Rede:
ID0802923600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Böhm.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Glotz und des Abg Sund auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 2035 A Eintritt des Abg. Lambinus und des Abg Eickmeyer in den Deutschen Bundestag . 2035 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 2035 B Wahl des Abg. Glombig als Stellvertreter im Vermittlungsausschuß . . . . . . . 2035 B Wahl des Abg. Lemp als Vertreter im Europäischen Parlament . . . . . . . . . 2035 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß und Akt des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung — Drucksache 8/360 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz) — Drucksache 8/361 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Genscher, Bundesminister AA 2035 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 2037 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2040 C Dr. Bangemann FDP 2042 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2046 C Seefeld SPD 2048 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Deutschlandpolitik — Drucksachen 8/118, 8/255 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes — Drucksache 8/238 — Dr. Abelein CDU/CSU . . . . . . . . 2050 D Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 2056 A Hoppe FDP 2061 B Franke, Bundesminister BMB . 2067 D, 2116 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . 2078 D Dr. Schmude SPD 2083 B, 2121 B Jung FDP . . . . . . . 2087 B, 2131 C Baron von Wrangel CDU/CSU . . . . 2090 D Schulze (Berlin) SPD 2093 A Jäger (Wangen) CDU/CSU 2095 D Büchler (Hof) SPD 2099 C Graf Huyn CDU/CSU 2103 A Friedrich (Würzburg) SPD . . 2106 A, 2124 B Dr. Gradl CDU/CSU . . . . . . . . 2111 A Kunz (Berlin) CDU/CSU 2118 B Dr. Kohl CDU/CSU . 2123 C, 2124 A, 2128 A Wehner SPD 2123 D Straßmeir CDU/CSU . . . . . . . . 2124 C Dr. Ehmke SPD 2126 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 2129 A Schmöle CDU/CSU 2131 D Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . . 2133 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude — Drucksache 8/286 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/471 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses --- Drucksachen 8/453, 8/463 — Gobrecht SPD . . . . . . . 2136 A, 2139 A Dr. Voss CDU/CSU . . . . . . . . . 2137 A Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 2140 C Köster CDU/CSU 2143 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes — Drucksache 8/370 — de Terra CDU/CSU . . . . . . . . 2145 D Horn SPD 2146 B Ludewig FDP 2146 D Fragestunde — Drucksache 8/458 vom 20. 05. 1977 — Umsiedlung der weißen Bevölkerung aus Südwestafrika im Falle der Machtübernahme der schwarzen Mehrheit nach Südamerika MdlAnfr A109 20.05.77 Drs 08/458 Niegel CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 2072 A, B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 2072 B Einheitliches Konzept der EG für die am 23. Mai beginnende 6. UN-Seerechtskonferenz sowie Sicherstellung der Fanggründe vor den Küsten Kanadas, Norwegens, der USA und Islands für die deutsche Fischerei nach Errichtung der 200-Seemeilen-Wirtschaftszone MdlAnfr A118 20.05.77 Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU MdlAnfr A119 20.05.e Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 2072 C, D, 2073 A, C ZusFr Dr. Müller-Hermann CDU/CSU . . 2072 D, 2073 B Benachteiligung deutscher Futtermittelhersteller beim Einkauf von Magermilchpulver bei EG-Ausschreibungen durch unterschiedliche Währungsberechnungen; Verwendung von Magermilchpulver zur Kälberfütterung über einen Beimischungszwang sowie Verbilligung des Magermilchpulvers für diesen Zweck MdlAnfr A63 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP MdlAnfr A64 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP Antw PStSekr Gallus BML 2073 D, 2074 A, C, D ZusFr Peters (Poppenbüll) FDP . . . 2074 A, B, C ZusFr Kiechle CDU/CSU . . . . . . . 2074 D Staatliche Verbilligung von Trinkmilch für Kindergärten und Schulen MdlAnfr A65 20.05.77 Drs 08/458 Frau Geier CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 2075 A, B, C, D, 2076 A ZusFr Frau Geier CDU/CSU 2075 B ZusFr Kiechle CDU/CSU 2075 B ZusFr Susset CDU/CSU 2075 C ZusFr Würtz SPD 2075 C ZusFr Dr. von Geldern CDU/CSU . . . 2075 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2075 D Deklarationsform für Gemengeteile bei Mischfuttermitteln MdlAnfr A66 20.05.77 Drs 08/458 Dr. von Geldern CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 2076 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 III Ermittlung der genauen Zahl der neugeschaffenen Ausbildungsplätze zur Kontrolle über die Angaben des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsausbildung MdlAnfr A43 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD MdlAnfr A44 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . . 2076 C, 2077 A, B, C, D, 2078 A ZusFr Heyenn SPD . . . 2076 D, 2077 A, B, C ZusFr Milz CDU/CSU 2077 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2078 A Ausnutzung der Ausbildungskapazitäten bei Bundesbahn und Bundespost MdlAnfr A102 20.05.77 Drs 08/458 Walther SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . 2078 B Nächste Sitzung 2147 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2149* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 2035 29. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 27. 5. Dr. Ahrens " 27. 5. Alber * 27. 5. Dr. Bangemann 27. 5. Dr. Bayerl * 27. 5. Dr. Becher (Pullach) 27. 5. Blumenfeld* 27. 5. Buchstaller *** 27. 5. Dr. Corterier *** 27. 5. Damm *** 27. 5. Fellermaier * 27. 5. Flämig *** 27. 5. Francke (Hamburg) 26. 5. Dr. Fuchs * 27. 5. Dr. Geßner *** 27. 5. Grüner 26. 5. Haase (Fürth) * 27. 5. von Hassel 27. 5. Dr. Hupka *** 27. 5. Dr. Jaeger *** 27. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 27. 5. Katzer 27. 5. Dr. h. c. Kiesinger 26. 5. Dr. Klepsch*** 27. 5. Kunz (Berlin) *** 27. 5. Dr. Graf Lambsdorff 26. 5. Lange *** 27. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 27. 5. Lücker * 27. 5. Dr. Marx *** 27. 5. Mattick *** 27. 5. Möhring *** 27. 5. Möllemann *** 27. 5. Dr. Müller ** 27. 5. Dr. Narjes 27. 5. Neuhaus 27. 5. Neumann * 27. 5. Ollesch *** 27. 5. Pawelczyk *** 27. 5. Petersen 27. 5. Picard 27. 5. Dr. Reimers 27. 5. Schmidt (München) * 27. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 5. Dr. Schöfberger 27. 5. Schreiber * 27. 5. Schwabe * 27. 5. Dr. Schwarz-Schilling 27. 5. Dr. Schwencke (Nienburg)** 27. 5. Dr. Schwörer * 26. 5. Frau Schuchardt 27. 5. Sieglerschmidt * 27. 5. Dr. Starke (Franken) * 26. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Voigt (Frankfurt) *** 27. 5. Dr. Waigel 27. 5. Dr. Wallmann 26. 5. Frau Dr. Walz * 27. 5. Dr. Wendig 27. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 26. 5. Dr. Zeitel 26. 5. Zeyer * 26. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Verehrter Herr Kollege, ich kann beim besten Willen in Ihrer Frage keinen Gegensatz zu dem eben hier Vorgetragenen erkennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe, wie das ganz selbstverständlich ist — das ist wirklich selbstverständliche Fairneß gegenüber einem Gesrächspartner, der gar nicht hier ist —, über dieses Gespräch nichts in die Öffentlichkeit getragen.
    Nur, der Kollege Ehmke hat hier eine Behauptung aufgestellt. Er hat den Versuch unternommen — ich sage es noch einmal —, eine neue Legende in dieser Frage zu begründen, und dieser Legende bin ich entgegengetreten. Ich habe in Amerika, ich habe in



    Dr. Kohl
    London und Paris mit keiner anderen Zunge geredet als hier von diesem Platz im Deutschen Bundestag.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe gerade vor drei, vier Minuten in meinen Schlußausführungen gesagt, daß für diese Haltung draußen im Ausland — auch im befreundeten Ausland — nicht überall Verständnis zu finden ist. Aber ich habe am Beispiel einer Teilung Washingtons und der Vereinigten Staaten deutlich gemacht, daß unsere Freunde im Ausland uns besser verstehen, wenn man sehr plastisch hervorhebt, um was es uns wirklich geht: überhaupt nicht um kalten Krieg, überhaupt nicht um Gegnerschaft zur Entspannungspolitik, aber um den Verfassungsauftrag, die Einheit der deutschen Nation zu bewahren. Dazu sind wir alle auch nach dem Grundgesetz verpflichtet.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Böhm.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilfried Böhm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Am Ende dieser Debatte stellt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Betroffenheit fest, daß in zwei konkreten Punkten, in denen die Opposition der Regierungskoalition die Hand zur Gemeinsamkeit gereicht hat, nämlich in den Fragen der Nationalstiftung und der Veränderung des Kraftfahrzeugsteuerrechts, dieses Angebot schnöde zurückgewiesen worden ist. Wir bedauern das außerordentlich, weil wir meinen, daß am Ende dieser Diskussion wenigstens in einigen wenigen Punkten eine gemeinsame neue Politik zum Wohle der Menschen in Deutschland gestaltet werden könnte.
    Herr Professor Ehmke, Sie haben in Ihrer Einlassung auf die Ausführungen des Kollegen Straßmeir den absurden Versuch unternommen, der CDU/CSU zu unterstellen, sie wolle mit der Veränderung des Kraftfahrzeugsteuerrechts eine Art Zweistaatentheorie einführen. Sie haben offenbar das nicht gehört, was der Kollege Straßmeir vorgetragen hat. Er hat nämlich eindeutig ausgeführt, daß die Unterscheidung zwischen einheimischen und gebietsfremden Fahrzeugen in diesem Gesetzentwurf vorgesehen und daß bei dieser Begriffsbestimmung insbesondere auf die deutliche Unterscheidung zwischen ausländischen Kraftfahrzeugen und Fahrzeugen aus der DDR zu achten sei.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal auf das eingehen, was der Kollege Dr. Schmude vorhin sagte, als er erklärte, draußen in der Öffentlichkeit wachse Verdrossenheit über die Art und Weise, in der in diesem Hause deutschlandpolitisch diskutiert werde. In der Tat ist das so. Aber warum? Weil Sie mit Ihrer Politik Illusionen und Erwartungen gezüchtet haben, die nunmehr mit der Realität nicht in Einklang gebracht werden können. Genau das — und nichts anderes — hat zu Verdrossenheit bei den Bürgern in unserem Lande geführt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es sind die zusammengebrochenen Illusionen, es ist die Folge der von Ihnen vorgenommenen Wählertäuschung, die das Ergebnis Ihrer Politik ausmachen. Willy Brandt sah sich doch mit seiner Koalition 1972 auf dem Weg dorthin, wo — ich zitiere —„nicht mehr geschossen wird". Derselbe Willy Brandt erklärte im Juli 1973 zu der Hoffnung, daß die streng bewachte Grenze unblutig und durchlässiger werde und daß Schluß mit den Schüssen an der Mauer und an der Grenze zur DDR gemacht werde, wörtlich: „Es sind nicht mehr nur Erwartungen und bloße Hoffnungen." Und Egon Bahr sagte kurz vor der 72er Wahl, daß der Schießbefehl hinfällig werde, wenn der Grundvertrag erst unterschrieben sei.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, an diesem Anspruch und an diesen erklärten Zielen müssen Sie sich heute messen lassen, wenn nach dem Erfolg Ihrer Deutschlandpolitik gefragt wird.
    Meine Damen und Herren! Heute ist der Tag, an dem genau vor 25 Jahren die DDR mit der Errichtung der ersten Sperranlagen den entscheidenden Schritt zur Teilung Deutschlands tat. Es wäre schlimm, wenn das deutsche Parlament bei der heutigen Debatte an diesem Tag achtlos vorbeiginge.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Wir stehen in der Folge dieser Politik der DDR heute vor einer Politik der totalen Abgrenzung, die eine Todeszone von der Ostsee bis zum Bayerischen Wald errichtet hat, um unsere Landsleute in der DDR daran zu hindern, den Weg in die Freiheit der Bundesrepublik zu gehen. Die 1 400 km lange Zonengrenze ist mit Metallgitterzäunen, doppeltem Stacheldrahtzaun, einem sogenannten Schutzstreifenzaun und Minenfeldern mit rund 1,2 Millionen Minen bestückt. 22 000 Selbstschußgeräte vom Typ SM 70 sind installiert, bekannt als automatische Tötungsanlagen, die den Schießbefehl automatisieren und dem menschlichen Gewissen entziehen. Um freies Schußfeld zu haben, wurden durch die DDR entlang der Demarkationslinie 742 Gebäude abgebrannt, gesprengt oder mit der Spitzhacke dem Boden gleichgemacht. Ganze Dörfer verschwanden oder stehen als entvölkerte Gespensterdörfer entlang dieser Grenze.
    30 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges betreibt die DDR im Herzen Deutschlands eine Politik der verbrannten Erde, über die in diesem Hause und vor der Weltöffentlichkeit gerade an diesem Tag gesprochen werden muß und die nicht hinter den Zahlen des Reiseverkehrs versteckt werden darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Um einen Kilometer ihres fünf Kilometer tief in die DDR hineinreichenden Sperrsystems anzulegen und auszubauen, muß die DDR 5 Millionen Mark ausgeben. Das sind rund 7 Milliarden Mark für die Anlage dieses Sperrsystems zur Verhinderung der Flucht der eigenen Bürger! Im Herzen Deutschlands entsteht auf vielen Tausenden von Quadratkilometern eine ungeheure Verwüstung der Landschaft mit abgeholzten Waldgebieten und langsam sich



    Böhm (Melsungen)

    herausbildenden Sandwüsten. An dieser Grenze starben 171 Menschen, die von ihrem Menschenrecht auf Freizügigkeit Gebrauch machen wollten.
    Über die Unmenschlichkeit dieser Grenze muß offen, laut und deutlich gesprochen werden, nicht nur in diesem Hause, nicht nur vor der deutschen Öffentlichkeit, sondern vor der Öffentlichkeit der ganzen Welt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es muß zur guten Übung werden, daß ausländische Politiker, die als Gäste in die Bundesrepublik Deutschland kommen, Berlin und die Zonengrenze wieder besuchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gerade Gäste aus der Dritten Welt, die zu uns kommen, um unsere wirtschaftlichen und finanziellen Hilfen zum Aufbau ihrer Länder in Anspruch zu nehmen, werden beim Anblick der Zonengrenze ihre natürlichen Verbündeten im Kampf um Selbstbestimmung und Menschenrechte erkennen. Und wenn es noch so unbequem ist: Diese Probleme der deutschen Teilung dürfen im Getriebe des Weltgeschehens nicht untergehen, sie dürfen nicht nur, Herr Kollege Professor Ehmke, in irgendwelchen geheimen NATO-Dokumentation vorhanden sein, sondern müssen auf den Tisch der öffentlichen Diskussion. Darum wollen wir diese Dokumentation über die Verletzung der Menschenrechte in unserem geteilten Vaterland.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer, wenn nicht wir hier, die Deutschen selbst, soll diese Fragen vor aller Welt diskutieren?! Wir können doch von keinem Ausländer erwarten, daß er sich in diesen Fragen stärker als wir Deutschen selber engagiert. Dazu gehört aber auch, daß in der Bundesrepublik Deutschland selbst die Information über die Situation im gespaltenen Deutschland wesentlich verstärkt wird. Es muß zur Selbstverständlichkeit werden, daß jeder Schüler in der Bundesrepublik Deutschland während seiner Schulzeit einmal in Berlin oder an der Zonengrenze die deutsche Teilung persönlich erlebt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Anblick dieser Teilung, der Anblick dieser Grenze ist noch immer das eindrucksvollste Erlebnis praktischer politischer Bildung. Statt dessen aber erhalten immer mehr Gruppen eine Absage, wenn sie sich mit der Bitte um Förderung von Reisen an die Zonengrenze oder nach Berlin an die zuständigen Stellen wenden, und es fehlen Aufklärung und Informationsmaterial für Besucher an der Zonengrenze. Zum erstenmal ist in diesem Jahr auch der Bericht des Bundesgrenzschutzes über das abgelaufene Jahr nicht in großer Auflage zur öffentlichen Verteilung gekommen. Diese Bundesregierung verwendet eben bedauerlicherweise die für solche Informationen bestimmten finanziellen Mittel allein dazu, eitle Selbstdarstellung und plumpe Regierungspropaganda zu betreiben.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Wer sich allein dem Rausch von Besucherzahlen hingibt, der erweckt den Eindruck einer normalen
    Grenze in Deutschland. Wer nachlässig z. B. vom „kleinen Grenzverkehr" spricht, wenn er die Möglichkeit zu Tagesaufenthalten in der DDR meint, erweckt den Eindruck, als ginge es an dieser Grenze zu wie beim wirklichen kleinen Grenzverkehr, z. B. bei Schaffhausen zwischen Deutschland und der Schweiz. Kleiner Grenzverkehr — das ist nun einmal das spontane Hin und Her von Menschen ohne bürokratische Antragsverfahren, um auf der anderen Seite Verwandte zu besuchen, eigene Felder und Wiesen zu bestellen, billig einzukaufen und die Grenze an anderen als dafür vorgesehenen Stellen zu überschreiten. Von einem solchen Zustand ist die Lage an der Zonengrenze in Deutschland doch weiß Gott weit entfernt. Wer dennoch nachlässig Begriffe aus der Welt des Normalen zur Schilderung anomaler Zustände benutzt, verharmlost die Wirklichkeit und täuscht sich und andere.
    Wenn die Bundesregierung auch heute wieder positive Entwicklungen bei den Reisezahlen anführt, um Erfolge ihrer Politik vorzuweisen, dann sei der Erfolg verstärkter Reisemöglichkeiten von West nach Ost und in dringenden Familienangelegenheiten und für Rentner von Ost nach West ausdrücklich anerkannt. Das haben wir immer getan, auch wenn man das von Ihrer Seite nicht wahrhaben wollte.
    Aber jedermann sollte wissen, daß das Echo auf diese Reisezahlen nun einmal lautet: zahlen, zahlen, zahlen, und zwar in bar. Nichts an menschlichen Erleichterungen hat die DDR wegen eines fiktiven Geistes der Entspannung gewährt, sondern alles, was sie getan hat, wird teuer aus dem Bundeshaushalt oder aus den Portemonnaies der Reisenden selbst bezahlt. Die Geldschneiderei der DDR erweist sich als eine neue künstliche finanzielle Schranke, die gegen den Reiseverkehr errichtet wird und die den Wunsch nach familiären und freundschaftlichen Kontakten zwischen Deutschen in Ost und West zum Goldesel für die Staats- und Parteikassen der DDR macht.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Nehmen wir ein Beispiel. Warum — so müssen wir uns fragen — reisen nur so wenige Bürger, die formal die Möglichkeit zu Tagesaufenthalten haben, in die DDR? Rund 6,5 Millionen Bürger in den dafür vorgesehenen Städten und Landkreisen in der Bundesrepublik könnten solche Reisen antreten. 1975 taten es jedoch nur 463 000; 1976 sank diese Zahl aber auf 445 000 ab. Das bedeutet, nicht einmal 7 % derer, die reisen könnten, tun es tatsächlich. Und diese Bürger reisen deshalb nicht, weil die ausgehandelten Reisebedingungen diese Reisen so schwierig machen. Zu wenige Grenzübergänge, der Zwang, für die Ausreise denselben Übergang zu benutzen wie bei der Einreise, die Beschränkung des Aufenthalts bis 24 Uhr am Einreisetag, das bürokratische Antragsverfahren, Schikanen und Willkür bei der Grenzkontrolle, die hohen Visagebühren, Straßenbenutzungsgebühren und der Zwangsumtausch schrecken viele Bürger ab. Hier muß die Bundesregierung ansetzen, um Verbesserungen zu erreichen. Ich begrüße, daß die Antwort auf unsere Große Anfrage in vielen Punkten mit diesen Zielen über-



    Böhm (Melsungen)

    einstimmt, die wir im Bundestag immer wieder als notwendige Verbesserungen angesprochen und gefordert haben.
    Aber auch die Bundesregierung selbst muß überlegen, wie sie bei uns in der Bundesrepublik Deutschland dazu beitragen kann, mehr für die Gemeinsamkeit der Menschen im geteilten Deutschland zu tun. Ist das Begrüßungsgeld für Rentner aus der DDR angesichts gestiegener Preise noch hoch genug? Könnte die Erstattung der Visagebühren über den Bereich der Rentner hinaus eine mögliche Verstärkung des Reiseverkehrs in die DDR bewirken und die Kosten für diejenigen nachhaltig senken, die reisen wollen? Reicht die im Einkommen- und Lohnsteuerrecht gewährte Pauschale für Pakete und Päckchen in die DDR mit 50 bzw. 30 DM heute noch aus? Welche zusätzlichen steuerlichen Erleichterungen für Geschenke in die DDR sind denkbar? Wie können die Bürger über Reisemöglichkeiten sachlich und ohne propagandistische Verzerrung so aufgeklärt werden, daß für sie nicht die tatsächlichen Erlebnisse bei der Reise in die DDR im Gegensatz zu den Erwartungen stehen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Wie können die Bürger dazu bewogen werden, Behinderungen und Schikanen den Behörden zur Kenntnis zu bringen, um die große Dunkelziffer zu überwinden, die bei der Erfassung von Vertragsbrüchen durch die DDR nun einmal besteht? Wie können wir schließlich denen helfen, die aus der DDR zu uns in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind, gleichgültig ob freigekauft oder als Flüchtlinge mit oder ohne Inanspruchnahme von Fluchthilfe, und die bei uns aus welchen Gründen auch immer in finanziellen und wirtschaftlichen Sorgen und Schwierigkeiten stecken?

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Die Zukunft der Deutschlandpolitik kann nach unserer Auffassung nur in einer klaren, auf Leistung und Gegenleistung bedachten Vertragspolitik und gleichzeitig und unabhängig davon in einem klaren und unerschütterlichen Eintreten für Menschenrechte und Selbstbestimmung bestehen. Es ist nicht so, daß Fortschritte in der Vertragspolitik nur durch Leisetreterei in der Frage der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechts zu erreichen wären. Die Bundesregierung hat sich nach dem Schüren von Hoffnungen und Erwartungen einem unheilvollen Erfolgszwang und damit den Erpressungen der anderen Seite in hohem Maße ausgesetzt.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Der Versuch aus Ihren Reihen eine Theorie zu entwickeln, nach der die Stärkung der DDR die Voraussetzung für die Entspannung und ein geregeltes Nebeneinander ist, ist der untaugliche Versuch, von einer falschen Deutschlandpolitik zu retten, was zu retten ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Kehren Sie statt dessen zu den Gemeinsamkeiten in der Deutschlandpolitik zurück, die Sie leichtsinnig verlassen haben, damit nach dem Ende Ihrer Illusionen eine realistische Deutschlandpolitik begonnen
    werden kann, die Verträge achtet und den Menschenrechten dient!

    (Beifall bei der CDU/CSU)