Rede von
Dr.
Jürgen
Schmude
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich darauf beschränken, das Thema der Nationalstiftung, das Herr Kollege Kunz hier angesprochen hat, kurz zu behandeln. Es genügt auch, dem Mißbrauch, den er mit diesem Gegenstand an dieser Stelle getrieben hat, entgegenzutreten, um damit zugleich seine Argumentationsweise im übrigen zu beleuchten.
Ich glaube, daß niemand an jenem 18. Januar 1973, als der damalige Bundeskanzler Willy Brandt in seiner Regierungserklärung die Nationalstiftung erstmals erwähnte, damit gerechnet hat, welch ein mittlerweile schändliches Spiel damit getrieben werden würde. Es ging darum, die Künste in unserem Land durch eine einheitliche Einrichtung zu fördern, es ging darum, kulturelle Maßnahmen von gesamtstaatlicher Bedeutung zu finanzieren und zu regeln. Weil dies eine) so bedeutende Angelegenheit war, stand für die Bundesregierung wie für die Koalitionsfraktionen — aber ich denke, auch für andere — von vornherein fest, daß diese Stiftung gemeinsam mit den Bundesländern errichtet werden sollte. Was die Notwendigkeit einer solchen Stiftung anlangt, hat es einen Streit eigentlich nicht gegeben; auch von Ihrer Seite ist diese durch Herrn Kollegen von Weizsäcker anerkannt worden.
Aber das erste, was dann kam, als noch gar nicht feststand, wie die Organisation und welches der Aufgabenbereich der Stiftung sein sollte, war die lautstark vorgetragene Forderung: Diese Stiftung muß nach Berlin, ihr Sitz muß in Berlin sein.
Und da fragt man sich denn doch, und das fragen Sie doch einmal Ihre eigenen Parteifreunde unter den Ministerpräsidenten der Länder:
Wie kommt es eigentlich, daß die Bundesländer nach wie vor beanspruchen, in dieser Stiftung das Sagen zu übernehmen, weil dies doch eine Sache sei, die weitgehend in ihre kulturellen Angelegenheiten hineinreiche, während Sie andererseits hier im Bundestag die Auffassung vertreten und uns mit Vorwürfen vortragen, es sei eine Angelegenheit von derartig gesamtstaatlichem Rang, daß sie unbedingt nach Berlin müsse? Da besteht ein ganz klarer Widerspruch, und diesen Widerspruch sollten Sie ausräumen.
Hier sollten Sie keine Doppelstrategie betreiben, indem einerseits verhindert wird, daß diese Stiftung überhaupt zustande kommt, und andererseits gefordert wird, sie müsse nach Berlin, als sei dies eine Bagatelle, als könne man dies ohne weiteres tun.