Rede:
ID0803600800

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8036

  • date_rangeDatum: 23. Juni 1977

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2763 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2763 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 8/498 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1976 bis 1980 — Drucksachen 8/101, 8/325, 8/612 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 8/517 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 8/513 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/514 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/515 — Carstens (Emstek) CDU/CSU . . . . . 2764 A Grobecker SPD 2769 A Gärtner FDP 2772 B Wohlrabe CDU/CSU 2774 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 Löffler SPD . . . . . 2776 D Frau Matthäus-Maier FDP 2779 B Dr. Apel, Bundesminister BMF . . . . 2780 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 8/499 — Dr. Waigel CDU/CSU 2785 C Dr. Sperling SPD 2788 D Dr. Haussmann FDP . . . . . . . . 2791 C Pieroth CDU/CSU 2793 A Reuschenbach SPD 2795 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 2797 D Dr. Barzel CDU/CSU . . . . . . . 2800 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 2803 A Hauser (Krefeld) CDU/CSU . . . . . 2805 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/504 — Dr. Zimmermann CDU/CSU 2813 D Möllemann FDP 2816 C Blank SPD 2822 D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 2825 B Horn SPD 2827 A Leber, Bundesminister BMVg . 2830 D, 2854 A Dr. Wörner CDU/CSU 2839 A Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2846 C Dr. Kohl CDU/CSU 2848 A Schmidt, Bundeskanzler 2849 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 2855 B Erklärungen nach § 35 GO Dr. Zimmermann CDU/CSU 2856 D Würzbach CDU/CSU 2857 B Namentliche Abstimmung 2857 C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 8/509 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU . 2859 C Stöckl SPD 2861 A Dr. Schneider CDU/CSU 2862 B Gattermann FDP 2864 A Ravens, Bundesminister BMBau . . . . 2866 C Niegel CDU/CSU 2869 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/502, 8/558 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2830 A Müller (Nordenham) SPD 2872 B Lemmrich CDU/CSU 2874 B Peters (Poppenbüll) FDP 2876 B Gscheidle, Bundesminister BMV /BMP . 2876 D Metz CDU/CSU 2877 B Grobecker SPD 2877 D Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . 2878 A Schirmer SPD 2878 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen - Drucksache 8/503 — . . . . . . . . 2878 D Haushaltsgesetz 1977 — Drucksachen 8/518, 8/577 — . . . . . 2879 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung ,der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/651 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksache 8/652 — Müller (Remscheid) CDU/CSU 2806 C Franke CDU/CSU 2809 C Glombig SPD 2811 A Schmidt (Kempten) FDP 2812 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu einer dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/657 — 2813 B Nächste Sitzung 2879 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2881* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Juni 1977 2763 36. Sitzung Bonn, den 23. Juni 1977 Beginn: 9.02 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens *' 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Blumenfeld * 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders *' 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Klinker 24. 6. Kunz (Berlin) * 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp *** 24. 6. Lenzer *** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Scheffler *** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 24. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6. Zeyer * 24. 6.
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    Rede von Claus Grobecker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Carstens, das ist so eine Sache, wenn man seine große Stunde morgens um 9 Uhr hat. Die Geschäftsführer haben große Schwierigkeiten gehabt, die Redezeiten einzuteilen. Ich muß sagen, daß Sie nun noch durch das Ende Ihrer Redezeit beschnitten worden sind, ist bedauerlich. Wir hätten das gern noch ein paar Minuten länger gehört.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Wie ich gerade mitgekriegt habe, haben Sie inzwischen weltweite Reaktionen ausgelöst. Mir wurde gerade ein Zettel hereingereicht. Da ist von einer 86jährigen Dame aus München die Rede, die anfragt
    — sie hört uns mit Sicherheit jetzt auch noch —, ob Sie das alles, was Sie gesagt haben, selber glauben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Was Sie hier machen, ist ja Volksverdummung!)

    — Herr Riedl, vielleicht können wir Ihnen die Adresse geben. Dann könnten Sie in München bei der Dame einmal einen Hausbesuch machen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Mach ich! Geben Sie mir die Adresse!)

    Ich wollte auch noch sagen, daß die Dame sich etwas drastischer ausgedrückt hat, als ich es Ihnen als vornehmer Hanseat hier wiedergeben kann.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Jetzt einmal ohne Flachs: Nach dem, was Sie hier aufgemalt haben, muß das, worin wir leben, ein Trümmerfeld sein.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Ist es doch! — Wehner [SPD] : Eine Laberlandschaft!)

    Ich nehme Sie gern einmal mit in den Hafen, auf
    die Werft, zu den Arbeitnehmern. Dann erzählen
    Sie das alles noch einmal! Wenn Sie dort so reden,
    wie Sie hier geredet haben, werden Sie die Betriebsversammlung nicht überstehen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Es ist inzwischen eine alte Sache — wenn es nicht so schlimm wäre, könnte man sich daran gewöhnen —, daß je ein Sprecher von der Opposition zu jedem Beratungsgegenstand genau das Gegenteil von dem sagt, was der vorhergehende Sprecher gesagt hat. Was wir in den Fachdebatten gestern erlebt haben, hörte sich genau anders an.
    Der Einzelplan 08 ist ein Einzelplan, bei dem sozusagen die „große Finanzpolitik" gemacht wird. Sie hatten nun die Chance, die „große Finanzpolitik" zu machen. Bei den Fachdebatten sieht das genau anders aus.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Nun äußern Sie sich doch!)

    Da wird hieran herumgemacht und daran herumgemacht.
    Wenn man das Revue passieren läßt, wenn man einen Strich unter dem zieht, was Sie in der letzten Woche bei der Beratung des Steuerpaketes und hier bis zu dieser Stunde zum Einzelplan 08 gesagt haben, gefordert und nicht gefordert haben, dann kommt man zu drei Punkten.
    Erstens. Die Opposition verzichtet auf Steuereinnahmen. Das war das Resultat ihrer Ausführungen in der letzten Woche.
    Zweitens. Die Opposition will mehr Ausgaben. Das ist im Haushaltsausschuß deutlich geworden.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Sie will sparen!)

    Drittens. Die Opposition will die Schulden senken.

    (Wehner [SPD] : Es lebe die Opposition als Opposition!)

    Meine Damen und Herren, das ist die Quadratur des Kreises. Das geht nicht, was Sie hier machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Solange Sie so bleiben, wie Sie sind, haben wir überhaupt nichts zu befürchten. Das steht nun mal fest.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Zur Sache Schätzchen!)

    Herr Carstens, das hier wäre die Stunde für Sie gewesen, einmal zu versuchen, eine halbwegs objektive Beurteilung dessen vorzulegen, was in der Haushaltspolitik in diesem und im letzten Jahr gelaufen ist. Das wäre Ihre Chance gewesen. Ich habe gestern schon einmal versucht, klarzumachen, daß immer ein Unterschied zwischen den Beratungen im Plenum und im Haushaltsausschuß besteht.
    Der Haushalt 1977 hat eine doppelte Aufgabe. Das können Sie nicht bestreiten. Einerseits müssen wir die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen weiter vorantreiben, und andererseits muß der Haushalt in die konjunkturelle Landschaft eingepaßt werden. Daß da nicht alles nur so blüht, will ich Ihnen gern zugeben. Wir können den Haushalt also nicht nur restriktiv fahren, sondern wir müssen ihn



    Grobecker
    auch offensiv fahren, damit er als Instrument der Konjunkturpolitik nicht völlig ausfällt. Dazu hätte ich gern ein paar Takte von Ihnen gehört, wie Sie sich das denn nun vorstellen.
    Ich finde, wir haben mit unserer Art, die Haushalte 1976 und 1977 zu fahren, den Versuch gemacht, genau dazwischen durchzukommen. Wir haben die Konsolidierung schon mit dem Haushaltsstrukturgesetz 1975 begonnen. Wir haben die Ausgaben eingeschränkt, insbesondere die konsumtiven Ausgaben — das können Sie nicht bestreiten —, um mehr Raum für investive Ausgaben zu haben, mit denen wir die Konjunktur stützen können. Dazu hätte ich gern Kritik von Ihnen gehört, wie Sie sich vorstellen, wie das anders gehen kann. Ich finde, es ist schlimm, wozu Sie Ihre kostbare Redezeit hier benutzt haben.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Ich finde, wir hätten offen darüber debattieren können, wo Sie Umverlagerungen für notwendig halten, damit der Haushalt das, was er nach Ihrer Meinung leisten soll, auch wirklich leisten kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben mit dem Haushaltsstrukturgesetz die Konsequenz aus dem gezogen, was wir -1973 alle gemeinsam erlebt haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihr macht hier eine Zensurenkonferenz!)

    Wir stellen fest, daß der Haushalt 1976 mit einem Zuwachs von nur 3,5 % in seinen Gesamtausgaben erheblich abgesenkt worden ist und daß das Finanzierungsdefizit im letzten Jahr durch die Maßnahmen, die wir gemeinsam im Haushaltsausschuß beschlossen haben, ebenfalls um 7 Milliarden DM abgesenkt werden konnte. Statt 33 Milliarden DM sind es jetzt nur noch 26 Milliarden DM. Dennoch ist in diesem Jahr zusätzlich — einmal abgesehen von dem Arbeitsmarktprogramm im letzten Herbst — das große 16-Milliarden-DM-Programm für die Zukunftsinvestitionen aufgelegt worden. Dabei haben Sie nicht gesagt ich habe jedenfalls nichts davon gehört —, was daran falsch sei und ob man das anders machen könnte.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Hört! Hört! — Beifall bei der SPD)

    Auch haben Sie überhaupt nicht erwähnt, daß wir einerseits im Haushalt Einschränkungen vorgenommen haben und andererseits mit solch einem Programm versuchen, nicht nur die Investitionstätigkeit der öffentlichen, sondern auch der privaten Hand anzureizen, um damit multiplikatorische Effekte zu erzielen. Davon haben Sie mit keinem Wort geredet.

    (Beifall bei der SPD)

    Gerade weil Sie, Herr Carstens (Emstek), als Berichterstatter zum Einzelplan 08 heute morgen um 9 Uhr die Chance hatten, eine halbe Stunde lang eine große Rede zu halten, hätte man erwarten können, daß Sie dazu etwas sagen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie machen es genau umgekehrt: Sie bemäkeln, daß wir in der zweiten Lesung ganz gezielt Anträge stellen, die sich aus dem Verlauf der Haushaltsberatungen und dem, was zwischen der Bereinigungssitzung, der Schlußsitzung und jetzt geschehen ist, ergeben haben. In der Tat haben wir ausgabewirksame Anträge gestellt. Sie sagen: Das können wir nicht machen. Ich will das nicht polemisch ausbaldowern. Sie kommen ja nicht ganz von der Küste; denn Süd-Oldenburg hat mit der Marine nichts mehr zu tun. Ich möchte aber einmal sagen, was das bedeutet, was Sie schlicht als Reederhilfe bezeichnen. Wir wollen nicht den Reedern den Hintern vergolden, sondern wir haben eine Werfthilfe geschaffen. Sie wissen genau, was auf den Werften an der Küste los ist; das ist die Ruhrkohle der Küste.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie sagen, wir sollten diese Ausgaben nicht vornehmen, so müssen Sie berücksichtigen, daß wir damit gezielt Arbeitsmarktpolitik betrieben haben. Das wird beim Einzelplan 12 nachher auch noch beraten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es gibt überhaupt kein Programm, das so wirksam ist. Sie haben es doch mitbekommen: Wir haben mit einem kleinen Betrag angefangen, dann haben wir abgewartet, wie das Programm laufen würde, und als wir nach dem Abgabeschluß am 31. Mai wußten, daß die Mittel nicht ausgeschöpft waren, haben wir das Geld gezielt hier eingeplant. Wir verplempern das Geld nicht, sondern wir legen es gezielt an, und wir denken, daß wir damit vernünftige Arbeitsmarktpolitik betreiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben z. B. beim Steuergesetz in der letzten Woche ebenfalls verhindert, daß wir Mehreinnahmen haben, um den Haushalt zu konsolidieren. Sie haben gleichzeitig Ausgaben abgelehnt, die ganz besonders dann eingerechnet werden müssen, wenn Sie von der Steuerquote reden. In dem Augenblick, in dem das Kindergeld erhöht wird — Sie können schlechterdings nicht sagen: Die Steuerquote ist stark angestiegen —, muß das eingerechnet werden. Ich will Ihnen sagen, was das ausmacht. Die zusätzliche Auszahlung des Kindergeldes verringert die allgemeine Steuerquote fast um 1 %. Daran gibt es gar keinen Zweifel, aber das können Sie nicht wissen, weil Sie sich drei Tage lang auf eine andere Rede vorbereitet haben, von der Sie glaubten, daß Sie sie hier halten müssen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das finde ich nicht in Ordnung. Trotz allem, was Sie uns sonst vorwerfen könnten, haben wir es nicht verdient, daß diese gute Zeit um 9 Uhr so vergeben wird.

    (Zuruf des Abg. Dr. Riedl [München] [CDU/ CSU])

    Ich bleibe dabei: Die Alternativen der Opposition zu der Finanz- und Haushaltspolitik der sozialliberalen Koalition sind bisher nicht überzeugend dargelegt worden. Ihre Kürzungsvorschläge im Haushaltsausschuß sind nicht substantiiert und beziehen



    Grobecker
    sich im wesentlichen auf Schätzungsansätze der großen Etatposten. Das muß insbesondere für die Kollegen noch einmal klargestellt werden, die da nicht so genau durchschauen. Damit gehen Sie hausieren und sagen, Sie hätten Kürzungsanträge gestellt. Bei den großen Schätzposten, wo es um Milliardenbeträge geht, beispielsweise Rentenversicherung, Wohngeld, Kindergeld und ähnliches, und wo natürlich keine Administration, kein Beamter, auch wenn er noch so genau rechnet, exakt feststellen kann, was er am 31. Dezember des Jahres ausgegeben haben wird, ziehen Sie ein paar Millionen ab und sagen, Sie hätten Kürzungsanträge gestellt. Das geht so natürlich nicht. Wir werden auch in diesem Haushalt immer etwas Luft haben, weil diese Schätzposten nicht so berechnet werden können, daß man exakt sagen kann, das und das Geld wird bis zum 31. Dezember ausgegeben.
    Ihr Antrag auf Erhöhung der globalen Minderausgabe um eine halbe Milliarde DM auf 3 Milliarden DM kann sicherlich auch nicht als Argument herangezogen werden. Ich bestreite nicht, daß globale Minderausgaben — und da gibt es häufig einen Clinch zwischen uns Haushältern und dem Finanzminister — ein Mittel der Haushaltspolitik sind. Sie können aber kein Mittel sein, um Ihrer Kritik am Haushalt Genüge zu tun. Sie können nicht einfach sagen: Wir erhöhen die globale Minderausgabe, und dann ist das alles geglättet, und wir können sozusagen mit der globalen Minderausgabe im Rücken über alles Mögliche polemisieren und alles Mögliche erzählen, wie sparsam man ist. Das geht nicht. Dafür ist dieses Instrument der globalen Minderausgabe nicht da.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

    Ich finde, Sie überschreiten den Rahmen, wenn Sie sagen, diese Minderausgabe solle auf 3 Milliarden DM erhöht werden.
    Dabei muß zusätzlich gesehen werden, daß zahlreiche Schätzansätze, die wir gemeinschaftlich behandelt haben, sorgfältig auf ihre genaue Bemessung geprüft und, wo vertretbar, auch gekürzt worden sind. Herr Wittgenstein ist ja Berichterstatter zum Einzelplan 11. Das ist so ein Einzelplan, wo wir viele Schätzansätze haben, und dort haben wir gemeinsam in den Berichterstatterbesprechungen gekürzt.
    Ihr arbeitsmarktpolitisches Programm liegt immer noch nicht vor. Hier wäre eine Gelegenheit gewesen, einmal darüber zu reden, soweit es das Geld angeht. In der Sache überlassen wir das den Fachleuten. Wir möchten aber wissen, was das kostet. Darüber wird geredet und gerätselt. Vielleicht sagen Sie gleich ein paar Takte dazu, Herr Wohlrabe, Sie sind ja der nächste Redner. Wenn es so ist, daß das 15 Milliarden DM kostet, können Sie nicht heute morgen sagen, dieser Haushalt sei nicht in Ordnung; denn diese 15 Milliarden DM, die Ihr vermeintliches Programm kostet, müssen ja auch finanziert werden. Ich finde, so geht es nicht; Sie müssen hier schon klipp und klar sagen, was Sie meinen, was denn los ist. Das geht nicht so nach dem Motto: eine Hand wäscht die andere, und wir machen ein Programm, veröffentlichen es aber nicht, damit man in der Debatte nicht darauf eingehen kann. Das funktioniert nicht, das ist nach meiner Auffassung nicht solide.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, die konjunkturpolitische Lage in der Bundesrepublik und die Wirkungen, die der Haushalt auf die Entwicklung der Konjunktur hat, lassen es nicht zu — das ist unsere Auffassung —, willkürlich Kürzungen vorzunehmen. Die Möglichkeiten, Kürzungen vorzunehmen, haben irgendwo ihre Grenze. Die öffentlichen Aufgaben können in dieser Lage nicht übermäßig eingegrenzt werden. An diese Linie halten wir uns. Ich glaube, die Ausgabenstruktur ist zugunsten der Investitionen so verbessert worden, daß die Nettokreditaufnahme entsprechend zurückgeführt werden kann. An dieser gesamtwirtschaftlichen Linie gehen wir entlang.
    Nun ist es richtig, daß die Verschuldung des Bundes insgesamt natürlich an die Grenzen des Art. 115 GG stoßen könnte. Sie stößt nicht daran, könnte es aber. Jeder weiß — das ist richtig —, daß wir inzwischen eine Kreditaufnahme in Höhe von 125 Milliarden DM haben. Die Höhe der Gesamtverschuldung und ihr schnelles Anwachsen in den letzten Jahren sind durch die Weltrezession bedingt.

    (Widerspruch von der CDU/CSU)

    Hätten wir uns nicht verschuldet, hätten wir natürlich alle die Programme zur Arbeitsplatzbeschaffung und Ankurbelung der Wirtschaft nicht finanzieren können. Das muß klar sein. — Sie bestreiten das. Es tut mir leid, daß Sie das nicht einsehen. Vielleicht müssen wir das im Haushaltsausschuß noch einmal ausfechten. Ich wollte aber darauf hinweisen, daß die Grenzen, die uns das Grundgesetz setzt, nach meiner Einschätzung der Lage deutlich signalisieren, daß auch die antizyklische Haushalts- und Finanzpolitik ihre Grenzen hat, daß man also nicht nur mit dem Haushalt antizyklisch fahren kann, daß wir, indem wir diese hohe Verschuldung haben und möglicherweise weiter ankurbeln müssen, auf Grenzen der antizyklischen Haushaltspolitik, d. h. der Haushaltspolitik für die Konjunktur, stoßen. Das ist ein Signal, das nicht nur die Regierung und die Koalitionsfraktionen angeht, sondern auch die Opposition zur Kenntnis nehmen muß. Ich bin sicher, Sie werden es zur Kenntnis nehmen, so daß man z. B. darüber reden muß, ob der Begriff der Investitionen und das, was man dafür ausgeben muß und kann, verändert werden muß. Ich weiß, daß der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Herr Leicht, eine sehr positive Einstellung dazu hat. Ich denke, daß wir darüber noch reden müssen.
    Diese verhältnismäßig hohe Gesamtverschuldung steht dennoch, was die Bundesrepublik angeht, im Vergleich zu den Ländern der OECD nicht an vorderster Stelle, sondern eher hinten. Mir liegt daran, das noch einmal klarzumachen. Selbst wenn ein solcher Vergleich problematisch ist, steht fest, daß die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik, also



    Grobecker
    aller öffentlichen Haushalte, im Augenblick 24 % des Bruttosozialprodukts ausmacht, in Belgien 50 %, in Frankreich nur 12 %, in Großbritannien 69 %. Die Niederlande sind mit 40 % verschuldet und die USA mit 53 %. Niemand wird bezweifeln, daß die USA für uns, was die Wirtschaftspolitik und die Haushaltspolitik angeht, eine besondere Leitfunktion haben. Sie sind mit 53 % des Bruttosozialprodukts verschuldet, während wir mit 24 % verschuldet sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Haase?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Claus Grobecker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Es tut mir leid. Das ist der letzte Satz. Außerdem ist die Zeit abgelaufen. Herr Haase, wir können ja nachher darüber klönen; das ist ja nicht so schlimm, das sind wir ja gewöhnt.
    Mit finanzpolitischem Augenmaß ist es nach unserer Einschätzung der gegenwärtigen Lage der Bundesregierung gelungen, ein Ergebnis zu erzielen, das sowohl den haushaltspolitischen als auch den wirtschaftspolitischen Erfordernissen gerecht wird und gleichzeitig die richtigen Weichen für zukünftige Haushalte, für das stellt, was nach 1977 kommt. Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister Hans Apel hat es bei dieser Lage nicht verdient, daß er in kleinkarierter Weise bekrittelt wird, wie das heute morgen hier passiert ist. Im Gegenteil, er braucht eine breite Unterstützung. Die hat er verdient, damit er seinen soliden Kurs fortsetzen kann. Was die sozialdemokratische Bundestagsfraktion angeht, so wird sie das, was sie leisten kann, auch leisten, um diesen Kurs durchhalten zu können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)