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ID0803604700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2763 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2763 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/498 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1976 bis 1980 — Drucksachen 8/101, 8/325, 8/612 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/517 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/513 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/514 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/515 — Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 2764 A Grobecker SPD 2769 A Gärtner FDP 2772 B Wohlrabe CDU/CSU 2774 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Löffler SPD . . . . . 2776 D Frau Matthäus-Maier FDP 2779 B Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 2780 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/499 — Dr. Waigel CDU/CSU 2785 C Dr. Sperling SPD 2788 D Dr. Haussmann FDP . . . . . . . . 2791 C Pieroth CDU/CSU 2793 A Reuschenbach SPD 2795 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 2797 D Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . 2800 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 2803 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU . . . . . 2805 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/504 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2813 D Möllemann FDP 2816 C Blank SPD 2822 D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2825 B Horn SPD 2827 A Leber, Bundesminister BMVg . 2830 D, 2854 A Dr. Wörner CDU/CSU 2839 A Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2846 C Dr. Kohl CDU/CSU 2848 A Schmidt, Bundeskanzler 2849 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 2855 B Erklärungen nach § 35 GO Dr. Zimmermann CDU/CSU 2856 D Würzbach CDU/CSU 2857 B Namentliche Abstimmung 2857 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/509 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU . 2859 C Stöckl SPD 2861 A Dr. Schneider CDU/CSU 2862 B Gattermann FDP 2864 A Ravens, Bundesminister BMBau . . . . 2866 C Niegel CDU/CSU 2869 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/502, 8/558 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2830 A Müller (Nordenham) SPD 2872 B Lemmrich CDU/CSU 2874 B Peters (Poppenbüll) FDP 2876 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP . 2876 D Metz CDU/CSU 2877 B Grobecker SPD 2877 D Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . 2878 A Schirmer SPD 2878 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen - Drucksache 8/503 — . . . . . . . . 2878 D Haushaltsgesetz 1977 — Drucksachen 8/518, 8/577 — . . . . . 2879 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung ,der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/651 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksache 8/652 — Müller (Remscheid) CDU/CSU 2806 C Franke CDU/CSU 2809 C Glombig SPD 2811 A Schmidt (Kempten) FDP 2812 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu einer dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/657 — 2813 B Nächste Sitzung 2879 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2881* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2763 36. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1977 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens *' 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Blumenfeld * 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders *' 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Klinker 24. 6. Kunz (Berlin) * 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp *** 24. 6. Lenzer *** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Scheffler *** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 24. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6. Zeyer * 24. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter W. Reuschenbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich will auf einen zweiten Punkt aufmerksam machen, der in dieser Diskussion ein Phänomen in der Argumentation der Union ist: das völlige Aussparen der außenwirtschaftlichen, der internationalen Dimension. Das ist zwar verständlich, aber die Union steht mit dieser allein auf die Binnenwirtschaft verengten Sicht einsam in der wirtschaftspolitischen Landschaft herum, und alle Regierungen in Europa, die Gewerkschaften, die Wirtschaftsverbände stehen gegen die Union.
    Ich hatte in der vorigen Woche — und ich bin recht froh darüber — Gelegenheit, drüben im Steigenberger-Hotel an einer Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung teilzunehmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hat es Früchte getragen?)

    — Es hat mindestens Einsichten in die Gemütslagen Ihrer Kollegen gezeitigt. — Da befaßte man sich mit der wirtschaftlichen Lage und der Wirtschaftspolitik bei uns und in den Vereinigten Staaten. Und dort — mehr oder weniger unter Ausschluß der Öffentlichkeit, jedenfalls außerhalb des Lichts der breiten Öffentlichkeit — gaben sich die Unionspolitiker über die Ausmaße und über die Auswirkungen der internationalen Verflechtung unserer Wirtschaft überhaupt keinen Illusionen hin. Herr Wörner, dort wohl stellvertretender Vorsitzender, sagte in seiner Eröffnungsrede — natürlich militärisch zackig —
    Von einem Minenfeld der internationalen wirtschaftlichen Interdependenzen muß man sprechen, in dem wir uns befinden, mit tausend gravierenden Auswirkungen und Gefahren.
    Der Mann hat ja auch durchaus Recht. Nur hier im Plenum sind solche Reden nicht zu hören.
    Herr Geißler betonte da nachdrücklich und unter Beifall, daß ohne internationale Zusammenarbeit keine wirtschaftliche Gesundung möglich sei. Dies ist heute morgen hier wieder einmal heftig bestritten worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Der amerikanische Arbeitsminister Marshall, Ehrengast und Hauptsprecher, hat die führende Rolle der deutschen Regierung bei dem Ringen um internationale wirtschaftliche Kooperation, ohne Wider-



    Reuschenbach
    spruch zu ernten, beschrieben; so etwa, wie die „Zeit" es ausdrückte:
    Die Abschlußerklärung von London liest sich stellenweise so, als ob Helmut Schmidt sie geschrieben hätte.
    Wissen Sie was mich an dieser Konferenz besonders interessierte? Daß Sie dort im trauten Kreis so selbstverständlich und sachlich zutreffend über diese internationalen Verflechtungen reden, hier aber im Plenum das aussparen nach dem Motto: „Und so schloß er messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf."
    Ich verstehe natürlich gut: in dem Augenblick, in dem Sie diese Dimension in die Debatte einführen würden, in dem Sie akzeptieren und einräumen würden, daß das eine dominierende Dimension ist, in dem Augenblick würde Ihre ganze Strategie, nämlich die wirtschaftlichen und Arbeitsmarktprobleme, als ausschließlich hausgemacht zu charakterisieren, wie ein Kartenhaus zusammenfallen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist der Punkt. Ich verstehe da Ihre Zurückhaltung durchaus, wenn ich sie auch mißbilligen und kritisieren muß.
    Der dritte Punkt, auf den ich abheben will, ist der, daß das Stichwort „Vertrauenslücke" von der Union natürlich beibehalten werden muß. Da ist es so einfach, zu sagen: Wenn die Unternehmer, die Unternehmensleitungen nur mehr Vertrauen zur Regierungspolitik haben könnten, dann wären die Probleme überwunden. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: wenn Sie Unternehmensleitungen, Vorstandsmitglieder, Manager und Aufsichtsratsmitglieder so einschätzen, daß deren Entscheidungen von den jeweiligen parlamentarischen Mehrheiten abhängen, dann ist das ein Skandal. Es ist auch ein Skandal, wenn Sie auf solche Verhaltensweisen spekulieren. Aber Ihre Einschätzung wird ja von keiner Seite gestützt. Sie behaupten einfach, daß Unternehmensleitungen sich so verhalten. Der Arbeitgeberpräsident hat vor drei Wochen gesagt: die Sozialliberalen sind auf dem richtigen Weg. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer hat in Kiel erklärt, er vertraue auf das wirtschaftspolitische Konzept der sozialliberalen Regierung. Auch die Deutsche Bank sagt das. Nun sage ich nicht: Diese Äußerungen allein sind schon Beweis für die Richtigkeit der Regierungspolitik. Da käme ich ja auch ins Schleudern innerhalb des Spektrums der Sozialdemokratischen Partei. Aber ich kann sagen: Diese Äußerungen und diese Zitate entziehen den ständigen Unkenrufen der Union den Boden. Denn Sie finden mit Ihrer Behauptung, die Politik verunsichere die Wirtschaft, keinen ernst zu nehmenden Zeugen im betroffenen Bereich selbst. Die These von der angeblichen politischen Vertrauenslücke ist nichts anderes als die Krücke, die über fehlende konkrete wirtschaftspolitische Argumente und Alternativen hinwegtäuschen soll.
    Letztes Stichwort: Strukturpolitik! Wer sich den Kopf darüber zerbricht, wie man all die internationalen Anstrengungen, verstärkte Investitionstätigkeit, gezielte Arbeitsmaßnahmen noch ergänzen, noch verbessern könnte, der kommt am Stichwort „Strukturpolitik" überhaupt nicht vorbei. In der Theorie hat die Union das ja auch begriffen. Da lese ich in dem Entwurf Ihres Grundsatzprogramms:
    Der technisch, wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel hat sich beschleunigt und vertieft. Die Bedeutung der Strukturpolitik wächst. Die zunehmende Verflechtung unserer Volkswirtschaft im internationalen Bereich bedarf der Berücksichtigung bei allen Planungen und Entscheidungen unserer Wirtschaftspolitik.
    Wie wahr! Man müßte sich nur an sein eigenes Programm im politischen Alltag erinnern! Nicht so, wie Herr Zimmermann das jüngst getan hat: wenn andere politische Gruppierungen, z. B. die Sozialdemokraten, sich überlegen, was denn auf dem Felde passieren muß, von einem erneuten Anlauf, sozialistische Ziele in die Praxis umzusetzen, und von sozialistischen Zauberformeln zu reden, die da im Gange seien. Wir bilden uns überhaupt nicht ein, Zaubermittel zur Bewältigung der wirtschaftlichen Aufgaben erfinden zu können. Wer kann das schon? Aber wir halten es für unsere Pflicht, über die Ergänzung und Straffung der bisher schon vorhandenen Instrumente nachzudenken, denn das alles ist ja nicht etwas Neues.

    (Beifall bei der SPD)

    Strukturpolitik gibt es schon lange. Ihre Regierungen haben sie auf Teilgebieten gemacht, regionale Wirtschaftsförderung, Agrarpolitik und was alles dazugehört, und sie wird fortgeführt. Da finde ich, daß es wirklich ein Treppenwitz ist, wenn die Union von den Vorschlägen der SPD — was Sie im einzelnen immer davon halten — spricht, als sei hier ein neues planwirtschaftliches Abenteuer im Gange.
    Insgesamt: Die Union war bisher und auch in der heutigen Debatte nicht imstande, die Widersprüche zwischen ihren programmatischen Aussagen und ihrem tatsächlichen Verhalten in der Politik zu überwinden. Wenn man ansieht, welche Funktion die neue Strategiekommission in der Union haben wird, dann scheint die Zukunft auch nicht zu größeren Hoffnungen Anlaß zu geben. Da muß man Herrn Kohl und seinen Mannen zu diesem Dienstweg, wie der Herr Zimmermann das gestern in der „Welt" genannt hat, über den alles gehen müsse, schon jetzt tiefes Mitgefühl aussprechen.
    Wir möchten Bundesregierung und Bundeswirtschaftsminister ermuntern, den eingeschlagenen wirtschaftspolitischen Weg weiter zu gehen. Im Bemühen, Folgen der wirtschaftlich bedingten Rezession hierzulande zu überwinden, brauchen wir und braucht die Koalition keinen Nachhilfeunterricht, am wenigsten von einer Union, deren wahrer Führer bei früherer Gelegenheit Arbeitslosigkeit als „Gnade der Stunde der Angst" gefeiert hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Graf Lambsdorff.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Vor etwa an-



    Dr. Graf Lambsdorff
    derthalb Jahren habe ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, vorgeworfen, Sie hätten keine Alternative und Sie seien auch keine. Jetzt machen Sie offensichtlich den Versuch, so viele Alternativen zu entwickeln, daß man sich überhaupt nicht mehr durchfindet. Ich will das nicht mit meinem eigenen Urteil belegen, sondern ich will zitieren, was die deutsche Öffentlichkeit zu dem gesagt hat, was Sie in den letzten Tagen produziert haben; wegen der gebotenen Kürze der Zeit will ich mich mit den Zitaten sehr kurzfassen.
    So schrieb zum Arbeitsmarktprogramm der CDU die „Süddeutsche Zeitung" über den verehrten Kollegen Dellinger, er halte dieses Programm für gefährlich. Franz Josef Strauß im „Bayernkurier" am 11. Juni: es sei unbedacht, unrealistisch und der SPD entlehnt. „Bild am Sonntag" überschreibt: „Strauß zerreißt das Konzept der CDU", und der Kollege Jenninger wird gleichzeitig zitiert, vieles an dem Programm sei ja gar nicht so beschlossen und so beabsichtigt; da wird also etwas vorsichtiger operiert.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So war es auch!)

    Im „Bayernkurier" kann man lesen — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Lesen Sie den „Bayernkurier" ?)

    Hier hat sich eine fatale Denkweise offenbart, die nach schlechten sozialistischen Vorbildern in erster Linie darauf aus ist, bestehende Mängel zu verwalten und staatlich zu organisieren, während darauf verzichtet wird, mit echtem politischem Handeln den verfahrenen Karren der Wirtschaftspolitik wieder in Gang zu bringen.

    (Wehner [SPD] : „Laßt tausend Blumen blühen" !)

    Wohlgemerkt, meine Damen und Herren, so wird ein CDU-Programm beurteilt, nicht etwa die Politik der Regierung.
    Auch die Sozialausschüsse fehlen nicht in diesem Chor. Der Kollege Katzer fordert Erhöhung der Beiträge zur Altersversorgung. Das CDU-Parteipräsidium und die Fraktion sind dagegen. Der Hauptgeschäftsführer der Sozialausschüsse fordert eine dauerhafte Senkung der Altersgrenze. Das CDU-Präsidium ist für eine flexible Regelung. Der Hauptgeschäftsführer Hasinger meint dazu: „Die Gestaltung des Lebensabends ist keine Lotterie." Wir sind dieser Meinung. Nur die CDU-Politik ist offenbar eine solche Lotterie, bei der man allerdings meist nur Nieten, gelegentlich mal ein Freilos zieht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Zu all dem kann man doch nur zitieren, was der verehrte Kollege Professor Carstens am Dienstag an dieser Stelle gesagt hat; dies in Ihr Gedächtnis:
    Eine politische Gruppe, die mit vielen unterschiedlichen Stimmen spricht, mag sich bei manchen Sympathien erwerben, ihre politische Wirkung steigert sie dadurch gewiß nicht.
    Oder etwas volkstümlicher, wie der Kollege Franz Josef Strauß in „Bild am Sonntag" vom 5. Juni: „In jeder politischen Partei sollte auch die linke Hand wissen, was die rechte tut."

    (Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

    Wie wahr!

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir haben jahrelang und auch heute wieder von Ihnen gehört: konsolidieren, Haushalt zurückfahren, Einsparungen vornehmen und weniger Staat. Und jetzt? Der CDU-Generalsekretär Geißler beziffert die Kosten dieses Programms mit maximal 13,9 Milliarden DM und meint: Bei Beachtung der volkswirtschaftlichen Zusammenhänge kosten die von der Union vorgeschlagenen Maßnahmen unter dem Strich nichts. Meine Damen und Herren! Hat Herr Geißler je im Leben etwas von einer Liquiditätsrechnung und deren Finanzierungskosten gehört? Und woher nimmt er die in meinen Augen abenteuerliche Gewißheit, daß sich bei einem solchen Vorschlag Ausgaben und Ersparnisse wie zwei kommunizierende Röhren bewegen?
    Aber Sie sind auch da für Trost immer wieder gut. Ich zitiere die „Westfälische Rundschau" vom 8. Juni: „Haushaltsexperte Leicht: ,Das CDU-Programm ist zusätzlich zum 16-Milliarden-Programm finanziell nicht zu verwirklichen.'" Ja, meine Damen und Herren, kommen die Herren Leicht und Geißler aus derselben Partei, gar aus demselben Landesverband, etwa aus dem des Herrn Kohl?
    Welch ein Glück, daß Herr Leicht zum Europäischen Rechnungshof geht und nicht Herr Geißler! Denn von der Seriosität des Herrn Leicht in Finanzfragen sind wir voll überzeugt. Nach der Darbietung, die Herr Geißler gegeben hat, können wir bei ihm davon zur Zeit noch — so will ich freundlicherweise sagen — nicht überzeugt sein.
    Ich habe damals formuliert: Sie haben keine Alternative, und Sie sind keine. Jetzt haben Sie so viele Alternativen, daß Sie deswegen keine Alternative sind.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, betreiben dieses Verwirrspiel ja keineswegs nur sachlich. Sie betreiben es auch personell. Wer eigentlich spricht für Sie jetzt verantwortlich für Wirtschaftspolitik? Die Kollegen Narjes, Müller-Hermann und Russe haben ihr wirtschaftspolitisches Interesse gleich abgelegt. Sie sind gar nicht mehr hier. Die haben Sie nach der Bundestagswahl ja ziemlich gnadenlos abserviert. Sie betreiben Personalpolitik offensichtlich so, wie andere Leute Champignons züchten: alles schön im Dunkeln im Keller halten, gelegentlich kräftig Mist draufschütten und jeden Kopf, der ans Tageslicht kommt, abschneiden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)




    Dr. Graf Lambsdorff
    Nunmehr haben wir es mit dem Kollegen Professor Biedenkopf als dem wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU zu tun. Aber der ist im Augenblick offenbar gerade außenpolitisch tätig und deswegen nicht hier. Wir haben es heute mit den Kollegen Hauser und Pieroth zu tun. Herr Kollege Pieroth, sehr viel Neues haben Sie heute in der Debatte nicht beigetragen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben nicht zugehört!)

    Der Kollege Barzel wird uns heute auch noch mit Wirtschaftspolitischen Auslassungen informieren und zu überzeugen versuchen. Wir freuen uns darauf.
    Der von Ihnen gewählte wirtschaftspolitische Sprecher, nämlich der Vorsitzende des Arbeitskreises Ihrer Fraktion für Wirtschaftspolitik, der Kollege Dollinger, hat bisher nur einige wenige — ich glaube, an den Fingern zweier Hände abzählbare — Minuten in der wirtschaftspolitischen Diskussion dieser Wahlperiode hier sprechen dürfen.

    (Dr. Dollinger [CDU/CSU] : Sie werden mich noch genug hören!)

    In Wahrheit spricht dann der Kollege Franz Josef Strauß.
    Sie werden sich nicht wundern, wenn wir uns fragen, ob das nun die Vielfalt in der Eintracht oder die Einfalt in der Zwietracht ist, die Sie uns personell bieten.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

    Herr Kohl hat gestern den Vortrag zitiert, den ich beim Institut für Finanzen und Steuern zu Fragen der Ordnungspolitik gehalten und bei dem ich gesagt habe: Wir haben eine ordnungspolitische Diskussion, die wir ernsthaft miteinander führen müssen. Er hat mich aufgefordert, diese Diskussion zuvörderst mit Willy Brandt zu führen.
    Meine Damen und Herren, wenn ich mir ansehe, was der Professor Biedenkopf zu den ordnungspolitischen Kategorien Ihres Arbeitsmarktprogramms in aller Öffentlichkeit gesagt hat, dann, meine ich, tut Herr Kohl besser daran, sich um den ordnungspolitischen Standpunkt in Ihren Reihen Kummer zu machen, als uns Missionierungsversuche in anderer Richtung zu empfehlen.

    (Breidbach [CDU/CSU]: Ablenkung!)

    Allerdings empfehle ich, auf den Unterschied zwischen ordnungspolitischen Theoriegesängen und ordnungspolitischer Alltagspraxis auch bei dem verehrten Kollegen Biedenkopf zu achten. Uns stellt sich das z. B. so dar. Ich zitiere — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten — auszugsweise aus einem Interview des Kollegen Biedenkopf am 11. Juni im Süddeutschen Rundfunk:
    Die Ablehnung der Vermögensteuersenkung ist eine strategische Maßnahme zur Beschleunigung des Prozesses der Aushöhlung der marktwirtschaftlichen Ordnung mit dem Ziel, praktisch den Beweis führen zu können, daß die Marktwirtschaft nicht funktioniert.
    Wenige Tage später wird an dieser Stelle von demselben Redner in der Einzelabstimmung nur über die Senkung der Vermögensteuersätze mit der roten Karte des Nein votiert. Für mich bleibt es ein unvergeßliches Bild, die Kollegen Strauß, Biedenkopf, von Bismarck und Kohl hier alle mit NeinKarten an den Stimmurnen stehen zu sehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Dies ist bloße opportunistische Taktik und hat mit Ordnungspolitik und Grundsatztreue überhaupt nichts zu tun.

    (Breidbach [CDU/CSU] : Opportunismus ist doch Ihr Markenzeichen, Herr Lambsdorff! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/CSU)

    Im übrigen, meine Damen und Herren, war dies die erste praktische Mitentscheidung über einen Gesetzesparagraphen, bei der ich den Kollegen Biedenkopf in Aktion gesehen habe. Dies ist eben der Weg zwischen Wollen und Können oder auch, etwas boshafter ausgedrückt, zwischen Wahn und Wirklichkeit.
    Statt dessen werfen Sie — und insbesondere Herr Biedenkopf — dem Herrn Bundeswirtschaftsminister Sonntagsreden vor. Natürlich tat er das selber in einer Sonntagsrede im „Deutschlandfunk". Das verstehe ich. Ich verstehe, daß sich die CDU/CSU über den Bundeswirtschaftsminister Friderichs und seine klaren ordnungspolitischen und marktwirtschaftlichen Reden ärgert. Denn was sagen die Leute draußen? Die Leute sagen: „Der Mann ist gut, der ist in Ordnung; einen besseren Wirtschaftsminister können wir uns eigentlich nicht wünschen." Das ist die Reaktion draußen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Warum geschieht das, meine Damen und Herren? Doch nicht deshalb, weil er tränenfeuchte Unternehmeraugen erzeugt. So emotional, wie Sie das für Ihre Verwirrungsreden gerne hätten, sind die deutschen Unternehmer in ihrer Mehrzahl gar nicht.

    (Sehr wahr! bei der FDP)

    Die Leute sagen es deswegen, weil ein klares wirtschaftliches Konzept verkündet wird, weil vorausschauende Wirtschaftspolitik betrieben wird und weil dieser Wirtschaftsminister das richtige Augenmaß für die Chancen und Risiken der Bundesrepublik in der Weltwirtschaft hat.
    Aber das ist nicht alles. Der Ärger dieser Opposition geht noch weiter. Sie ärgern sich auch darüber, daß es innerhalb der Bundesregierung eine erfolgreiche Mannschaft gibt, die in erster Linie die Verantwortung für die Wirtschafts-, Währungs- und Konjunkturpolitik trägt. Das sind der Bundeskanzler, der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfinanzminister. Sie ärgern sich über die Reputation, die sie draußen haben. Das verstehen wir.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich will kurz zwei Beispiele für die Position des Bundeswirtschaftsministers in diesen letzten Jahren bringen. Herr Kohl hat hier die Wettbewerbsgesetz-



    Dr. Graf Lambsdorff
    gebung kritisiert. Er hat das Bundeskartellamt und die Monopolkommission zitiert. Meine Damen und Herren, was glauben Sie, wie die Wettbewerbslandschaft aussähe, wenn wir Sie in der letzten Legislaturperiode nicht auf Initiative dieses Ministers hin gezwungen hätten, endlich der Kartellnovelle zuzustimmen? Was stünde dann wohl im Bericht der Monopolkommission oder — da es die dann nicht gäbe — im Bericht des Bundeskartellamts?

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Zur Voraussicht struktureller Entwicklungen: Ich habe mich manchmal gefragt: Was fährt dieser Bundeswirtschaftsminister eigentlich so häufig gerade in die Länder des Mittleren Ostens? Inzwischen ist wohl jedem aufgegangen, was das für einen Zweck hatte, was deutsche Aktivitäten an den Erdölbohrlöchern bedeuten, was die Sicherung dieser Exportmärkte in der Rezession durch diesen Mann bedeutet hat.
    Wir sehen eine Auswirkung davon auch im Aufbau der DEMINEX in der Bundesrepublik, die, langfristig geplant, heute in einer Form agieren kann, die vorher nicht möglich war.
    Die Einsparung von Energie ist eine politische Notwendigkeit ersten Ranges. Darüber ist hier gesprochen worden. Wir verdanken es nicht zuletzt der Aktivität des Bundeswirtschaftsministers, daß die Vereinbarungen zwischen der Steinkohle und den Elektrizitätsversorgungsunternehmen zustande gekommen sind. Herr Bundeswirtschaftsminister, wir wären dankbar, wenn wir das Dritte Verstromungsgesetz zum Überarbeiten möglichst schnell in den Ausschuß bekommen würden.
    Hier liegt auch — um auf die Frage, Herr Waigel, zu antworten — die Bedeutung der Kokskohlensubvention in Höhe von 230 Millionen DM. Eines muß dazu gesagt werden: Das ist auch eine Folge internationaler Wettbewerbsverzerrungen. Andere Länder subventionieren ihre Stahlindustrie in einer Weise, wie sie bei uns glücklicherweise bisher nicht der Fall gewesen ist und hoffentlich auch nicht sein wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Dieses Risiko einer zusätzlichen Haushaltsbelastung ist Ihnen bei Beginn der Haushaltsberatungen, nach meinen Informationen, vom Parlamentarischen Staatssekretär Haehser aufgezeigt worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist nicht wahr!)

    — Ich sage: nach meinen Informationen, Herr Kollege.