Rede:
ID0803400700

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Frau: 1
    5. Vizepräsidentin: 1
    6. Renger.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/34 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 34. Sitzung Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 Inhalt: Regelung für die Einreichung von Fragen während der Sommerpause 2513 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 2513 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2513 D Abwicklung der Tagesordnung 2514 C Zur Tagesordnung gemäß § 24 Abs. 2 GO Dr. von Wartenberg CDU/CSU 2514 C Porzner SPD 2515 B Ollesch FDP 2516 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 8/491 — 2516 D Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/492 — Carstens, Präsident des Deutschen Bundestages 2517 A Frau Renger SPD 2519 C Ollesch FDP 2521 A Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD . . . . 2522 A Dr. Luda CDU/CSU (Erklärung nach § 59 GO) 2522 B Einzelplan 03 Bundesrat . . . . . . . . . . . . 2522 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache 8/494 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Mißbilligung des Verhaltens des früheren Bundesfinanzministers Helmut Schmidt bei der Bewilligung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Ausgaben zum Jahreswechsel 1973/1974 — Drucksache 8/595 — Wohlrabe CDU/CSU . . . . . . . . . 2522 D Dr. Kohl CDU/CSU 2525 B, 2585 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD . . . . . 2534 B Hoppe FDP 2540 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 Strauß CDU/CSU 2545 B Brandt SPD 2557 D Mischnick FDP 2565 D Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . . 2569 C Schmidt, Bundeskanzler 2573 B Wehner SPD 2595 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 2598 C Löffler SPD 2599 D Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen 2602 B Namentliche Abstimmungen 2598 C, 2600 B, C, 2602 B Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 8/495 —in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Vorbereitung einer Dokumentation über die menschenrechtliche Lage in Deutschland und der Deutschen in den kommunistischen Staaten Osteuropas zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, FDP Verwirklichung der KSZE-Schlußakte und Wahrung der Menschenrechte — Drucksachen 8/152, 8/221, 8/ 603 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung und zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der deutschen Delegation über die 22. Jahrestagung der Nordatlantischen Versammlung — Drucksachen 8/27, 8/110, 8/604 — Picard CDU/CSU 2604 C Dr. Bußmann SPD 2607 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU 2609 D Friedrich (Würzburg) SPD 2615 C Dr. Kohl CDU/CSU . . . . . . . . 2621 A Genscher, Bundesminister AA . . . . 2621 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/510 — 2625 D Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/506 — 2626 A Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 8/507 — 2626 C Nächste Sitzung 2626 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2627* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Dr. Luda CDU/CSU gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über Einzelplan 02 2627* B Deutscher Bundestag — 8, Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 2513 34. Sitzung Bonn, den 21. Juni 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens ** 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders ** 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Flämig * 21.6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Katzer 24. 6. Lemp ** 24. 6. Lenzer ** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Müller (Wadern) * 21. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24. 6. Sieglerschmidt * 21. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Frau Dr. Walz * 21. 6. Dr. Wendig 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Luda (CDU/CSU) gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über Einzelplan 02 - Deutscher Bundestag - (Drucksache 8/491) Anlagen zum Stenographischen Bericht Die Fraktionen des Deutschen Bundestages beabsichtigen, neue Gebäude für Bundestag und Bundesrat zu errichten. Mit der Zustimmung zum Einzelplan 02 werden hierfür weitere Planungsmittel bewilligt. Unstreitig reicht die derzeitige Raumausstattung von Bundestag und Bundesrat bei weitem nicht aus. Neubaumaßnahmen sind daher unabweislich. Dem in der Neubaukommission des Ältestenrates des Bundestages vorbereiteten Konzept, welchem Arbeiten der Architektengruppen Behnisch und von Wolff zugrunde liegen, könnte gestalterisch im Prinzip und trotz Bedenken auch funktional weitgehend zugestimmt werden, wenn es tatsächlich notwendig wäre, in dem vorgesehenen Ausmaß neu zu bauen. Das ist jedoch nicht der Fall; die Raumanforderungen des Parlaments sind übersetzt. Wäre davon auszugehen, daß für den Abgeordneten die eigentliche Parlamentsarbeit, d. h. die Beteiligung an der Gesetzgebung und an der Kontrolle der Regierung und somit sein Einsatz in Bonn rein zeitlich eindeutig dominieren würden, so wäre tatsächlich eine derartige Raumausstattung vertretbar. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Dies ergibt sich eindeutig aus der Zahl der Sitzungstage, d. h. jener Tage, für welche in der Vergangenheit durch den Bundestagspräsidenten für alle Abgeordneten Präsenzpflicht angeordnet worden ist; über diesen Rahmen hinaus dürfen Sitzungen von Parlamentsgremien bekanntlich nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Präsidenten angesetzt werden, welche Fälle nicht oft vorkommen. Im Jahre 1973 hat es 85 Sitzungstage gegeben, 1974 93, 1975 97 und 1976 71 Sitzungstage. Für das Jahr 1977 sind 22 Sitzungswochen vorgesehen, wobei wöchentlich üblicherweise von 4 Sitzungstagen auszugehen ist. Diese Zahlen lassen eindeutig erkennen, welche Bedeutung auch rein zeitlich der zweiten Hauptaufgabe des Abgeordneten beizumessen ist: Wahlkreisarbeit zu leisten, den Kontakt mit der Bevölkerung zu pflegen. Der Abgeordnete übt seine Tätigkeit nicht überwiegend stationär in Bonn aus, er benötigt ebenso, je nach Wahlkreisgröße, mindestens ein Wahlkreisbüro. Schon aus diesem Grunde ist es abwegig, seinen Bonner Raumbedarf mit dem von Verwaltungsbeamten welcher Rangstufe auch immer zu vergleichen; die Abgeordnetentätigkeit ist auch insoweit mit keiner anderen Berufstätigkeit vergleichbar. Wie sich aus der Verwendung der jedem Parlamentsmitglied zur Verfügung stehenden Mitarbeiterpauschale ergibt, tragen die Abgeordneten dieser Doppelfunktion auch insoweit durchaus Rechnung: Etwa ein Drittel des hierfür im Bundeshaushalt bereitgestellten Betrages (1976: 21 Millionen DM) wird für Wahlkreismitarbeiter eingesetzt. Dieser Anteil hat steigende Tendenz. Die Neubauplanung geht davon aus, daß die Mitarbeiterpauschale so weit aufgestockt wird, daß der Abgeordnete künftig je einen wissenschaftlichen Mitarbeiter und eine Schreibkraft besolden kann. Erfahrungsgemäß ist also anzunehmen, daß die volle Inanspruchnahme 2628* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 21. Juni 1977 der im neuen Bundeshaus vorgesehenen Abgeordnetenbüros (je 3 Räume zu je 18 qm) nicht gewährleistet sein wird, daß möglicherweise ein Drittel oder mehr dieser Räume überwiegend leer stehen werden. Dieses Risiko wäre z. B. leicht zu vermeiden, wenn vorgesehen würde, daß je zwei Abgeordnetenbüros sich einen für jeweils zwei Schreibkräfte bestimmten Raum teilen, daß jeder Abgeordnete also statt drei zweieinhalb Räume erhält. Der wegen des Umfanges der Baumasse ohnehin architektonisch kaum angemessen zu gestaltende Baukörper des Fraktionsbereiches würde dann wenigstens etwa um ein Sechstel seines Volumens verringert. Dieses Beispiel zeigt, daß wesentliche Raumeinsparungen nicht nur möglich, sondern sogar angezeigt sind. Allerdings würde eine derartige Reduzierung des Raumprogrammes keineswegs ausreichen. Nirgendwo in der Welt gibt es einen auch nur annähernd so großen Parlamentsbereich, das Capitol in Washington vielleicht ausgenommen. Immerhin soll der geplante Komplex mit 750 m Frontlänge die Ausdehnung der Bonner Altstadt bekommen. Für uns besteht kein Grund, die Größenordnungen der Parlamentsbauten anderer Demokratien zu übertreffen. Schon diese Darlegungen machen deutlich: Die bisherige Neubauplanung ist ein Konzept personalmäßiger Expansion. Das gilt im übrigen auch für die Weiterentwicklung der Zahl der Bediensteten der Bundestagsverwaltung. Die Presse meldete kürzlich, Bundestagspräsident Professor Dr. Carstens habe erklärt, die Zahl der Bediensteten der Bundestagsverwaltung habe sich von 1969 bis 1976 auf 1 600 verdoppelt. Es sei verständlich, wenn der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages überlege, ob alle Stellen notwendig seien. Ergänzend ist festzustellen, daß die Zahl der Planstellen für Beamte in der Zeit von 1965 bis 1975 von 338 auf 931 erhöht worden ist. Ich will das nicht nachträglich kritisieren. Vielleicht war es nötig, diese Zahl beinahe zu verdreifachen. Die vorgesehene Neubaumaßnahme würde jedoch bezüglich der künftigen Entwicklung der Zahl der Bediensteten eine ebensolche Sogwirkung auslösen, die zu beobachten war, nachdem man bei Fertigstellung des neuen Bundeskanzleramtes merkte, daß man 5 % zuviel Büroraum erstellt hatte. Der berechtigten Feststellung des Bundestagspräsidenten zum Trotz gilt also leider auch insoweit: Diese Neubauplanung ist, gewollt oder nicht, ein Konzept personalmäßiger Expansion. Politik darf nicht in Verwaltung umschlagen, auch nicht im Parlament, auch nicht in den Abgeordnetenbüros. Wie die tägliche, oft wenig sinnvoll erscheinende, vom Parlament selbst erzeugte Papierflut zeigt, besteht diese Gefahr schon heute. Ihr wird durch eine überzogene Neubauplanung weiterer Vorschub geleistet. Aber vor allem: Je mehr der Apparat des Abgeordneten vergrößert wird, um so mehr wird sein unmittelbarer Kontakt zu denen, die er politisch zu betreuen hat, gemindert, um so mehr wächst der Abstand zum Wähler. Bundespräsident Scheel hat kürzlich die zunehmende Professionalisierung der Abgeordnetentätigkeit beklagt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Tätigkeit der Bundestagsabgeordneten zum Hauptberuf erklärt hat, sollte wenigstens alles vermieden werden, was den Parlamentarier zumindest optisch mehr und mehr als Amtsperson erscheinen läßt, als Vertreter des Staates und nicht primär als Volksvertreter. Der 'übermäßige Ausbau seines Apparates erscheint ohnehin kaum geeignet, seine politische Effizienz zu steigern. Wer wollte behaupten, der Bundestag leiste heute politisch mehr und genieße höheres Ansehen als in den Zeiten, in denen er wahrhaft erbärmlich untergebracht war. Als Mitglied der Neubaukommission des Altestenrates des Bundestages habe ich in den vergangenen Jahren immer wieder verlangt, den Umfang der Neubauplanung einzuschränken. Ich fordere nunmehr erneut, vor endgültiger Beauftragung der Architekten die Raumanforderungen des Parlaments wesentlich zu kürzen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Wir kommen zur Abstimmung über den Geschäftsordnungsantrag der CDU/ CSU-Fraktion, den Gesetzentwurf Drucksache 8/592 und den Antrag Drucksache 8/593 auf die Tagesordnung zu setzen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
    Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt I der Tagesordnung auf:
    Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977)

    — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 —
    Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß)

    Wir kommen zunächst zum Einzelplan 01
    Bundespräsident und Bundespräsidialamt
    — Drucksache 8/491 — Berichterstatter: Abgeordneter Stöckl
    Wünscht der Berichterstatter das Wort? — Wird sonst das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.



    Vizepräsident Stücklen
    Wir kommen zur Abstimmung. Wer diesem Haushalt seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Dieser Einzelplan ist mit großer Mehrheit angenommen.
    Ich rufe auf:
    Einzelplan 02
    Deutscher Bundestag — Drucksache 8/492 — Berichterstatter:
    Abgeordneter Leicht Abgeordneter Krampe
    Wünscht einer der Berichterstatter das Wort?

    (Leicht [CDU/CSU] : Nein!)

    Das Wort zur Aussprache hat der Präsident des Deutschen Bundestages.
    Carstens, Präsident des Deutschen Bundestages: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Beratung des Einzelplans 02, des Haushaltsplans des Deutschen Bundestages, zum Anlaß nehmen, einige grundsätzliche Bemerkungen über die Rolle des Deutschen Bundestages in unserem Verfassungssystem und über die Arbeitsweise des Hauses zu sagen. Dabei möchte ich mich mit einigen kritischen Bemerkungen auseinandersetzen, die in der Offentlichkeit, aber auch in der wissenschaftlichen Diskussion in den letzten Monaten gemacht worden sind und die, so meine ich, zurechtgerückt werden müssen.
    Es ist davon die Rede gewesen, daß die repräsentative Demokratie nicht mehr funktioniere. Von einer „Legitimationskrise" der staatlichen Institutionen wurde gesprochen. Von den Abgeordneten wurde gesagt, sie seien nichts weiter als ein „organisatorisch-technisches Zwischenglied" zwischen den politischen Parteien und den Entscheidungen, die im Parlament zu treffen seien. In diesem Zusammenhang ist immer wieder von dem Widerspruch zwischen Art. 21 und Art. 38 unseres Grundgesetzes die Rede: Art. 21 weist den politischen Parteien eine Mitwirkung an der Willensbildung zu, und Art. 38 stellt die Abgeordneten von Aufträgen und Weisungen frei und unterwirft sie letztlich nur ihrem Gewissen.
    Lassen Sie mich dazu folgendes feststellen. In unserer Verfassung ist dem Parlament die zentrale Funktion zugewiesen; es beschließt die Gesetze, es wählt den Bundeskanzler und — zusammen mit Vertretern der Länderparlamente — den Bundespräsidenten, es übt die Kontrollfunktion gegenüber der Regierung aus. Diese Funktionen sind auch heute in voller Wirksamkeit. Das Parlament ist der wichtigste Garant der freiheitlichen Ordnung in unserem Staate.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Gewiß steht das Parlament dabei nicht isoliert. Die
    einzelnen Abgeordneten sind in ihren Parteien verankert. Es ist daher normal und legitim, daß die
    politischen Parteien auf den Entscheidungsprozeß des Parlaments — richtiger gesagt, der Fraktionen — Einfluß nehmen. Diejenigen, die das kritisieren, sollten eines beachten. In einem modernen demokratischen Staatswesen von der Größe der Bundesrepublik Deutschland und angesichts der Vielfalt von Fragen, die auf uns zukommen, ist eine kontinuierliche, stetige politische Willensbildung ohne politische Parteien schlechterdings unmöglich.

    (Allseitiger Beifall)

    Daher weist das Grundgesetz den politischen Parteien mit Recht Verfassungsrang zu. Aber deswegen sind weder die Fraktionen noch die einzelnen Abgeordneten, wie es heißt, bloße „organisatorisch-technische Zwischenglieder". Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, daß Fraktionen anders entschieden haben als ihre politischen Parteien, und zwar gibt es dafür Beispiele in allen Fraktionen. Daß die Fraktionen andererseits eine einmal getroffene Entscheidung möglichst geschlossen zu vertreten suchen, ist eine in der politischen Auseinandersetzung nicht nur verständliche, sondern, so meine ich, im Prinzip notwendige Haltung. Eine politische Gruppe, die mit vielen unterschiedlichen Stimmen spricht, mag sich hier und dort Sympathie erwerben; ihre politische Wirkung steigert sie dadurch gewiß nicht. Und so ist es nicht, wie oft zu Unrecht behauptet worden ist, ein Zeichen der Schwäche oder Abhängigkeit der Abgeordneten gegenüber Fraktion oder Partei, wenn sie sich einer in der Fraktion mit Mehrheit beschlossenen Haltung anschließen, sondern es ist Ausdruck der fundamentalen politischen Einsicht, daß Geschlossenheit ein wichtiges Element in der Auseinandersetzung um das Vertrauen der Wähler ist.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Daß diese Überlegungen eine Grenze haben, wo das Gewissen im Sinne von Art. 38 des Grundgesetzes, also eine tief verwurzelte Grundüberzeugung, einen Abgeordneten nötigt, eine bestimmte Haltung einzunehmen, ist unbestritten und in zahlreichen Fällen in unserer praktischen Arbeit sichtbar geworden. Aber allgemein sollte man sich hüten, die Tatsache der einheitlichen Abstimmung der Fraktionen als Ausdruck beklagenswerter Unselbständigkeit einzelner Abgeordneter anzusehen. Sie ist ein notwendiges und legitimes Instrument der politischen Willensbildung.
    Art. 21 und Art. 38 verkörpern sicherlich unterschiedliche Prinzipien. Sie stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander; aber es ist ein gewolltes und, wie ich meine, fruchtbares Spannungsverhältnis. Angesichts dieser Erscheinungen von einer Krise oder Legitimationskrise des parlamentarischen Systems zu sprechen, ist verfehlt. Die geschilderten Vorgänge sind im Gegenteil ein Beweis für das Funktionieren und die Lebensfähigkeit dieses Systems.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Diese Feststellung wird durch zwei Zahlen erhärtet, die ich gerne noch einmal in Ihre Erinnerung zurückrufen möchte; sie sind Ihnen allen gegenwärtig. An der Bundestagswahl im Oktober 1976 beteiligten sich 90,7 °/o der wahlberechtigten Bürger.



    Präsident Carstens
    Von den abgegebenen gültigen Stimmen entfielen 99 % auf die hier vertretenen, zu drei Fraktionen zusammengeschlossenen Parteien. Einen überzeugenderen Legitimations- und Legitimitätsbeweis als diesen gibt es nicht, und er kann auch nicht durch einige wenige, wenn auch lautstark vorgetragene Stimmen, erschüttert werden .

    (Allseitiger Beifall)

    Das soll nicht bedeuten, daß wir mit der Arbeit unseres Parlaments in jeder Hinsicht zufrieden sein könnten. Was noch nicht befriedigt, ist nach meinem Eindruck die Art und Weise, in der Fraktionen, Ausschüsse und das Plenum zusammenarbeiten. Die Arbeit vollzieht sich häufig unter einem außerordentlichen Zeitdruck; die Fraktionen sind genötigt, wichtigste Entscheidungen in großer Eile zu treffen. Andererseits sind manche unserer Plenardebatten zu langatmig und zu wenig lebendig.

    (Erneuter allseitiger Beifall)

    Eine Straffung der Plenardebatten erscheint daher wünschenswert.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Ich werde mir erlauben, den Fraktionen nach der Sommerpause dazu konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Vielleicht könnte es uns dann auch gelingen, die leidige Frage der schlechten Präsenz bei manchen Plenardebatten mit etwas größerem Erfolg anzugehen.

    (Wiederholter allseitiger Beifall)

    Lassen Sie mich ein weiteres Wort zu den internationalen Beziehungen und zu den europäischen Beziehungen des Bundestages sagen. Sie sind zahlreich und vielfältig. 72 unserer Kollegen haben an Sitzungen des Plenums und von Ausschüssen des Europäischen Parlaments und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und der WEU teilgenommen. Gestern wurde unser Kollege von Hassel zum Präsidenten der Versammlung der Westeuropäischen Union gewählt.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich möchte ihm dazu unseren herzlichen Glückwunsch aussprechen.
    17 Delegationen des Deutschen Bundestages mit etwa 100 Abgeordneten reisten ins Ausland. Besonders hervorheben möchte ich unsere Teilnahme an der Sitzung der Interparlamentarischen Union in Canberra in Australien vom 10. bis 16. April.
    Der Bundestag empfing parlamentarische Delegationen aus Neuseeland und Island. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Herr Colombo, stattete uns einen Besuch ab. Ich habe vor einigen Tagen zusammen mit dem Präsidenten des Bundesrates an der Konferenz der Präsidenten der europäischen Parlamente in Wien teilgenommen. Ich halte diese mannigfaltigen parlamentarischen Kontakte für wertvoll. Sie verlaufen viel ungezwungener, weniger förmlich als die entsprechenden Kontakte zwischen Regierungen oder Diplomaten, aber sie sind ein wichtiges Instrument zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens und bilden insofern ein wichtiges Element der internationalen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Von besonderer Bedeutung werden in Zukunft unsere Verbindungen zu dem direkt gewählten Europäischen Parlament sein. So, wie es jetzt aussieht, wird ein großer Teil der künftigen europäischen Abgeordneten, die in Deutschland gewählt werden, dem Deutschen Bundestag nicht angehören. Ich halte das für richtig. Das Doppelmandat im Bundestag und im Europäischen Parlament bringt Schwierigkeiten mit sich, die wir oft nur mit großer Mühe hier haben lösen können.

    (Allseitiger Beifall)

    Wenn aber künftig eine größere Zahl der in Deutschland gewählten Abgeordneten nicht zugleich Mitglied des Bundestages ist, dann wird es notwendig sein, die Kontakte zu diesen europäischen Abgeordneten zu verstärken. Es gibt dazu Vorschläge, die schon meine Vorgängerin, Frau Präsidentin Renger, seinerzeit vorgelegt hat; ich werde sie aufnehmen und sie, sobald die Wahl des Europäischen Parlaments terminlich festliegt, dem Hohen Hause unterbreiten.
    Unbefriedigend erscheint mir die Behandlung der Vorlagen der Europäischen Gemeinschaft bei uns im Bundestag.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Einige dieser Vorlagen enthalten wichtige, tiefgreifende Regelungen, die unsere innerstaatlichen Verhältnisse unmittelbar berühren. Wie sollten ihnen mehr Aufmerksamkeit zuwenden, auch wenn der Bundestag mit Bezug auf sie kein unmittelbares Entscheidungsrecht hat. Aber das parlamentarische Defizit, welches zur Zeit noch im europäischen Bereich besteht, sollte uns Veranlassung geben, die wichtigen europäischen Vorlagen - aber auch nur die wichtigen Vorlagen — hier zu behandeln, bevor der Rat über sie entscheidet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auf diese Weise würden wir im Rahmen unserer Kontrollfunktion gegenüber der Bundesregierung einen gewissen Einfluß auf die deutsche Haltung bei den Beratungen im Europäischen Rat einnehmen können. Ich habe das Gespräch über diesen Fragenkomplex mit den drei Fraktionen aufgenommen. Eine Einigung zeichnet sich ab. Ich hoffe, daß wir unmittelbar nach der Sommerpause ein Verfahren praktizieren können, welches es uns ermöglicht, die wichtigen europäischen Vorlagen — ich betone noch einmal: wirklich nur die wichtigen europäischen Vorlagen — hier mit größerer Aufmerksamkeit zu behandeln, als das bisher der Fall war.
    Ein Wort zu dem Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages. In wesentlichen Teilen ist es am 1. April in Kraft getreten. Als Folge davon ergeben sich Mehrausgaben vor allem für die Entschädigung und für die Kostenpauschale der Abgeordneten sowie für die Vergütung, die die Mitarbeiter erhalten. Ausschlaggebend für die Neugestaltung des Abgeordnetenstatus war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975. Es for-



    Präsident Carstens
    derte — übrigens in Übereinstimmung mit einer Entschließung, die der Bundestag bereits vorher selbst gefaßt hatte — die Besteuerung der Bezüge der Abgeordneten. Die noch in der 7. Legislaturperiode beschlossene Regelung sieht eine Erhöhung der Abgeordnetenbezüge und zugleich ihre Besteuerung vor. Der im Einzelplan 02 hierfür eingesetzte Betrag enthält aber nur die eine Seite, nämlich nur die erhöhten Bezüge. Die andere Seite, die Mehreinnahme infolge der neu eingeführten Steuerpflicht, erscheint an anderer Stelle des Bundeshaushalts und des Haushalts der Länder, nämlich dort, wo die Steuern veranschlagt werden. Außerdem ergeben sich erhebliche Einsparungen für die öffentlichen Haushalte dadurch, daß eine größere Zahl von Abgeordneten, die bisher eine Beamtenpension bezogen, künftig dieses Ruhegehalt eines Beamten nicht mehr erhalten. Insgesamt erwachsen nach den mir vorliegenden Berechnungen der öffentlichen Hand durch die Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung keine zusätzlichen Belastungen, und es scheint mir wichtig zu sein, diese Tatsache festzuhalten angesichts einer vielfältigen und nicht immer sachlich fundierten Kritik, die daran geübt wird.

    (Beifall bei allen Fraktionen — Wohlrabe [CDU/CSU] : Das mußte einmal gesagt werden!)

    Die Anhebung des Erstattungsbetrages für die Beschäftigung von Mitarbeitern soll die Abgeordneten in die Lage versetzen, auch in den Wahlkreisen Mitarbeiter zu beschäftigen. Dadurch tritt eine Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten der Abgeordneten ein. Auch dies ist ein wichtiges und richtiges Stück Parlamentsreform.
    Ein abschließendes Wort darf ich zur Bundestagsverwaltung sagen. In den letzten Jahren ist viel geschehen, um den Abgeordneten seitens des Bundestages mehr Unterstützung und Sachverstand zur Verfügung zu stellen. Die Sekretariate der Ausschüsse wurden verstärkt, ein wissenschaftlicher Dienst, den jeder Abgeordnete in Anspruch nehmen kann, ist eingerichtet worden. Dadurch ist die Zahl der Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung erheblich gestiegen. Ich möchte aber hinzufügen: in einem sachlich vertretbaren und gerechtfertigten Umfang. Angesichts der Größe des Apparates, der der Bundesregierung zur Verfügung steht, sieht die Gesamtzahl der etwa 1 500 Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung, der etwa 400 Mitarbeiter der Fraktionen und der etwa 1 000 Mitarbeiter der einzelnen Abgeordneten doch eher bescheiden aus. Ohne entsprechende Hilfskräfte — das muß einmal ganz klar gesagt werden — kann ein Parlamentarier heute die ihm obliegende sachverständige Mitwirkung an der Gesetzgebung und der Regierungskontrolle und die von ihm erwartete Arbeit in seinem Wahlkreis nicht leisten.

    (Allseitiger Beifall)

    Die Angehörigen der Bundestagsverwaltung verrichten ihre Arbeit unter teilweise stark erschwerten äußeren Bedingungen. Allein die Unterbringung in 23 verschiedenen Gebäuden bringt Verzögerungen mit sich, die nur mit großer Energie ausgeglichen werden können. Nach sechsmonatiger Amtszeit geht mein Eindruck dahin, daß die Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung ihre Aufgaben gewissenhaft erfüllen. Ihnen dafür namens des Bundestages von dieser Stelle aus auch einmal herzlich zu danken, ist mir ein Bedürfnis.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Alles in allem spiegelt der Einzelplan 02, der Haushalt des Bundestages, die Fülle und Mannigfaltigkeit der hier geleisteten Arbeit, aber auch die zunehmende Rolle des Parlaments bei der Bewältigung der inneren und äußeren Aufgaben unseres Staatswesens richtig wider. Ich darf Sie bitten, diesem Haushalt, Ihrem Haushalt, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, Ihre Zustimmung zu geben.

    (Beifall)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Vizepräsidentin Renger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Annemarie Renger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich im Namen der Bundestagsfraktion der SPD sehr herzlich in diesem Falle bei dem Herrn Präsidenten für die Ausführungen bedanken, mit denen er ausdrücklich für die Bevölkerung draußen die zentrale Funktion dieses Parlaments in das Blickfeld gerückt hat. Die kleinen Fehler, die wir alle oft beklagen, treten doch dahinter weit zurück.
    Im besonderen möchte ich auch noch einmal unterstreichen, daß es keinen Vorrang des Art. 21 GG gibt, sondern daß Art. 38 der Verfassung über Art. 21 steht. Das will heißen: Imperative Mandate gibt es nicht, das Gewissen des freien Abgeordneten steht immer darüber.

    (Beifall)

    Das heißt natürlich nicht, daß alles zur Gewissensfrage erklärt wird, was gar nichts mit Gewissen zu tun hat, sondern wo es nur um Opportunität geht. Das möchte ich gleich dazusagen.

    (Beifall)

    Da müssen wir hohe Ansprüche stellen.
    Ich darf auch noch einmal herzlichen Dank sagen für den Hinweis auf die hoffentlich im nächsten Jahr stattfindenden Direktwahlen zum Europäischen Parlament und dankbar den Hinweis aufnehmen, daß wir für den Fall, daß eben Abgeordnete nicht gleichzeitig diesem Parlament angehören, eventuell die Möglichkeit einer beratenden Funktion in den Ausschüssen schaffen könnten. Denn ich meine, die unmittelbare Verbundenheit mit dem nationalen Parlament wird nach meiner persönlichen Auffassung einfach unausweichlich sein. Ich darf dazu auch gleich sagen, daß ,die Beratung der europäischen Vorlagen in der Tat ein Ärgernis in diesem Hause ist. Ich würde wünschen, daß wir uns sehr schnell der Überlegung zuwenden, wie wir das auch institutionell im Hause selbst verändern können. Auch hoffe ich, daß wir bei der Bundesregierung einen zentralen Ansprechpartner für das finden, was auf der europäischen Ebene sowohl an Beratungen als auch an



    Frau Renger
    Diskussionen vor sich geht. Wir erfahren das oft erst hinterher und manchmal aus zweiter Hand.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Bemerkungen anschließen, die sich im wesentlichen nicht von dem unterscheiden, was der Herr Präsident hier vorgetragen hat.
    Ich glaube, wir haben in der Vergangenheit in eigener Sache stetige Reformbemühungen gezeigt. Wir haben in der 7. Wahlperiode — wie auch schon in früheren Legislaturperioden - Verbesserungen gerade der Geschäftsordnung und des Ablaufs unserer Arbeit durchgeführt. Ein gute Grundlage für die Fortsetzung der Parlamentsreform ist die im Laufe der vergangenen Legislaturperiode von der Parlamentsreformkommission und dem Geschäftsordnungsausschuß erarbeitete Vorlage zur Änderung der Geschäftsordnung. Die Klage über das leere Plenum erfordert Aufmerksamkeit. Sie enthält Ansätze zur politischen Kritik am Parlamentarismus, und das müssen wir unter allen Umständen vermeiden. Allerdings glaube ich, daß der Bevölkerung die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts klargemacht hat, daß die Arbeit nicht nur im Plenum stattfindet. Die Begründung ist für die Bevölkerung draußen in der Betrachtung des Parlaments informativ und nützlich.
    Ein wichtiger Punkt ist die im Entwurf der Geschäftsordnung der Reformkommission vorgesehene angemessene Begrenzung der Redezeit, worüber es im Parlament immer große Meinungsverschiedenheiten gegeben hat. Wir haben aber in der Reformkommission hierzu eine einheitliche Auffassung durchgesetzt, und ich würde wünschen, daß wir sehr schnell zu einem Abschluß der Beratung kämen. Der Herr Präsident hat seine Vorschläge angekündigt. Ich glaube, wir haben schon in den Fraktionen sehr gute Beratungen geführt, und es kommt eigentlich nur noch darauf an, die Vorlage endlich im Deutschen Bundestag zu verabschieden.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Wenn wir von der angemessenen Einschränkung der Redezeit sprechen, müssen wir auch darüber nachdenken, ob es Möglichkeiten des Entgegenkommens der Regierung bei gewissen Abmachungen gibt, die Redezeit etwas mehr zu konzentrieren, damit das Haus eine Arbeit zügig durchführen kann.
    Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen machen zu den Ergebnissen der Enquete-Kommission für Verfassungsfragen und einige Punkte herausnehmen, die unser Parlament betreffen, so u. a. die Konzentration der Plenardebatten auf die politischen Gesichtspunkte und Kernfragen durch eine mögliche Verlagerung der Beratung fachlicher Einzelfragen in die Ausschüsse. Wir sollten über Möglichkeiten zur Stärkung der parlamentarischen Kon-troll- und Informationsmöglichkeiten durch ein Befugnisgesetz für die Enquete-Kommissionen nachdenken. Dies ist dringend notwendig, um die Arbeit von Enquete-Kommissionen in größerem Umfang und effektiv durchzuführen. Das gleiche gilt für die Verbesserung des Verfahrens der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. Das steht dringend auf der Tagesordnung. Das Plenum sollte diese Vorschläge Punkt für Punkt beraten.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ebenfalls den Mitarbeitern im Hause Dank aussprechen und zugleich bekräftigen, daß wir hinsichtlich der Unterbringung vieler Mitarbeiter schlechte Arbeitgeber sind. Der Herr Präsident hat das angeführt. Auch unter diesen Gesichtspunkten sollten die Neubauten schnell beschlossen werden; denn wenn wir auch nicht damit rechnen können, daß alles vor zehn Jahren fertig ist, so können wir doch sukzessive so vorgehen, daß die Arbeitsmöglichkeiten für die Abgeordneten und für die Verwaltung besser sind, als das bisher der Fall ist. Das kann, glaube ich, sehr schnell gemacht werden. Es sollte aber niemanden zu der Auffassung bringen, daß das historische Gebäude des Reichstages in Berlin dadurch eine schwächere politische Funktion erhält. Wir haben hier im Deutschen Bundestag die Aufgaben für die Bundesrepublik Deutschland wahrzunehmen. Wir haben im Ältestenrat einmal gemeinsam gesagt: Sollte es anders kommen, wir würden auch zu Fuß nach Berlin gehen.

    (Allseitiger Beifall)

    Diese Haltung sollte uns aber nicht hindern, unsere Arbeitsfähigkeit so zu stärken, wie es für dieses Haus notwendig ist.
    Eine Bemerkung zum Stellenplan des Deutschen Bundestages. Daran ist viel gearbeitet worden. In der letzten Zeit ist davon die Rede gewesen, daß es sehr viele Stellenvermehrungen gegeben habe. Die hat es von 1969 bis 1972 gegeben, freilich aus einem sehr wichtigen Grund, nämlich wegen des Ausbaus des Wissenschaftlichen Dienstes und wegen der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Hauses durch Verstärkung der Verwaltung. In der vorigen Legislaturperiode, und zwar gerade im Vorjahr, wurden 60 Stellen abgebaut, weil man hier vernünftig konsolidieren konnte.
    Aber lassen Sie mich hinzufügen: Die Funktionsfähigkeit dieses Hauses darf nicht unter der Sparsamkeit leiden. Wir müssen vielmehr davon ausgehen, daß die Kontrollfunktion und das Gesetzgebungsrecht dieses Hauses gewährleistet sein müsse. Dazu brauchen wir die erforderlichen Hilfskräfte. Sparen müssen wir da, wo es richtig ist. Aber wir müssen die Mittel bewilligen, die für dieses Haus notwendig sind, damit wir die Arbeit leisten können, ,die die Bevölkerung mit Recht von uns erwarten kann.
    Lassen Sie mich auch sagen: In diesem Haus ist es ja immer auch ein wenig gefährlich, daß einige etwas gleicher als die anderen sind. Ich hoffe, daß wir auch über solche Dinge sprechen können. In den Ausschüssen müssen wir die optimale Arbeitsmöglichkeit aller Mitglieder sicherstellen, ob es sich um den Vorsitzenden oder den stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses, um die Mehrheit oder die Minderheit handelt.
    Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. Wir stimmen diesem Einzelplan 02 selbstverständlich zu.

    (Beifall bei allen Fraktionen)