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ID0803401400

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    Plenarprotokoll 8/34 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 34. Sitzung Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 Inhalt: Regelung für die Einreichung von Fragen während der Sommerpause 2513 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 2513 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2513 D Abwicklung der Tagesordnung 2514 C Zur Tagesordnung gemäß § 24 Abs. 2 GO Dr. von Wartenberg CDU/CSU 2514 C Porzner SPD 2515 B Ollesch FDP 2516 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/491 — 2516 D Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/492 — Carstens, Präsident des Deutschen Bundestages 2517 A Frau Renger SPD 2519 C Ollesch FDP 2521 A Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD . . . . 2522 A Dr. Luda CDU/CSU (Erklärung nach § 59 GO) 2522 B Einzelplan 03 Bundesrat . . . . . . . . . . . . 2522 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/494 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Mißbilligung des Verhaltens des früheren Bundesfinanzministers Helmut Schmidt bei der Bewilligung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Ausgaben zum Jahreswechsel 1973/1974 — Drucksache 8/595 — Wohlrabe CDU/CSU . . . . . . . . . 2522 D Dr. Kohl CDU/CSU 2525 B, 2585 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD . . . . . 2534 B Hoppe FDP 2540 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 Strauß CDU/CSU 2545 B Brandt SPD 2557 D Mischnick FDP 2565 D Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . . 2569 C Schmidt, Bundeskanzler 2573 B Wehner SPD 2595 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2598 C Löffler SPD 2599 D Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen 2602 B Namentliche Abstimmungen 2598 C, 2600 B, C, 2602 B Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 8/495 —in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Vorbereitung einer Dokumentation über die menschenrechtliche Lage in Deutschland und der Deutschen in den kommunistischen Staaten Osteuropas zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, FDP Verwirklichung der KSZE-Schlußakte und Wahrung der Menschenrechte — Drucksachen 8/152, 8/221, 8/ 603 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung und zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der deutschen Delegation über die 22. Jahrestagung der Nordatlantischen Versammlung — Drucksachen 8/27, 8/110, 8/604 — Picard CDU/CSU 2604 C Dr. Bußmann SPD 2607 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU 2609 D Friedrich (Würzburg) SPD 2615 C Dr. Kohl CDU/CSU . . . . . . . . 2621 A Genscher, Bundesminister AA . . . . 2621 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/510 — 2625 D Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/506 — 2626 A Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/507 — 2626 C Nächste Sitzung 2626 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2627* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Dr. Luda CDU/CSU gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über Einzelplan 02 2627* B Deutscher Bundestag — 8, Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 2513 34. Sitzung Bonn, den 21. Juni 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens ** 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders ** 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Flämig * 21.6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Katzer 24. 6. Lemp ** 24. 6. Lenzer ** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Müller (Wadern) * 21. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 21. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Frau Dr. Walz * 21. 6. Dr. Wendig 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Luda (CDU/CSU) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über Einzelplan 02 - Deutscher Bundestag - (Drucksache 8/491) Anlagen zum Stenographischen Bericht Die Fraktionen des Deutschen Bundestages beabsichtigen, neue Gebäude für Bundestag und Bundesrat zu errichten. Mit der Zustimmung zum Einzelplan 02 werden hierfür weitere Planungsmittel bewilligt. Unstreitig reicht die derzeitige Raumausstattung von Bundestag und Bundesrat bei weitem nicht aus. Neubaumaßnahmen sind daher unabweislich. Dem in der Neubaukommission des Ältestenrates des Bundestages vorbereiteten Konzept, welchem Arbeiten der Architektengruppen Behnisch und von Wolff zugrunde liegen, könnte gestalterisch im Prinzip und trotz Bedenken auch funktional weitgehend zugestimmt werden, wenn es tatsächlich notwendig wäre, in dem vorgesehenen Ausmaß neu zu bauen. Das ist jedoch nicht der Fall; die Raumanforderungen des Parlaments sind übersetzt. Wäre davon auszugehen, daß für den Abgeordneten die eigentliche Parlamentsarbeit, d. h. die Beteiligung an der Gesetzgebung und an der Kontrolle der Regierung und somit sein Einsatz in Bonn rein zeitlich eindeutig dominieren würden, so wäre tatsächlich eine derartige Raumausstattung vertretbar. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Dies ergibt sich eindeutig aus der Zahl der Sitzungstage, d. h. jener Tage, für welche in der Vergangenheit durch den Bundestagspräsidenten für alle Abgeordneten Präsenzpflicht angeordnet worden ist; über diesen Rahmen hinaus dürfen Sitzungen von Parlamentsgremien bekanntlich nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Präsidenten angesetzt werden, welche Fälle nicht oft vorkommen. Im Jahre 1973 hat es 85 Sitzungstage gegeben, 1974 93, 1975 97 und 1976 71 Sitzungstage. Für das Jahr 1977 sind 22 Sitzungswochen vorgesehen, wobei wöchentlich üblicherweise von 4 Sitzungstagen auszugehen ist. Diese Zahlen lassen eindeutig erkennen, welche Bedeutung auch rein zeitlich der zweiten Hauptaufgabe des Abgeordneten beizumessen ist: Wahlkreisarbeit zu leisten, den Kontakt mit der Bevölkerung zu pflegen. Der Abgeordnete übt seine Tätigkeit nicht überwiegend stationär in Bonn aus, er benötigt ebenso, je nach Wahlkreisgröße, mindestens ein Wahlkreisbüro. Schon aus diesem Grunde ist es abwegig, seinen Bonner Raumbedarf mit dem von Verwaltungsbeamten welcher Rangstufe auch immer zu vergleichen; die Abgeordnetentätigkeit ist auch insoweit mit keiner anderen Berufstätigkeit vergleichbar. Wie sich aus der Verwendung der jedem Parlamentsmitglied zur Verfügung stehenden Mitarbeiterpauschale ergibt, tragen die Abgeordneten dieser Doppelfunktion auch insoweit durchaus Rechnung: Etwa ein Drittel des hierfür im Bundeshaushalt bereitgestellten Betrages (1976: 21 Millionen DM) wird für Wahlkreismitarbeiter eingesetzt. Dieser Anteil hat steigende Tendenz. Die Neubauplanung geht davon aus, daß die Mitarbeiterpauschale so weit aufgestockt wird, daß der Abgeordnete künftig je einen wissenschaftlichen Mitarbeiter und eine Schreibkraft besolden kann. Erfahrungsgemäß ist also anzunehmen, daß die volle Inanspruchnahme 2628* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 der im neuen Bundeshaus vorgesehenen Abgeordnetenbüros (je 3 Räume zu je 18 qm) nicht gewährleistet sein wird, daß möglicherweise ein Drittel oder mehr dieser Räume überwiegend leer stehen werden. Dieses Risiko wäre z. B. leicht zu vermeiden, wenn vorgesehen würde, daß je zwei Abgeordnetenbüros sich einen für jeweils zwei Schreibkräfte bestimmten Raum teilen, daß jeder Abgeordnete also statt drei zweieinhalb Räume erhält. Der wegen des Umfanges der Baumasse ohnehin architektonisch kaum angemessen zu gestaltende Baukörper des Fraktionsbereiches würde dann wenigstens etwa um ein Sechstel seines Volumens verringert. Dieses Beispiel zeigt, daß wesentliche Raumeinsparungen nicht nur möglich, sondern sogar angezeigt sind. Allerdings würde eine derartige Reduzierung des Raumprogrammes keineswegs ausreichen. Nirgendwo in der Welt gibt es einen auch nur annähernd so großen Parlamentsbereich, das Capitol in Washington vielleicht ausgenommen. Immerhin soll der geplante Komplex mit 750 m Frontlänge die Ausdehnung der Bonner Altstadt bekommen. Für uns besteht kein Grund, die Größenordnungen der Parlamentsbauten anderer Demokratien zu übertreffen. Schon diese Darlegungen machen deutlich: Die bisherige Neubauplanung ist ein Konzept personalmäßiger Expansion. Das gilt im übrigen auch für die Weiterentwicklung der Zahl der Bediensteten der Bundestagsverwaltung. Die Presse meldete kürzlich, Bundestagspräsident Professor Dr. Carstens habe erklärt, die Zahl der Bediensteten der Bundestagsverwaltung habe sich von 1969 bis 1976 auf 1 600 verdoppelt. Es sei verständlich, wenn der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages überlege, ob alle Stellen notwendig seien. Ergänzend ist festzustellen, daß die Zahl der Planstellen für Beamte in der Zeit von 1965 bis 1975 von 338 auf 931 erhöht worden ist. Ich will das nicht nachträglich kritisieren. Vielleicht war es nötig, diese Zahl beinahe zu verdreifachen. Die vorgesehene Neubaumaßnahme würde jedoch bezüglich der künftigen Entwicklung der Zahl der Bediensteten eine ebensolche Sogwirkung auslösen, die zu beobachten war, nachdem man bei Fertigstellung des neuen Bundeskanzleramtes merkte, daß man 5 % zuviel Büroraum erstellt hatte. Der berechtigten Feststellung des Bundestagspräsidenten zum Trotz gilt also leider auch insoweit: Diese Neubauplanung ist, gewollt oder nicht, ein Konzept personalmäßiger Expansion. Politik darf nicht in Verwaltung umschlagen, auch nicht im Parlament, auch nicht in den Abgeordnetenbüros. Wie die tägliche, oft wenig sinnvoll erscheinende, vom Parlament selbst erzeugte Papierflut zeigt, besteht diese Gefahr schon heute. Ihr wird durch eine überzogene Neubauplanung weiterer Vorschub geleistet. Aber vor allem: Je mehr der Apparat des Abgeordneten vergrößert wird, um so mehr wird sein unmittelbarer Kontakt zu denen, die er politisch zu betreuen hat, gemindert, um so mehr wächst der Abstand zum Wähler. Bundespräsident Scheel hat kürzlich die zunehmende Professionalisierung der Abgeordnetentätigkeit beklagt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Tätigkeit der Bundestagsabgeordneten zum Hauptberuf erklärt hat, sollte wenigstens alles vermieden werden, was den Parlamentarier zumindest optisch mehr und mehr als Amtsperson erscheinen läßt, als Vertreter des Staates und nicht primär als Volksvertreter. Der 'übermäßige Ausbau seines Apparates erscheint ohnehin kaum geeignet, seine politische Effizienz zu steigern. Wer wollte behaupten, der Bundestag leiste heute politisch mehr und genieße höheres Ansehen als in den Zeiten, in denen er wahrhaft erbärmlich untergebracht war. Als Mitglied der Neubaukommission des Altestenrates des Bundestages habe ich in den vergangenen Jahren immer wieder verlangt, den Umfang der Neubauplanung einzuschränken. Ich fordere nunmehr erneut, vor endgültiger Beauftragung der Architekten die Raumanforderungen des Parlaments wesentlich zu kürzen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das Wort nach § 59 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Luda.


Rede von Dr. Manfred Luda
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Vizepräsidentin Renger hat zur Neubauplanung des Parlaments einige Ausführungen gemacht. Ich kann diesen Ausführungen nur voll zustimmen. Ich möchte aber einige ergänzende Feststellungen treffen. Ich habe in den verschiedensten Gremien des Parlaments oftmals schon Gelegenheit gehabt, dazu Ausführungen zu machen. Ich bitte den Herrn Präsidenten gemäß § 59 der Geschäftsordnung, meine zusätzlichen Ausführungen dem Sitzungsprotokoll als Anlage *) beizufügen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
    Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 02. Wer dem Einzelplan 02 die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Dieser Einzelplan ist einstimmig angenommen.
    s) Anlage 2
    Ich rufe auf:
    Einzelplan 03
    Bundesrat
    — Drucksache 8/493 —
    Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Friedmann
    Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
    Ich komme zur Abstimmung in der zweiten Lesung. Wer dem Einzelplan 03 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
    Ich rufe auf:
    Einzelplan 04
    Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes
    — Drucksache 8/494 —
    Berichterstatter:
    Abgeordneter Schröder (Lüneburg) Abgeordneter Wohlrabe
    Abgeordneter Dr. Riedl (München)

    in Verbindung mit Punkt II der Tagesordnung:
    Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU Mißbilligung des Verhaltens des früheren Bundesfinanzministers Helmut Schmidt bei der Bewilligung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Ausgaben zum Jahreswechsel 1973/1974
    — Drucksache 8/595 —
    Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? — Herr Abgeordneter Wohlrabe, Sie haben das Wort.
    Wohlrabe: (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Die Beratungen zu Kap. 04 03 — Presse- und Informationsamt der Bundesregierung — waren in diesem Jahr — ich darf das vielleicht einmal so sagen — keine normalen Beratungen. Sie waren vielmehr geprägt vom Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1977. Dieses Urteil erging in einem von der CDU Deutschlands vor der letzten Bundestagswahl im Juli 1976 eingeleiteten Organstreitverfahren.
    Nach diesem Urteil hat die Bundesregierung gegen Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes und gegen den Grundsatz der Chancengleichheit bei Wahlen, Art. 21 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes, verstoßen, indem sie vor der Bundestagswahl am 3. Oktober 1976 durch Anzeigenserien, Faltblätter und sonstige Publikationen werbend in den Wahlkampf eingegriffen und keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß von ihr für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit unter Einsatz von Haushaltsmitteln hergestellte Druckwerke in großem Umfange von den die Regierung tragenden Parteien als zusätzliches Wahlkampfmaterial bezogen und verwendet worden sind. Soweit der Text aus dem Urteil.



    Wohlrabe
    Da das Urteil für die zukünftige Öfentlichkeitsarbeit der Bundesregierung — deshalb gebe ich auch den Bericht — von grundsätzlicher und weittragender Bedeutung ist, gestatten Sie mir bitte, aus der Begründung, die das Bundesverfassungsgericht gegeben hat, einige Leitsätze kurz vorzutragen. Sie waren Grundlage der Diskussion für die Beschlüsse des Haushaltsausschusses und sind in Zukunft für die Arbeit einer jeden Bundesregierung verpflichtend. In der Begründung des Urteils heißt es u. a.: Den Staatsorganen sei es durch die Verfassung untersagt, sich in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbesondere die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen. Es sei mit dem Verfassungsprinzip, daß Bundestag und Bundesregierung nur einen zeitlich begrenzten Auftrag haben, unvereinbar, daß sich die im Amt befindliche Bundesregierung als Verfassungsorgan im Wahlkampf gleichsam zur Wiederwahl stelle und dafür werbe, als Regierung wiedergewählt zu werden. Ein parteiergreifendes Einwirken von Staatsorganen in die Wahlen zur Volksvertretung sei auch nicht in der Form von Öffentlichkeitsarbeit zulässig. Öffentlichkeitsarbeit sei nur dann zulässig, wenn sie sich im Rahmen des vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiches halte. Da Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung schon ihrer Funktion nach auf den Bereich ihrer Sachverantwortung gegenüber dem ganzen Volk und Parlament beschränkt sei, müsse sie sich stets der offenen und versteckten Werbung für einzelne der miteinander konkurrierenden politischen Parteien oder sonstigen an der politischen Meinungsbildung beteiligten Gruppen enthalten. Grundsätzlich lasse sich sagen, daß die Öffentlichkeitsarbeit dort ihre Grenze finde, wo die Wahlwerbung beginne.

    (Zuruf von der SPD: Bayerische Staatsregierung!)

    Aus der Verpflichtung der Bundesregierung, sich jeder parteiergreifenden Einwirkung auf die Wahl zu enthalten, folgten schließlich für die Vorwahlzeit das Gebot zu äußerster Zurückhaltung und das Verbot jeglicher mit Haushaltsmitteln betriebenen Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichten. Unberechtigten Angriffen gegen ihre Öffentlichkeitsarbeit könne die Bundesregierung von vornherein dadurch begegnen — so das Urteil —, daß sie z. B. regelmäßig, in etwa monatlich oder auch vierteljährlich, entsprechende Übersichten ihrer regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit im Bundesgebiet vorlege und der Allgemeinheit zugänglich mache. Soweit, meine verehrten Damen und Herren, aus dem Urteil.
    Die Erörterungen ergaben folgendes: In Konsequenz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hatte der Haushaltsausschuß die Beratungen der Ausgaben für Inlandsarbeit des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung sowie auch die Beratungen der Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit aller übrigen Bundesressorts bis nach der Osterpause zurückgestellt, um die im Urteil und in seiner
    Begründung enthaltenen Grundsätze für Öffentlichkeitsarbeit in die Beschlußfassung mit einfließen zu lassen.
    Die Bundesregierung wurde u. a. aufgefordert, über die Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit im Haushaltsjahr 1977 zu berichten. Dies hat sie getan. Die Bundesregierung hat dem Haushaltsausschuß einen Bericht über die Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit Inland im Haushaltsjahr 1977 vorgelegt. Zu diesem Bericht der Bundesregierung gehören folgende fünf Anlagen:
    1. Entwurf einer Konzeption für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in der 8. Legislaturperiode,
    2. Konzeption über Schwerpunktmaßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Presse- und Informationsamts sowie der Ressorts im Jahr 1977,
    3. Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung,
    4. Mittel und Medien in der Öffentlichkeitsarbeit des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung und der Bundesministerien im Jahr 1977,
    5. Kosten 1976 und Mittelansätze 1977 für Aufklärungsmaßnahmen und Sachinformationen einzelner Bundesdienststellen und Bundesministerien.
    Der Haushaltsausschuß richtete sich bei seiner sehr umfangreichen und ausführlichen Beratung nach folgender Gliederung:
    Allgemeine Erörterung des Konzepts für Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung,
    Kosten der Öffentlichkeitsarbeit des Bundes,
    Kosten sowie Art und Weise des Vertriebs der Publikationen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und
    Kosten und Anzahl der öffentlich Bediensteten, die im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit tätig sind.
    Die Debatte im Haushaltsausschuß ergab folgendes Bild. Die Ausschußmehrheit SPD /FDP begrüßte das Konzept der Bundesregierung zur Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit. Sie sieht darin eine Möglichkeit zur sparsamen Verwendung der Mittel und hält deshalb eine Kürzung aller Mittelansätze für Öffentlichkeitsarbeit um 10 % für richtig. Die Ausschußmehrheit erwartet, daß die Bundesregierung diese Koordinierung verstärkt fortsetzt und dazu bereits im Haushaltsentwurf 1978 eine gemeinsame Bewirtschaftung der Mittel für t Öffentlichkeitsarbeit vorsieht. Dabei werde, wie es heißt, auch die Personalausstattung im Gesamtbereich Öffentlichkeitsarbeit zu überprüfen sein.
    Die Ausschußmehrheit, aber auch die Opposition gehen ferner davon aus, daß das ständige Ansteigen und Neuaufteilen der Mittel für Öffentlichkeitsarbeit in den einzelnen Bundesministerien kostenungünstig ist. Es wäre doch sparsamer, die Mittel im Rahmen einer Konzentration zu bewirtschaften. Deshalb erwartet der Ausschuß von der Bundesregierung, daß im Haushalt 1978 diese Bewirtschaftung beim Presse- und Informationsamt oder aber in Kooperation mit



    Wohlrabe
    dem Presseamt zu erfolgen hat. Der Steuerzahler hat nach Auffassung aller Mitglieder des Ausschusses einen Anspruch auf äußerste Sparsamkeit.
    Die CDU/CSU-Mitglieder als Ausschußminderheit bemängelten einleitend einige, wie das Protokoll des Haushaltsausschusses ausweist, stark subjektive Elemente in dem Bericht über die Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit Inland der Bundesregierung.
    Im einzelnen wurden folgende Passagen der Ausführungen des Presseamtes beanstandet. Erstens —ich zitiere wörtlich aus den Presseamtsvorlagen —:
    Wie demoskopische Messungen verdeutlichen, zeige sich eine breite Unsicherheit der Bürger gegenüber aktuellen und künftigen politischen Entwicklungen. Diese Unsicherheit habe zu einer merklichen Verringerung des Vertrauens nicht nur in staatliche Institutionen, sondern auch in die politischen Parteien geführt.
    Hierzu sagte die CDU/CSU: Die Bundesregierung dürfe sich darüber nicht wundern, da sie selbst durch falsche Darstellungen und Zusagen zu dieser Verunsicherung beigetragen habe. Dies nur durch zusätzliche Öffentlichkeitsarbeit auszugleichen, hält die CDU/CSU für verfehlt; vielmehr komme es darauf an, eine glaubwürdige und ehrliche Politik zu machen.
    Zweitens. Die Bundesregierung führt im Bericht aus, daß ihre Konzeption zur Öffentlichkeitsarbeit noch nicht das Optimum darstelle; es sei ihr nicht möglich gewesen, Einschränkungen entsprechend dem Urteil des Verfassungsgerichts in den Aufgabenbereichen vorzunehmen, die bis Ende April 1977, also bis zur Fertigstellung des Konzepts, bereits eingeleitet wurden.
    Hierzu sagte die CDU/CSU:
    Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist bereits am 2. März 1977 ergangen. Die Bundesregierung wäre verpflichtet gewesen, unverzüglich von diesem Zeitpunkt an alle Maßnahmen zu stoppen. Man kann doch nicht so tun, als ob es kein Urteil gegeben hätte.
    Drittens — wörtlich aus der Vorlage des Presseamtes —:
    Als Themenraster für die Öffentlichkeitsarbeit 1977 nennt die Bundesregierung unter anderem die Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung durch Investitionsprogramme und die Konsolidierung der sozialen Sicherung.
    Hierzu bemerkte die CDU/CSU: Eine neutralere Ausdrucksweise würde der Güte des Papiers sicher keinen Abbruch tun.
    Viertens:
    Die Bundesregierung
    — ich zitiere erneut das Papier —
    geht davon aus, daß es infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nicht zu einer Verringerung der Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit kommen könne. Im Gegenteil, durch das Verteilungsverbot von Regierungspublikationen durch Parteien müßten andere und deshalb teurere Vertriebsformen entwickelt werden.
    Hierzu bemerkte die CDU/CSU: Es sei eine totale Verkennung des Richterwillens, wenn nach diesem Urteil die Öffentlichkeitsarbeit nicht billiger, sondern sogar noch teurer werde.
    Den referierten Einwänden der CDU/CSU schloß sich die Ausschußmehrheit nicht an.
    Darüber hinaus beantragte die CDU/CSU, die Sachkosten im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, die mit 43 327 000 DM veranschlagt sind, um 11 360 000 DM — ich sprach vorhin davon: die von der Ausschußmehrheit vorgesehene 10 %ige Kürzung macht 3,7 Millionen DM aus — zu kürzen. Im einzelnen — und die CDU/CSU stellte im Gegensatz zur Ausschußmehrheit einzelne Anträge und keinen Globalantrag — beantragte die CDU/CSU folgende Kürzungen bei den einzelnen Ministerien:
    Bundespresseamt 5 450 000 DM
    Auswärtiges Amt 400 000 DM
    Bundesminister des Innern 260 000 DM
    Bundesminister der Justiz 150 000 DM
    Bundesminister der Finanzen 250 000 DM
    Bundesminister für Wirtschaft 150 000 DM
    Bundesminister für Ernährung,
    Landwirtschaft und Forsten 300 000 DM
    Bundesminister für Arbeit und
    Sozialordnung 1 100 000 DM
    Bundesminister für Verkehr 600 000 DM
    Bundesminister der Verteidigung 180 000 DM
    Bundesminister für wirtschaftliche
    Zusammenarbeit 1 700 000 DM
    Bundesminister für Jugend,
    Familie und Gesundheit 400 000 DM
    Bundesminister für Forschung und
    Technologie 220 000 DM
    Bundesminister für Bildung und
    Wissenschaft 200 000 DM
    Der Antrag der CDU/CSU auf Kürzung der Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit beläuft sich also insgesamt auf 11 360 000 DM. Diese Anträge wurden von der Ausschußmehrheit mit dem Hinweis auf den generellen Kürzungsvorschlag von 10 % — insgesamt also 3,7 Millionen DM —, über den mehrheitlich befunden wurde, abgelehnt.
    Bei der Aussprache über die Kürzungen wies die CDU/CSU darauf hin, daß in Anlage 5 der Ausschußdrucksache 202 — Ist-Ausgaben 1976 und Mittelansätze 1977 für Aufklärungsmaßnahmen und Sachinformationen einzelner Ressorts und nachgeordneter Stellen — keine genaue Trennung, was unter Öffentlichkeitsarbeit wirklich zu verstehen sei und was nicht, mehr festzustellen sei. Offenbar sei die Bundesregierung dazu übergegangen, immer mehr Maßnahmen aus der Funktionsgruppe 531 auszuklammern, um so — dies ist die Ansicht der CDU/CSU — das Urteil zu umgehen. Die CDU/CSU sehe diese Liste, die immerhin eine Gesamtsumme von rund 10 Millionen DM ausmache, als „Verschleierungsliste" an, und sie beantragte eine Einbeziehung die-



    Wohlrabe
    ser Liste. Dieses wurde von der Ausschußmehrheit abgelehnt. Daraufhin drohte die CDU/CSU mit der Überprüfung und einer eventuellen weiteren Unterlassungsklage.
    Darüber hinaus sprach sich der Ausschuß für eine günstige und einwandfreiere Organisation der Vertriebskosten und insbesondere für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung aus. Sie wird erst nach einer Vorlage der Bundesregierung diskutiert werden.
    Kontrovers — lassen Sie mich dies zum Abschluß sagen — verlief die Debatte über das Personal, das mit Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der Bundesregierung zu tun hat. Die CDU/CSU sprach sich gegen die nach ihrer Ansicht fortwährende und erhebliche Ausweitung der Planstellen in den einzelnen Bundesministerien seit 1969 aus. Zur Zeit arbeiten allein für die Öffentlichkeitsarbeit 319 Mitarbeiter. Dies ist ein erheblicher Anstieg. Die CDU/ CSU beantragte deshalb, 100 Stellen mit dem Vermerk „kw" zu versehen. Dieser Antrag wurde von der Ausschußmehrheit abgelehnt.
    Die CDU/CSU kündigte an, daß sie ihre im Haushaltsausschuß gestellten Kürzungs- und Streichungsanträge bei der Beratung des Haushaltsgesetzes im Plenum wiederholen werde. Einen persönlichen Satz füge ich an: Dies wird übermorgen der Fall sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)