisiert — dafür habe ich Verständnis —, daß die jetzt vorgesehene Aufstockung des Kokskohle-Titels mit einem Antrag hier im Hause geschieht und nicht im Ausschuß. Ich bedaure das, muß Ihnen aber doch eines sagen: Die Sache ist ausweislich des Ausschußprotokolls vom 23. März 1977 im Haushaltsausschuß angesprochen worden.

    (Hört! Hört! bei der FDP)

    Mein Mitarbeiter, Herr Braubach, und ich haben damals gesagt: Wir wissen noch nicht, wie die Sache ausgeht, aber bitte geht davon aus, da kommt noch ein Brocken auf den Haushalt zu.

    (Löffler [SPD] : Das kann ich bestätigen!)

    Wir haben dann am 2. Mai 1977 den Antrag des Kohlebergbaus auf die Kokskohle-Beihilfe bekommen. Die Verhandlungen haben sich über den Monat Mai bis Anfang Juni erstreckt. Am 13. Juni 1977 war das entscheidende Staatssekretärgespräch, kurz vor Abschluß der Verhandlungen. Die abschließenden Verhandlungen fanden am 15. Juni 1977 statt. Aber die Sprecher der Fraktionen wurden bereits am 13. Juni 1977 vorinformiert und am 15./16. Juni 1977 genau unterrichtet. Ich glaube, daß die Dinge insoweit einigermaßen ordentlich, wenn auch spät gelaufen sind.

    (Sehr wahr! bei der FDP)

    Zweite Bemerkung. Sie haben, Herr Abgeordneter Waigel, die Investitionsprogramme kritisiert. Dazu ist von den Vorrednern alles gesagt worden. Ich füge nur hinzu: Wenn ich mich recht entsinne, hat die Opposition — wie ich meine, aus wohlüberlegten Gründen — allen diesen Programmen ihre Zustimmung gegeben.
    Sie haben sodann die regionale Wirtschaftspolitik kritisiert. Ich stehe hier und bekenne in aller Offenheit: Wenn ich die regionale Wirtschaftspolitik
    alleine machen könnte, sähe sie anders aus, als sie aussieht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das bestreite ich überhaupt nicht. Sie geschieht auf der Basis des Gemeinschaftsaufgabengesetzes. Ich brauche im Planungsausschuß — z. B. auch für den 6. Rahmenplan, in dem alles steht — 17 Stimmen, die 11 Stimmen des Bundes und 6 Stimmen der Länder. Sie werden sich unschwer ausrechnen könen, daß z. B. die Auswahl der Schwerpunktorte, die Gebietsabgrenzungen ein mühsames Austarieren von Länderinteressen ist. Ich mache das den Kollegen nicht zum Vorwurf; das ist im Gesetz so angelegt. Das, was ich lieber täte, laufend vorübergehend demonstrative Schwerpunkte zu setzen, so wie wir das jetzt beispielsweise im Rahmen des Investitionsprogramms beim Dollart-Hafen versucht haben, erlaubt das Gesetz nicht. Wenn es möglich wäre, das Gesetz zu ändern — bitte schön, mich hätten Sie an Ihrer Seite. Die Zahl der Schwerpunktorte wird, wenn sie erhöht wird, immer gegen meinen Willen erhöht. Das wissen die Länder. Sie wissen ganz genau, Herr Abgeordneter, daß gerade im Lande Bayern sehr oft gegen die Bundesregierung mit der Begründung polemisiert oder operiert wird, wir ließen eben zu wenige Schwerpunktorte in den strukturschwachen Gebieten zu.

    (Hört! Hört! bei der FDP) Das zur Regionalpolitik.

    Eine sektorale Steuerung mittels der Regionalpolitik lehne ich ab. Sektorale Strukturpolitik soll sauber danebenstehen. Das einzige, was wir nicht tun: Wir fördern dann nicht, wenn durch die Maßnahme in der Region die Monostruktur verstärkt würde. Wir geben z. B. keine Beihilfen für die Ansiedlung von Automobilbranchen oder ihr verwandter Betriebe in Wolfsburg, weil wir uns bemühen, die Monopolstruktur dort aufzulockern, nicht jedoch sie zu verstärken.
    Dann ist die Mittelstandspolitik — sprich: auch die Handwerkspolitik — angesprochen worden, und zwar auch von Herrn Kollegen Sperling und vom Kollegen Haussmann. Herr Kollege Waigel, der Einzelplan 09 ist im Haushaltsausschuß, wenn ich richtig unterrichtet bin, mit ganz wenigen Ausnahmen einvernehmlich von allen Fraktionen verabschiedet worden. Wenn ich mir Ihre Anträge anschaue — Erhöhung der Titel beim Handwerk, der Frachthilfe usw. —, dann stelle ich fest — lassen Sie uns doch Gemeinsamkeiten, die da sind, nicht vertuschen —, daß sich diese Anträge in Wahrheit alle auf Titel beziehen, die bereits in meinem Haushaltsplan, so wie er jetzt vorliegt, überproportional erhöht worden sind, d. h., in der strukturellen Ausgestaltung des Haushalts gibt es offensichtlich keine Meinungsverschiedenheit. Die Frage lautet nur: Erhält der Wirtschaftsminister noch 43 Millionen DM mehr oder nicht? Denn um genau diese Zahl geht es. Welcher Minister nähme sie nicht gerne? Aber ich muß doch auch zugeben, daß es eine Obergrenze des Gesamthaushaltes und innerhalb des Gesamthaushaltes eben nicht nur meinen Einzelplan gibt, sondern auch andere Einzelpläne, für die mit demselben guten Recht Prioritäten angemeldet wer-



    Bundesminister Dr. Friderichs
    den. So kommt dann einfach die Entscheidung zustande.
    Herr Abgeordneter Sperling, mir liegt daran, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, daß seitens des Wirtschaftsministeriums bestimmte Titelansätze bewußt oder wie auch immer niedrig gefahren werden, weil man sich sagt: Das machen die schon im Haushaltsausschuß. So ist es nicht gewesen. Hinter der Zahl, die den Haushaltsausschuß zunächst erreicht, steht häufig auch ein Ringen zwischen Kollegen Apel und mir, und zwar freundschaftlich, wie ich zugebe, weil ich mich in seine Lage sehr wohl versetzen kann. Mir liegt daran, daß das, was vorgelegt wird, nicht mit einem derartigen Trick versehen ist, um es ganz offen zu sagen. So hat es keinen Sinn. Es gibt allerdings Titel, die ich selbst lieber höher gesehen hätte, wo aber die Finanzmasse im Jahr nicht ausgereicht hat. Alles in allem aber, meine Damen und. Herren, steigt der Bereich Mittelstandsförderung in meinem Haushalt auch in diesem Jahr in der prozentualen Rate genau doppelt so schnell wie der Gesamthaushalt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Damit muß doch zugegeben werden, daß eine Priorität gesetzt worden ist. Dies zu diesem Bereich.
    Zum Thema öffentliche Investitionen brauche ich nur hinzuzufügen: Das Programm, das wir beschlossen haben und von dem ich hoffe, daß es endlich in die Tat umgesetzt wird, nachdem alle Länder es nun unterschrieben haben, ist kein Ersatz für private Investitionen. Das hat weder der Bundeskanzler noch der Finanzminister noch der Arbeitsminister je behauptet. Aber: Sie müssen doch zugeben, daß öffentliche Investitionen in einem Zusammenhang mit privaten Folgeinvestitionen stehen. Sie brauchen eine ganz bestimmte Infrastruktur, wenn Sie erwarten wollen, daß darauf auch private Investitionen aufgebaut werden. Das ist das Ziel des Programms. Außerdem ist der Hintergedanke dabei, auf diese Weise zu erreichen, daß der investive Anteil wieder etwas stärker steigt als der konsumtive.
    Im übrigen handelt es sich zum Teil ja auch um einen Bereich echter Umweltvorsorge, z. B. bei der Frage der Abwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung, die ihrerseits beide Voraussetzung sind für das Wachstum für die nächste Generation in einem dichtbesiedelten Industrieland. Wir reden über Energie und anderes sehr viel; über die Frage, ob wir im nächsten Jahrzehnt oder Ende dieses Jahrhunderts ausreichende Mengen hinreichend guten Wassers haben, diskutieren wir, wenn überhaupt, höchstens am Rande. Dieses Programm dient exakt diesem Ziel.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Dr. Barzel, Sie haben dann das DIW herangezogen, um darzulegen, daß der Finanzminister oder die Finanzpolitik — ich drücke es überspitzt aus — den Aufschwung hemme. Ich gehe gerne darauf ein, weil dieser Bericht in der Tat lesenswert ist. Direkt nach dem Satz, den Sie Ihrer Aussage zugrunde gelegt haben, sagt das Institut weiter:
    Die erneute Abnahme der öffentlichen Bauinvestitionen im ersten Quartal spricht jedenfalls dafür, daß der Bausektor von den öffentlichen Haushalten keine Impulse erhält.
    Kritisieren Sie nun das öffentliche Investitionsprogramm, oder kritisieren Sie es nicht? Denn öffentliche Bauinvestitionen erfordern öffentliche Mittel. Anders entstehen sie nicht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, Herr Kollege Apel und ich kämpfen doch seit Monaten darum, daß nicht unsere Ausgabenerhöhungen im investiven Bereich so wie im vorigen Jahr durch Einsparungen bei den Gebietskörperschaften und deren prozyklisches Verhalten kompensiert werden. Das ist doch die Wahrheit.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Man kann sich auch kaputtkonsolidieren, meine Damen und Herren. Ich will das einmal ganz deutlich sagen, wenn ich die Bauausgaben der Gemeinden und der Länder des letzten Jahres sehe.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es hat doch Gründe, warum die Baunachfrage der Privaten nicht ausreicht. Auch demographische Kurven spielen dabei eine Rolle. Hier ist der Staat gefordert.
    Ich nenne ein Beispiel. Ich habe in der vorigen Woche eine Verbandsgemeinde in meinem Wahlkreis mit, wenn ich mich recht entsinne, 25 Gemeinden besucht. Ganze sechs dieser Gemeinden besitzen eine Kläranlage. Alle anderen besitzen keine. Dann ist es doch in einer Zeit schwacher Baunachfrage eigentlich eine Selbstverständlichkeit, daß man diese Zukunftsinvestition, die sowieso irgendwann getätigt werden muß, in eine Zeit ausreichenden Kapazitätsangebots vorzieht, um damit gleichzeitig der eigenen Daseinsvorsorge zu dienen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Nun, Herr Dr. Barzel, darf ich noch einen Satz von derselben Seite des DIW zitieren. Es ist der nächste Satz:
    Die mit der Erhöhung der globalen Minderausgabe geplante weitere Kürzung des Bundeshaushalts 1977, wie sie zur Entscheidung ansteht, zeigt, daß sich die Einsicht in die konjunkturpolitischen Notwendigkeiten keineswegs schon überall durchgesetzt hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, das ist ein Satz nur an die Adresse der Opposition, wenn ich es richtig sehe. Denn Sie operieren mit der globalen Minderausgabe von Haushalt zu Haushalt, weil Ihnen der politische Mut fehlt, klar zu sagen, wo ansonsten gestrichen werden müßte,

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    denn dann träten Sie notwendigerweise einmal einer Gruppe auf den Fuß.
    Wegen der vereinbarten Zeit möchte ich zum Schluß kommen. Lassen Sie, Herr Dr. Barzel, mich noch eine Bemerkung zu meiner persönlichen und politischen Rolle und zu derjenigen meiner Freunde in diesem demokratischen Staat machen. Sie sa-



    Bundesminister Dr. Friderichs
    gen, dieser Bundeskanzler, den Sie kritisieren und gern durch einen anderen ersetzt sähen, was Ihr gutes Recht ist, sei nur deshalb im Amt, weil meine Freunde und ich dies wollten. Dies ist richtig.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Denn die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat bei der letzten Bundestagswahl im Deutschen Bundestag nicht die Mehrheit errungen, ebensowenig wie Sie. Aber waren wir wirklich noch frei in unserer Entscheidung — ich hätte fast gesagt: hatten wir eine Privatentscheidung zu treffen —, nachdem wir einen Wahlkampf mit einer klaren, unzweideutigen politischen Aussage geführt haben, nämlich, daß wir die Absicht hätten, wenn uns der Wähler dies ermöglicht, mit der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und diesem Bundeskanzler auch in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam zu arbeiten. So hatten wir es dem Wähler vorher gesagt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Warum haben Sie es denn gesagt?)

    Er wußte ganz genau: wenn er dies nicht will, muß er den Unionsparteien die Mehrheit geben. Dies hat er nicht getan. Damit haben wir einen Auftrag des Wählers, das zu tun, was wir ihm versprochen haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich würde es als einen Betrug am Wähler bezeichnen, meine Damen und Herren, sechs Monate nach einer so unmißverständlichen, so eindeutigen Aussage zu sagen: Was kümmert mich das Geschwätz von gestern; der Wähler wird sich auch an neue Gesichter gewöhnen, wenn wir sie ihm nur servieren!

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich möchte nicht wissen, wie die Union operieren würde, wenn wir mit ihr in der Koalition säßen und die Sozialdemokraten dies verlangen würden. Meine Damen und Herren, die Zeit haben wir doch hinter uns. Wir haben doch den Vorzug, daß wir uns alle kennen, weil wir alle schon einmal miteinander gearbeitet haben. Oder etwa nicht?

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich persönlich habe den besonderen Vorzug, Staatssekretär bei Ihrem Vorsitzenden gewesen zu sein, so daß ich die Zusammenarbeit auch mit ihm aus eigener Anschauung kenne.
    Nein, meine Damen und Herren, eine klare Aussage vor einer Bundestagswahl ist anschließend zu honorieren. Denn sonst bekommen wir das, was viele der deutschen Öffentlichkeit einzureden versuchen. Dann bekommen Sie in der Tat die Legitimationskrise, die Demokratiekrise oder die Parteienkrise. Der Wähler muß sich darauf verlassen können, daß das, was man ihm sagt, auch gemacht wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Deshalb stehen meine politischen Freunde und ich für diese Legislaturperiode zu dieser Koalition.

    (Dr. Warnke [CDU/CSU] : Die ganze Legislaturperiode?)

    — Herr Warnke, wenn ich — die rote Lampe leuchtet auf — Ihren fragenden Zwischenruf „Die ganze Legislaturperiode?" aufgreifen darf, dann kann ich nur sagen: In den letzten Tagen haben Sie es uns wahnsinnig leicht gemacht, mit Freude bei dieser Haltung zu bleiben.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP und der SPD)