Rede:
ID0802901900

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    10. Mertes?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Glotz und des Abg Sund auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 2035 A Eintritt des Abg. Lambinus und des Abg Eickmeyer in den Deutschen Bundestag . 2035 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 2035 B Wahl des Abg. Glombig als Stellvertreter im Vermittlungsausschuß . . . . . . . 2035 B Wahl des Abg. Lemp als Vertreter im Europäischen Parlament . . . . . . . . . 2035 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß und Akt des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung — Drucksache 8/360 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz) — Drucksache 8/361 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Genscher, Bundesminister AA 2035 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 2037 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2040 C Dr. Bangemann FDP 2042 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2046 C Seefeld SPD 2048 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Deutschlandpolitik — Drucksachen 8/118, 8/255 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes — Drucksache 8/238 — Dr. Abelein CDU/CSU . . . . . . . . 2050 D Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 2056 A Hoppe FDP 2061 B Franke, Bundesminister BMB . 2067 D, 2116 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . 2078 D Dr. Schmude SPD 2083 B, 2121 B Jung FDP . . . . . . . 2087 B, 2131 C Baron von Wrangel CDU/CSU . . . . 2090 D Schulze (Berlin) SPD 2093 A Jäger (Wangen) CDU/CSU 2095 D Büchler (Hof) SPD 2099 C Graf Huyn CDU/CSU 2103 A Friedrich (Würzburg) SPD . . 2106 A, 2124 B Dr. Gradl CDU/CSU . . . . . . . . 2111 A Kunz (Berlin) CDU/CSU 2118 B Dr. Kohl CDU/CSU . 2123 C, 2124 A, 2128 A Wehner SPD 2123 D Straßmeir CDU/CSU . . . . . . . . 2124 C Dr. Ehmke SPD 2126 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 2129 A Schmöle CDU/CSU 2131 D Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . . 2133 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude — Drucksache 8/286 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/471 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses --- Drucksachen 8/453, 8/463 — Gobrecht SPD . . . . . . . 2136 A, 2139 A Dr. Voss CDU/CSU . . . . . . . . . 2137 A Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 2140 C Köster CDU/CSU 2143 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes — Drucksache 8/370 — de Terra CDU/CSU . . . . . . . . 2145 D Horn SPD 2146 B Ludewig FDP 2146 D Fragestunde — Drucksache 8/458 vom 20. 05. 1977 — Umsiedlung der weißen Bevölkerung aus Südwestafrika im Falle der Machtübernahme der schwarzen Mehrheit nach Südamerika MdlAnfr A109 20.05.77 Drs 08/458 Niegel CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 2072 A, B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 2072 B Einheitliches Konzept der EG für die am 23. Mai beginnende 6. UN-Seerechtskonferenz sowie Sicherstellung der Fanggründe vor den Küsten Kanadas, Norwegens, der USA und Islands für die deutsche Fischerei nach Errichtung der 200-Seemeilen-Wirtschaftszone MdlAnfr A118 20.05.77 Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU MdlAnfr A119 20.05.e Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 2072 C, D, 2073 A, C ZusFr Dr. Müller-Hermann CDU/CSU . . 2072 D, 2073 B Benachteiligung deutscher Futtermittelhersteller beim Einkauf von Magermilchpulver bei EG-Ausschreibungen durch unterschiedliche Währungsberechnungen; Verwendung von Magermilchpulver zur Kälberfütterung über einen Beimischungszwang sowie Verbilligung des Magermilchpulvers für diesen Zweck MdlAnfr A63 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP MdlAnfr A64 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP Antw PStSekr Gallus BML 2073 D, 2074 A, C, D ZusFr Peters (Poppenbüll) FDP . . . 2074 A, B, C ZusFr Kiechle CDU/CSU . . . . . . . 2074 D Staatliche Verbilligung von Trinkmilch für Kindergärten und Schulen MdlAnfr A65 20.05.77 Drs 08/458 Frau Geier CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 2075 A, B, C, D, 2076 A ZusFr Frau Geier CDU/CSU 2075 B ZusFr Kiechle CDU/CSU 2075 B ZusFr Susset CDU/CSU 2075 C ZusFr Würtz SPD 2075 C ZusFr Dr. von Geldern CDU/CSU . . . 2075 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2075 D Deklarationsform für Gemengeteile bei Mischfuttermitteln MdlAnfr A66 20.05.77 Drs 08/458 Dr. von Geldern CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 2076 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 III Ermittlung der genauen Zahl der neugeschaffenen Ausbildungsplätze zur Kontrolle über die Angaben des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsausbildung MdlAnfr A43 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD MdlAnfr A44 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . . 2076 C, 2077 A, B, C, D, 2078 A ZusFr Heyenn SPD . . . 2076 D, 2077 A, B, C ZusFr Milz CDU/CSU 2077 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2078 A Ausnutzung der Ausbildungskapazitäten bei Bundesbahn und Bundespost MdlAnfr A102 20.05.77 Drs 08/458 Walther SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . 2078 B Nächste Sitzung 2147 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2149* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 2035 29. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 27. 5. Dr. Ahrens " 27. 5. Alber * 27. 5. Dr. Bangemann 27. 5. Dr. Bayerl * 27. 5. Dr. Becher (Pullach) 27. 5. Blumenfeld* 27. 5. Buchstaller *** 27. 5. Dr. Corterier *** 27. 5. Damm *** 27. 5. Fellermaier * 27. 5. Flämig *** 27. 5. Francke (Hamburg) 26. 5. Dr. Fuchs * 27. 5. Dr. Geßner *** 27. 5. Grüner 26. 5. Haase (Fürth) * 27. 5. von Hassel 27. 5. Dr. Hupka *** 27. 5. Dr. Jaeger *** 27. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 27. 5. Katzer 27. 5. Dr. h. c. Kiesinger 26. 5. Dr. Klepsch*** 27. 5. Kunz (Berlin) *** 27. 5. Dr. Graf Lambsdorff 26. 5. Lange *** 27. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 27. 5. Lücker * 27. 5. Dr. Marx *** 27. 5. Mattick *** 27. 5. Möhring *** 27. 5. Möllemann *** 27. 5. Dr. Müller ** 27. 5. Dr. Narjes 27. 5. Neuhaus 27. 5. Neumann * 27. 5. Ollesch *** 27. 5. Pawelczyk *** 27. 5. Petersen 27. 5. Picard 27. 5. Dr. Reimers 27. 5. Schmidt (München) * 27. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 5. Dr. Schöfberger 27. 5. Schreiber * 27. 5. Schwabe * 27. 5. Dr. Schwarz-Schilling 27. 5. Dr. Schwencke (Nienburg)** 27. 5. Dr. Schwörer * 26. 5. Frau Schuchardt 27. 5. Sieglerschmidt * 27. 5. Dr. Starke (Franken) * 26. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Voigt (Frankfurt) *** 27. 5. Dr. Waigel 27. 5. Dr. Wallmann 26. 5. Frau Dr. Walz * 27. 5. Dr. Wendig 27. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 26. 5. Dr. Zeitel 26. 5. Zeyer * 26. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Kreutzmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer Gelegenheit hat, mit Deutschen zu sprechen, die im anderen deutschen Staat leben, wird immer wieder den Vorwurf hören, daß ihnen die Härte, mit der bei uns Auseinandersetzungen um die Deutschlandpolitik geführt werden, unverständlich ist. Die Gegensätze, um die gerungen wird, kommen ihnen vielfach konstruiert vor. Man äußert, daß den streitenden Parteien das Schicksal der Menschen in der DDR im Grunde genommen gleichgültig sei, daß ihnen die Auseinandersetzungen nur als ein Instrument des innenpolitischen Machtkampfes in der Bundesrepublik dienten, als ein Mittel zur parteipolitischen Profilierung.

    (Dr. Mertes [Gerolsteinl [CDU/CSU] : Wer sagt das?)

    — Das werden Sie in Gesprächen mit Bürgern der DDR, von Deutschen aus der Bundesrepublik, die in der DDR tätig sind, immer wieder hören. Das haben wir in Berlin in einem ausführlichen Gespräch feststellen können, an dem auch Herren Ihrer Fraktion beteiligt gewesen sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Sicherlich mag dieses Urteil von der Tatsache bestimmt sein, daß man dort drüben von einer Diktatur in die andere geraten ist und manchen Erscheinungsformen der Demokratie noch verhältnismäßig unerfahren gegenübersteht. Die Frage, die wir uns in diesem Parlament vorlegen müssen, ist, ob an diesem Vorwurf etwas Wahres dran ist.
    Um die Frage können wir uns auch bei der Auseinandersetzung um die Große Anfrage der Opposition zur Deutschlandpolitik nicht herumdrücken. Diese Große Anfrage ist nicht der Ansatz zu einem Weg der Verständigung zwischen Regierung und Opposition. Sie ist, wie eine Zeitung bei ihrer Bewertung schrieb, nichts anderes als eine Addition der vielen Vorstöße, die die Opposition in den Fragestunden und in Kleinen Anfragen unternommen hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Fällt Ihnen nicht mehr ein?)

    Sie ist bei aller Anerkennung einer gewissen Sachlichkeit im Grunde genommen nichts anderes als der
    Versuch, der Regierung eine Negativbilanz in der Deutschlandpolitik zu unterschieben.
    Der Schluß, der daraus gezogen werden soll, ist der, daß unter allen Umständen, um jeden Preis eine härtere Gangart gegenüber der DDR einfach unerläßlich sei. Ansätze zu einer konstruktiven Weiterentwicklung der Deutschlandpolitik sind von dieser Anfrage so wenig wie aus den Ausführungen meines Vorredners zu entnehmen. Im Gegenteil: Hätte sich die Bundesregierung auf den von der Opposition vorgezeichneten Weg locken lassen, so wäre eine stärkere Vereisung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten die unvermeidliche Folge gewesen. Das kann man, wie viele von Ihnen das tun, mit einer Handbewegung beiseite schieben. Eine solche Feststellung kann man auch damit abtun, daß man Koalition und Regierung eine Geisteshaltung unterstellt, die von angeblicher Knieweichheit und mangelndem Mut gekennzeichnet sein soll, wie wir das gehört haben. Die großen Katastrophen der deutschen Geschichte aber sind nie aus mangelndem Mut zum Handeln entstanden; sie kamen immer, weil wir unsere Kraft und unsere Möglichkeiten gewaltig überschätzt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nirgendwo aber ist Nüchternheit in der Einschätzung der Möglichkeiten so angebracht wie in der Deutschlandpolitik. Dabei ist die Bundesregierung in einer keineswegs einfachen Lage. Sie kann nicht alles sagen, was sie weiß, sie kann nicht argumentieren wie eine Opposition, die ja nicht für die Politik der Bundesrepublik als Staat verantwortlich gemacht wird. Sie muß in erster Linie daran denken, welche Folgen ihre Aussagen

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Deshalb muß es die Opposition sagen!)

    — darauf komme ich zurück, Herr Mertes; gerade dazu werde ich noch einiges zu sagen haben — für die Stellung der Bundesrepublik im Lager ihrer Verbündeten haben, aber auch für die Menschen im anderen deutschen Staat, nicht zuletzt für die Sicherung und Fortsetzung der Politik der Entspannung in Europa und in der übrigen Welt.
    Der Kollege Mertes hat neulich in einem Vortrag die Aufgabe der Opposition dahin gehend umrissen, daß es ihre Pflicht sei, die legitimen nationalen Interessen des besiegten und geteilten deutschen Volkes in Parlament und Öffentlichkeit besonders deutlich, wenn notwendig, sogar schrill zu artikulieren. Er fährt weiter fort:
    Eine klug beratene Regierung wird diese unerläßliche Aufgabe der Opposition in ihren Verhandlungen mit den Siegerstaaten nutzen.
    Das mag manchem als richtig und gut erscheinen. Die Haltung der Opposition kann allerdings für die Regierung nur dann von Nutzen sein, wenn die Opposition die Grenzen des Möglichen erkennt und bereit ist, auch die Position der Regierung sachlich zu prüfen und zu würdigen.
    Eine Oppositionsstrategie in den nationalen Fragen, die von dem Bestreben gekennzeichnet ist, wie wir es auch jetzt wieder bei Herrn Abelein gehört



    Dr. Kreutzmann
    haben, die Regierung auseinanderzudividieren, indem man einzelne Minister als verfassungstreu und problembewußt darstellt und andere nicht, läßt Absichten vermuten, die verstimmen. Gerade das sind aber die Praktiken, die die Kritik der Menschen im anderen Deutschland auslösen, hier gehe es um handfeste Parteipolitik und nicht um die Interessen der Nation, die nur vorgeschoben würden.
    Wer die Antworten der Bundesregierung liest, der wird zu dem Ergebnis kommen, daß sie sich um eine ausgewogene Vertretung der Interessen der Nation bemüht hat. Sie hat, was ihr leicht möglich gewesen wäre, nicht Fehler, Versäumnisse deutscher Politik vor 1966 aufgezählt, sie hat eine nüchterne Wertung der Tatbestände vorgenommen. Sie hat nicht nur die positiven Entwicklungen der letzten Jahre herausgestellt, sie hat auch Rückschläge und negative Erscheinungen angesprochen und beim Namen genannt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Nicht beim vollen Namen!)

    Sie hat damit eine objektive Meinungsbildung ermöglicht, eine objektivere, als sie bei Ihnen üblich ist, die weit entfernt ist von einer billigen Schwarzweißmalerei. Sie hat damit gesagt, was gesagt werden mußte. Sie hat sich aber auch nicht auf das Glatteis locken lassen, mit Drohungen und wütenden Anklagen das zu verschütten, was an wirklichen Fortschritten erreicht worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Für den Kollegen Abelein ist diese Gegenüberstellung der Erfolge und Mißerfolge eine eindeutig negative Bilanz. Für ihn ist die Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten seit 1969 nicht durchlässiger,_ sondern dichter geworden. Ich frage mich, wie oft er eigentlich an dieser Grenze gewesen ist, um zu solchen Feststellungen zu kommen. Die sicherlich nicht als eine jubelnde Beifallsspenderin der Ostpolitik der Bundesregierung einzuschätzende „Neue Zürcher Zeitung" steht in ihrer Ausgabe vom 7. April dieses Jahres auf einem ganz anderen Standpunkt. Sie schreibt — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten —:
    Trotz ihrer Beteuerungen eines realistischen Deutschlandbildes weigert sich die Opposition, die bisher erzielten Erleichterungen im Reiseverkehr und in der Familienzusammenführung als wesentliche Erfolge zu werten, während die Regierung eher ängstlich jedes Risiko meidet.
    Ich meine, der Regierung bleibt schließlich auch keine andere Einschätzung der politischen Lage übrig als die, die sie vorgenommen hat. Schließlich sollte es ja auch der Opposition bekannt sein, daß es nicht nur die Existenzangst der DDR-Regierung gegenüber dem ständig gewachsenen Selbstbewußtsein der Bevölkerung ist. Die Bundesregierung weiß, daß die DDR auch mit dem Mißtrauen und der Kritik der Sowjetunion zu rechnen hat, wenn sie glaubt, sich in der Deutschland- oder Berlin-Politik allzuviele eigene Wege erlauben zu können. Solange man aber in Moslkau nicht vollkommen über die Politik Carters im klaren ist, wird man dort bemüht sein, nicht allzuviel in Bewegung zu bringen
    oder den Spielraum für Zugeständnisse zu erweitern. Die DDR-Regierung wird diese Überlegungen nicht nur, weil sie etwa ein willenloser Satellit wäre, in ihre Politik mit einkalkulieren, sie ist sich ihres eigenen Gewichtes im östlichen Lager voll bewußt. Sie weiß aber auch nur allzu gut, daß sie in ihrer exponierten Stellung für die Sicherung ihrer Stabilität die Unterstützung der Sowjetunion braucht.
    Wer hier meint, wie der Kollege Abelein in seiner Presseerklärung vom 26. April, mit kategorischen Imperativen der DDR eine totale Änderung ihrer Politik aufzwingen zu können, überschätzt die eigenen Trümpfe. Er verkennt die Rücksichtslosigkeit, mit der Regierungen wie die der DDR politische Ziele und Vorstellungen gegenüber den Interessen der Bevölkerung durchzusetzen pflegen.
    Schließlich sind von uns alle Maßnahmen und Vorstellungen daran zu prüfen, welche Auswirkungen sie auch für ,die Menschen in der DDR bringen. Es ist leichter — das möchte ich bei allem Respekt vor der mutigen Haltung des amerikanischen Präsidenten in der Frage der Menschenrechte sagen, Herr Abelein — von den Vereinigten Staaten her solche Maxime gegenüber der Sowjetunion zu verkünden, Männer wie Bukowski und Amalrik zu empfangen, als dies vom Boden der Bundesrepublik aus zu tun. Sie können dem entgegenhalten, daß wir Verträge und die Abmachungen von Helsinki haben, und darauf haben Sie auch hingewiesen. Das klingt allerdings, Herr Abelein, als Argumentation aus dem Munde einer Opposition nicht sehr überzeugend, die sich in ihrer Beurteilung der Verträge immer wieder auf — natürlich auch von uns mitgetragene — gemeinsame Entschließungen, Briefe und Urteile des Bundesverfassungsgerichts bezieht, dabei aber so tut, als existierten die Vertragstexte überhaupt nicht, sondern wären bestenfalls von sekundärer Bedeutung.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist gar nicht wahr! Eine falsche Darstellung!)

    Die Beantwortung der Großen Anfrage weist deutlich aus, daß die Bundesregierung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, den Brief zur deutschen Einheit und die gemeinsame Entschließung des Bundestages nicht als ein Stück Papier betrachtet. Aber Ausgangspunkt für ihre Politik sind zunächst einmal die Verträge, die sie unterzeichnet hat. Daß sie nach dem Buchstaben und nach dem Geist erfüllt werden — von beiden Seiten erfüllt werden —, ist die wesentliche Prämisse ihrer Politik.


Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Mertes?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Kreutzmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Bitte sehr.