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ID0802913400

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    Plenarprotokoll 8/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Glotz und des Abg Sund auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 2035 A Eintritt des Abg. Lambinus und des Abg Eickmeyer in den Deutschen Bundestag . 2035 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 2035 B Wahl des Abg. Glombig als Stellvertreter im Vermittlungsausschuß . . . . . . . 2035 B Wahl des Abg. Lemp als Vertreter im Europäischen Parlament . . . . . . . . . 2035 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß und Akt des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung — Drucksache 8/360 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz) — Drucksache 8/361 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Genscher, Bundesminister AA 2035 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 2037 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2040 C Dr. Bangemann FDP 2042 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2046 C Seefeld SPD 2048 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Deutschlandpolitik — Drucksachen 8/118, 8/255 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes — Drucksache 8/238 — Dr. Abelein CDU/CSU . . . . . . . . 2050 D Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 2056 A Hoppe FDP 2061 B Franke, Bundesminister BMB . 2067 D, 2116 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . 2078 D Dr. Schmude SPD 2083 B, 2121 B Jung FDP . . . . . . . 2087 B, 2131 C Baron von Wrangel CDU/CSU . . . . 2090 D Schulze (Berlin) SPD 2093 A Jäger (Wangen) CDU/CSU 2095 D Büchler (Hof) SPD 2099 C Graf Huyn CDU/CSU 2103 A Friedrich (Würzburg) SPD . . 2106 A, 2124 B Dr. Gradl CDU/CSU . . . . . . . . 2111 A Kunz (Berlin) CDU/CSU 2118 B Dr. Kohl CDU/CSU . 2123 C, 2124 A, 2128 A Wehner SPD 2123 D Straßmeir CDU/CSU . . . . . . . . 2124 C Dr. Ehmke SPD 2126 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 2129 A Schmöle CDU/CSU 2131 D Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . . 2133 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude — Drucksache 8/286 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/471 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses --- Drucksachen 8/453, 8/463 — Gobrecht SPD . . . . . . . 2136 A, 2139 A Dr. Voss CDU/CSU . . . . . . . . . 2137 A Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 2140 C Köster CDU/CSU 2143 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes — Drucksache 8/370 — de Terra CDU/CSU . . . . . . . . 2145 D Horn SPD 2146 B Ludewig FDP 2146 D Fragestunde — Drucksache 8/458 vom 20. 05. 1977 — Umsiedlung der weißen Bevölkerung aus Südwestafrika im Falle der Machtübernahme der schwarzen Mehrheit nach Südamerika MdlAnfr A109 20.05.77 Drs 08/458 Niegel CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 2072 A, B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 2072 B Einheitliches Konzept der EG für die am 23. Mai beginnende 6. UN-Seerechtskonferenz sowie Sicherstellung der Fanggründe vor den Küsten Kanadas, Norwegens, der USA und Islands für die deutsche Fischerei nach Errichtung der 200-Seemeilen-Wirtschaftszone MdlAnfr A118 20.05.77 Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU MdlAnfr A119 20.05.e Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 2072 C, D, 2073 A, C ZusFr Dr. Müller-Hermann CDU/CSU . . 2072 D, 2073 B Benachteiligung deutscher Futtermittelhersteller beim Einkauf von Magermilchpulver bei EG-Ausschreibungen durch unterschiedliche Währungsberechnungen; Verwendung von Magermilchpulver zur Kälberfütterung über einen Beimischungszwang sowie Verbilligung des Magermilchpulvers für diesen Zweck MdlAnfr A63 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP MdlAnfr A64 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP Antw PStSekr Gallus BML 2073 D, 2074 A, C, D ZusFr Peters (Poppenbüll) FDP . . . 2074 A, B, C ZusFr Kiechle CDU/CSU . . . . . . . 2074 D Staatliche Verbilligung von Trinkmilch für Kindergärten und Schulen MdlAnfr A65 20.05.77 Drs 08/458 Frau Geier CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 2075 A, B, C, D, 2076 A ZusFr Frau Geier CDU/CSU 2075 B ZusFr Kiechle CDU/CSU 2075 B ZusFr Susset CDU/CSU 2075 C ZusFr Würtz SPD 2075 C ZusFr Dr. von Geldern CDU/CSU . . . 2075 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2075 D Deklarationsform für Gemengeteile bei Mischfuttermitteln MdlAnfr A66 20.05.77 Drs 08/458 Dr. von Geldern CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 2076 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 III Ermittlung der genauen Zahl der neugeschaffenen Ausbildungsplätze zur Kontrolle über die Angaben des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsausbildung MdlAnfr A43 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD MdlAnfr A44 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . . 2076 C, 2077 A, B, C, D, 2078 A ZusFr Heyenn SPD . . . 2076 D, 2077 A, B, C ZusFr Milz CDU/CSU 2077 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2078 A Ausnutzung der Ausbildungskapazitäten bei Bundesbahn und Bundespost MdlAnfr A102 20.05.77 Drs 08/458 Walther SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . 2078 B Nächste Sitzung 2147 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2149* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 2035 29. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 27. 5. Dr. Ahrens " 27. 5. Alber * 27. 5. Dr. Bangemann 27. 5. Dr. Bayerl * 27. 5. Dr. Becher (Pullach) 27. 5. Blumenfeld* 27. 5. Buchstaller *** 27. 5. Dr. Corterier *** 27. 5. Damm *** 27. 5. Fellermaier * 27. 5. Flämig *** 27. 5. Francke (Hamburg) 26. 5. Dr. Fuchs * 27. 5. Dr. Geßner *** 27. 5. Grüner 26. 5. Haase (Fürth) * 27. 5. von Hassel 27. 5. Dr. Hupka *** 27. 5. Dr. Jaeger *** 27. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 27. 5. Katzer 27. 5. Dr. h. c. Kiesinger 26. 5. Dr. Klepsch*** 27. 5. Kunz (Berlin) *** 27. 5. Dr. Graf Lambsdorff 26. 5. Lange *** 27. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 27. 5. Lücker * 27. 5. Dr. Marx *** 27. 5. Mattick *** 27. 5. Möhring *** 27. 5. Möllemann *** 27. 5. Dr. Müller ** 27. 5. Dr. Narjes 27. 5. Neuhaus 27. 5. Neumann * 27. 5. Ollesch *** 27. 5. Pawelczyk *** 27. 5. Petersen 27. 5. Picard 27. 5. Dr. Reimers 27. 5. Schmidt (München) * 27. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 5. Dr. Schöfberger 27. 5. Schreiber * 27. 5. Schwabe * 27. 5. Dr. Schwarz-Schilling 27. 5. Dr. Schwencke (Nienburg)** 27. 5. Dr. Schwörer * 26. 5. Frau Schuchardt 27. 5. Sieglerschmidt * 27. 5. Dr. Starke (Franken) * 26. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Voigt (Frankfurt) *** 27. 5. Dr. Waigel 27. 5. Dr. Wallmann 26. 5. Frau Dr. Walz * 27. 5. Dr. Wendig 27. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 26. 5. Dr. Zeitel 26. 5. Zeyer * 26. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Claus Jäger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Bundesminister, ich habe hier keine Wertung vorgenommen, sondern einen Sachverhalt geschildert.

    (Lachen bei der SPD)

    Ich habe den Sachverhalt geschildert, daß dieser Frau unrichtige Angaben über ihre Berufungsmöglichkeit gemacht worden sind und daß sie deswegen davon abgesehen hat, Berufung einzulegen. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur das eine sagen: Ein Bundesminister, der sich mit solchen Angelegenheiten befaßt, sollte sich besser mit der Ma-



    Jäger (Wangen)

    terie vertraut machen, ehe er die Sache zum Gegenstand einer parlamentarischen Polemik macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn wir Fälle wie diesen betrachten, dann möchten wir von der CDU/ CSU heute aus diesem und vielen anderen Anlässen die Aufforderung an die Bundesregierung richten, endlich dafür zu sorgen, daß auch die Möglichkeit der individuellen Beschwerde für die von solchen Dingen betroffenen Menschen eingeführt wird. Wir fordern deswegen die Bundesregierung auf, alle bisherigen Bedenken, auch wenn sie sachlich durchaus Hintergründe hatten, zurückzustellen, das Fakultativprotokoll zu unterzeichnen, das zu dem internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte vorgesehen ist, um ein gutes Beispiel dafür zu geben, daß auch andere Staaten dieses Protokoll unterzeichnen. Nur dann können wir diesen Menschen wirksamer, als es heute möglich ist, in der Praxis helfen. Nehmen Sie diese Aufforderung zur Kenntnis! Wir bitten Sie, entsprechend zu handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung sind Menschenrechte Rechte des Menschen und keine Gnade. Diese Menschenrechte stehen den Menschen gegen den Staat zu.
    Erst dieser Tage hat eine bekannte tschechische Künstlerin, Vlasta Chramostova, in einem Brief, den der „Spiegel" veröffentlicht hat, geschrieben:
    Ich unterzeichnete die Charta 1977. Ich kam zur Einsicht, daß ich es nicht als Erfüllung der Menschenrechte, wo auch immer auf der Welt, ansehen kann, wenn sie als Gnade erteilt werden.
    Insofern kann ich dem nicht folgen, was Herr Kollege Kreutzmann heute hier gesagt hat: Menschenrechte gelten gegen den Staat; sie gelten bloß im Staat. Wer den Menschenrechten kein Recht gegen den jeweiligen Staat zuerkennt, verficht im Grunde die Interessen derjenigen, die diese Menschenrechte verkürzen wollen, und nicht die Interessen der Menschen in diesem Land.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Die Menschenrechtspolitik ist heute ein entscheidendes Kernstück der Deutschlandpolitik. Nur wer sie tatkräftig und glaubwürdig betreibt, nur wer die bestehenden vertraglichen Verpflichtungen der Partner einfordert und damit den unterdrückten und zum Teil resignierenden Menschen wieder Mut und Zuversicht gibt, beschreitet den Weg zu einer freiheitlichen Zukunft Deutschlands.
    Dies ist unser Weg. Kehren Sie um, meine Damen und Herren von der Koalition, und gehen Sie diesen Weg mit uns!

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Büchler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Büchler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man darf jetzt feststellen, daß wir soeben den Gipfel der Geschmacklosigkeit hier erlebt haben.

    (Beifall bei der SPD) Das muß ich leider sagen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen nichts!)

    Denn es ist ein starkes Stück, wenn Sie uns und 45 Staaten

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Es waren mit uns nur 34!)

    bei der Unterzeichnung von Verträgen Leichtfertigkeit unterstellen. Hinzu kommt noch, daß Sie jetzt in Widerspruch zu dem geraten sind, was Sie heute früh gesagt haben. Jetzt fordern Sie wieder die Umkrempelung von Staaten. Ich möchte mich, Herr Jäger, auch nicht lange mit Ihnen aufhalten. Vielmehr hätte ich mich lieber an Herrn Kohl gewandt, wenn er im Saale wäre.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Der beschäftigt sich mit den Verfassungsverletzungen Ihres früheren Finanzministers und jetzigen Kanzlers!)

    Ich hätte ihn gern ,gefragt, warum er heute Herrn Abelein, Herrn Zimmermann, Herrn von Wrangel und jetzt, so zusagen als Krönung, Herrn Jäger, nicht aber Herrn Mertes hat reden lassen. Ich hätte heute zu gern Herrn Mertes gehört. Ich bin der Überzeugung, daß Herr Mertes seine Thesen nicht auf eigene Faust vorgetragen hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Ich habe die Thesen der CDU/CSU vorgetragen!)

    Im Gegensatz dazu bin ich überzeugt, daß die heutigen Redner der CDU/CSU-Fraktion auf eigene Faust ihre Meinung vertreten haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kommen Sie einmal zum Thema!)

    — Sie brauchen keine Sorge zu haben, ich komme dazu.
    Ich habe mir angehört, was die Kollegen der CDU/ CSU heute in ihren Reden gesagt haben. Vergleicht man diese Aussagen mit dem, was der Kollege Mertes, andere Politiker Ihrer Fraktion oder Herr Stoltenberg zu bestimmten Themen der Deutschlandpolitik — Herr Stoltenberg hat z. B. zum Interzonenhandel Stellung genommen — gesagt bzw. geschrieben haben, dann kann man zunächst einmal ohne jede Polemik feststellen: In Ihrer Fraktion sind die Differenzen in der Deutschlandpolitik nicht mehr zu überbrücken. Das möchte ich hier einmal ganz deutlich sagen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist ein Irrtum, Herr Kollege! Sie mißbrauchen mich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Mertes, Sie können heraufkommen und Ihre Thesen hier wiederholen. Dann werden wir sehen, was los ist.

    (Beifall bei der SPD)




    Büchler (Hof)

    In Ihrem Vorwort zur Großen Anfrage liest man:
    Die Politik einer vorgeblichen Entspannung gegenüber der DDR, die vom Gegeneinander zum Miteinander führen sollte, ist nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion in eine Sackgasse geraten. ... Die Enttäuschungen und Ernüchterungen gerade im letzten Jahr fordern neue Antworten.
    So weit Sie. Können Sie mir, meine Damen und Herren von der Opposition, sagen, wie die soeben zitierte Aussage zu der Aussage von Herrn Mertes steht, der feststellt: Seit der Bildung der Regierung Schmidt/Genscher haben sich die Chancen eines außen- und deutschlandpolitischen Konsenses erhöht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Die Chancen! — Schmöle [CDU/CSU] : Chancen sind noch keine Ergebnisse!)

    Das haben Sie doch ganz deutlich gesagt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das sagt meine Fraktion!)

    Ich muß mich mit Ihren widersprüchlichen Meinungen, die Sie über die Deutschlandpolitik der Koalition haben, beschäftigen.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Lassen Sie mich bitte meinen Gedanken zu Ende führen! — Wenn dieser Widerspruch ein Einzelfall wäre, verdiente er es nicht, erwähnt zu werden. Aber dieser Widerspruch ist kein Einzelfall. Herr Mertes, ich möchte Sie noch einmal bitten: Kommen Sie hier herauf und nehmen Sie dazu Stellung. Da mir nur eine beschränkte Redezeit zur Verfügung steht, möchte ich jetzt fortfahren.
    Unsere Fraktion wird immer bereit sein, sich mit Ihnen über unterschiedliche Auffassungen und Überzeugungen — das ist ein Angebot — auseinanderzusetzen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Kollege, ich muß hier noch anführen: Sie zitieren mich nur zur Hälfte!)

    Das ist überhaupt keine Frage. Aber leider müssen wir uns — das möchte ich hier in aller Offenheit sagen — mit Auffassungen aus den Reihen Ihrer Fraktion auseinandersetzen, deren Vertreter die Deutschlandpolitik der Bundesregierung nur destruktiv begleiten wollen, denen die Zerstörung dieser Koalition

    (Dr. Czaja [CDU/CSU]: Das wäre ein Glück für Deutschland!)

    mehr bedeutet als unser gemeinsames nationales Anliegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Da sich die Widerstände gegen diese destruktive Politik in Ihren Reihen von Tag zu Tag, so meine ich, mehren, hoffen wir zu Recht, daß wir uns bald mit einer neuen Deutschlandpolitik der Opposition auseinandersetzen dürfen. Sie von der Opposition sind da in eine merkwürdige Situation hineingeraten. Die meisten von Ihnen müssen nach außen
    Meinungen vertreten, die sie längst nicht mehr vertreten wollen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was leiden Sie mit uns!)

    Mehr noch: Sie praktizieren eine Politik in dubio contra cordem, eine Politik im Zweifel gegen Ihre warnenden Gefühle. Sie fühlen und wissen nur zu gut, daß es zur Deutschlandpolitik der Koalition keine Alternative gibt, aber nur die wenigsten von Ihnen geben dies zu. So ist das und nicht anders.

    (Baron von Wrangel [CDU/CSU] : Jede Politik muß eine Alternative haben!)

    Wenn die meisten von Ihnen aber Meinungen permanent wiederholen müssen, dann nur, um so etwas wie Beständigkeit oder Linie in ihre Politik einzubringen. Ich nenne das eine traurige Beharrlichkeit. Warum wagen Sie nicht endlich den notwendigen Aufbruch? Warum bleiben Sie so inkonsequent? Warum ließen Sie sich die guten Ansätze vor dem Düsseldorfer Parteitag der CSU zunichte machen?

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Die CDU war dort! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich bin Bayer; deshalb CSU. — Sollte es Ihnen nicht möglich sein, zu einer Politik zu kommen, die allein — ohne Rücksicht auf parteitaktische und koalitionstaktische Überlegungen, ohne Rücksicht darauf, wer in diesem Lande regiert — den Interessen der Bürger in beiden deutschen Staaten dient? Ringen Sie sich zu dem durch was alle Demokraten in der Bundesrepublik Deutschland wünschen! Dann hätten Sie in der Tat die gute Chance, gemeinsam mit der Koalition die Deutschlandpolitik verantwortlich mitzugestalten. Heute war dieser Wandel leider noch nicht abzusehen. Sie haben sich gegen Ihre innerste Überzeugung entschieden. Sie haben sich gegen Ihre warnenden Gefühle ausgesprochen. Einige von Ihnen verfolgen weiter ihre Politik der kalten Logik.
    Die Enttäuschungen und Ernüchterungen in der Deutschlandpolitik — das sei zugegeben — seit dem Grundlagenvertrag und den Folgeverträgen muß man bewußt wahrnehmen, darf man nicht beiseite schieben. Sonst ist man ein Träumer; daran besteht gar kein Zweifel. Da verbucht man eine Verdoppelung der Mindestumtauschsätze — natürlich ist sie teilweise wieder zurückgenommen worden — und die Behinderung auf den Transitwegen, z. B. auch für Mitglieder der Jungen Union. Auch muß man Spionagefälle, Ausweisungen, Einreiseverweigerungen, Erschießungen Unschuldiger an der Grenze wahrnehmen.
    Das alles und mehr lastet schwer. Die Bundesregierung — um das auch hier noch einmal zu sagen — hat nichts versäumt. Sie hat angemessen reagiert und vor allem vor der Weltöffentlichkeit eine deutliche Sprache gesprochen. Bei jedem neuen Zwischenfall allerdings sind Sie von der Opposition wie eine tibetanische Gebetsmühle da mit Ihrer Standardformel, daß unsere Politik der Entspannung gescheitert ist.
    So bedauerlich und unmenschlich derartige schwere Zwischenfälle sind, müssen wir die Frage



    Büchler (Hof)

    stellen, warum die DDR so reagiert. Man sollte meinen, wenn man dem Gedankengang von Herrn Wohlrabe folgt, daß die Bundesregierung Milliarden verschleudert, oder wenn man gar die Aussage von Herrn Abelein ernst nimmt, daß die Vertragspolitik einseitig zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland geht, daß die DDR ganz anders reagieren müßte. Sie brauchen wenig Phantasie, um sich vorzustellen, daß man einen Verrtagspartner, den man ausnutzen kann, durch den man Vorteile anhäufen kann, doch wohl bei guter Laune hält. Wenn es so wäre, daß — wie Sie sagen — die DDR einseitig Vorteile aus den Verträgen zieht, meinen Sie dann ernsthaft, daß die DDR darauf aus wäre, diese Vorteile durch Schikanen und Vertragsbrüche wieder aufzugeben?
    Nein, ich meine, die DDR versucht einiges zu korrigieren. Sie muß Beträchtliches verkraften. Sie versucht deshalb, eine vermeintlich längerfristig für sie ungünstige Entwicklung einzudämmen. Mag sein, daß die DDR beim Abschluß des Grundlagenvertrages und der sich daran anschließenden Verträge und auch der Akte von Helsinki die Folgen falsch einkalkuliert und die Eigendynamik des Entspannungsprozesses, auf die wir mit Recht bauen, nicht gesehen hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Worin besteht der?)

    — Sie sehen die Bewegungen in den osteuropäischen Ländern.
    In diesem Zusammenhang darf ich auch an Herrn Honecker einmal die Frage richten, ob denn die Folgen dieser Verträge für ihn wirklich so ungünstig sind. Wenn die Verhältnisse wirklich so positiv sind, wie sie von Herrn Honecker und anderen immer wieder dargestellt werden, dann ist es doch gut, wenn möglichst viele Menschen diese Verhältnisse kennenlernen. Ich möchte Herrn Honecker zurufen: Haben Sie Mut, wenn sie so gut sind. Da hat nun Werner Lamberz, SED-Mitglied des Politbüros, in dieser Woche im „Neuen Deutschland" geäußert: „Millionenfach findet die Begegnung von Bürgern beider Gesellschaftssysteme statt. Das schafft dem Sozialismus große Einflußmöglichkeiten für sein Wirken." Wenn das so wäre, dann müßten sie — —