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ID0800704600

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    Plenarprotokoll 8/7 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 7. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern der türkischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates . . . . . . 152 D Nachricht vom Tode des früheren Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm 201 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen im Ältestenrat — Drucksache 8/32 — . . . . . . . . 127 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 127 B Dr. Ehmke SPD 133 B Dr. Bangemann FDP 140 C Genscher, Bundesminister AA 145 A Dr. Marx CDU/CSU 149 B Friedrich (Würzburg) SPD . . . . . . 159 D Hoppe FDP 167 D Graf Stauffenberg CDU/CSU 171 C Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . 176 A Dr. Kohl CDU/CSU 186 C Leber, Bundesminister BMVg 191 B Dr. Wörner CDU/CSU . . . . 195 D, 197 A Spitzmüller FDP 196 D Möllemann FDP 197 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 201 D Pawelczyk SPD 206 D Jung FDP 212 B Lorenz CDU/CSU 214 D Mattick SPD 218 C Dr. Czaja CDU/CSU 221 B Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 225 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen — Drucksache 8/35 — . . . . . . . . 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Einsetzung von Ausschüssen — Drucksache 8/36 — 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Europäischen Parlament — Drucksache 8/47 — 166 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats — Drucksache 8/48 — 167 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache 8/49 — 167 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 141 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 23. Juni 1975 über die Verbände ländlicher Arbeitskräfte und ihre Rolle in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung — Drucksache 8/10 — 167 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Mai 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 8/11 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit — Drucksache 8/12 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit (Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit) — Drucksache 8/13 — 167 C Nächste Sitzung 227 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 229* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 127 7. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 229* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20.1. Dr. Aigner * 21. 1. Arendt 21. 1. von Hassel* 19. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) 21. 1. Lücker * 21. 1. Lange * 19. 1. Müller (Mülheim) * 21. t. Richter *** 21. 1. Schulte (Unna) 19. 1. Dr. Schwencke ** 21. 1. Dr. Schwörer * 21. 1. Dr. Staudt 21. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schmitt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Rede von Alfons Pawelczyk
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege, Sie haben im Ton des Bedauerns gesagt, die NATO ist nicht fähig,



Pawelczyk
einen Angriff aus dem Stand zu führen. Das hat mich zu dem Zwischenruf gebracht: Soll sie es denn können? Darauf hätte ich gerne eine Antwort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Graf Franz Ludwig Schenk von Stauffenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Pawelczyk, ich habe die Antwort bereits gegeben: Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, aber wir sollten uns wirklich überlegen, wie die Sicherheit der Freiheit auch im westlichen Teil unseres Kontinents gewährleistet sein kann. Diese Freiheit ist heute nicht sicherer, sondern gefährdeter. Ich sage noch einmal: darüber wird nachher vermutlich in der Aussprache über den verteidigungspolitischen Bereich noch eingehend debattiert werden.
    Lassen Sie mich zur Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers zurückkommen. In dieser, weiß Gott ja nicht sehr kurzen Erklärung war nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Deutschland-der Außen- und der Sicherheitspolitik gewidmet. Einem guten Teil dessen, was der Herr Bundeskanzler zu diesen Themen gesagt hat, können wir so, wie er es gesagt hat, auch durchaus zustimmen. Das will ich hier gar nicht verschweigen. Offenbleiben freilich zahlreiche Fragen, die nicht oder, wie ich meine, nur unzulänglich behandelt worden sind.
    So begrüßen wir die Absicht, die Politik der dauerhaften Einordnung unseres Staates in den Kreis der freiheitlichen Demokratien weiterzuführen. Wir begrüßen die Aussage des Herrn Bundeskanzlers über das Atlantische Bündnis. Es ist in der Tat die Grundlage unserer Sicherheit. Wir begrüßen auch seine Aussage zur Bundeswehr, vor allem über die erfolgreiche Erfüllung ihrer friedensbewahrenden Aufgabe seit mehr als 20 Jahren. Allerdings muß hinzugefügt werden, daß diese Aussage allein nicht ausreichend ist angesichts der immer mehr zunehmenden tödlichen Bedrohung des Westens durch die militärische Aufrüstung der Sowjetunion.
    Wir begrüßen das, Herr Bundeskanzler, was Sie über die ausgezeichneten Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten gesagt haben. Wir würden es auch begrüßen, wenn es stimmen sollte, daß dies ein Vertrauensverhältnis ist, das bisher noch nicht gekannt gewesen ist. Wir würden uns auch freuen, wenn dieses Vertrauen nicht etwa durch eine Guillaume-Affäre oder durch die sich mehrenden Pannen beim Bundesnachrichtendienst gelitten hätte, der ja von den Herren Brandt und Ehmke, wie Sie wissen, sehr wirkungsvoll zu vermehrter Transparenz umstrukturiert worden ist. Wir freuen uns, wenn dieses amerikanische Vertrauen zu uns auch nicht durch die etwas eigenwilligen Vermittlungsdienste des Herrn SPD-Parteivorsitzenden bei den Wiener MBFR-Verhandlungen leidet.
    Allerdings — ich glaube, das ist unser Recht und unsere Pflicht — sollten wir daran erinnern, daß dieses Vertrauensverhältnis durch Konrad Adenauer begründet worden ist und mancher ideologiebedingten Belastung standgehalten hat, weil es eben so tief in beiden Völkern verankert ist. Konrad Adenauer war es, der nicht nur seine Politik eine Politik des
    Friedens und der Freiheit hat nennen können, Herr Friedrich, sondern der auch Erfolg gehabt hat mit der Sicherung von Frieden und Freiheit durch seine Politik mit der CDU/CSU. Wenn aber dieses gegenseitige Verständnis zwischen den beiden Ländern heute so groß ist, dann frage ich: Wollen Sie es nicht nutzen, um die atlantische Partnerschaft auszubauen und das Verteidigungsbündnis zu stärken, und zwar in anderer und konstruktiverer Weise als Sie die Vorschläge des jetzt scheidenden amerikanischen Außenministers vor vier Jahren behandelt haben?
    Ähnliches gilt auch für den großen Aufbruch zur europäischen Einigung mit dem klaren Ziel — ich möchte das wiederholen — eines politisch geeinten Europa, und das gilt auch für die deutsch-französische Freundschaft. Aber für beides hat der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung nicht mehr als gewissermaßen protokollarische Anmerkungen bereit. Es fehlen die Vorschläge, und es fehlt die Konzeption, wie es da weitergehen soll. Deswegen genügt es nicht, gewissermaßen die Zustimmung zum Tindemans-Plan nachzuholen. Nicht die Zustimmung ist notwendig, sondern die Aufnahme dieser Vorschläge zur Verwirklichung, die wir erwarten, weil es höchste Zeit ist, im politischen Europa voranzukommen. Wenn es nur bei diesen mehr unverbindlichen Lobworten bleibt, muß man sich fragen, ob das nicht letztlich mehr ein Nachruf oder eine Grabrede gewesen ist, als Sie damals den Vorschlägen des belgischen Ministerpräsidenten zugestimmt haben.
    Wenn ich bei Europa bin, auch noch ein weiteres Wort: Verhandlungen mit weiteren Ländern über den Beitritt zur Gemeinschaft können eben kein Ersatz für qualitative Fortschritte im europäischen Einigungswerk sein, so wie es in den Römischen Verträgen festgehalten ist und wie es die Pflicht deutscher Politik, jeder Bundesregierung und jedes Bundeskanzlers ist, dies durchzuführen.
    Noch ein Wort zu den europäischen Wahlen, über die Sie gesprochen haben. Müssen wir die Bundesregierung — und da hätten wir gerne Auskunft — so verstehen, daß sie einen Gesetzentwurf vorlegen wird, der allein auf dem Prinzip der Bundesliste basiert? Wenn dies so wäre, würde die Bundesregierung die Ära der unmittelbaren europäischen Demokratie mit dem anonymsten, mit dem bürgerfernsten Wahlsystem beginnen, und das wäre kein überzeugender Beitrag, um „das politische Europa dem Bewußtsein unseres Volkes näherzubringen", so wie Sie es ausgeführt haben.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, wir sind mit Ihnen durchweg für eine Politik der Entspannung, vorausgesetzt, daß es eine Politik ist, die zur realen Entspannung führt. Wir sind mit Ihnen auch einig in dem Ziel einer guten Nachbarschaft mit dem Osten. Das erfordert aber, daß das Ziel in erster Linie die gute Nachbarschaft mit den Völkern des Ostens sein soll. Das erfordert sicherlich auch korrekte Beziehungen zu den Regierungen des Ostblocks, auch wenn diesen durchweg die demokratische Legitimation fehlt. Die Hauptursache aber, meine Damen und Herren, für die friedensbedrohen-



    Graf Stauffenberg
    den Spannungen in der Welt und in Europa liegt doch gerade in der Herrschaftsform des Kommunismus selbst. In dieser Herrschaftsform verbindet sich großrussischer Imperialismus mit weltrevolutionärer Ideologie. Ohne den Abbau dieser Art von Herrschaftsform bleiben alle Entspannungsbemühungen leider — ich sage bewußt: leider — Stückwerk, oder sie werden zur lebensgefährlichen Illusion. Herr Bundeskanzler, Entspannung wird lebensgefährlich, wenn sie zum Selbstläufer wird und letztlich nur der Sicherung kommunistischer Gewalt über Menschen dient. Diese kommunistische Gewaltherrschaft im Osten wird an keiner Stelle der Welt von außen bedroht, am wenigsten von der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist nur bedroht vom Freiheitswillen aus dem Ostblock selbst. Der Herr Bundeskanzler hat zu Recht betont, daß das militärische Potential des Warschauer Pakts weit größer ist als sein Verteidigungsbedarf. Die Völker Polens und der Tschechoslowakei machen sich vermutlich ihre eigenen und bitteren Gedanken über das Militärpotential der DDR, die ja niemand bedroht. Daher begrüßen wir es, daß der Herr Bundeskanzler auf der Grundlage der gemeinsam im Bündnis entwickelten Zielsetzungen Schritte angekündigt hat, die zum Abbau der militärischen Konfrontation in Europa führen sollen. Wir wissen um die gegenwärtigen Gefahren, und wir wissen uns darin, Herr Bundeskanzler, mit so hervorragenden amerikanischen Fachleuten — um einmal andere zu nennen, als heute schon genannt worden sind — einig, wie Dean Rusk, Paul Nitze, Eugene Rostow, Botschafter Fowler und ehemaligen Oberbefehlshabern der NATO, deren „Committee on present danger" wir dem besonderen Studium der Bundesregierung empfehlen, auch, Herr Bundeskanzler, dann, wenn es darum geht, die Unterstützung der gemeinsamen westlichen Verhandlungsposition innerhalb Ihrer eigenen Partei oder bei Ihrem Parteivorsitzenden zu finden.
    Meine Damen und Herren, gerade um des Friedens willen begrüßen wir es, daß die Auseinandersetzung der Ideologien im friedlichen Wettbewerb ausgetragen werden soll. Bei der Belgrader Überprüfungskonferenz über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa wird die Bundesregierung dazu Gelegenheit haben. Wir setzen voraus, daß sie dabei eindeutig und unmißverständlich auf der Seite der Menschen stehen wird, denen die fundamentalen Menschenrechte noch immer verweigert werden. Es warten noch immer ungezählte Menschen — das ist heute schon mehrfach gesagt worden — auf die Erfüllung der Erklärung des Korbes III von Helsinki, auf die Erfüllung der Menschenrechtspakte, auf die Erfüllung der UN-Menschenrechtscharta. Wenn Sie so eindeutig Menschlichkeit und das Recht einfordern, Herr Bundeskanzler, dann brauchen Sie auch nicht den Vorwurf des Herrn Brandt zu scheuen, Sie würden etwa „anklagende und unverbindliche Reden zum Fenster hinaus" halten, so wie er es in seiner ersten Intervention vor Weihnachten gesagt hat.
    „In Europa nach Helsinki sind der Belastbarkeit der Beziehungen Grenzen gesetzt"; das sagte Herr Brandt. Aber das gilt auch etwa für die Ausweisung unliebsamer Journalisten oder für die belagerungsähnliche Situation an der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin. Diese Grenzen der Belastbarkeit müssen Sie, müssen wir alle deutlich markieren; denn es geht hier um die Wahrheit, es geht um die Klarheit, es geht um wirkliche, um reale Entspannung und nicht um Entspannung als einen vagen ideologischen Begriff.
    Diese Grenzen der Belastbarkeit, Herr Bundeskanzler, lassen sich auch nicht durch die Ankündigung sogenannter neuer Sachbeiträge in Belgrad verwischen. Wir haben Anlaß zu dieser frühzeitigen Warnung, und zwar aus allen Erfahrungen mit der bisherigen Ostpolitik der SPD/FDP-Koalition. Insbesondere haben wir Anlaß dazu durch die Ausführungen des Herrn Kollegen Brandt zu diesem Thema. Die Ankündigung neuer Verhandlungen und neuer Verträge, die man vielleicht abschließen will, ist kein Alibi für das Ausbleiben realer Ergebnisse aus der bisherigen Politik. Solche Ankündigungen sind auch keine Entschuldigung dafür, daß man um des „Atmosphärischen", wie es immer wieder genannt wird, willen der rauhen Wirklichkeit ausweicht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Oder mit anderen Worten — um die Worte des Herrn Bundeskanzlers zu benutzen —: das „Prinzip Hoffnung" allein ist kein Ersatz für tatsächliche Menschlichkeit oder für enttäuschte Hoffnungen auf bestehendes Recht und auch kein Ersatz für reale Sicherheit.
    Gerade im Zusammenhang mit den außenpolitischen Aktivitäten des SPD-Parteivorsitzenden hätte der Herr Bundeskanzler etwas mehr zum Problem des sogenannten Eurokommunismus sagen müssen. Herr Brandt hat diesen Begriff „Eurokommunismus", ganz harmlos in seiner Art, genannt,

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    und er hat ihn mit dem Stimmenzuwachs der französischen Sozialisten in Verbindung gesetzt. Eurokommunismus also als Mehrheitsbeschaffer für sozialdemokratische oder sozialistische Parteien! Das ist doch sehr ernst, was hier angekündigt worden ist.
    Herr Brandt kann uns sicher auch sagen, ob Herr Mitterand wirklich auf die angebliche Unabhängigkeit der Kommunistischen Partei Frankreichs vom Kreml baut. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist einmal ausgerechnet worden: Wenn die Kommunistische Partei Frankreichs all ihre Aktivitäten aus Mitgliedsbeiträgen bezahlen würde — so hat es Herr Marchais gesagt —, dann müßte der jährliche Beitrag pro Mitglied um die drei- bis viertausend DM liegen; aber dies glaubt ja wohl kaum einer.
    Wer könnte denn eigentlich, wenn man schon an die Mehrheitsbeschaffertheorie denkt, vergessen, welch kleine Kader genügen, um eine kommunistische Regierungsbeteiligung in eine kommunistische Alleinherrschaft umzuwandeln! Die Tschechen und die Slowaken können uns das, obwohl es nun bald



    Graf Stauffenberg
    30 Jahre her ist, aus sehr lebendiger Erinnerung immer noch sehr deutlich sagen.
    Ich will ein Wort von Herrn Brandt aufgreifen: Mit „Petitessen" dem Eurokommunismus Pari zu bieten, ist einfach lebensgefährlich.
    Die bloße Diskussion über die Abhängigkeit oder Unabhängigkeit westeuropäischer Kommunistischer Parteien von Moskau führt doch in die Irre. Die Grundmaxime des Kommunismus — östlicher oder westlicher Prägung — werden Sie mit Freundlichkeit, mit Entgegenkommen nicht verändern. Diese Grundmaxime bedeutet: Gewalt gegen Demokratie, Freiheit und Menschlickeit. Wo die Kommunisten diese Grundmaxime aufgeben, sind sie eben keine Kommunisten mehr. Aber wir haben bei keiner westeuropäischen Kommunistischen Partei auch nur den Schimmer einer Aussicht, daß sie sich in dem Sinne „freiheitlich" wandeln wird und damit dem Kommunismus abschwört.
    Meine Damen und Herren, der Herr Bundeskanzler hat einen Unterabschnitt seiner Erklärung mit der Überschrift versehen: Lage der Nation. Kollege Werner Marx hat darauf schon hingewiesen. Er hat darauf hingewiesen, daß das nicht nur dürftig war, sondern daß es nicht ein Ersatz für den Bericht zur Lage der Nation im gespalteten Deutschland sein könne, der jährlich, und zwar jeweils im ersten Vierteljahr, vorzulegen ist. Wir erwarten diesen Bericht in hinreichender Ausführlichkeit und Präzision. Herr Bundeskanzler, in den sieben Punkten der Zusammenfassung kommt „Deutschlandpolitik" bei Ihnen überhaupt nicht mehr vor. Oder sollen wir das so verstehen, daß Deutschlandpolitik in der Zwischenzeit zu einem Untertitel von Außenpolitik geworden ist?
    Diese Regierungserklärung verträgt sich so, wie sie da steht und Sie sie gehalten haben, weder mit dem klaren Auftrag aus der gemeinsamen Resolution vom 17. Mai 1972 noch mit dem Grundgesetz, wie es uns das Bundesverfassungsgericht klar in Erinnerung gerufen hat.
    Ich finde in dieser Erklärung nichts über das Deutschland jenseits von Oder und Neiße und das Schicksal unserer Mitbürger dort. Dafür spricht Herr Brandt von „Rücksiedlern", meine Damen und Herren. Bei jenen, die aus ihrer Heimat weg müssen, spricht er von Rücksiedlern. Ich finde, das ist eine zynische Formulierung, um Moskau zu gefallen, und sonst überhaupt nichts.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was tut die Bundesregierung für die Volksgruppenrechte? Was tut die Regierung für die Anwendung der UN-Menschenrechtspakte in der DDR? Was wird sie tun, um unsere Mitbürger gegen den Terror zu schützen, die im Vertrauen auf die Schlußakte von Helsinki die „Ausreise" oder „Ausbürgerung" aus der DDR beantragt haben oder beantragen wollen? Die Praxis der DDR ist nicht nur, wie Sie, Herr Bundeskanzler, es gesagt haben, an der Grenze durch Deutschland ohne Beispiel in Europa, sie ist vielmehr unmenschlich und grausam in allen Landstrichen, die die SED beherrscht. Oder — diese Frage muß ich stellen — reicht der Blick der Bundesregierung für die Nation nicht mehr über die Zonengrenze hinaus?
    Enthält die Regierungserklärung alles, was zu Berlin zu sagen ist?

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Nichts Wesentliches enthält sie darüber!)

    Ich hoffe, daß auch darüber im einzelnen noch zu sprechen ist. Was heißt denn eigentlich diese schon zur Leerformel werdende Floskel, die immer wiederholt wird, nämlich „strikte Einhaltung und volle Anwendung" des Viermächteabkommens? Den Berlinern ist nicht geholfen, wenn man diese Formel ständig wiederholt, sondern sie wollen wissen, was darin enthalten ist und was die Regierung dafür tun will.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie steht es beispielsweise um die Nationalstiftung und ihren Sitz in Berlin? Auf all diese Fragen und viele mehr erwarten wir Auskunft im Bericht zur Lage der Nation im gespaltenen Deutschland. So heißt der Titel: „Lage der Nation im gespaltenen Deutschland", worüber Sie bitte berichten mögen.
    Noch einen anderen Punkt möchte ich aus diesem Unterkapitel Deutschlandpolitik oder „Lage der Nation" ansprechen. Herr Bundeskanzler, Sie sprechen so sehr neutral von Gegensätzen und Unterschieden zwischen den beiden Staaten und Gesellschaftsordnungen. Kann man so erklären, was in Wirklichkeit der bittere Unterschied zwischen Freiheit und Unfreiheit, zwischen Demokratie und totalitärer Herrschaft ist? Das kann man doch nicht einfach mit dieser sprachlichen Wohlgefälligkeit übergehen. Herr Bundeskanzler, das ist allenfalls die Sprache eines Maklers, der gewissermaßen über den Parteien steht, am Abschluß des Geschäfts, aber nicht an seinem Inhalt interessiert ist. Das ist nicht die Sprache eines Bundeskanzlers, der die Freiheitsinteressen des ganzen deutschen Volks zu wahren hat.

    (Beifall beider CDU/CSU)

    Wenn man es sich genau anhört und überlegt, so stellt man fest, daß es die Sprache eines Mannes ist, der in Wirklichkeit nichts anderes mehr tut, als sich nicht sehr überzeugend gegen den Alleingeltungsanspruch der SED zur Wehr zu setzen, wenn es da heißt: Die SED möge doch bitte unsere Vorstellungen ebenso ertragen, wie wir ihre Vorstellungen ertragen. Soweit ist es inzwischen mit der Selbstdarstellung der freiheitlichen Bundesrepublik Deutschland schon gekommen!
    Was versteht der Bundeskanzler unter der Formel: Zusammenarbeit unter der gegenseitigen Respektierung von Interessen? Da beginnt doch erst die Problematik. Was sind denn die von Ihnen respektierten Interessen der DDR? Sind es die Interessen der Machthaber oder sind es die Interessen der Menschen dort drüben; denn diese beiden sind nicht identisch, sie stehen in einem unauflöslichen Widerspruch zueinander. Hierzu hätten wir gern eine deutlichere Erklärung.
    Ich möchte noch einen Gedankengang zu dieser Regierungserklärung ausführen. Der Herr Bundes-



    Graf Stauffenberg
    kanzler äußerte sich abfällig über das, was er „lautstarke Sonntagsreden" nannte, und in ähnlichem Sinne — „Reden zum Fenster hinaus" oder ähnlich — äußerte sich Herr Brandt. Dann nahm der Herr Bundeskanzler, nachdem er von Herrn Kohl, von Herrn Strauß wegen seiner unklaren und undeutlichen Sprache angesprochen worden war, vor Weihnachten in einer Intervention das Wort. Wenn es einen roten Faden in dieser Intervention gab, dann war es seine Apologie für die Unklarheit, die Interpretationsfähigkeit und die Unbestimmtheit der Regierungserklärung, also all das, was wir aus der leidvollen Erfahrung mit Herrn Bahr und der Ostpolitik in allen Verhandlungen und Verträgen mit dem Osten kennen: Unklarheit, Interpretationsfähigkeit und Unbestimmtheit. Das versuchte er in seiner Intervention gewissermaßen zur höheren Staatskunst emporzustilisieren.
    Nur an einer Stelle ist der Herr Bundeskanzler sehr konkret geworden. Für das ferne südliche Afrika verlangte er eine Verfassungsänderung, die baldige Verwirklichung der Herrschaft der Mehrheit und gleichzeitig die Sicherung des Schutzes der Minderheit. Ich wäre damit einverstanden; denn wir haben die Politik der Apartheid nie begrüßt oder uns zu eigen gemacht. Es ist nur die Frage, warum dieses deutliche Wort nur an das südliche Afrika gerichtet war. Oder gilt dieser Satz — sagen Sie es bitte —

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Für die Versorgung der Kubaner in Angola mit sowjetischen Waffen!)

    in gleicher Weise etwa für Vietnam, für Laos, für Kambodscha, wo nach der sogenannten Befreiung Hunderttausende von Menschen hingemordet worden sind.

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Hier wird immer mit zweierlei Maß gemessen!)

    Wenn der Bundeskanzler über Südafrika spricht, müßte er wenigstens auch über das Schicksal der Menschen in Indochina sprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn wir beim direkt vom Grundgesetz vorgeschriebenen Verantwortungsbereich bleiben, stellt sich die Frage, ob der Satz „Herrschaft der Mehrheit und Schutz der Minderheit" auch für die DDR gilt. Wenn das der Fall ist, so fragt es sich, warum Sie es dann nicht sagen. Aber Sie können es ja noch nachholen. Oder sind solche Forderungen für Gebiete tabu, in denen kommunistische Diktaturen ihre Macht bereits etabliert haben? Diese Frage muß hier wirklich gestellt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gehören die Flüchtlinge, Herr Bundeskanzler, die vor den neuen Machthabern in Angola und Mozambique und vor den kubanischen Bajonetten Zuflucht in Südwestafrika oder in, wie Sie vielleicht sagen werden, Namibia suchen, zu einer Mehrheit oder einer Minderheit in dem von Ihnen gebrauchten Sinn? Und was passiert mit den Flüchtlingen, wenn die „Befreiungsbewegungen" im Sinne so vieler „Befreiungen" nun auch Südwestafrika befreien?
    Werden die dann auch geschützte Minderheit sein oder Teil der herrschenden Mehrheit?

    (Zuruf des Abg. Wohlrabe [CDU/CSU])

    In diesem Zusammenhang gleich eine Frage an den Herrn Außenminister. Herr Minister Genscher, wann sprechen Sie einmal ein ernstes Wort mit Ihren ausländischen Kollegen,

    (Lachen bei der SPD — Zuruf von der FDP: Schulmeister!)

    wann sprechen Sie ein ernstes Wort

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Der Satz geht ja weiter!)

    mit Ihren ausländischen Kollegen über unser Verständnis von Demokratie und Menschenrecht, mit jenen Kollegen, die, man kann nur sagen, in frivolen Resolutionen uns, die Bundesrepublik Deutschland, des Kolonialismus und des Imperialismus und des Rassismus bezichtigen und diese ihre Konferenztätigkeit auch noch immerhin mit den Geldern des deutschen Steuerzahlers finanzieren lassen?

    (Zurufe von der CDU/CSU — Wohlrabe [CDU/CSU] : Das kann der Herr von Wechmar jetzt dauernd im Weltsicherheitsrat klarstellen!)

    In den vergangenen Wochen war viel zu lesen über die Wirkungen der Helsinki-Schlußakte auf die Menschen in den Ostblockstaaten und auf unsere Landsleute jenseits des Eisernen Vorhangs. Manche Redner der Koalition haben die Zeichen des neuen Muts und des Selbstbewußtseins im Ostblock als Beweis für den Erfolg der KSZE gewertet. Aber die Menschen drüben haben nur Mut schöpfen und Zuversicht gewinnen können, weil sie von Helsinki und den Erklärungen dort gehört haben, z. B. auch durch den Deutschlandfunk. Sie haben die Erklärungen nicht als „Sonntagsreden" oder als „Reden zum Fenster hinaus" begriffen und schon gar nicht als „bloßen Formelkram". Der Herr Breschnew — trotz aller seiner Macht — fand es angezeigt und nützlich, seinen Genossen Corvallan feierlich zu empfangen. Er demonstrierte die Solidarität der Kommunisten in aller Welt. Im Gegenzug will der Herr Regierungssprecher Bölling einen Bukowski nicht „überbewerten", wie er in, wie ich meine, unerträglich öliger Weise formuliert hat. Vielleicht wird sich der Herr Breschnew demnächst persönlich bei Herrn Bölling bedanken. Wenn der Herr Bundeskanzler Herrn Bukowski und Herrn Maximow und Herrn Solschenizyn nun empfangen würde, könnte er als westlicher Regierungschef ein Zeichen setzen und erkennbare Solidarität mit den Opfern der Unfreiheit zeigen. Oder fürchten Sie etwa, Herr Bundeskanzler, daß dann die Atmosphäre beim bevorstehenden Besuch des Herrn Breschnew gestört würde?
    Ich sage dies alles, weil Ihnen niemand vorwerfen kann, Herr Bundeskanzler, daß Sie das Wort gering achten; dazu haben Sie in Ihrer Erklärung viel zu viele Worte gemacht. Aber es scheint, daß Sie das klare, das erkennbare, das bestimmte Wort dort fürchten, wo Sie als Vertreter aller Deutschen und der deutschen Freiheit Flagge zeigen müssen.



    Graf Stauffenberg
    Sie haben in Ihrer Regierungserklärung 21/2 Stunden lang geredet. Aber da, wo die Menschen in Deutschland auf Ihr Wort warten, da scheinen Sie die Sprache verloren zu haben.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)