Rede:
ID0800706500

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8007

  • date_rangeDatum: 19. Januar 1977

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    Plenarprotokoll 8/7 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 7. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern der türkischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates . . . . . . 152 D Nachricht vom Tode des früheren Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm 201 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen im Ältestenrat — Drucksache 8/32 — . . . . . . . . 127 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 127 B Dr. Ehmke SPD 133 B Dr. Bangemann FDP 140 C Genscher, Bundesminister AA 145 A Dr. Marx CDU/CSU 149 B Friedrich (Würzburg) SPD . . . . . . 159 D Hoppe FDP 167 D Graf Stauffenberg CDU/CSU 171 C Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . 176 A Dr. Kohl CDU/CSU 186 C Leber, Bundesminister BMVg 191 B Dr. Wörner CDU/CSU . . . . 195 D, 197 A Spitzmüller FDP 196 D Möllemann FDP 197 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 201 D Pawelczyk SPD 206 D Jung FDP 212 B Lorenz CDU/CSU 214 D Mattick SPD 218 C Dr. Czaja CDU/CSU 221 B Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 225 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen — Drucksache 8/35 — . . . . . . . . 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Einsetzung von Ausschüssen — Drucksache 8/36 — 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Europäischen Parlament — Drucksache 8/47 — 166 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats — Drucksache 8/48 — 167 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache 8/49 — 167 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 141 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 23. Juni 1975 über die Verbände ländlicher Arbeitskräfte und ihre Rolle in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung — Drucksache 8/10 — 167 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Mai 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 8/11 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit — Drucksache 8/12 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit (Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit) — Drucksache 8/13 — 167 C Nächste Sitzung 227 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 229* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 127 7. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 229* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20.1. Dr. Aigner * 21. 1. Arendt 21. 1. von Hassel* 19. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) 21. 1. Lücker * 21. 1. Lange * 19. 1. Müller (Mülheim) * 21. t. Richter *** 21. 1. Schulte (Unna) 19. 1. Dr. Schwencke ** 21. 1. Dr. Schwörer * 21. 1. Dr. Staudt 21. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Georg Leber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe der Rede des Herrn Oppositionsführers eben aufmerksam zugehört. Ich hatte angenommen, weil er sich auf die Rede des Herrn Bundeskanzlers hin gemeldet hatte, er würde eine Replik, eine Stellungnahme zu dem versuchen, was der Herr Bundeskanzler hier zum Ausdruck gebracht hat. Ich muß sagen, Herr Kollege Kohl, da war nicht eine Idee, die mir aufgefallen wäre und auf die ich hier jetzt eingehen könnte, nicht einmal etwas, worüber wir alle anderer Meinung sind. Dies war vielmehr so allgemein und so freundlich gesagt, daß Sie natürlich von Ihrer Fraktion dafür auch herzlichen Beifall bekommen haben. Insofern ist Ihre Fraktion beispielsweise der Meinen überlegen: Die klatscht auch für so etwas noch.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP)

    Bei mir zu Hause sagt man dazu: Sie haben -auf einem ganzen Korb frisch gelegter Eier getanzt, ohne eines zu berühren.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, ich habe mich hier zu Wort gemeldet,

    (Lemmrich [CDU/CSU] : Weil der Herr Bundeskanzler Sie darum gebeten hat!)

    weil ich zu Fragen der Sicherheitspolitik ein paar
    Ausführungen machen wollte. Ich möchte gerne
    dem Hohen Haus zu einem Punkte einen Bericht geben, der seit einigen Monaten in der deutschen Öffentlichkeit beachtliches Aufsehen erregt hat.

    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    Am 1. November 1976 habe ich dem Herrn Bundespräsidenten die Versetzungen des kommandierenden Generals der Luftflotte, Generalleutnant Krupinski, und seines Stellvertreters, Generalmajor Franke, in den einstweiligen Ruhestand vorgeschlagen und den beiden Generalen die Ausübung ihres Dienstes verboten. Der Bundespräsident hat die Entlassungsurkunden für die beiden Generale am 8. November 1976 ausgefertigt. Sie wurden am 9. November ausgehändigt. Das ist der Sachverhalt.
    Beide Generale hatten am 26. Oktober 1976 mit Journalisten, die sie selbst ausgewählt und eingeladen hatten, ein Gespräch geführt. Im Verlauf dieses Gespräches sind die Generale nach dem Traditionstreffen des Aufklärungsgeschwaders 51 gefragt worden, an dem auch Herr Rudel teilgenommen hat.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Ein unglaublicher Vorgang! Die Debatte wurde festgesetzt!)

    Auf das Treffen selber brauche ich hier nicht weiter einzugehen. Es ist für das Gesamtbild zwar aufschlußreich, aber in der Zwischenzeit doch so bekanntgeworden, daß ich es hier nicht noch einmal darstellen muß.
    Es kommt zuerst auf die Äußerungen an, die in dem Gespräch mit den Journalisten gefallen sind. Über die Antwort auf die Fragen der Journalisten gibt es unterschiedliche Darstellungen in der Öffentlichkeit. Auf Grund der angeordneten Untersuchungen, auf Grund der Angaben der beteiligten Journalisten und der Einlassungen der Generale habe ich die Überzeugung gewonnen, daß Generalmajor Franke in dem Gespräch vor Journalisten geäußert hat: „Solange im Bundestag Linksextremisten und Kommunisten sitzen, die früher in Moskau waren, können Sie doch die Teilnahme Rudels nicht tadeln." Auf die Frage eines Journalisten, wen er damit meine, hat Generalmajor Franke erwidert: „Herr Wehner; der ist doch das beste Beispiel, der war doch in Moskau." Wenn man der Erinnerung einiger Teilnehmer folgt, dann kann der erste Satz auch so gelautet haben: „Solange im Bundestag Linksextremisten und ehemalige Kommunisten sitzen, können Sie doch die Teilnahme Rudels nicht tadeln." Selbst wenn man diese in einem Punkt sicher abgeschwächte Bemerkung gelten läßt, wäre auch das in meinen Augen eine schlimme Bemerkung. Auf jeden Fall wird auch in der abgemilderten Version, von der man mindestens ausgehen muß, unterstellt, daß im Bundestag Linksextremisten sitzen. Da in der Unterstellung ein Mitglied des Deutschen Bundestages als Beispiel genannt worden ist, muß es nach der Bemerkung wohl so sein, daß im Deutschen Bundestag mehr Linksextremisten sitzen. Dies ist eine unerhörte, von einem General im Dienst, seit die deutsche Bundeswehr besteht, noch nie so gemachte Bemerkung. Herbert Wehner hat von der ersten Stunde an seinen Beitrag geleistet, unseren demokratischen Staat zu schaffen, ihn mit Leben zu erfül-



    Bundesminister Leber
    len, und er hat ihn bis auf die jetzige Stunde mit ausgestaltet.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Rudel, mit dem er verglichen wird, hat bis in die jüngste Zeit immer wieder seinen Abscheu gegenüber unserem demokratisch verfaßten Staat zum Ausdruck gebracht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Berger?

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    Rede von Georg Leber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein. Ich möchte etwas berichten. Die Dame kann nachher fragen oder sich zu Wort melden. Lassen Sie mich bitte den Bericht, der seit drei Monaten, denke ich, auch vom Bundestag erwartet wird, jetzt zu Ende geben, Herr Präsident.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Ich habe gedacht, wir machen das in einer eigenen Sitzung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Das gehört alles dazu. Das gehört zur Verteidigungspolitik, und Sie wollen doch wohl nicht über Verteidigungspolitik reden, ohne den Verteigungsminister zu einem Vorgang gehört zu haben, den Sie selber in den letzten Monaten so in den Vordergrund gestellt haben, meine Herren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : Eine eigene Sitzung wollen wir dazu machen! Eine eigene Sitzung machen wir dazu! — Seiters [CDU/CSU] : Für die nächste Woche ist das angesetzt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Mit diesem Vergleich wird ein Angehöriger des Parlaments auf die Ebene eines Mannes herabgezerrt, der bisher nur herabsetzende und verächtliche Bemerkungen für den demokratischen Staat übrig hatte, dem wir alle dienen. Das ist in der Form schon schwer erträglich. Es ist aber vor allem wahrheitswidrig, zu behaupten, im Bundestag säßen Linksextremisten. Ich halte es für die mir vom Gesetz auferlegte Pflicht, dafür zu sorgen, daß das Ansehen der Bundeswehr nicht beschädigt wird und daß zwischen Parlament und Bundeswehr keine Gräben aufgerissen werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich kann daher folgende Auffassung nicht teilen, eine Auffassung, die ich am 30. Oktober 1976 in der „Frankfurter Neuen Presse" gelesen habe. Dort hieß es — ich zitiere, Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung —:
    Darauf hat nach einem Bericht eines bei dem Gespräch anwesenden Journalisten Krupinskis Stellvertreter Franke erklärt, Rudels Anwesenheit könne so lange keinen Anstoß erwecken, wie Extremisten und Kommunisten wie Wehner im Bundestag säßen. Diese letzte Äußerung, die bisher nicht dementiert wurde, bezeichnete der CSU-Abgeordnete Handlos im Pressedienst seiner Landesgruppe als erlaubt, wenn die SPD durch Blindheit auf dem linken Auge und durch
    das Hantieren mit Vergrößerungsgläsern vor dem rechten Auge sich zu unangemessenen Stellungnahmen hinreißen lasse.
    Das ist das Zitat der „Frankfurter Neuen Presse". Ich kommentiere das hier nicht. Darüber mag jeder für sich nachdenken.
    Ich wäre aber sehr besorgt, wenn es Praxis würde, was hier von einem Mitglied des Deutschen Bundestages als für Generale erlaubt erklärt wird.

    (Vereinzelter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Niemand, wer auch immer in meiner Verantwortung ist, darf eine Entwicklung, die zum Konflikt und zum Mißtrauen zwischen Parlament und Armee führen würde, hinnehmen. Auch wenn nur ein Mitglied des Deutschen Bundestages gemeint wäre, ist eine solche im Dienst geäußerte Bemerkung eines Generals eine Verunglimpfung des Bundestages, die von niemandem hingenommen werden darf, der Wert darauf legt, daß der Deutsche Bundestag seine verfassungsmäßigen Aufgaben wahrnehmen kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn man diesen strengen Maßstab, den ich gewiß anlege, nicht anlegte, würde am Ende die Frage zu stellen sein — darüber denken Sie bitte einmal nach —, wieviel Abgeordnete es dann wohl sein müssen, die verletzt werden, und welcher Partei sie wohl angehören müssen, bis sich der Bundestag selber als Institution involviert fühlt.
    Mit ihrem Verhalten haben die beiden Generale, die Vorgesetzte von 60 000 Soldaten der Luftwaffe waren, das Verhältnis zwischen Bundeswehr und Parlament in einer Weise belastet, die ich als ihr Vorgesetzter nach den mir auch vom Bundestag übertragenen Pflichten nicht hinnehmen darf.
    Es geht hier um die Frage des Selbstverständnisses der Bundeswehr und um ihre Integration in den Staat. Was wir bisher erreicht haben, ist die von vielen aus allen Lagern mit viel Erfolg geleistete mehr als 20jährige Arbeit. Diese darf auch durch solche Äußerungen aus der Armee selbst nicht verschüttet und zerbrochen werden.
    Ich muß hinzufügen, daß durch diesen Vorgang und die Besonderheiten seiner Vorgeschichte auch das Vertrauensverhältnis zwischen den militärischen Vorgesetzten der beiden Generale und mir auf der einen Seite und den beiden Generalen so beschädigt war, daß ihr Verbleiben schon allein deswegen nicht mehr möglich gewesen wäre.
    Mir ist vielfach vorgehalten worden, die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sei eine zu harte Reaktion gewesen. Was hätte ich unter Beachtung des Gesetzes anderes tun können? Ich hätte ein Disziplinarverfahren einleiten können. Das hätte zu wochenlangen Verhören und Untersuchungen durch ein Gericht geführt, und mit Sicherheit wäre die Autorität der Generale dabei erheblich angeschlagen worden.
    Ich will Ihnen meine Auffassung zu diesem Vorgang generell beschreiben. Ich halte nichts davon,



    Bundesminister Leber
    daß Generale, die durch ihr Verhalten dazu Anlaß geben, von ihren Vorgesetzten oder von mir vor Gerichte oder Disziplinargerichte gestellt werden müssen. Das schadet dem Ansehen der Bundeswehr nach außen und der Autorität und der Disziplin im Innern. Ich habe deshalb unseren Kommandeuren in aller Offenheit folgendes gesagt: Wer solche Risiken durch sein persönliches Verhalten eingeht, riskiert nicht das Ansehen der Armee und die Disziplin der Bundeswehr im Innern, sondern seinen eigenen Dienst und sein Verbleiben im Amt. Das ist meine Position zu dem Verhalten von Generalen in solchen Fragen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Diese Auffassung vertrete ich auch, weil ich möchte, daß unsere Generale in den Augen der ganzen Bevölkerung tadelsfrei dastehen.
    Deshalb sind die beiden Generale in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Sie selber haben, soweit mir bekannt ist, gegen ihre Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bisher auch an keiner Stelle Einspruch erhoben oder Kritik dagegen vorgebracht. Sie wenden sich lediglich dagegen, daß ihnen bis zur Entscheidung des Herrn Bundespräsidenten von mir mit sofortiger Wirkung die weitere Ausübung ihres Dienstes verboten worden ist. Aus diesem Grunde möchte ich auch diesen Teil meiner Entscheidung hier begründen und erläutern.
    Ich kann nicht wissen, wann der Herr Bundespräsident in einem solchen Fall auf meinen Antrag hin seine Entscheidung trifft. Deshalb stellt sich immer die Frage, was bis zur Entscheidung des Herrn Bundespräsidenten in der Zwischenzeit mit einem solchen Mann geschieht. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Generalen und ihren militärischen Vorgesetzten wie auch zu mir war gestört. Ihre Autorität gegenüber ihren Untergebenen war nach den tagelangen heftigen Vorwürfen und Attacken des größten Teils der deutschen Presse in den Tagen bis zum 1. November angeschlagen. Ihr Verbleiben im Amt bis zur Aushändigung der Urkunden hätte in der Truppe mit Wahrscheinlichkeit zu disziplinarischen Schwierigkeiten und Konflikten führen können.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich hatte zunächst die Absicht, die Herren aus den dargestellten Gründen zu beurlauben oder sie vom Dienst zu suspendieren. In der Frage der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gibt es nach den Vorschriften des Gesetzes, das der Deutsche Bundestag hier zur Regel gemacht hat und an das ich mich zu halten habe, aber nur zwei Möglichkeiten: entweder das Verbleiben im Dienst bis zum Ausscheiden oder das Verbot der Ausübung des Dienstes bis zum Ausscheiden. Das erste konnte ich nicht verantworten, weil ich nicht Disziplinarfälle riskieren wollte. Im Rahmen des Gesetzes hatte ich nur die Möglichkeit des Verbotes der Ausübung des Dienstes. Daran habe ich mich gehalten, und so habe ich auch entschieden.
    Einer meiner Vorgänger, Herr Kollege von Hassel, hatte es im Jahre 1965 in einer ähnlichen Sache mit einer ähnlichen Entscheidung zu tun. Damals ging es nicht um einen General, sondern um einen Feldwebel. Herr Kollege von Hassel hat damals im Deutschen Bundestag erklärt, daß dem Soldaten, um den es ging, wegen seiner Äußerung verboten wurde, seinen Dienst weiter auszuüben, weil zwingend angenommen werden mußte, daß das Vertrauen der ihm unterstellten Soldaten zu ihm als militärischem Vorgesetzten erschüttert war. Herr von Hassel erklärte damals hier im Deutschen Bundestag wörtlich:
    Wenn ein Mann eine solche Rede hält, ist es mir völlig gleichgültig, ob er Zugführer oder Schirrmeister oder Funkmeister ist.
    Damals ging es um einen Feldwebel, jetzt geht es um zwei Generale. Ich füge deshalb dem, was Herr von Hassel damals hier gesagt hat, hinzu: Ob es sich um einen Feldwebel oder ob es sich um Generale handelt, muß gleich sein, wenn der gleiche Tatbestand vorliegt; sonst sähe es in einer Armee schlimm aus.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich füge hinzu: Mit Sicherheit kann man bei Generalen nicht Milde walten lassen, wo man Feldwebel wie in diesem Fall vor Disziplinargerichte stellt. Herr von Hassel sagte das damals als Antwort auf eine Frage der damaligen Opposition. Die damalige Opposition nahm die Antwort und die Entscheidungen des damaligen Verteidigungsministers hin und machte sie nicht zum Gegenstand einer großen parteipolitischen Kontroverse.
    Ich nehme an, ich habe mir in fast fünf Jahren Dienst als Verteidigungsminister bisher nicht den Ruf erworben, etwas gegen Generale zu haben, sondern wenn ich das lese, was in den Zeitungen steht, so stehe ich eher im Verdacht, eine gegenteilige Einstellung zu haben.
    Aber wer von wehrpflichtigen jungen Männern Disziplin verlangen muß und wer verlangen muß, daß Soldaten gehorsam sind, der muß auch darauf achten, daß Generale Disziplin halten und daß sie peinlich auf das Ansehen der Armee achten, damit Gehorsam und Disziplin in ihr gewahrt bleiben. Sie haben Vorbilder zu sein!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Der Minister auch!)

    Im Gesetz heißt es:
    Der Soldat hat die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger.
    Es heißt weiter:
    Seine Rechte werden im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch seine gesetzlich begründeten Pflichten beschränkt.
    Wer Soldat wird, der weiß das und nimmt deshalb besondere Pflichten und auch Beschränkungen auf sich. Darüber wird er belehrt, wenn er eintritt. Das ist übrigens gar nicht einmal eine Besonderheit des Soldatenberufes, bei den Soldaten ist es nur ausdrücklich durch das Gesetz so bestimmt. Rechtsanwälte, Ärzte und andere leben nach ähnlichen Re-



    Bundesminister Leber
    gein. Was für einen Pfarrer oder für einen Bischof gilt, das gilt sogar aus sehr vergleichbaren Gründen auch für militärische Hirten und für militärische Oberhirten. Diese müssen sich daran halten. Das muß sein, und der Gesetzgeber hat bestimmt, daß das so ist, weil der Soldat sich in der Vertrauensfrage in ganz besonderer Weise von anderen Bürgern abhebt. Der Staat gibt seinen Soldaten gefährliche Waffen in die Hand. Deshalb hat er den Soldaten auch Begrenzungen und besondere Pflichten auferlegt. Das ist nötig, damit die Gesellschaft immer das Gefühl haben kann, von den Soldaten mit Waffen immer nur beschützt zu werden, und nicht eines Tages einmal Angst vor ihnen bekommen muß. Wenn Sie in die Welt sehen, sehen Sie Beispiele dafür. Der Bundesminister der Verteidigung ist durch die Verfassung und durch die hier vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetze verpflichtet, das Vertrauen zu wahren, das die Streitkräfte brauchen. Deshalb habe ich mich so verhalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Ich habe in dieser Darstellung aus vielen Gründen darauf verzichtet, auf eine ganze Reihe von bösartigen Vorwürfen, von falschen Behauptungen, von politischen Unterstellungen und unbegründeten Schlußfolgerungen einzugehen, denen ich ausgesetzt war. Sie können ganz sicher sein: ich bin kein Neuling in der Behandlung auch schwieriger Fragen. Ich kenne persönlich auch viele bequemere Wege, mit schwierigen Vorgängen solcher Art persönlich fertig zu werden. Das ist eine Seite. Ich habe aber auch in meinem Leben gelernt, daß man in bestimmten Fällen, wenn man Verantwortung trägt, sich nicht scheuen darf, auch unbequeme Wege zu gehen, und bereit sein muß, sogar Schrammen zu riskieren, damit nicht, wie in diesem Falle, am Ende Staat oder Armee von Narben belastet werden.
    Es gibt Situationen, in denen es gut ist, miteinander zu reden. Damals war es schwierig, miteinander zu reden. Aber dieser Fall war so gelagert, daß ich es für notwendig und gut hielt, ihn auch mit der Opposition zu besprechen. Ich habe deshalb den Versuch gemacht, mit Herrn Kohl ein Gespräch zu vereinbaren, — in den Tagen, als es um die Entscheidung ging. Herr Kohl hat sich auch mir gegenüber sofort bereit erklärt, dieses Gespräch zu führen. Er hatte aber leider vor dem Mittwoch der dann folgenden Woche keine Zeit. Das kann ich verstehen. Herr Kohl ist ein vielbeschäftigter Mann, und damals gab es ja auch bei Ihnen sehr viele Themen, die öffentliches Aufsehen erregt hatten. Aber ich wurde an dem Mittwoch, an dem das Gespräch war, bereits im Krankenhaus an etwas behandelt, was ich auch nicht kalkuliert hatte. Deshalb kam es nicht zu einem Gespräch mit Herrn Dr. Kohl.
    Mein natürlicher Gesprächspartner wäre Herr Dr. Wörner gewesen. Herr Dr. Wörner hat ja geschrieben, ich möge die ganze Wahrheit sagen, und das will ich dann auch gerne tun, wenigstens einmal andeuten, was es noch gibt. Dieses Gespräch mit Herrn Dr. Wörner über diesen Vorgang war nach meiner Aufassung nicht möglich, und zwar deswegen nicht, weil der Herr Kollege Dr. Wörner in dieser Sache so befangen war, daß ich ihn nicht als einen unbefangenen Gesprächspartner ansehen konnte.

    (Beifall bei der SPD — Lächen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe leider — — Nehmen Sie das nicht leicht! Sonst fordern Sie mich auf, Ihnen die Beweise vorzutragen. Es geht hier um ein Mitglied des Hohen Hauses.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Auf den Tisch damit! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe schlüssige Beweise dafür, daß das sogenannte Traditionstreffen in Bremgarten mit Herrn Rudel ohne die Aktivität von Herrn Dr. Wörner überhaupt nicht abgehalten worden wäre.

    (Hört! Hört! und weitere Zurufe von der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Beweise! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Sagen Sie das mal Ihrem Staatssekretär Schmidt!)

    Wenn dieses Treffen aber nicht zustande gekommen
    wäre — — Ich beweise es Ihnen gleich, damit Sie
    ein bißchen Geschmack kriegen, Herr Dr. Wörner.
    — Damit wäre vermutlich auch der Grund für das Fehlverhalten der beiden Generale gar nicht entstanden, denn daran hatte sich ja der Vorgang entzündet.

    (Großes Gelächter bei der CDU/CSU)

    — Natürlich, natürlich. Meine Damen und Herren, Sie sehen, wie tief das in die Verteidigungspolitik hineinreicht; wenn Sie ein bißchen ernst sein können und ein wenig über das nachdenken, was ich Ihnen jetzt sage, dann werden Sie vielleicht ein Gefühl dafür bekommen, was hinter der Sache noch steckt.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Da ist im Oktober 1976 ein Treffen gewesen. Das war nicht das erste Mal. Es war schon im Jahr 1975 beabsichtigt, ein solches Treffen zu veranstalten. Herr Rudel sollte dabei aufkreuzen. Die Führung der Luftwaffe hatte davon gehört, und die Führung der Luftwaffe hielt nichts von dem Treffen. Ich hatte davon überhaupt nichts zu Ohren bekommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Immer der Staatssekretär! — Lachen bei der CDU/CSU)

    — Das ist auch unter der Ebene der Staatssekretäre; der wußte auch nichts davon, niemand, es war luftwaffenintern. — Hören Sie sich das gut an! Das ist nichts zum Lachen, sondern etwas sehr Ernstes. Die Führung der Luftwaffe hatte Bedenken wegen dieses Treffens —

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Zum Lachen ist lediglich Ihr Verhalten!)

    — Vielleicht vergeht es Ihnen noch, Herr Dr. Wörner. — Die Führung der Luftwaffe wollte dieses Treffen aus vielerlei Gründen verhindern,

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : So verhält sich der Oberbefehlshaber der Streitkräfte!)




    Bundesminister Leber
    weil sie öffentliches Aufsehen vermeiden wollte. Sie mußte zum gleichen Zeitpunkt Alarm geben und eine Übung ansetzen,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    wodurch es dann leider nicht mehr möglich war, das Treffen für das Geschwader abzuhalten. So ist die Luftwaffe selbst mit dem Vorgang fertig geworden.
    Am 26. Januar hat dann Herr Dr. Wörner dem Inspekteur der Luftwaffe einen Brief geschrieben und hat ihn in sehr ungehaltenem Ton auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Herr Dr. Wörner, hier liegt der zweite schwerwiegende Fauxpas.

    (Zurufe der CDU/CSU: Wieso?)

    Wenn Sie etwas mit der Luftwaffe oder mit einem Geschwader zu tun haben, dann wenden Sie sich bitte gefälligst an mich und nicht an einen General der Luftwaffe!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall bei der FDP — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Zu Befehl!)

    Meine Damen und Herren, niemand, der von diesem Hohen Hause den Auftrag bekommt, an der Spitze der Bundeswehr Verantwortung zu tragen, kann ertragen, daß in eine so streng geordnete hierarchische Einrichtung wie eine Armee von der Seite her hineinregiert wird. Dies geht nicht!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Kollege Wörner, Sie lachen, wenn ich das hier sage.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Schauen Sie einmal Ihren Kanzler oder Ihren Außenminister an! Die sind ganz betreten! Schauen Sie einmal hinüber!)

    Ich nehmen an, Sie werden wissen, was das ist.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Die müssen auch lachen! Die lachen auch über Sie!)

    — Ich schaue Sie an, und ich kann Ihnen nur sagen,

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Ja, sehen Sie einmal hin!)

    der zweite Punkt — dies ist auch nur eine Andeutung — —

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Die lachen doch auch über Sie! Hier lacht doch jeder über Sie!)

    Sie haben, nachdem Sie mit der politischen Führung des Ministeriums ein Gespräch geführt hatten,

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sie haben doch die Nerven verloren! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ein müder Krieger!)

    einen dritten Fauxpas begangen, der sich im Umgang mit der Armee nicht gehört, Herr Dr. Wörner.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Zu Befehl!)

    Sie haben dem Kommodore in Bremgarten mitgeteilt, daß das Treffen stattfinden solle, statt ein Gespräch zu führen und dann abzuwarten, bis dem Kommodore durch seine Vorgesetzten — seinen Divisionskommandeur und seinen Inspekteur — mitgeteilt wird, ob ihm ein Treffen erlaubt wird oder nicht. — So gibt es eine Fülle von Vorgängen, die sehr beunruhigend sind.

    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Es ist doch unerträglich, wie Sie hier Abgeordnete behandeln!)

    — Wir müssen darüber nachdenken, wie miteinander verkehrt werden darf.
    Meine Damen und Herren, es gibt viele Fragen in der Verteidigungspolitik, die zu debattieren sich lohnt und denen das guttun würde. Es wäre auch gut, wenn im neugewählten Bundestag mehr Zeit gefunden würde, das zu tun, auch wenn es kontrovers wäre, statt Kraft und Zeit in öffentlichen Debatten über Personalien zu verbrauchen, wie das die letzten Monate so häufig geschehen ist, über Personalentscheidungen, die nach dem Gesetz Sache des Verteidigungsministers sind, mindestens so lange, wie sich der Minister an die Gesetze hält, die ihm seinen Rahmen abstecken.
    Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen sehr für die Aufmerksamkeit. Ich wollte das dem Deutschen Bundestag, bevor ich wieder über Verteidigungspolitik rede, gerne in der Form eines Berichts mitgeteilt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : In der Debatte über die Regierungserklärung? Unglaublich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)