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ID0803602400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2763 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2763 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/498 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1976 bis 1980 — Drucksachen 8/101, 8/325, 8/612 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/517 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/513 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/514 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/515 — Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 2764 A Grobecker SPD 2769 A Gärtner FDP 2772 B Wohlrabe CDU/CSU 2774 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Löffler SPD . . . . . 2776 D Frau Matthäus-Maier FDP 2779 B Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 2780 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/499 — Dr. Waigel CDU/CSU 2785 C Dr. Sperling SPD 2788 D Dr. Haussmann FDP . . . . . . . . 2791 C Pieroth CDU/CSU 2793 A Reuschenbach SPD 2795 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 2797 D Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . 2800 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 2803 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU . . . . . 2805 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/504 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2813 D Möllemann FDP 2816 C Blank SPD 2822 D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2825 B Horn SPD 2827 A Leber, Bundesminister BMVg . 2830 D, 2854 A Dr. Wörner CDU/CSU 2839 A Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2846 C Dr. Kohl CDU/CSU 2848 A Schmidt, Bundeskanzler 2849 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 2855 B Erklärungen nach § 35 GO Dr. Zimmermann CDU/CSU 2856 D Würzbach CDU/CSU 2857 B Namentliche Abstimmung 2857 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/509 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU . 2859 C Stöckl SPD 2861 A Dr. Schneider CDU/CSU 2862 B Gattermann FDP 2864 A Ravens, Bundesminister BMBau . . . . 2866 C Niegel CDU/CSU 2869 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/502, 8/558 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2830 A Müller (Nordenham) SPD 2872 B Lemmrich CDU/CSU 2874 B Peters (Poppenbüll) FDP 2876 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP . 2876 D Metz CDU/CSU 2877 B Grobecker SPD 2877 D Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . 2878 A Schirmer SPD 2878 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen - Drucksache 8/503 — . . . . . . . . 2878 D Haushaltsgesetz 1977 — Drucksachen 8/518, 8/577 — . . . . . 2879 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung ,der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/651 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksache 8/652 — Müller (Remscheid) CDU/CSU 2806 C Franke CDU/CSU 2809 C Glombig SPD 2811 A Schmidt (Kempten) FDP 2812 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu einer dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/657 — 2813 B Nächste Sitzung 2879 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2881* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2763 36. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1977 Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens *' 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Blumenfeld * 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders *' 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Klinker 24. 6. Kunz (Berlin) * 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp *** 24. 6. Lenzer *** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Scheffler *** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 24. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6. Zeyer * 24. 6.
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    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Jetzt möchte ich noch einen Satz sagen, und dann darf Herr Wohlrabe seine Zwischenfrage gerne stellen.

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Wie gnädig!)

    Ich meine also, Herr Kollege Wohlrabe, Sie müßten etwas nuancierter argumentieren. Ich füge im übrigen hinzu, daß alle Entscheidungen im Finanzministerium mit Parteipolitik überhaupt nichts zu tun haben.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Ja, natürlich. Wenn Sie das Gegenteil behaupten, verstoßen Sie erneut gegen das Achte Gebot.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn Sie, hochverehrter Herr Kollege Wohlrabe, jetzt Zitate aus der Tageszeitung „Die Welt" benutzen, dann ist dieses genausowenig überzeugend. In jedem Falle wissen Sie ganz genau, daß ich als Bundesfinanzminister nicht, wie Sie sagen, gegen Recht und Gesetz verstoßen habe.
    Eine letzte Bemerkung zu diesem Thema, dann sind Sie herzlich zu Ihrer Zwischenfrage eingeladen. Der Personalrat des Bundesfinanzministeriums, der sich bereits auf der letzten Personalversammlung mit aller Deutlichkeit und Kraft gegen eine öffentliche Debatte der Personalpolitik im Finanzministerium gewehrt hat, wird sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen haben, weil es sicherlich nicht im Interesse des Finanzministeriums und des Personalrats ist, einen Anwalt ausgerechnet Ihres Kalibers zu haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Bitte, jetzt sind Sie mit Ihrer Zwischenfrage an der Reihe.


Rede von Jürgen Wohlrabe
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Daß Sie dieses Thema trifft, Herr Bundesfinanzminister, kann ich verstehen. Ich habe nur folgende Frage: Trifft es zu, daß es sich bei den in der Hausverfügung Nr. 3/77 - Sie werden sicher einsehen, daß ich natürlich etwas mehr zu diesem Thema gesagt und nicht nur dieses Papier genannt habe — unter der Überschrift „Personelle Veränderungen im Bundesministerium der Finanzen" ausgewiesenen Beförderungen in der Mehrzahl, nämlich 7 von 10, um Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei handelt? Das war meine Frage. Können Sie das bestätigen, ja oder nein?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Es trifft nicht zu, Herr Kollege Wohlrabe.

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Na gut! Sie wissen, daß Sie jetzt die Unwahrheit gesagt haben!)

    — Ich weise dieses mit aller Entschiedenheit zurück, Herr Kollege Wohlrabe. Ich bin nicht bereit, mich mit Ihnen auf dieser Ebene zu unterhalten, damit wir uns hier klar verstehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich unterstreiche, daß wir die Personalpolitik des Finanzministeriums künftig wie bisher an folgenden Kriterien orientieren werden:
    1. Befördert wird nach Recht und Gesetz, nach Qualität und natürlich auch nach Anciennität.



    Bundesminister Dr. Apel
    2. Das Ministerium muß ein Interesse daran haben, daß ein Austausch mit anderen Institutionen, insbesondere mit der freien Wirtschaft, möglich und erhalten bleibt.
    Ich möchte jetzt zur Sache reden, zur Finanzpolitik, die hier durch den ersten Debattenredner eingeführt worden ist. Hierzu möchte ich sieben Bemerkungen machen.
    Bemerkung Nummer eins. Sie, Herr Kollege Carstens, haben gesagt, wir benutzten die weltweite Krise, um die Probleme bei uns zu verniedlichen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So ist es richtig!)

    Dazu ist folgendes festzustellen. Es kann wohl nicht übersehen werden, daß es eine weltweite Rezession gibt. Es kann ja wohl nicht übersehen werden, daß alle internationalen Institutionen dieses deutlich machen. Es kann ja wohl nicht übersehen werden, daß die Situation in der Bundesrepublik in der Tat überragend besser ist als bei unseren Partnern. Dieses liegt im wesentlichen daran, Herr Kollege Carstens, daß diese Bundesregierung gehandelt hat. Diese Bundesregierung hat mehrfach gehandelt. Ich werde jetzt einige der Beispiele vorführen. Wir haben seit Beginn der Rezession 30 Milliarden DM für Konjunkturprogramme ausgegeben, davon 62 % zu Lasten des Bundes, obwohl der Bund nur 48 % des Steueraufkommens hat. Dieses hat ausgelöst und wird auslösen Investitionen in einer Größenordnung von 80 Milliarden DM. Die Steuerreform des Jahres 1975 ist in diese Zahlen nicht eingerechnet; sie hat aber konjunkturpolitisch stabilisierend gewirkt. Wir setzen Mittel des Bundeshaushaltes, unsere Währungsreserven ein, um auch international unsere Solidarität zu bewahren und zu bewähren, weil wir wissen, daß wir in unserem eigenen Wachstum von der weltweiten Entwicklung abhängig sind. Wenn 40 % unseres gesamten Industrieumsatzes direkt oder indirekt vom Export abhängig sind, dann wird das deutlich. Es gibt auch überhaupt keinen Grund, die Erfolge der letzten Jahre nicht deutlich zu erkennen. Wir hatten doch in diesen Jahren ein Wirtschaftswachstum von real 5,5 %. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sagt heute, in diesem Jahre werden wir ein Wirtschaftswachstum von real 5 % haben. Warten wir ab. Es wird vielleicht 4,5 oder 5 % betragen; auch dieses ist eine beträchtliche Zahl. Ich meine also, hochverehrte Damen und Herren von der Opposition, wir haben allen Grund, auf unsere Leistungen stolz zu sein. Wir haben allen Grund, selbstbewußt in die Zukunft zu sehen, ohne allerdings die Probleme zu verniedlichen. Dieses will ich sehr wohl zugeben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Eine zweite Bemerkung. Herr Carstens, Sie sagten, bis Anfang der 70er Jahre ging es uns gut. Ich muß Ihnen sagen, von einer Opposition, die im Jahre 1977 immer nur noch eines kann, nämlich ununterbrochen in die Vergangenheit zu schauen, ihre eigene Vergangenheit zu belobigen und zu beschönigen, ,die also im Jahre 1977 immer noch retrospektiv denkt und guckt, die die Probleme der Gegenwart nicht sieht und nicht in die Zukunft schaut, können wir allerdings keine Antworten für die Probleme der Gegenwart erwarten. Dieses ist für mich völlig klar.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn Sie sagen, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt, dieses sei in ,den Jahren 1974, 1975 und 1976 deutlich geworden, dann sind Ihnen, Herr Kollege Carstens, augenscheinlich die Zahlen nicht bekannt. Wir haben in den vier Haushaltsjahren von 1970 bis 1973 ungefähr 10 Milliarden DM Nettokreditaufnahmen gebraucht. Wir haben in dem gleichen Zeitraum ungefähr 10 Milliarden DM Steuerüberschüsse aus konjunkturpolitischen Gründen stillgelegt. Wo haben wir denn eigentlich über die Verhältnisse gelebt? Können Sie mir das an Hand dieser Zahlen einmal erläutern oder reden Sie erneut über die Probleme hinweg und wollen nicht die Realitäten sehen? Daß dann allerdings die Nettofinanzierungssalden beim Bund hochgesprungen sind, ist richtig. Dieses war konjunkturpolitisch geboten.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Für die Haushaltslöcher!)

    Damit bin ich bei meinem dritten Punkt. Ich bitte um etwas mehr ökonomische und finanzpolitische Logik, meine Damen und Herren von der Opposition.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Die ist bei Ihnen doch nicht zu sehen!)

    Sie haben in Ihrer Rede in 25 Minuten ein hervorragendes Beispiel dafür geliefert, wie es mit Ihrer Logik bestellt ist. Sie kriegen es fertig, in 25 Minuten nacheinander folgendes zu sagen. Erstens: Diese Bundesregierung tut nicht genug gegen die Arbeitslosigkeit. Das haben Sie gesagt. Aber dieses hieße doch wohl: mehr Staatsausgaben und mehr Steuersenkungen.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Was heißt das? — Abg. Haase [Kassel] [CDU/ CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Kollege Haase, auch Sie bekommen Ihre Zwischenfrage, wenn ich meine Argumentation beendet habe.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Das ist doch Ihr Punkt!)

    In derselben Rede sagen 'Sie — wenige Minuten später —, wir würden nicht genug sparen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Mehr private Investitionen! — Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Sie bauen das doch falsch auf!)

    Das heißt doch: weniger Staatsausgaben, weniger Staatsaktivität. Können Sie mir bitte einmal auseinandersetzen, wie das zusammenpaßt?
    Wenn Sie jetzt dazwischenrufen, das bedeute weniger Steuern für die investierende Wirtschaft, dann bin ich bei dem vierten Widerspruch: Wie wollen Sie das eigentlich finanzieren?

    (Sehr richtig! bei der SPD)




    Bundesminister Dr. Apel
    Wie wollen Sie denn eigentlich die Milliarden aufbringen?

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir haben eine Aufstellung über das gemacht — ganz ruhig und ohne daß wir uns darüber aufgeregt haben —, was Sie seit Beginn der Legislaturperiode in sieben Monaten entweder offiziell oder durch Ihre finanzpolitischen Sprecher oder durch Ankündigungen der Landesregierungen, insbesondere der Bayerischen Staatsregierung, an Steuererleichterungen und Steuersenkungen versprochen haben. Das sind sage und schreibe 15,9 Milliarden DM.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Wollen Sie mir diese Logik erklären: weniger Staat, auf mehr Steuern verzichten, den Staat für die Arbeitslosigkeit verantwortlich machen und gleichzeitig den Haushalt konsolidieren?

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Das versteht ein Sozialist nie!)

    Das paßt vorne und hinten nicht zusammen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das macht nur deutlich, daß Sie nicht begriffen haben, worum es geht.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das können Sie auch nicht begreifen!)

    Ich muß Ihnen sagen: Das ist ein trauriges Kapitel der Finanzpolitik der Opposition.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie sagen, dieser Haushalt sei ohne Perspektive. Übersehen Sie eigentlich, Herr Kollege Carstens, daß wir beim Bund im Jahre 1975 30 Milliarden DM Nettokreditaufnahme und in diesem Jahre 20,5 Milliarden DM gemacht haben, daß wir die Konjunktur gleichzeitig massiv über antizyklische Programme — 30 Milliarden DM — angekurbelt haben? Was wäre eigentlich passiert, wenn wir Ihre Politik verfolgt hätten? Wir hätten auf der einen Seite 16 Milliarden DM ausgegeben, wir hätten auf der anderen Seite auf die Mehrwertsteuererhöhung verzichtet. Wir wären ins finanzpolitische Chaos gelaufen. Sie können sich diesen Zirkus nur leisten, weil Sie genau wissen, daß Sie in absehbarer Zeit nicht die Verantwortung für die Finanzpolitik übernehmen müssen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich meine, Sie müssen sich endlich einmal entscheiden. Wenn Sie weniger Staat und mehr Marktwirtschaft wollen, können Sie nicht gleichzeitig den Staat, die öffentlichen Hände für die Wirtschaftslage, für die Arbeitslosigkeit, für die Probleme, die wir haben, verantwortlich machen. Entweder — oder.

    (Beifall bei der SPD)

    Fünftens. Frau Kollegin Matthäus hat das Thema der Staatsquote bereits aufgegriffen. Ich kann mir dazu Bemerkungen ersparen. Ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar dafür, daß Sie daran erinnert haben, wie die Zahlen wirklich aussehen.
    Ich komme damit zu meinem sechsten Punkt. Sie, Herr Kollege Carstens, haben beklagt, daß die Investitionen des Bundes so zurückgegangen seien.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Ja!)

    — Gut. Schauen wir uns bitte auch hier die Zahlen an. Ich bin immer für Genauigkeit und nicht für allgemeine Bemerkungen.

    (V o r s i t z : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

    Das Haushaltsjahr 1977 ist noch nicht abgeschlossen. Am Ende des Jahres werden wir wissen, wie viele Investitionen der Bund getätigt haben wird. Das hängt z. B. auch vom Ablauf des Investitionsprogramms, des Infrastrukturprogramms ab. Wir müssen also auf 1976 zurückgreifen. Der Bund hat im Jahre 1966 15,5 % seiner Ausgaben für Investitionen ausgegeben, im Jahre 1976 waren es 14,5 %; das ist eine Abnahme um einen Prozentpunkt. Die Länder haben 1966 26,1 % ihrer Ausgaben für die Investitionen ausgegeben, im letzten Jahre waren es 17,4 0/0; das ist eine Abnahme um 9 Prozentpunkte.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Und wie sieht es bei den Kommunen aus?)

    — Bei den Kommunen ist sogar eine Abnahme um 18 Prozentpunkte zu verzeichnen. Nun tun Sie doch bitte nicht so, als sei der Rückgang der Investitionsquote ein typisches Bundesthema. Das betrifft alle Gebietskörperschaften, wie auch immer sie strukturiert sind.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Aber der Bundestag beschließt doch die belastenden Gesetze!)

    — Das ist doch auch wieder eines der Märchen. Als wenn nicht der Bundesrat an der Gesetzgebung beteiligt ist und nicht Sie im Bundesrat die Mehrheit haben.
    Ich möchte hier jetzt eine andere Bemerkung anschließen. Es gibt eine sehr interessante Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die müssen wir uns einmal sehr ernst zu Gemüte führen, wenn wir über öffentliche Investitionen und ihre Konsequenzen reden. Das DIW sagt: Straßenbau, Kanalbau, öffentliche Investitionen dieser Art mit nur geringen Folgekosten sind gut, aber lösen nur einmal einen Investitions- und damit einen Beschäftigungsstoß aus. Da werden einmal Stahl und Zement verbaut und Arbeiter beschäftigt. Es gibt also einen Investitionsstoß. Dann flacht sich die Konsequenz dieser Art von öffentlicher Investition ab. Das kann nicht bestritten werden. Das DIW sagt weiter: Es gibt eine andere Art von öffentlichen Investitionen: Schulbau, Krankenhausbau, Altenheimbau. Dort ist die Konsequenz für die Konjunktur und für die Beschäftigungspolitik positiver, weil es dort nicht nur den einmaligen Investitionsstoß gibt, sondern konjunkturelle Folgewirkungen sichtbar und wirksam bleiben. Dort braucht man Ersatzinvestitionen; dort werden Menschen beschäftigt.



    Bundesminister Dr. Apel
    Ich meine also, wenn dies stimmt, dann kann ich uns alle nur davor warnen, diese einseitige Betrachtung zu wollen, nach der Investitionen ohne oder mit geringen Folgekosten gut sind, Investitionen mit personellen Folgekosten von vornherein schlecht sind. Ich kann uns davor nur warnen.

    (Beifall 'bei der SPD)

    Wenn dies so ist, dann versteht sich auch, warum bei den Gebietskörperschaften, insbesondere bei den Ländern und Gemeinden, die Investitionsquote zurückgeht: weil natürlich als Folge von öffentlichen Investitionen im Schulbau, im Krankenhausbau, im Altersheimbau anschließend der Personalkostenanteil folgt. Aber dann hören Sie doch mit dieser urinuancierten Polemik über die Investitionsquote auf.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Das ist nur ein Teil!)

    Hören wir damit auf und nehmen bitte auch die Konsequenzen von Investitionen, nämlich Personalkostenausgaben, anschließend zur Kenntnis.
    Ich fasse meinen siebten Punkt zusammen. Mir ist nicht deutlich geworden, was Sie nun eigentlich wollen. Wollen Sie weniger Ausgaben der öffentlichen Hände und damit eine Abnahme der Beschäftigung? Wollen Sie die Konjunktur kaputtsparen? Oder wollen Sie mehr öffentliche Ausgaben oder Verzicht auf öffentliche Einnahmen über Steuersenkungen? Dann müssen Sie sagen, woher das Geld kommen soll.
    Sind wir nun in einem Finanzchaos oder haben wir, wie Herr Gaddum im Bundesrat vor einigen Wochen sagte, rapide Verbesserungen der öffentlichen Einnahmen zu verzeichnen'? Was stimmt? Sie müssen sich entscheiden. Wenn Sie weiterhin bei der Meinung bleiben, es gäbe ein Finanzchaos, dann müssen Sie Ihr Steuerpaket, das Sie demnächst debattieren wollen, zurückziehen. Wenn es aber um eine rapide Verbesserung der öffentlichen Finanzen geht, dann müssen Sie auf die CDU-regierten Länder einwirken, daß sie einen Teil dieser rapiden Verbesserung dem Bund bei der Umsatzsteuerneuverteilung für seine internationalen Verpflichtungen zur Verfügung stellen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich meine also, hier muß ein Klärungsprozeß her. Sie können nicht in 25 Minuten jedem alles versprechen, sondern Sie müssen sich entscheiden. Nur dann sind Sie eine Alternative zu uns.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Nennen Sie eine Versprechung, Herr Minister, eine einzige!)

    — Ich werde Ihnen gerne diese lange Tabelle überreichen. Warum soll ich Ihnen denn das alles vorführen? Sie kennen das doch alles.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Ich meine, was ich in 25 Minuten alles versprochen haben soll!)

    Es sind insgesamt 13 Positionen.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Das ist dann das achte Gebot! Gleich ruft die 86jährige Oma wieder an! — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Die aus München!)

    Meine Damen und Herren, wir dagegen — wir werden das ja morgen in der dritten Lesung noch einmal darzustellen haben — machen eine Finanzpolitik, eine Haushaltspolitik, die zwei Prinzipien sicherstellen soll. Einmal geht es darum, die Haushaltskonsolidierung auch in Zukunft nicht aus dem Auge zu verlieren. Aber wir lassen es nicht zu, daß Sie die Konjunktur kaputtsparen wollen. Wir lassen es auch nicht zu, daß sich Konjunkturstabilisierung nicht auch durch die öffentlichen Haushalte vollzieht. Es ist eben doch — das hat diese Kurzdebatte heute morgen deutlich gemacht — ein großer Unterschied zwischen widersprüchlichen Reden, die jedem etwas versprechen, und verantwortlicher Politik für unser Land und für die Welt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)