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ID0802916900

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    Plenarprotokoll 8/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Glotz und des Abg Sund auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 2035 A Eintritt des Abg. Lambinus und des Abg Eickmeyer in den Deutschen Bundestag . 2035 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 2035 B Wahl des Abg. Glombig als Stellvertreter im Vermittlungsausschuß . . . . . . . 2035 B Wahl des Abg. Lemp als Vertreter im Europäischen Parlament . . . . . . . . . 2035 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß und Akt des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung — Drucksache 8/360 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz) — Drucksache 8/361 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Genscher, Bundesminister AA 2035 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 2037 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2040 C Dr. Bangemann FDP 2042 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2046 C Seefeld SPD 2048 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Deutschlandpolitik — Drucksachen 8/118, 8/255 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes — Drucksache 8/238 — Dr. Abelein CDU/CSU . . . . . . . . 2050 D Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 2056 A Hoppe FDP 2061 B Franke, Bundesminister BMB . 2067 D, 2116 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . 2078 D Dr. Schmude SPD 2083 B, 2121 B Jung FDP . . . . . . . 2087 B, 2131 C Baron von Wrangel CDU/CSU . . . . 2090 D Schulze (Berlin) SPD 2093 A Jäger (Wangen) CDU/CSU 2095 D Büchler (Hof) SPD 2099 C Graf Huyn CDU/CSU 2103 A Friedrich (Würzburg) SPD . . 2106 A, 2124 B Dr. Gradl CDU/CSU . . . . . . . . 2111 A Kunz (Berlin) CDU/CSU 2118 B Dr. Kohl CDU/CSU . 2123 C, 2124 A, 2128 A Wehner SPD 2123 D Straßmeir CDU/CSU . . . . . . . . 2124 C Dr. Ehmke SPD 2126 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 2129 A Schmöle CDU/CSU 2131 D Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . . 2133 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude — Drucksache 8/286 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/471 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses --- Drucksachen 8/453, 8/463 — Gobrecht SPD . . . . . . . 2136 A, 2139 A Dr. Voss CDU/CSU . . . . . . . . . 2137 A Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 2140 C Köster CDU/CSU 2143 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes — Drucksache 8/370 — de Terra CDU/CSU . . . . . . . . 2145 D Horn SPD 2146 B Ludewig FDP 2146 D Fragestunde — Drucksache 8/458 vom 20. 05. 1977 — Umsiedlung der weißen Bevölkerung aus Südwestafrika im Falle der Machtübernahme der schwarzen Mehrheit nach Südamerika MdlAnfr A109 20.05.77 Drs 08/458 Niegel CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 2072 A, B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 2072 B Einheitliches Konzept der EG für die am 23. Mai beginnende 6. UN-Seerechtskonferenz sowie Sicherstellung der Fanggründe vor den Küsten Kanadas, Norwegens, der USA und Islands für die deutsche Fischerei nach Errichtung der 200-Seemeilen-Wirtschaftszone MdlAnfr A118 20.05.77 Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU MdlAnfr A119 20.05.e Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 2072 C, D, 2073 A, C ZusFr Dr. Müller-Hermann CDU/CSU . . 2072 D, 2073 B Benachteiligung deutscher Futtermittelhersteller beim Einkauf von Magermilchpulver bei EG-Ausschreibungen durch unterschiedliche Währungsberechnungen; Verwendung von Magermilchpulver zur Kälberfütterung über einen Beimischungszwang sowie Verbilligung des Magermilchpulvers für diesen Zweck MdlAnfr A63 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP MdlAnfr A64 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP Antw PStSekr Gallus BML 2073 D, 2074 A, C, D ZusFr Peters (Poppenbüll) FDP . . . 2074 A, B, C ZusFr Kiechle CDU/CSU . . . . . . . 2074 D Staatliche Verbilligung von Trinkmilch für Kindergärten und Schulen MdlAnfr A65 20.05.77 Drs 08/458 Frau Geier CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 2075 A, B, C, D, 2076 A ZusFr Frau Geier CDU/CSU 2075 B ZusFr Kiechle CDU/CSU 2075 B ZusFr Susset CDU/CSU 2075 C ZusFr Würtz SPD 2075 C ZusFr Dr. von Geldern CDU/CSU . . . 2075 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2075 D Deklarationsform für Gemengeteile bei Mischfuttermitteln MdlAnfr A66 20.05.77 Drs 08/458 Dr. von Geldern CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 2076 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 III Ermittlung der genauen Zahl der neugeschaffenen Ausbildungsplätze zur Kontrolle über die Angaben des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsausbildung MdlAnfr A43 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD MdlAnfr A44 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . . 2076 C, 2077 A, B, C, D, 2078 A ZusFr Heyenn SPD . . . 2076 D, 2077 A, B, C ZusFr Milz CDU/CSU 2077 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2078 A Ausnutzung der Ausbildungskapazitäten bei Bundesbahn und Bundespost MdlAnfr A102 20.05.77 Drs 08/458 Walther SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . 2078 B Nächste Sitzung 2147 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2149* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 2035 29. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 27. 5. Dr. Ahrens " 27. 5. Alber * 27. 5. Dr. Bangemann 27. 5. Dr. Bayerl * 27. 5. Dr. Becher (Pullach) 27. 5. Blumenfeld* 27. 5. Buchstaller *** 27. 5. Dr. Corterier *** 27. 5. Damm *** 27. 5. Fellermaier * 27. 5. Flämig *** 27. 5. Francke (Hamburg) 26. 5. Dr. Fuchs * 27. 5. Dr. Geßner *** 27. 5. Grüner 26. 5. Haase (Fürth) * 27. 5. von Hassel 27. 5. Dr. Hupka *** 27. 5. Dr. Jaeger *** 27. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 27. 5. Katzer 27. 5. Dr. h. c. Kiesinger 26. 5. Dr. Klepsch*** 27. 5. Kunz (Berlin) *** 27. 5. Dr. Graf Lambsdorff 26. 5. Lange *** 27. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 27. 5. Lücker * 27. 5. Dr. Marx *** 27. 5. Mattick *** 27. 5. Möhring *** 27. 5. Möllemann *** 27. 5. Dr. Müller ** 27. 5. Dr. Narjes 27. 5. Neuhaus 27. 5. Neumann * 27. 5. Ollesch *** 27. 5. Pawelczyk *** 27. 5. Petersen 27. 5. Picard 27. 5. Dr. Reimers 27. 5. Schmidt (München) * 27. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 5. Dr. Schöfberger 27. 5. Schreiber * 27. 5. Schwabe * 27. 5. Dr. Schwarz-Schilling 27. 5. Dr. Schwencke (Nienburg)** 27. 5. Dr. Schwörer * 26. 5. Frau Schuchardt 27. 5. Sieglerschmidt * 27. 5. Dr. Starke (Franken) * 26. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Voigt (Frankfurt) *** 27. 5. Dr. Waigel 27. 5. Dr. Wallmann 26. 5. Frau Dr. Walz * 27. 5. Dr. Wendig 27. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 26. 5. Dr. Zeitel 26. 5. Zeyer * 26. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Bruno Friedrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Abgeordneter Mertes, ich verehre Adolf Arndt als eine der großen geistigen Persönlichkeiten.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Drum!)

    Ich weiß sehr wohl, daß ein Kurt Schumacher und ein Adolf Arndt verzweifelt versucht haben, nach den katastrophalen Fehlern der Konservativen das Deutsche Reich unmittelbar nach 1949 zu erhalten. Das kann man ihnen doch nicht vorwerfen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Ich werfe ihnen ja nichts vor! Ich frage ja nur!)

    Ich bekenne mich zu Adolf Arndt. Aber ich halte ihn für eine zu große geistige Persönlichkeit, als daß er Ihre Starrheit, die Sie heute zeigen, nachvollziehen könnte.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das war keine Antwort!)

    Ich will auch sagen, warum ich diese historischen Positionen hier einführe: weil sie auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 spürbar werden. Das Bundesverfassungsgericht sagt:
    Für die Frage, ob die Anerkennung der Grenze zwischen den beiden Staaten als Staatsgrenze mit dem Grundgesetz vereinbar sei, ist entscheidend die Qualifizierung als staatsrechtliche Grenze zwischen zwei Staaten, deren Besonderheit ist, daß sie auf dem Fundament des noch existierenden Staates Deutschland als Ganzes existieren, daß es sich also um eine staatsrechtliche Grenze handelt, ähnlich denen, die zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland verlaufen.
    Ich spüre hier die Problematik, die sich für eine deutsche Regierung ergibt, wenn sie die Grenze zur DDR ähnlich einer Grenze zwischen Hessen und Bayern behandeln wollte. Denn bisher mußten wir doch davon ausgehen, daß das Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland die Verfassungsfrage als Machtfrage definiert. Was wäre die Konsequenz, wenn ein verantwortlicher Politiker der Bundesregierung oder Herr Stoltenberg oder Herr Albrecht oder Herr Börner oder Herr Goppel als Ministerpräsidenten in Verfolg dieses Urteils den Versuch unternähmen, z. B. ihre Polizei anzuweisen, die Grenze zur DDR als eine Grenze wie zwischen anderen Ländern zu behandeln? Hier ist doch zu beachten: Die Grenze, die vom Bundesverfassungsgericht als Grenze ähnlich der zwischen Bundesländern definiert worden ist, ist zugleich die Grenze zwischen den stärksten Militärblöcken der Welt. Sie ist eine harte ideologische Grenze. Sie ist eine Grenze zwischen absolut unterschiedlichen Wirtschaftssystemen. Sie ist die Grenze der Großmachtbereiche.
    Das heißt: Wir stehen hier vor der schwierigen Frage, daß das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsfrage aus der deutschen Situation heraus als Ohnmachtsfrage definiert hat. Denn kein deutscher Politiker wird es wagen, die Grenze zur DDR als eine Grenze wie zwischen Baden-Württemberg
    und Bayern durchzusetzen, weil wir alle um die Konsequenzen wüßten.
    Auf der anderen Seite — und da müssen Sie sich nun einmal entschließen, wohin Sie wollen — hat das Bundesverfassungsgericht den Grundlagenvertrag als mit dem Grundgesetz vereinbar bezeichnet und ihn gleichzeitig als eine wichtige Weichenstellung gekennzeichnet. Die Frage ist: Wohin wollen Sie gehen?
    Wir jedenfalls sind der Meinung, daß es bei der deutsch-deutschen Politik, die seit dem Westfälischen Frieden nie eine deutsch-deutsche Angelegenheit, sondern immer eine Frage der Weltpolitik war, nicht nur um Grenzen geht, die denen zwischen Bundesländern vergleichbar sind.
    Eine Bundesrepublik Deutschland — und hier vermisse ich heute Herrn Kohl —, der nach dem Londoner Gipfel von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" bescheinigt worden ist, sie sei in die vorderste Linie der Weltpolitik eingerückt und müsse jetzt auch zu dieser Verantwortung stehen, muß sich den Wahrheiten ihrer Verantwortung stellen. Ich will hier sechs unbequeme Wahrheiten nennen.
    Erstens. Die Machtlage in der Welt läßt nicht erwarten, daß im Jahre 2000, also in 23 Jahren, die deutsche Teilung beendet ist.
    Zweitens. Es ist falsch, davon auszugehen, nur die Sowjetunion und nur die Deutsche Demokratische Republik strebten danach, die innerdeutsche Grenze in eine ständige Grenze zu verwandeln.
    Drittens. Für die meisten Staaten der Welt ist die Teilung des Deutschen Reiches nach zwei Weltkriegen eine Garantie des europäischen Gleichgewichts. Ich weiß, daß es den Vorwurf gibt, man sei ein schlechter deutscher Patriot, wenn man eine Realität ausspricht. Trotzdem muß sie ausgesprochen werden.
    Viertens. Die Erwartung, mit unseren Verbündeten könne die deutsche Teilung durch eine Veränderung der Machtlage kurz- oder mittelfristig verändert werden, endete spätestens beim hingenommenen Mauerbau in Berlin. In diesem Zusammenhang sollten Sie sich vielleicht doch einmal das Kommunique über die Begegnung zwischen Konrad Adenauer und dem sowjetischen Botschafter in Bonn vom 15. August 1961 ansehen und einmal nachlesen, was der Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer damals zu den Konsequenzen des Mauerbaus gesagt hat. Er sagte: Das darf die Beziehungen nicht belasten. Das war damals das Ergebnis.
    Fünftens. Angesichts einer vermuteten politischen und wirtschaftlichen Hegemonialrolle der Bundesrepublik unter den Mittelmächten der Welt würde, gäbe es dazu eine ernsthafte Chance, eine Wiedervereinigung auf den heftigen Widerstand von Staaten in Ost und West stoßen.
    Sechstens. Es ist absurd, unmittelbar vor der ersten Wahl des erstmals direkt gewählten Europäischen Parlaments, das sich zum Ziel gesetzt hat, den alten Nationalstaat abzubauen, aus der Kategorie



    Friedrich (Würzburg)

    des deutschen Nationalstaats im 19. Jahrhundert heraus die künftige deutsche Einheit zu begreifen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Wer tut das denn hier? Wer macht das denn?)

    In der DDR lebt bereits die dritte Generation. Wenn es je wieder eine deutsche Nation geben wird, dann werden die jungen Generationen beider Staaten sich aufmachen müssen, um ihre eigene Nation zu finden, unter eigenen gesellschaftlichen und staatlichen Bedingungen.
    Siebtens. Soweit es um den Rechtsstandpunkt geht, könnte man sich über vieles verständigen. Aber niemand wird im Völkerrecht an der Wahrheit vorbeikommen: Auf die Dauer wird ein Rechtsstandpunkt im internationalen Recht nur durchsetzbar sein, wenn seine Begründung imstande ist, sich in der Wirklichkeit der Beziehungen zwischen den Völkern zu behaupten. Ihre Politik hat sich bereits Mitte der 60er Jahre nicht mehr in der Wirklichkeit der Beziehungen der Völker behaupten können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : „Zwischen den Völkern" sagt er! Ich weiß nicht, wovon er redet!)

    Dies ist doch Ihr Verhängnis, daß Sie nicht fähig sind, jene bereits damals vollzogene Wirklichkeit in der Welt zu begreifen.
    In diesem Zusammenhang darf ich zitieren, was in „Foreign Policy", einer Zeitschrift, deren Redakteure zur Hälfte in die Carter-Administration eingerückt sind, von einem Mann geschrieben wurde, den viele hier kennen, nämlich Robert Gerald Livingstone. Er schrieb: „Die Vereinigten Staaten gehen in ihrer Europapolitik von einem Gleichgewicht aus, das auf der fortdauernden Gebietsteilung des ehemaligen Deutschen Reiches beruht."
    Zu diesem Artikel hat der CDU-Abgeordnete Kiep ein Nachwort geschrieben, und er hat zu diesem Komplex keinen einzigen Satz vermerkt. Nur der Sozialdemokrat Professor Richard Löwenthal hat dies korrigiert. Wo ist denn Herr Kiep, um einmal die ganze Spanne der Union in dieser Frage sichtbar zu machen?

    (Pfeffermann [CDU/CSU] : Er ist Finanzminister in Niedersachsen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Er war, als er diesen Artikel schrieb, noch der außenpolitische Sprecher des CDU-Präsidiums.

    (Baron von Wrangel [CDU/CSU] : Ihnen müßte es eigentlich peinlich sein, über Spannungen in einer Partei zu sprechen!)

    — Verdrängen Sie das noch nicht! Versuchen Sie heute hier doch nicht, ein geschlossenes Bild zu bieten, weil Sie nur die Kreuther Riege hier sprechen lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Baron von Wrangel [CDU/CSU] : Das muß ein SPD-Abgeordneter sagen!)

    Das ist doch eine Irreführung der Öffentlichkeit.

    (Dr. Ritz [CDU/CSU] : Dieses Ablenkungsmanöver müßte Ihnen doch selbst peinlich sein!)

    Nun zur KSZE, zum Schluß.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)

    — Diese Rede hat Ihnen weh getan; das begreife ich schon.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Das war mittelgutes Kabarett, Herr Friedrich!)

    Jedenfalls steht eines fest: Dieses Parlament war das einzige Parlament, das vor Verabschiedung der Schlußakte zusammengetreten ist. Es ist nur deshalb zusammengetreten, weil als einziger Punkt der Antrag der CDU auf der Tagesordnung stand: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Schlußakte nicht zu unterzeichnen".

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Erwähnen Sie doch bitte auch unsere Gründe!)

    — Ich muß doch nicht noch den Part der Union übernehmen, wenn man hier schon ungeduldig ist, Herr Kollege Mertes.
    Aber was ist seit Helsinki eingetreten? Vor allem jene, die den kommunistischen Systemen kritisch gegenüberstehen, bestätigen, daß es nach Helsinki zum erstenmal in kommunistischen Staaten etwas gegeben hat, was es bis dahin nicht gab, nämlich in der Gesellschaft eine autonome, vom System unabhängige Äußerung. Das ist ein neues Phänomen.
    Die Frage ist nun, ob wir eine Politik betreiben, aus der heraus dieser Prozeß zurückgeschraubt wird. Hier warne ich davor, in eine Politik einzusteigen, die vom Freund-Feind-Denken ausgeht, von der Siegparole.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wer will das denn?)

    — Herr Kollege Mertes, die Parole „Freiheit oder Sozialismus" ist eine Siegparole. Auch wenn Sie auf Demokraten angewendet wird, muß sie in der Konsequenz wie alle Siegparolen zur Menschenverfolgung führen. Dies ist eine Siegparole.
    Aber wenn Sie sich heute auf den amerikanischen Präsidenten Carter berufen,

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Jeder kämpft für den Wahlsieg!)

    dann will ich nur zwei Sätze aus der Rede des Präsidenten vom letzten Wochenende zitieren. Er sagte:
    Wir haben Feuer mit Feuer bekämpft und niemals daran gedacht, daß Feuer besser mit Wasser bekämpft wird. Dieser Weg schlug fehl, wobei Vietnam das beste Beispiel für seine geistige und politische Armut ist.
    Ich kann mich sehr wohl erinnern, welch leidenschaftliche Ablehnung von Ihnen kam, als ich einen ähnlichen Satz in der letzten Legislaturperiode von diesem Platz aus gesprochen habe.
    Das zweite ist das — und damit wird widerlegt, was der „Zimmermann von Kreuth" hier ausgeführt hat —, was Präsident Carter sagte: „Ich glaube an die Entspannung im Verhältnis zur Sowjetunion. Für mich bedeutet sie Fortschritt in Richtung auf den Frieden."



    Friedrich (Würzburg)

    Um zum Schluß zu kommen: Die Opposition ist aus den letzten Wahlen gestärkt hervorgegangen; das bestreiten wir Ihnen nicht. Aber dieses Land würde in einen schlimmen Weg steuern, wenn die Opposition mit einer solchen politischen Konzeption — die keine ist — die Verantwortung für die internationale Rolle dieses Landes übernehmen müßte. Dann müßte man in der Tat um das politische Gleichgewicht in der Welt fürchten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Gradl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Johann Baptist Gradl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine verehrten Kollegen! Für mich hat meine Fraktion — ich gestehe es — eine etwas längere Redezeit beantragt. Ich geniere mich beinahe, davon Gebrauch zu machen, aber ich werde es tun. Ich will also vorsorglich warnen. Nur möchte ich auf folgendes aufmerksam machen.

    (V o r sitz : Vizepräsident Frau Funcke)

    Es macht mir Spaß, in Debatten gelegentlich einmal mitzuschreiben, wie die Verteilung ist. In diesem Augenblick ist es so, daß in dieser Debatte von seiten des Regierungslagers exakt 250 Minuten gesprochen worden ist und von der Opposition 125 Minuten. Ich finde, das wäre ein Thema, mit dem sich die Geschäftsführer einmal gründlich beschäftigen sollten; denn dies ist keine Ausgewogenheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann darf ich zu dem Kollegen Friedrich zwei kurze Bemerkungen machen. Die eine deshalb, weil ich mich da als Berliner angesprochen fühle. Herr Kollege Friedrich, ich möchte sicher sein, daß ich Sie richtig verstanden habe. Sie haben — wenn ich richtig gehört habe — zitiert, was der Regierende Bürgermeister von Berlin heute in seine Rede gesagt hat. Er hat nämlich die Frage gestellt, ob die CDU Berlin die Absicht habe, Berlin in einen Zweifrontenkrieg zu bringen. Habe ich das richtig verstanden?

    (Abg. Friedrich begibt sich zu einem Saalmikrophon)