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ID0800703000

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    Plenarprotokoll 8/7 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 7. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern der türkischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates . . . . . . 152 D Nachricht vom Tode des früheren Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm 201 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen im Ältestenrat — Drucksache 8/32 — . . . . . . . . 127 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 127 B Dr. Ehmke SPD 133 B Dr. Bangemann FDP 140 C Genscher, Bundesminister AA 145 A Dr. Marx CDU/CSU 149 B Friedrich (Würzburg) SPD . . . . . . 159 D Hoppe FDP 167 D Graf Stauffenberg CDU/CSU 171 C Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . 176 A Dr. Kohl CDU/CSU 186 C Leber, Bundesminister BMVg 191 B Dr. Wörner CDU/CSU . . . . 195 D, 197 A Spitzmüller FDP 196 D Möllemann FDP 197 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 201 D Pawelczyk SPD 206 D Jung FDP 212 B Lorenz CDU/CSU 214 D Mattick SPD 218 C Dr. Czaja CDU/CSU 221 B Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 225 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen — Drucksache 8/35 — . . . . . . . . 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Einsetzung von Ausschüssen — Drucksache 8/36 — 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Europäischen Parlament — Drucksache 8/47 — 166 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats — Drucksache 8/48 — 167 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache 8/49 — 167 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 141 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 23. Juni 1975 über die Verbände ländlicher Arbeitskräfte und ihre Rolle in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung — Drucksache 8/10 — 167 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Mai 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 8/11 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit — Drucksache 8/12 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit (Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit) — Drucksache 8/13 — 167 C Nächste Sitzung 227 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 229* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 127 7. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 229* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20.1. Dr. Aigner * 21. 1. Arendt 21. 1. von Hassel* 19. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) 21. 1. Lücker * 21. 1. Lange * 19. 1. Müller (Mülheim) * 21. t. Richter *** 21. 1. Schulte (Unna) 19. 1. Dr. Schwencke ** 21. 1. Dr. Schwörer * 21. 1. Dr. Staudt 21. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Dr. Werner Marx


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Mattick, als geborener, wenn Sie so wollen, oder gelernter Marxist würde ich Ihnen antworten, daß es ein Umschlagen von der Quantität in Qualität — und umgekehrt — gibt.

    (Zurufe von der SPD: Sie sind ein geborener, nur ein geborener Marxist!)

    Nun muß ich hier Karl Marx zitieren, der einmal von sich selber gesagt hat: „Moi, je ne suis pas un marxiste." Wenn Sie, Herr Kollege Mattick, darauf hinweisen, daß eine Änderung im Schema zwischen Deutscher Welle und Deutschlandfunk erfolgen soll, müßte man darüber sprechen. Das will ich im Augenblick aber gar nicht tun. Ich habe ein Thema angesprochen — hier wäre ich für Ihre freundliche



    Dr. Marx
    Unterstützung sehr dankbar —, nämlich daß sich bei der Deutschen Welle nicht die Sendezeit, sondern die Qualität nicht verändern sollte. Denn Sie wissen so gut wie ich, daß das Verschieben von Personen natürlich auch ein Verschieben von Inhalten ist. Das ist gemeint. Das sollten Sie doch bitte zugeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich sage deshalb — ich sage dies auch namens meiner Fraktion —, daß wir alle Verantwortlichen auffordern, nicht Hand an freie Berichterstattung und Meinungsäußerung bei uns selbst zu legen,

    (Dr. Hupka [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    sich bei uns, in einem freien Land, nicht daran zu beteiligen, den freien Austausch von Informationen einzuengen. Wer dies tut, wird den Ehrentitel eines freiheitlichen Demokraten verlieren und sich der Verachtung derer aussetzen, denen er die Stimme der Freiheit verdünnt oder vorenthält.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich habe gerade den Namen Bukowski genannt. Ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß der Herr Bundeskanzler Gelegenheit findet, Herrn Bukowski in Kürze zu empfangen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Es wird gut sein, Herr Bundeskanzler, wenn Sie sozusagen zu Beginn des Jahres der Menschenrechte aus erster Hand von einem Mann, der wegen seiner unbeschreiblichen, uns im Grunde alle beschämenden Tapferkeit und Unbeugsamkeit zwölf Jahre seines kurzen Lebens in Haft war, die andere Seite des Lebens in einem Land erfahren, von dem Ihnen der Generalsekretär der KPdSU bei seinem nächsten Besuch sicher eine andere Schilderung geben wird.
    Sie haben, Herr Bundeskanzler, in Ihrer Regierungserklärung die Hoffnung ausgesprochen, daß der Besuch von Herrn Breschnew „neue Impulse für eine Ausweitung und Vertiefung" der deutsch-sowjetischen Zusammenarbeit bringen werde. Da sind wir ein wenig skeptischer. Denn bei aller Vergeßlichkeit, zu der unsere Zeit neigt: Wir haben noch den ersten Besuch von Herrn Breschnew im Mai 1973 in Bonn in Erinnerung. Ohne jetzt näher darauf einzugehen, will ich nur daran erinnern — aber ich tue es mit Nachdruck —, wie schwer es damals war, den sowjetischen Herrscher, der partout das Viermächteabkommen über Berlin nach seiner Art und Weise auslegen wollte, zu einer Formel zu bewegen, die lautet: Dieses Abkommen soll „strikt eingehalten und voll angewendet" werden.
    Meine Damen und Herren, wir finden seither — auch in der Art, wie versucht wird, Ostberlin in den gesamten Bereich der DDR einzuverleiben — gegenteilige politische Entwicklungen. Darüber wird nachher noch unser Kollege Peter Lorenz sprechen.
    Ich finde, auffallend dünn, um nicht zu sagen: armselig, war die Regierungserklärung dort, wo sie auf die exorbitante Rüstung im Bereich der Warschauer-Pakt-Staaten einging. Wenn ich auch in diesem Fall die Regierungserklärungen seit 1969 vergleiche, so komme ich zu einem frappierenden Ergebnis. In der ersten Regierungserklärung dieser Koalition vom 28. Oktober 1969 wird die sowjetische Rüstung, die damals schon das militärische Gleichgewicht erheblich störte, gänzlich übergangen. Willy Brandt versicherte lediglich — hören Sie bitte diese Formulierung —, daß man konsequent sich für den Abbau der militärischen Konfrontation in Europa einsetzen werde. Das war 1969.
    Bei seiner zweiten Regierungserklärung im Januar 1973 sagte er, man könne nicht übersehen, daß die Rüstungsentwicklung des Warschauer Paktes das östliche Gesamtpotential steigere. Dies ist ein Satz, der zwar den Vorteil hat, in sich logisch zu sein, aber politisch im Grunde genommen dann nichts sagt, wenn man ihn mit dem nächsten Satz zusammennimmt, in dem Herr Brandt nämlich sagte, man wolle daraus „keine voreiligen Schlüsse" ziehen. Wir haben nie voreilige Schlüsse verlangt, bei Gott nicht, vor allen Dingen nicht auf diesem Gebiet. Aber Schlüsse haben wir verlangt, meine Damen und Herren. Und ich habe eben nicht 1976, sondern den Januar 1973 zitiert.
    Im Mai 1974 hat dann Bundeskanzler Schmidt in seiner ersten Regierungserklärung gesagt, er betrachte — ich zitiere wieder — „nicht ohne Sorge die wachsenden Rüstungsanstrengungen im Warschauer Pakt". Und diesmal sagte er, daß der stetige Ausbau der militärischen Stärke im Ostblock immer weiter anhalte, obwohl das militärische Potential dieser Staatengruppe bereits weitaus größer sei, als es für seine Verteidigungszwecke notwendig erscheine. Verzeihen Sie, wenn ich sage: Für einen ehemaligen Verteidigungsexperten und Verteidigungsminister ist diese Formulierung wahrhaft ungenügend.
    Wir fordern Sie auf, Herr Bundeskanzler, in dieser Sache — dazu wird auch noch Kollege Wörner sprechen — heute etwas deutlicher auszusagen, was Sie eigentlich von dem Ausmaß der Bedrohung halten. Denn, meine Damen und Herren, leider ist die Tendenz zu einer falschen Darstellung und Verharmlosung des wirklichen Ausmaßes der Gefahr bei dieser Regierung schon Bestandteil ihrer Politik geworden.
    Die Dokumente der NATO sprechen, wie Sie wissen, eine andere Sprache. Aber darüber wird noch im einzelnen näher gehandelt. Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat — ich muß sagen: entgegen meiner eigenen Erwartung — über die verwickelten Probleme des Osthandels und über den gegenwärtigen Stand dieser Dinge nur ganz wenig gesagt. Ich möchte hier sagen, daß wir für eine vernünftige Weiterentwicklung der Beziehungen zu allen osteuropäischen Staaten sind, auf der Basis der Gleichberechtigung und, wie man sagt, des „gegenseitigen Vorteils". Das ist ein Thema, das man bei der KSZE im Rahmen des Korbes II besprochen hat, das ist noch nicht erledigt. Aber wir sind dafür, daß wir auf den Gebieten der Politik, der Kultur, der Wissenschaft, der Technik und darüber hinaus auf den Gebieten des Handels und der Wirtschaft unsere Beziehungen weiter voranbringen. Ich



    Dr. Marx
    sage auch, daß dies vernünftig sein müsse; denn wir müssen auch die Grenzen der Verschuldungsmöglichkeiten der Oststaaten z. B. bei uns sehen. Ich füge hinzu, daß westliche Kreditpolitik jedenfalls der Sowjetunion in den letzten Jahren den Arm für zusätzliche Rüstungen freigehalten hat. Dies hätte den Herrn Kollegen Brandt und den Bundeskanzler auch mit Sorge erfüllen sollen.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Also Reduzierung der Ostexporte?)

    Sie sollten, da die beiden Herren Lenin gelesen haben, sich doch des zynischen Ausspruchs erinnern, daß die Kapitalisten sogar noch den Strick verkaufen, an dem man sie aufhängen wird.
    Lassen Sie mich in allem Ernst noch in Kürze auf ein Problem eingehen, nämlich auf die gegenwärtigen Gespräche zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Comecon, dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe des Ostblocks. Diesen Gesprächen stehe ich mit großer Zurückhaltung gegenüber, weil es offensichtlich in der Absicht der Sowjetunion liegt, zusätzliche Kontrollen und Reglementierungen der von ihr unterworfenen und beherrschten Staaten Osteuropas zu erreichen. Niemand von uns sollte vergessen, daß der Apparat des Comecon in der Hand sowjetischer Funktionäre liegt und daß der Rat selbst von Anfang an ein Instrument ihrer Ausbeutungspolitik gegenüber Europa gewesen ist. Ich denke, wir sollten uns an den Grundsatz halten, daß wir bei künftigen Verabredungen die mittlerweile gewachsenen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten des Ostens und des Westens nicht unterlaufen und nicht schmälern; sie sind für viele noch eine der wenigen Möglichkeiten, sich einen Fingerbreit freier zu bewegen, als dies sonst erlaubt würde.
    Morgen, am 20. Januar, wird der amerikanische Präsident Jimmy Carter seinen Eid ablegen. Dies wird ein bedeutsamer Tag in der Geschichte der Vereinigten Staaten sein. Er wird zugleich eine Phase, wie ich denke, konzentrierter Orientierungen und neuer Formen der Zusammenarbeit zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Teil der atlantischen Welt einleiten. Wir erklären unsere Zufriedenheit mit den bevorstehenden Kontakten des neuen amerikanischen Vizepräsidenten Mondale hier in Bonn, in Berlin, in Brüssel, in Paris und in London, und wir verbinden mit ihnen und mit den künftigen Kontakten mit dem neuen amerikanischen Präsidenten Carter den Wunsch, daß die Freundschaft und das Vertrauen zwischen uns und den USA weiter anwachsen und daß es unserer Politik gelingt, darauf hinzuwirken, daß bei allen künftigen Abreden und Bindungen, die die Vereinigten Staaten eingehen werden, das Interesse Deutschlands und Europas die notwendige Berücksichtigung findet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Genscher, da die Zeit eilt und Sie eine sehr lebhafte Bemerkung — mehr als eine Bemerkung— zu Portugal machten, möchte ich mich nur noch ganz kurz dazu äußern. Wir erklären uns auch zufrieden — und wir sind mit Ihnen einig, wenn Sie sich darüber freuen —, daß Griechenland, Portugal und Spanien — so hat es vor allen Dingen bei den beiden letzten den Anschein — in den Kreis der parlamentarischen Demokratien eintreten. Dies ist ein großer Gewinn für Europa.

    (Zuruf von der SPD: Ohne unsere Mitwirkung?!)

    — Sagen Sie doch nicht „ohne unsere Mitwirkung"! Sie wissen doch gar nicht — Sie können es gar nicht wissen —, wer von uns auch in der Zeit des Papadopoulos mit wem zusammengetroffen ist. Man könnte sehr viele Namen von Personen nennen, die auch mit Leuten, die unter Hausarrest standen und bei denen Posten vor der Tür standen, in deren Wohnungen stundenlang geredet haben und die das gleiche in Portugal gemacht haben. Herr Mattick, Sie müßten es eigentlich wissen, wenn Sie Ihre Erinnerung daran nicht verlassen hat; denn wir beide haben z. B., als wir einmal aus Ägypten zurückkamen, lange über dieses Thema gesprochen. Ich bleibe dabei, und ich lasse einfach nicht zu, daß die falsche Gleichung aufgestellt wird: auf der einen Seite die CDU, die so ein Techtelmechtel mit den Nicht-Demokraten habe, und auf der anderen Seite die ritterlichen Demokraten. Wir haben in vielfältiger Form — ich gehe jetzt auch im konkreten keinen Schritt weiter, weil sich das, wie Sie wissen, jetzt nicht lohnt — Hilfen geleistet, bis zu finanzieller Hilfe, bis zur Hilfe der politischen Beratung und Schulung. Wir sind stolz darauf, und Sie können uns diesen Stolz nicht abnehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte noch folgendes sagen, weil Herr Bangemann und der Herr Bundesaußenminister zu wirtschaftlichen Hilfen etwas bemerkt haben. Natürlich waren wir bereit und werden es sein, wenn wir in der Lage sind, denjenigen, die unsere Verbündeten und Freunde sind und die in einer besonders schwierigen inneren Lage sind, auch durch finanzielle Hilfe unter die Arme zu greifen. Dies ist allemal besser, als Gelder in den Ostblock zu pumpen. Aber Hilfe kann auch in diesem Fall nur als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden. Wir sind einig, Herr Bundesaußenminister, ich weiß. Aber lassen Sie mich hinzufügen — da bin ich nicht ganz sicher, ob wir einig sind —: Wenn ich an die Entwicklung in Portugal zurückdenke, von der ich glaube, daß ich sie ziemlich genau kenne, dann finde ich, daß wir Herrn Soares und sein Kabinett auffordern müßten, hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Konzeption zu moderneren Gesichtspunkten zurückzukehren oder sie zu finden und zu entwickeln und auch die große Lehre, die wir in unserem eigenen Lande gefunden haben, nämlich die soziale Marktwirtschaft, bei der Durchrechnung der einzelnen Programme nicht außer acht zu lassen. Denn es ist ja gar kein Zweifel, daß die gegenwärtige Misere — es ist eine ziemlich schlimme Misere — in der portugiesischen Wirtschaft und Landwirtschaft, in der Industrieproduktion, in den Finanzen vielen sozialistischen, kommunistischen und linkskommunistischen Bocksprüngen zu verdanken ist, die Menschen dort vorgenommen haben, bar jeder Kenntnis ökonomischer



    Dr. Marx
    Zusammenhänge und vollgestopft mit marxistischen Weltfremdheiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht natürlich nicht, daß wir unsere eigene Bevölkerung auffordern zu helfen — denn das sind ja alles Steuergelder; diese Hilfe finanzieren wir ja alle zusammen — und daß wir ihr zur gleichen Zeit sagen müssen, daß dies allerdings eine permanente Hilfe ist für Leute, die in der Wirtschaftspolitik etwas tun, was sie selbst nie auf gesunde Beine bringen läßt. Wir verbinden also ausdrücklich unsere Bereitschaft zu helfen mit dem Hinweis, daß es dafür auch notwendig ist, die entsprechenden wirksamen Strukturen zu schaffen.
    Ich muß mir wegen der Zeit versagen, auf eine Reihe anderer Fragen einzugehen, die wir aber dann sicher in den Ausschüssen diskutieren können. Nur, Herr Kollege Mattick, wir werden nicht nur im Ausschuß, wie Herr Wehner das verlangt hat, sondern natürlich auch noch hier im Bundestag durch andere Kollegen die Frage Ihres und Ihrer Freunde Verhaltens bei der letzten NATO-Parlamentarierkonferenz natürlich diskutieren.
    Ich möchte aber am Schluß meiner Ausführungen auf ein Problem aufmerksam machen, das mich und, wie ich weiß, viele andere tief bedrückt und das der Bundesaußenminister in seinen ersten Formulierungen eben selber angesprochen hat. Ein Blick auf die Landkarte und ein Blick in die politischen Verhältnisse vieler Länder der Welt zeigt, daß unsere Form des Lebens, von der Europäer und Amerikaner einmal geglaubt hatten, man könne sie über die ganze Welt ausbreiten und damit anderen Völkern Wohlstand und Frieden bringen, nur noch in relativ wenigen Ländern vorkommt. Die parlamentarische Demokratie, überall dort für kurze Zeit eingeführt, wo es um Entkolonialisierung ging, ist weltweit auf dem Rückzug. Bei uns selbst spürt man, daß sich Zeichen des Unmuts und der Abkehr, auch der polemischen Gegnerschaft, ja sogar Verfallserscheinungen feststellen lassen. Ich kann und will in diesem Augenblick die Gründe hierfür nicht untersuchen. Aber dieses Haus sollte es bald einmal tun. Wo sonst denn sollte man mithelfen, die parlamentarische Demokratie von mittlerweile angewachsenen Schlacken und von Seetang wieder zu befreien, wenn nicht hier in diesem unserem eigenen Hause?
    Ich glaube zumindest einen dieser Gründe hier nennen zu sollen: es ist der weit klaffende Abstand zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit auf manchen Feldern unseres öffentlichen Lebens. In der Schule erklärt man den jungen Menschen, daß die Gewaltenteilung des französischen Philosophen Montesquieu in der parlamentarischen Demokratie geradezu klassisch durchgeführt sei; neben der richterlichen Gewalt stünden sich Exekutive und Legislative gleichberechtigt und unabhängig voneinander gegenüber. Die Regierung, so heißt es, werde vom Parlament überwacht und kontrolliert; darin bestehe die in der Demokratie notwendige Ausbalancierung der politischen Macht.
    In Wirklichkeit, meine Damen und Herren, ist es doch ganz anders. Die Regierung wird hier im Parlament eigentlich nur von der Opposition kontrolliert. Die Regierungskoalition — und man untersuche einmal tiefenpsychologisch dieses Wort „Regierungskoalition" — ist, wie der Kollege Wehner Ende 1969 oder Anfang 1970, glaube ich, in einem Interview gesagt hat, dafür da, der Regierung den Rücken freizuhalten und den Weg nach vorn freizuhauen. Solange sich die Regierungsfraktionen so mißverständlich als den verlängerten Arm der Regierung im Parlament verstehen und die Möglichkeiten und Mittel der Opposition zu einer wirklichen Kontrolle der Regierung so gering sind wie gegenwärtig,

    (Zuruf von der SPD)

    so lange ist der parlamentarisch-demokratische Mechanismus gefährdet.
    Meine Damen und Herren, in allem Ernst: Ich bitte die Kollegen der Fraktionen von SPD und FDP, sich überzeugender als in den letzten Jahren als wirkliches Parlament, d. h. als Vertretung des Volkes, als Kontrolle der Regierung, als das zu verstehen und als diejenigen zu sehen, die in ständigem und unmittelbarem Kontakt mit der Bevölkerung leben und die ihre besondere Legitimation durch freie, allgemeine und geheime Wahlen besitzen.

    (Zuruf von der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn wir uns auf die Wahl eines Europäischen Parlaments, von dem vorhin gesprochen worden ist, vorbereiten und die Menschen in den Ländern Europas dafür gewinnen wollen, ein funktionierendes, mit Kompetenzen, mit Kraft, mit Fähigkeit, mit Kontrollmöglichkeiten ausgestattetes Parlament zu schaffen, dann sollten wir hier, im eigenen nationalen Bereich, Wert und Funktionsfähigkeit der Volksvertretung von Irrtümern befreien.
    Und dies, meine Damen und Herren, mein letzter Satz dazu: Wir sollten dafür sorgen, daß die Bürger von einer besseren Regierung regiert und von einem guten, kontrollierenden Parlament vertreten werden.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Friedrich.
Es kann sein, meine Damen und Herren, daß sich der Beginn der Mittagspause um 10 bis 15 Minuten verzögert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bruno Friedrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer diese Debatte, soweit es um Außenpolitik geht, verfolgt hat, wird als erstes, zunächst wichtigstes Ergebnis festhalten müssen, daß es in der Außenpolitik nach wie vor keine Brücke zwischen der Opposition und der Regierung gibt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Ich dachte, die Brücke ist die Verteidigung der Menschenrechte!)




    Friedrich
    Dies, Herr Kollege Marx, ist eine schwere Belastung für die Innenpolitik und für die Bundesrepublik im Ausland. Das eindeutige Nein des Oppositionsführers Barzel und des späteren Fraktionsvorsitzenden Carstens hat der neue Oppositionsführer und CDU-Vorsitzende Kohl erneuert. Die Heftigkeit, mit der dies erneuert worden ist, läßt nach Kreuth nicht den geringsten Zweifel daran, daß die Wiedervereinigung um den Preis der totalen Übernahme Straußscher Außenpolitik erreicht wurde.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Nicht einmal ein Kalauer!)

    Davon müssen wir ausgehen, und dies ist heute in der Debatte bestätigt worden.
    Was ist nun und wo ist denn die Gegenposition der CDU/CSU zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers, wo ist in der Union etwas, was den Namen „außenpolitische Konzeption" — und zwar „e i n e Konzeption" — verdient? Wer genau hinsieht, findet da ein breites Spektrum. Es gab in der letzten Periode durchaus einmal Zeichen einer Annäherung an die Regierungskoalition. Am 14. Juni des vergangenen Jahres gab es in Warschau interessante Ausführungen des CDU-Politikers Walther Leisler Kiep. Nach dem Wortlaut der Rede erklärte Kiep in Warschau — ich darf wörtlich zitieren —:
    Wir können mit Genugtuung feststellen, daß der besondere Rang der polnisch-deutschen Beziehungen, die weiteren Bemühungen um ihren Ausbau und ihre Festigung eine Konstante der deutschen Außenpolitik geworden ist und bleiben wird.
    Nun kommt ein interessanter Satz. Kiep sagte:
    Die deutschen Außenminister Heinrich von Brentano, Gerhard Schröder, Willy Brandt, Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher kennzeichnen diese Konstante unserer Politik.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Hört! Hört!)

    Dies halte ich für einen höchst interessanten Satz, daß ein so bekannter Politiker wie Walther Leisler Kiep Brentano, Scheel, Schröder, Brandt, Genscher in einer Konstanten sieht. Er war einmal — ich glaube, damals noch — außenpolitischer Sprecher des Präsidiums der CDU.
    An anderer Stelle sagte Kiep in Warschau:
    Entspannungspolitik ist auch kein automatisch fortschreitender Prozeß. Für uns kommt es deshalb auf Verhandlungsbereitschaft und Willen zum Kompromiß ebenso an wie auf Standfestigkeit und langen Atem. Wer Entspannung wirklich will, muß auf dem Weg zum Ziel auch Spannungszeiten, Stillstand, ja auch Zeiten der Konfrontation durchstehen.
    Ich habe den Eindruck, daß Sie nicht imstande sind, dieser Maxime Ihres früheren außenpolitischen Sprechers zu folgen.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Herr Kohl muß sich gleich distanzieren!)

    Es gibt natürlich auch eine andere Seite. Als der niedersächsische Ministerpräsident Albrecht im Dezember in Polen auf Kieps Spuren wandelte, schrieb einen Tag nach der ersten Rede des neuen Oppositionsführers der „Bayernkurier" über Albrechts Reise:
    Kreuth hin, Kreuth her: Was sich in diesen Tagen der niedersächsische Ministerpräsident Albrecht mit der von ihm eigens inszenierten Neuaufführung der Polit-Operette „Polenblut" leistet, läßt schon wieder Zweifel aufkommen, ob hier jener neue, richtungsweisende Stil sinnvoll und im gemeinsamen Geiste praktiziert wird, auf den sich ja die beiden Unionsparteien, wenn man die Worte, die Kommuniqués und Erklärungen noch richtig zu deuten vermag, fortan festgelegt haben ...
    Am Ende schreibt der "Bayernkurier":
    ... sollte doch zutreffen, was die „Welt" zu berichten wußte, daß Albrecht ausdrücklich seine Reise als „Neuorientierung der Ostpolitik der CDU" — im Gegensatz zur CSU und zu Strauß verstanden wissen wollte? Wäre dem so, so müßte Wildbad Kreuth sich nicht als Tagungsstätte, sondern als Dauerkuranstalt zur Rettung der deutschen Politik darstellen.
    So ist das eben mit diesen Kuranstalten: Zuerst hat Herr Kohl vor einem Jahr hier von diesem Platz aus gesagt „Wir lassen niemand im Regen stehen" und hat den Regenschirm hingehalten; dann hat ihm ein Zimmermann eine richtige Dachkonstruktion, genannt „Dachorganisation", gebaut, und jetzt ist auch noch von einer Dauerkuranstalt die Rede. Herr Kohl hat ja Weihnachten in Sonthofen physisch nachgespurt, wo Strauß geistig vorgespurt hat.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Dr. von Weizsäcker [CDU/CSU] : Fällt Ihnen sonst noch was ein zur Regierungserklärung? — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das ist Ihr Beitrag zur Regierungserklärung!)

    Aber zwischen Kiep/Albrecht auf der einen Seite und Strauß/Zimmermann auf der anderen Seite gibt es keine politische Gemeinsamkeit.

    (Dr. von Weizsäcker [CDU/CSU] : Sie sollten nach Niedersachsen gehen!)

    Herr Kollege von Weizsäcker, es ist Ihnen heute nicht gelungen, die tiefe Kluft innerhalb der Union zu überbrücken; Sie konnten sie bestenfalls kaschieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn ich das vielleicht noch hinzufügen darf: Ich bewundere Ihren Stil, Ihre sprachliche Ausdrucksfähigkeit, aber sie ist leider identisch mit der Unverbindlichkeit Ihrer Absichten für die Union.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Schullehrer!)

    In der Vorbereitung auf diese Debatte habe ich die Protokolle nachgelesen, z. B. das Protokoll vom 25. Juli über die KSZE-Diskussion, um in Erfahrung zu bringen, ob wenigstens ein einziger Unionsabgeordneter der KSZE-Akte zugestimmt hat. Da wir ja einige Abstimmungsprobleme innerhalb der Union aus der letzten Periode kennen, habe ich den



    Friedrich
    Namen von Weizsäcker gesucht. Er war nicht unter denen, die abgestimmt haben, er war nicht unter denen, die beurlaubt waren.

    (Zuruf von der SPD: Wo war er denn?)

    In der Kommunalpolitik kennt man dieses Problem auch. Aber daß der damalige Abgeordnete Kiep am gleichen Tag das gleiche Problem hatte, zeigt, daß die politische Bekenntnismöglichkeit für Christen auch durch Abwesenheit ausgedrückt werden kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Aber man sollte die Auseinandersetzung um die Grundwerte, die auch der Kollege Biedenkopf so oft gefordert hat, hier aufnehmen. Die Union versteht sich als Partei des „C", „C" wie christlich. Nach dem, was der Kollege von Weizsäcker gesagt hat, daß man Ethik und Handeln nicht

    (Dr. von Weizsäcker [CDU/CSU]: Ethik und Interessen!)

    trennen dürfe, daß dies abwegig sei,

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Um Gottes willen, doch nicht Ethik und Handeln!)

    müssen Sie erlauben, daß wir Sie daran messen.
    Wer eine für christliches Handeln taugliche, klare Aussage in der Außenpolitik sucht, findet sie in der diesjährigen Neujahrsansprache des Papstes. Der Papst sagte u. a.:
    Der Frieden gerät wiederum in Bedrängnis, zunächst in den Herzen der Menschen, dann in den begrenzten örtlichen Auseinandersetzungen und schließlich in erschreckenden Aufrüstungsprogrammen, die das Potential furchtbarer Zerstörung kaltblütig berechnen, die selbst unsere Fähigkeiten übersteigen, sie in anschaulichen Ausmaßen zu beschreiben.
    Er fährt fort:
    Das Leben ist der Gipfel des Friedens. Wenn die Logik unseres Handelns von der Heiligkeit des Lebens ausgeht, dann ist der Krieg als normales und gewohntes Mittel zur Durchsetzung des Rechtes und somit des Friedens im Grunde geächtet ...
    Und weiter:
    Dadurch ist sogleich die Politik der starken Aufrüstung in Frage gestellt. Der alte Satz, der auch heute noch, so wie früher, in der Politik gerne angewandt wird: „Wenn du den Frieden willst, bereite dich zum Krieg vor", ist ohne grundsätzliche Vorbehalte nicht annehmbar ...
    Und schließlich — so der Papst in seiner Neujahrsansprache —:
    Wir sollten aber wenigstens zugeben, daß diese grundsätzliche gegenseitige Bedrohung von Leben und Frieden, die der Rüstungswettlauf herbeiführt, eine in sich selbst trügerische Formel darstellt, die korrigiert und überwunden werden müßte. Wir sprechen darum unsere Anerkennung aus für die bereits unternommenen Bemühungen, diesen absurden Kalten Krieg einzudämmen und schließlich ganz zu beseitigen ...
    So der Papst in der Neujahrsansprache.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] und Abg. Jäger [Wangen] [CDU/CSU] melden sich zu einer Zwischenfrage)

    — Einen Augenblick, Sie können nachher gleich Fragen stellen. Lassen Sie mich aber erst noch meine Gedanken zu Ende führen. — Es gibt ähnliche bedeutende evangelische Stimmen, die eine entschiedene Friedenspolitik fordern.
    Und nun zu dieser Debatte.