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ID0802911500

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    Plenarprotokoll 8/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Glotz und des Abg Sund auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 2035 A Eintritt des Abg. Lambinus und des Abg Eickmeyer in den Deutschen Bundestag . 2035 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 2035 B Wahl des Abg. Glombig als Stellvertreter im Vermittlungsausschuß . . . . . . . 2035 B Wahl des Abg. Lemp als Vertreter im Europäischen Parlament . . . . . . . . . 2035 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß und Akt des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung — Drucksache 8/360 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz) — Drucksache 8/361 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Genscher, Bundesminister AA 2035 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 2037 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2040 C Dr. Bangemann FDP 2042 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2046 C Seefeld SPD 2048 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Deutschlandpolitik — Drucksachen 8/118, 8/255 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes — Drucksache 8/238 — Dr. Abelein CDU/CSU . . . . . . . . 2050 D Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 2056 A Hoppe FDP 2061 B Franke, Bundesminister BMB . 2067 D, 2116 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . 2078 D Dr. Schmude SPD 2083 B, 2121 B Jung FDP . . . . . . . 2087 B, 2131 C Baron von Wrangel CDU/CSU . . . . 2090 D Schulze (Berlin) SPD 2093 A Jäger (Wangen) CDU/CSU 2095 D Büchler (Hof) SPD 2099 C Graf Huyn CDU/CSU 2103 A Friedrich (Würzburg) SPD . . 2106 A, 2124 B Dr. Gradl CDU/CSU . . . . . . . . 2111 A Kunz (Berlin) CDU/CSU 2118 B Dr. Kohl CDU/CSU . 2123 C, 2124 A, 2128 A Wehner SPD 2123 D Straßmeir CDU/CSU . . . . . . . . 2124 C Dr. Ehmke SPD 2126 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 2129 A Schmöle CDU/CSU 2131 D Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . . 2133 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude — Drucksache 8/286 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/471 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses --- Drucksachen 8/453, 8/463 — Gobrecht SPD . . . . . . . 2136 A, 2139 A Dr. Voss CDU/CSU . . . . . . . . . 2137 A Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 2140 C Köster CDU/CSU 2143 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes — Drucksache 8/370 — de Terra CDU/CSU . . . . . . . . 2145 D Horn SPD 2146 B Ludewig FDP 2146 D Fragestunde — Drucksache 8/458 vom 20. 05. 1977 — Umsiedlung der weißen Bevölkerung aus Südwestafrika im Falle der Machtübernahme der schwarzen Mehrheit nach Südamerika MdlAnfr A109 20.05.77 Drs 08/458 Niegel CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 2072 A, B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 2072 B Einheitliches Konzept der EG für die am 23. Mai beginnende 6. UN-Seerechtskonferenz sowie Sicherstellung der Fanggründe vor den Küsten Kanadas, Norwegens, der USA und Islands für die deutsche Fischerei nach Errichtung der 200-Seemeilen-Wirtschaftszone MdlAnfr A118 20.05.77 Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU MdlAnfr A119 20.05.e Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 2072 C, D, 2073 A, C ZusFr Dr. Müller-Hermann CDU/CSU . . 2072 D, 2073 B Benachteiligung deutscher Futtermittelhersteller beim Einkauf von Magermilchpulver bei EG-Ausschreibungen durch unterschiedliche Währungsberechnungen; Verwendung von Magermilchpulver zur Kälberfütterung über einen Beimischungszwang sowie Verbilligung des Magermilchpulvers für diesen Zweck MdlAnfr A63 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP MdlAnfr A64 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP Antw PStSekr Gallus BML 2073 D, 2074 A, C, D ZusFr Peters (Poppenbüll) FDP . . . 2074 A, B, C ZusFr Kiechle CDU/CSU . . . . . . . 2074 D Staatliche Verbilligung von Trinkmilch für Kindergärten und Schulen MdlAnfr A65 20.05.77 Drs 08/458 Frau Geier CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 2075 A, B, C, D, 2076 A ZusFr Frau Geier CDU/CSU 2075 B ZusFr Kiechle CDU/CSU 2075 B ZusFr Susset CDU/CSU 2075 C ZusFr Würtz SPD 2075 C ZusFr Dr. von Geldern CDU/CSU . . . 2075 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2075 D Deklarationsform für Gemengeteile bei Mischfuttermitteln MdlAnfr A66 20.05.77 Drs 08/458 Dr. von Geldern CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 2076 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 III Ermittlung der genauen Zahl der neugeschaffenen Ausbildungsplätze zur Kontrolle über die Angaben des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsausbildung MdlAnfr A43 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD MdlAnfr A44 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . . 2076 C, 2077 A, B, C, D, 2078 A ZusFr Heyenn SPD . . . 2076 D, 2077 A, B, C ZusFr Milz CDU/CSU 2077 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2078 A Ausnutzung der Ausbildungskapazitäten bei Bundesbahn und Bundespost MdlAnfr A102 20.05.77 Drs 08/458 Walther SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . 2078 B Nächste Sitzung 2147 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2149* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 2035 29. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 27. 5. Dr. Ahrens " 27. 5. Alber * 27. 5. Dr. Bangemann 27. 5. Dr. Bayerl * 27. 5. Dr. Becher (Pullach) 27. 5. Blumenfeld* 27. 5. Buchstaller *** 27. 5. Dr. Corterier *** 27. 5. Damm *** 27. 5. Fellermaier * 27. 5. Flämig *** 27. 5. Francke (Hamburg) 26. 5. Dr. Fuchs * 27. 5. Dr. Geßner *** 27. 5. Grüner 26. 5. Haase (Fürth) * 27. 5. von Hassel 27. 5. Dr. Hupka *** 27. 5. Dr. Jaeger *** 27. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 27. 5. Katzer 27. 5. Dr. h. c. Kiesinger 26. 5. Dr. Klepsch*** 27. 5. Kunz (Berlin) *** 27. 5. Dr. Graf Lambsdorff 26. 5. Lange *** 27. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 27. 5. Lücker * 27. 5. Dr. Marx *** 27. 5. Mattick *** 27. 5. Möhring *** 27. 5. Möllemann *** 27. 5. Dr. Müller ** 27. 5. Dr. Narjes 27. 5. Neuhaus 27. 5. Neumann * 27. 5. Ollesch *** 27. 5. Pawelczyk *** 27. 5. Petersen 27. 5. Picard 27. 5. Dr. Reimers 27. 5. Schmidt (München) * 27. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 5. Dr. Schöfberger 27. 5. Schreiber * 27. 5. Schwabe * 27. 5. Dr. Schwarz-Schilling 27. 5. Dr. Schwencke (Nienburg)** 27. 5. Dr. Schwörer * 26. 5. Frau Schuchardt 27. 5. Sieglerschmidt * 27. 5. Dr. Starke (Franken) * 26. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Voigt (Frankfurt) *** 27. 5. Dr. Waigel 27. 5. Dr. Wallmann 26. 5. Frau Dr. Walz * 27. 5. Dr. Wendig 27. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 26. 5. Dr. Zeitel 26. 5. Zeyer * 26. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kurt Jung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nicht direkt, Herr Kollege Jäger. Aber wenn ich an Ausführungen von Ihnen denke,

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    dann muß ich zumindest vermuten, daß Sie nicht gerade mit Samthandschuhen nach Belgrad gehen würden.
    Ich möchte hier feststellen, daß mich die heutige Debatte in der Hoffnung, der ich soeben Ausdruck gegeben habe, nicht sehr bestärkt hat.
    Es nützt einer parlamentarischen Opposition grundsätzlich wenig, der Lösung der deutschen Frage aber überhaupt nicht, wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die Haltung in der deutschlandpolitischen Frage unentschieden lassen, immer wieder ausweichen oder eben unverändert auf dem sogenannten Hallstein-Kurs bleiben. Die Deutschlandpolitik sollte ebenso gründlich ausscheiden, wenn es darum geht, die Einflußmöglichkeiten verschiedener Flügel oder Strömungen in den eigenen Reihen zu testen.
    Insofern sollten Sie, Herr Kollege Dr. Mertes, verdeutlichen, ob in dieser Frage Ihr „Pacta sunt servanda" die Privatmeinung des diplomatisch geschulten Einzelgängers oder aber die Meinung der Gesamtpartei ist.

    (Dr. Abelein [CDU/CSU] : Sicher!)

    — Herr Kollege Abelein, Sie sagen „sicher".

    (Dr. Abelein [CDU/CSU] : Sicher sind Verträge zu halten!)




    Jung
    Die Union sollte wenigstens klären, ob sie die Ostverträge formal oder aus innerer Überzeugung akzeptiert. Erst dann läßt sich über die Fortentwicklung der Deutschlandpolitik auf gemeinsamer Grundlage diskutieren.

    (Böhm [Melsungen] [CDU/CSU] : Davon sind Sie doch selber nicht mehr überzeugt!)

    Es ist die falsche Politik, im Hinblick auf die Verbesserung der Lage der Menschen im geteilten Deutschland immer wieder nur die kommende Eiszeit zu prophezeien oder über die Sackgasse der Entspannungspolitik zu lamentieren. Wenn wir Dr. Dregger folgen und die DDR z. B. von ihren eigenen Bedingungen her beurteilen, kommen wir nicht daran vorbei, festzustellen, daß sich das dortige Grundrechtsverständnis mit dem hiesigen nicht vereinbaren läßt. Diese unterschiedliche Bewertung und Einschätzung wird sich zwangsläufig auf ihre Handhabung auswirken.
    Aus dieser Situation heraus ist verstehbar, daß Rechtsansprüche, wenn sie überhaupt existieren, eine andere Zielrichtung, eine andere gesellschaftliche Funktion haben. Insofern hat also die Schlußakte von Helsinki sowohl für den einzelnen Bewohner der DDR als auch für den dortigen Machthaber ein besonderes Gewicht. Das notwendige Maß an Realismus zwingt uns, diese besondere Funktion der Schlußakte zu achten und zu beachten. Die Konferenz von Helsinki hat den Status quo in Europa nicht festgeschrieben. Sie hat ausdrücklich und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht die Möglichkeiten friedlicher und einvernehmlicher Änderungen anerkannt und damit sowohl die deutsche als auch die europäische Option offengelassen.
    Der Deutsche Bundestag hat festgestellt, daß auf der KSZE die deutschen Interessen gewahrt worden sind. Er sieht darin einen bedeutsamen Beitrag zur Vertiefung der Entspannung in Europa, der erstmals konkrete Maßstäbe für die Möglichkeiten des friedlichen Zusammenlebens der Völker in ganz Europa setzte. Hierin liegt der gewichtige Teil seines Wertes für uns als Bürger einer geteilten Nation. Nur auf der Basis geregelten, vereinbarten Verhaltens mit der ausdrücklichen Zielsetzung Entspannung können wir hoffen, das Problem der deutschen Frage zu lösen. Aber hüten wir uns vor der Illusion, es könne eine Politik geben, mit der uns schon am Anfang des Entspannungsprozesses all das in den Schoß fällt, was wir am Ende als sein Ergebnis für möglich halten.
    Lassen Sie mich, Herr Präsident — ich sehe, die rote Lampe leuchtet auf —, zum Schluß aber noch einen Gedanken aufgreifen, den Herr Kollege Zimmermann hier in diesem Zusammenhang eingeführt hat, nämlich unsere Verpflichtung gegenüber dem Grundgesetz. Ich möchte die Beweisführung anhand eines politischen Vorgangs versuchen, an dem Sie selbst maßgebend mitgewirkt haben und der ein Beispiel für eine auf die Wiederherstellung eines einheitlichen deutschen Staates gerichtete Politik ist. Für die Deutschlandpolitik in Europa wäre es gut, sich daran zu erinnern, daß Frankreich — und dies ist das Beispiel — bereit war, die separatistische
    Politik aufzugeben, weil die Bundesrepublik gegenüber Frankreich eine Versöhnungspolitik betrieb.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Frankreich ist auch eine Demokratie! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Beibehaltung einer kalt-kriegerischen Politik der Erbfeindschaft hätte sich auch hier als nutzlos erwiesen. Die Wiedereingliederung der Saar in die Bundesrepublik wäre nicht möglich gewesen.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/CSU])

    — Herr Kollege Jäger, ich will ja versuchen, an einem Beispiel, das weit zurückliegt, deutlich zu machen, daß man einen langen Atem braucht, um gute Ergebnisse zu erzielen, wenn man Entspannung einbringt und Versöhnungspolitik betreibt. Denn die bekannten bündnispolitischen, militärischen und sozio-ökonomischen Verhältnisse bringen es heute mit sich, daß es inzwischen erheblich länger dauern wird, die noch getrennten Teile Deutschlands wieder zusammenzufügen. Wir werden uns auf Zwischenstufen einrichten müssen, etwa auf die im Urteil zum Grundlagenvertrag genannte Föderation.
    Eine auf die Wiederherstellung der Einheit unserer Nation gerichtete Europapolitik muß, will sie letztendlich erfolgreich sein, die endgültige Versöhnung zwischen Deutschland und Rußland und die Eingliederung der sich vereinigenden Teile Deutschlands in ein sich ökonomisch und sicherheitspolitisch zusammenschließendes Europa zum Ziel haben. Dies setzt aber voraus — das ist der Schluß aus dem Beispiel —, daß es etwa in einer gemeinsamen Deutschland-Resolution dieses Hauses heißen müßte:
    Im Mittelpunkt unserer Deutschlandpolitik steht die weitere Verbesserung und Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zur Sowjetunion. Diese Politik ist eingebettet in unsere Bemühungen um Realisierung und Fortentwicklung des von der KSZE erarbeiteten Aktionsprogramms.

    (V o r s i t z : Vizepräsident Frau Renger)

    Dies wäre eine realistische Deutschlandpolitik ohne Illusionen und Träume, allerdings eine Deutschlandpolitik, die auch einen langen Atem braucht. Sie entspräche dem Willen der Menschen deutscher Nationalität und verhindert, daß Deutschland zum Alptraum für die Staaten in Europa würde.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete von Wrangel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Baron Olaf von Wrangel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den beiden Rednern, die vor mir gesprochen haben, ist nur eines zu sagen: Herr Kollege Schmude, der Immobilismus dieser Koalition wird durch die Flügelkämpfe in der SPD gekennzeichnet. Deshalb sollten



    Baron von Wrangel
    Sie sich über angebliche Ratlosigkeit der CDU/CSU keine Sorgen machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    Ich möchte hier gleich zu Anfang etwas anderes sagen. Die Bundesregierung und die Koalition haben in den letzten Jahren geradezu wie eine Gebetsmühle wiederholt, daß es zu ihrer Ost- und Deutschlandpolitik keine Alternative gebe.

    (Lambinus [SPD]: Sehr richtig!)

    Das ist eine Feststellung, die für die Bundesregierung und die Koalition doch ein sehr hartes Urteil ist; denn wer behauptet, es gebe keine Alternative, bindet sich selbst die Hände, zieht sich eine Zwangsjacke an und, was noch viel schlimmer ist, er vermindert doch den Handlungsspielraum der Bundesrepublik Deutschland und demontiert die eigene Verhandlungsposition.

    (Beifall bei der CDU/CSU —Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Wie selten zuvor zieht das SED-Regime — ich habe das hier schon einmal gesagt — die Schraube der flexiblen Unmenschlichkeit immer stärker an. Die Beziehungen sind nun einmal — wir bedauern das; wir freuen uns nicht darüber — leider gekennzeichnet von Spannungen und Irritationen oder, wie wir nun leider auch spüren, von einer erbitterten Feindseligkeit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Eine erfolglose Politik zu betreiben, ist eine Sache; aber keine Politik darf so schlecht sein, daß sie keine Alternativen mehr besitzt. Natürlich gibt es Alternativen — darüber werde ich noch sprechen — auch dann, das muß ich leider sagen, wenn die Bandbreite durch die Tatsachen, die durch Ihre Politik geschaffen wurden, immer schmaler geworden ist.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Leider!)

    Es ist einfach unwahr, wenn Sie erneut wider besseres Wissen behaupten, auch die Union habe in der Vergangenheit keine Alternativen vorgelegt. Meine Damen und Herren, wir haben die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, wenigstens das, was in den Anlagen zum Grundlagenvertrag steht, rechtsverbindlich zu machen. Das ist ja auch heute von unseren Kollegen gesagt worden. Aber für Sie, meine Damen und Herren von der Koalition — diesen Eindruck habe ich leider heute wieder erhalten —, ist die Deutschlandpolitik so eine Art Entlastungsoffensive, die von den innenpolitischen Problemen dieser Koalition ablenken soll.
    Genau dies ist der Vorwurf, den wir erheben. Wir dürfen es nicht zulassen, daß Außen- und Deutschlandpolitik ständig mit dem Blickwinkel auf vermeintliche innerpolitische Erfolge gemacht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, Sie fragen immer wieder: Welche Alternativen hat denn die Opposition? Ich möchte mich hier einmal zu einigen methodischen Fragen äußern dürfen, die sicherlich für diese Debatte von erheblicher Bedeutung sind.
    Die CDU/CSU hat immer wieder methodisch wie inhaltlich Alternativen aufgezeigt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Die Bundesregierung würde sich und vor allem unserem Land einen großen Gefallen tun, wenn sie sich endlich dazu entschließen könnte, diese Anregungen auch aufzugreifen — Herr Bundesminister Franke, ich bitte Sie, mir einen Moment zuzuhören — und ernsthaft zu diskutieren; denn aus dem innerdeutschen Tief führt kein Weg heraus, wenn man — Herr Kollege Schmude, in der Tat — in den alten Gleisen, die Bahr und Brandt gelegt haben, fortfahren möchte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hier hilft nur ein neuer Ansatz.

    (Dr. Schmude [SPD] : Neue Verträge?)

    — Ein neuer Ansatz! Es würde schon genügen, Herr Kollege Schmude, wenn es endlich gelänge, wenigstens ein Minimum dessen auszufüllen, was seinerzeit an Erwartungen geweckt worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hier ist auch heute wieder von Signalen der Gemeinsamkeit und von sachlichen Diskussionen gesprochen worden. Meine Damen und Herren, wir verschließen uns doch gar nicht der sachlichen Diskussion. Wir verschließen uns auch gar nicht gemeinsamen Anstrengungen, wie wir sie gestern im Auswärtigen Ausschuß gemacht haben. Nur eines müssen wir Ihnen mit aller Klarheit und Deutlichkeit sagen.

    (Wehner [SPD] : Da bin ich aber gespannt!)

    Wir haben, Herr Kollege Wehner, keinen Anlaß, nur das Feigenblatt für eine Politik zu sein, von der wir nicht glauben, daß sie zu einem Erfolg führen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Warum ignorieren Sie denn hartnäckig und unbelehrbar unsere Anregungen? Wie laut müssen wir denn eigentlich unsere Argumente vortragen, damit Sie auch einmal hinhören? Wann suchen Sie endlich einen ernsthaften Dialog mit der Opposition, anstatt aus innenpolitischen Profilierungsbestrebungen Deutschlandpolitik an der größten Fraktion dieses Hauses vorbeizumachen?

    (Zuruf von der SPD: Das ist Ihre Schuld!)

    Übereinstimmung und Gemeinsamkeit könnte und müßte zum Beispiel über das richtige Verständnis unserer nationalen Sorgepflicht erzielt werden. Ich glaube, es ist nötig, gerade in dieser Debatte noch einmal zu sagen, was sich aus dieser Sorgepflicht ergibt. Sie ist rechtlich vorhanden, sie ist moralisch eine Selbstverständlichkeit, und sie gehört zum demokratischen Selbstverständnis unseres Staates. Lange Zeit wurde man als ein unverbesserlicher Nationalist bezeichnet, wenn man von dem hohen Stellenwert der deutschen Nation gesprochen hat. Aber gerade im Hinblick auf unsere europäischen Ver-



    Baron von Wrangel
    pflichtungen wird man uns auch daran messen, wie glaubwürdig wir mit den Werten unserer eigenen Nation umgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies halte ich für einen ganz entscheidenden Punkt.
    In Ihrer Antwort auf die Große Anfrage haben Sie erklärt, daß Sie dieser Sorgepflicht nachkommen wollen. Dies ist vom Kollegen Zimmermann eingehender ausgeführt worden. Die Einhaltung der Verfassung sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein. Aber ich meine, daß die nationale Sorgepflicht doch eine hohe politische und moralische Dimension hat, und weil dem so ist, sollten wir uns über den Formalismus hinaus unterhalten und darüber diskutieren.
    Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, schon nicht auf uns von der CDU/CSU hören wollen, dann hören Sie doch wenigstens auf die eigenen Parteifreunde. Ich meine hier den Aufruf des KurtSchumacher-Kreises vom vergangenen Monat. Dort wird die Forderung erhoben, die Deutschlandpolitik müsse auf die Verwirklichung der Menschenrechte abgestellt werden, und alle Verträge mit der DDR müßten an die Menschenrechte gebunden sein. Ich halte dies, meine Damen und Herren, in der Tat für einen Satz, den wir voll und ganz unterschreiben können. Herr Kollege Schmöle, das steht genau im Gegensatz zu dem „Vorwärts"-Artikel, von dem der Kollege Abelein heute morgen gesprochen hat.
    Ein weiterer Punkt, Herr Bundesaußenminister. Eine Initiative der Vereinten Nationen in der Frage des Menschenrechtsgerichtshofes ist von Ihnen seinerzeit angekündigt worden. Dies war übrigens auch in Variationen — das werden Sie nicht bestreiten — eine Anregung, die die CDU/CSU immer gegeben hat. Aber, Herr Bundesaußenminister, wir möchten Sie heute fragen, was denn aus dieser Initiative im einzelnen geworden ist. Ich möchte früheren Argumenten gegen solche Initiativen eines entgegenhalten. Das Argument, es gebe bei den Vereinten Nationen keine Mehrheit für unsere Anliegen, ist kein politisches Argument;

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    denn wir haben unsere Interessen und Vorschläge dort auch dann zu vertreten, wenn wir nicht unbedingt Mehrheiten erreichen können.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Um Mehrheiten muß gekämpft werden!)

    Wir haben in diesem Hohen Hause wiederholt das Thema der Verletzung der Menschenrechte angeschnitten. Mein Kollege Claus Jäger wird darauf noch näher eingehen. Aber lassen Sie mich eines sagen — gerade auch 'im Zusammenhang mit den Erklärungen des amerikanischen Präsidenten Carter —: Wie eigentlich soll die freie Welt den Unterdrückten Hoffnung geben, wenn sie aus vermeintlich taktischen Überlegungen darauf verzichten würde, vorbehaltlos für die Freiheit der Unterdrückten 'in Deutschland einzutreten? Kommen Sie jetzt nicht mit der so oft wiederholten, für meine Begriffe vordergründigen Behauptung, daß dies alles in geheimen, stillen Verhandlungen geschehen müsse. Meine Damen und Herren, wir wissen — und ich darf jetzt auch wieder Sie, Herr Bundesaußenminister, ansprechen —, daß vieles nicht auf dem offenen Markt ausgetragen werden kann. Auch die CDU/CSU-Regierungen haben immer danach gehandelt. Aber hier gibt es doch eine Parallelität zwischen Verhandlungen und der Notwendigkeit des öffentlichen Protests. Genau dies machen Sie sich für Ihre Verhandlungen nicht zunutze.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Um es an die Adresse der Koalitionsparteien noch einmal zu sagen: Wir sind für Verhandlungen, aber wir sind nicht bereit, uns aus angeblich taktischen Rücksichten den Mund verbinden zu lassen. Darum kritisieren wir ja auch, daß sich die Bundesregierung nicht einmal die simpelste Faustregel demokratischer Politik zu eigen gemacht hat — und dies hat der Kollege Abelein heute morgen auch gesagt —, nämlich endlich die öffentliche Meinung zur Verstärkung der eigenen Verhandlungsposition zu nutzen.
    Sie haben Ihrer Politik eine falsche Analyse zugrunde gelegt. Weil Sie von dieser falschen Analyse nicht Abschied nehmen wollen, stolpern Sie ständig von einer Falle in die andere. Daß mit Gefälligkeiten gegenüber Kommunisten und Faschisten nichts zu gewinnen ist, haben wir doch gerade in den letzten Wochen und Monaten alle miteinander schmerzlich zu spüren bekommen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich sage noch einmal, weil wir ja im Laufe dieser Debatte sicherlich gefragt werden, was wir denn für Alternativen oder Anregungen gegeben haben: Bündeln Sie doch endlich unsere vitalen Interessen in einem Verhandlungspaket! Synchronisieren Sie die wirtschaftlichen und die politischen Beziehungen! Akzeptieren Sie nur rechtsverbindliche Zusagen, und sorgen Sie mit Klauseln dafür, daß Vereinbarungen nicht ständig folgenlos verletzt werden!

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Dann wird sich sicherlich mehr Übereinstimmung in diesem Hause herbeiführen lassen.
    Ich möchte noch einige Bemerkungen zu den internationalen Aktivitäten der DDR machen. Mittlerweile versteht sich die DDR ja nicht mehr nur als Speerspitze in Westeuropa, sondern Ost-Berlin ist durch den Kolonialvertrag längst zu einer Art Speerspitze in der Dritten Welt geworden. Als Folge ihrer weltweiten Anerkennung ist die DDR inzwischen doch dabei, durch militärische Aktionen das deutsche Ansehen zu schädigen. Es ist die Pflicht der Bundesregierung, das Trugbild einer friedliebenden DDR weltweit zu entlarven, damit das Deutschlandbild im Ausland nicht Schaden nimmt. Auch das ist eine Aufgabe, von der ich meine, daß sie zur nationalen Sorgepflicht gehört.
    Auf alle Fälle darf die Deutschlandpolitik kein Reservat mehr für Illusionisten oder für verhinderte Jahrhundertarchitekten sein, darf auch kein Reservat für Träumer und Dilettanten in der Deutschlandpolitik sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Demonstrativer Beifall bei der SPD)




    Baron von Wrangel
    Ich meine, diese Dilettanten sollen endlich das Feld räumen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bravo-Rufe bei der SPD)

    Aber, meine Damen und Herren, solange Sie alternativlos und mit fast nostalgischer Verbissenheit immer wieder versuchen, der von Brandt und Bahr konzipierten, von Guillaume vielleicht verratenen und von Ihnen fortgesetzten Politik nachzuhängen,

    (Widerspruch bei der SPD)

    werden Sie schwer Gemeinsamkeiten im Interesse unserer Nation erreichen.
    Wir, die CDU/CSU, sind jeden Tag zu einer Deutschlandpolitik des Fortschritts und des Friedens bereit. Sie aber sind immer noch nicht bereit, aus den schlechten Erfahrungen die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)