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ID0724311200

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 243. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 Inhalt: Regelung für die Fragestunde der nächsten Woche 17185 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17185 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 — Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/5041 — Grobecker SPD 17185 D Katzer CDU/CSU 17187 C Arendt, Bundesminister BMA 17194 B Franke (Osnabrück) CDU/CSU 17202 B Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 17204 A Krampe CDU/CSU 17209 A Glombig SPD 17211 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 7/5045 - Carstens (Emstek) CDU/CSU 17215 C Dr. Sperling SPD 17217 B, 17242 A Frau Lüdemann FDP . . . . . . . . 17223 D Frau Dr. Focke, Bundesminister BMJFG . . 17226 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 17233 A Frau Eilers (Bielefeld) SPD 17236 D Frau Stommel CDU/CSU 17239 D Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 17241 D Haushaltsgesetz 1976 — Drucksachen 7/5058, 7/5104 —Leicht CDU/CSU 17243 A Namentliche Abstimmung 17244 A Behrendt SPD (Erklärung nach § 36 GO) . 17243 B Nächste Sitzung 17245 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17247* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17185 243. Sitzung Bonn, den 14. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 241. Sitzung, Seite 16969 C, Zeile 6, ist statt „Freizeit" zu lesen: „Freiheit". Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17247* Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 14. 5. Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14.5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Dr. Gradl 14. 5. Dr. Hauser (Sasbach) 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lampersbach 14.5. Lange * 14. 5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Milz 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Niegel 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Sauter (Epfendorf) 14. 5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14.5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Strauß 14. 5. Suck * 14. 5. de Terra 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 21. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helga Wex


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich gern an Ihre Mahnung halten. Aber die Frau Ministerin hat hier gerade Ihre Rede beendet. Es wäre dringend nötig, daß wir uns mal zusammentäten, um zu erreichen, daß die Fragen Jugend, Familie und Gesundheit nicht nur am Ende einer solchen Debatte behandelt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denn wir können ein paar dieser wichtigen Fragen — das gilt natürlich verständlicherweise für alle, die jetzt eine besondere Verpflichtung haben — nicht in dieser Schnelligkeit besprechen und verabschieden. Das war ein freundliches Angebot von mir. Ich meine, das wäre auch eine politische Aussage, wenn wir daraus Konsequenzen zögen.
    Das Erstaunliche an der familienpolitischen Debatte des heutigen Tages ist für mich, daß die familienpolitischen Leitsätze der CDU im Mittelpunkt der Debatte gestanden haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Da gehören sie natürlich auch hin.


    (Lachen bei der SPD)

    Was für ein Unterschied: Auf der einen Seite dieses Konzept, auch wenn es sich nur um Leitsätze handelt; auf der anderen Seite haben wir ein ganzes Ministerium vor uns, das kein Konzept anzubieten hat. Das sehen wir auch in den Auswirkungen. Aber da schon gestern Herr Minister Friderichs und Herr Ehrenberg auf Anfrage diese familienpolitischen Leitsätze in die Diskussion eingeführt haben, muß ich ein paar Dinge zur Richtigstellung dazu sagen.
    Erstens steht darin: „Dabei ist die erste Voraussetzung für eine optimale Familienpolitik, daß Arbeitslosigkeit und Inflation abgebaut werden. Damit wird der Familie direkt und indirekt am besten geholfen."

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann: „Die dauerhafte Sicherung des wirtschaftlichen Aufschwungs und die Gesundung der Staatsfinanzen sind unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Durchsetzung der von der CDU konzipierten Familienpolitik.
    Jetzt kommt das Wichtigste: „Die familienpolitischen Vorschläge fügen sich in das gesellschaftspolitische Gesamtkonzept der CDU ein, nämlich: die Staatsausgaben effektiver einzusetzen, sie umzustrukturieren, um neue Akzente und Prioritäten zu setzen." Das kann man nur, wenn man ein Konzept hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    „Die Familienpolitik bietet ein gutes Beispiel dafür, daß der Sozialaufwand wirtschaftlich sinnvoller und humaner im Sinne einer Selbsthilfe eingesetzt werden kann." Meine Damen und Herren, wir sind eben der Meinung, nur innerlich und äußerlich starke Familien, sichere Familien können die Ausweitung des Staatshaushalts auf die Dauer wirksam verhindern. Dies alles können Sie doch nicht bestreiten, auch nicht, was dann folgt:
    In einem mittelfristig wirksamen Stufenprogramm ist im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Staates die wirtschaftliche Benachteiligung der Familie zu beseitigen.

    (Frau Lüdemann [FDP] : Wie wollen Sie das machen?)

    Es ist billiger, Frau Lüdemann, und menschlicher, die Funktionsfähigkeit der Familie zu stärken, als Aufgaben der Familie Institutionen wie Heimen und Tagesstätten für Kleinkinder zu übertragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wissen, daß ein Heimplatz heute 1 800 DM im Monat kostet. Wir möchten dieses Geld zunächst einmal den leiblichen Eltern anbieten, insbesondere jungen Ehepaaren, die aus finanziellen Gründen, besonders auch wegen Ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik, gezwungen sind, arbeiten zu gehen, auch wenn sie kleine Kinder zu Hause haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies alles — das können Sie doch nicht bestreiten — ist ein ideenreiches Programm und ist eine realistische Politik, die Sie unterstützen müßten, wenn Sie wirklich den Familien helfen und nicht mit Worten verbrämen wollen, daß Sie die Institution Familie auf die Dauer für eine überholte Angelegenheit halten. Meine Damen und Herren, wir können doch nicht aufhören, Politik für die Zukunft zu machen, nachdem durch Ihre schlechte Wirtschafts-und Finanzpolitik die Kassen dieses Staates leer geworden sind. Hier fängt das Nachdenken über die Zukunft auch für die Opposition erst richtig an.
    Was sagen Sie denn zu Ihrem Bundeskanzler, (Zuruf von der SPD: Gut ist der!)

    der in seinem Regierungsprogramm, und zwar in seinem „Anspruchsprogramm" für die Jahre 1976 bis 1980, z. B. den Ausbau der Ganztagsschulen angekündigt hat?

    (Frau Lüdemann [FDP]: Gott sei Dank! Für Kinder Alleinstehender!)

    — Wir haben ja nichts dagegen, Sie sollen nur nicht mit zweierlei Maß messen. Wenn wir Zukunftsaussagen machen, so bestimmen wir damit die Richtung, die wir mit unserer Politik ansteuern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Alle Redner haben von dem Erziehungsgeld gesprochen. Das Schwergewicht der Aussage liegt



    Frau Dr. Wex
    hier nicht auf dem Geld, sondern auf der Stärkung der Erziehungskraft der Familien. Wenn Sie das gut finden, meine Damen und Herren, dann legen Sie das doch einmal einem Ihrer Parteigremien vor. Sie würden nie eine Zustimmung bekommen, weil Sie sich gerade bei diesen Fragen in allen Flügel auseinanderemanzipieren würden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht Ihnen doch gar nicht um das Geld. Für Dinge, die weitaus weniger wichtiger waren, haben Sie sinnlos Geld ausgegeben. Sie wollen diese Richtung nicht, und was Sie wirklich wollen, steht in den Rahmenrichtlinien von Hessen, NordrheinWestfalen und Niedersachsen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Frau Focke, Sie haben hier eine Bilanz vorgelegt, bei der man gegenüber dem, was heute im Lande vor sich geht, schon ziemlich unempfindlich sein muß, um das noch als Erfolg zu verkaufen. Die jungen Menschen warten immer noch auf ein modernes Jugendhilferecht, ein Gesetz, das die Bundesregierung einmal vorrangig behandeln wollte. Die Familien sehen sich im Stich gelassen, denn die hier gepriesene und von uns unterstützte Kindergeldreform kann nicht verdecken, daß das Niveau des Familienlastenausgleichs insgesamt unter das Niveau von 1964 zurückgefallen ist.

    (Leider wahr! bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    — Meine Damen und Herren, wir könnten hier viel besser diskutieren, wenn wir ein bißchen mehr Zeit hätten.
    Der Entscheidungsspielraum der Frauen — ich weiß, was ich damit jetzt sage —, soweit er von Ihrer Politik abhängig war, ist enger geworden, denn noch nie war die Zahl der weiblichen Arbeitslosen prozentual so hoch wie heute.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Auch das stimmt! — Egert [SPD] : Das ist kein Debattenbeitrag! — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Lassen Sie sich nicht stören!)

    — Machen Sie doch einmal einen Entwurf und bestreiten, daß es noch nie so viel Unbeweglichkeit für Frauen gab, die gerne berufstätig sein wollen, es in einer Zeit der Arbeitslosigkeit heute aber nicht können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die eigenständige soziale Sicherung aller Frauen erleidet das Schicksal aller Reformen dieser Bundesregierung. Sie verläuft im Sande, enttäuscht die Gutgläubigen und macht damit auch einen großen Elan in dieser Bevölkerung zunichte, der für eine zukunftsorientierte Politik dringend notwendig ist.
    Zur Gesundheitspolitik ist von der Bundesregierung in den letzten Jahren kein Vorschlag gekommen, der geeignet gewesen wäre, dieses Gebiet langfristig zu sichern. Es gab widersprüchliche Aussagen prominenter Politiker, Ärztebeschimpfung überall. Meine Damen und Herren, einmal sind die Beamten schuld an vielen Entwicklungen, ein andermal die Ärzte, nur niemals diese Bundesregierung, die eigentlich für die Politik in diesem Lande verantwortlich ist. Seit vier Jahren fehlen Verordnungen zum Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie Ausführungsbestimmungen zur Bundespflegesatzverordnung. Beim Jugendalkoholismus gehen die Zahlen nach oben.
    Ich empfand es als eine unglaubliche Unverfrorenheit von Herrn Sperling, zu sagen,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Das kann man wohl sagen! — Katzer [CDU/ CSU] : Sehr gut! — Zurufe von der SPD)

    das Arzneimittelgesetz — ich habe mir das wörtlich aufgeschrieben, Herr Sperling — wäre auch ohne die Opposition verabschiedet worden. Das glauben wir wohl; aber die Naturheilmittel wären damit auf der Strecke geblieben.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU — Hauck [SPD] : Nein, das ist doch unwahr! — Dr. Hammans [CDU/CSU] : Ja, das ist die Wahrheit!)

    Es gibt kein Konzept der Familienministerin. Ich erinnere daran, daß wir wesentliche Stellungnahmen zu wichtigen Gesetzen nicht gehört haben, daß dieses Ministerium z. B. zum neuen Ehe- und Familienrecht nichts Entscheidendes beigetragen hat. Auch die Kindergeldreform ist kein ernsthaftes Argument gegen diese Feststellung; denn diese Reform ist durch die Inflationspolitik der Regierung weithin aufgehoben worden. Unter dieser Bundesregierung sind viele Familien mit mehreren Kindern an den Rand unserer Gesellschaft gedrückt worden. Dies kann den Rückschritt in der Familienpolitik nur noch näher bezeichnen.
    Es kommt folgendes hinzu. Es sind nicht immer nur finanzielle Dinge, die bei einem solchen Haushalt eine Rolle spielen, sondern wichtig ist auch die Atmosphäre, in der dieser Haushalt vorgelegt und durchgeführt wird.

    (Katzer [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Der Familie mit mehreren Kindern fehlt es heute an gesellschaftlicher Anerkennung. Aber die Bundesregierung vernachlässigt den Schutz und die Förderung solcher Familien seit Jahren. Sie hat zugesehen, wie unser Staat immer kinderfeindlicher wurde. Appelle reichen nicht aus. Auch Klagen darüber, was alles heute notwendig ist, reichen nicht aus. Die Kinderfeindlichkeit besteht zum großen Teil im Atmosphärischen, im mangelnden Zutrauen in die Zukunft dieses Landes. Ein großer Teil der jungen Frauen und jungen Ehepaare bekommt nicht etwa deswegen keine Kinder, weil sie zu bequem sind, sondern weil sie Angst davor haben, was heute aus den Kindern in dieser Gesellschaft wird.
    Die Geburtenrate der Bundesrepublik hat einen Stand erreicht

    (Zurufe von der SPD)

    — wenn Sie eigene Kinder haben, weiß ich nicht, warum Sie das bestreiten —, die sie an das Ende der Liste aller vergleichbaren Länder verweist. Dazu kommt, daß sich der Prozeß der Überalterung in



    Frau Dr. Wex
    unserem Lande beschleunigt. Wenn keine Änderung eintritt, ist bereits heute abzusehen, daß die aktive, im Arbeitsprozeß stehende Generation so stark abnehmen wird, daß selbst die Erhaltung des Volkseinkommens aufs höchste gefährdet und auf reales Wachstum kaum zu hoffen ist.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Das ist aber eine materialistische Betrachtung!)

    Die zwangsläufige Folge — Sie wollen doch eine Arbeitnehmerpartei sein — wäre, daß die Erwerbstätigen — und das muß Ihnen doch auch zu denken geben — nur dann ihren Aufgaben und Pflichten gegenüber den alten und nicht erwerbstätigen Menschen gerecht werden können, wenn ihnen noch größere Opfer abverlangt werden. Nach Auffassung der CDU/CSU ist es Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, daß ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Generationen erhalten und die Belastung des im Arbeitsprozeß stehenden Bevölkerungsteils zumutbar bleibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Familienpolitik ist keine Bevölkerungspolitik. Das betont die zuständige Ministerin dauernd. Aus ihrem Munde ist das mehr als peinlich, wenn sie es lediglich feststellt, anschließend den Kopf in den Sand steckt und sich von den Problemen überraschen läßt. Mit ideenreicher Politik hat das nichts zu tun.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Die Folgen für die Familien sind bereits schlimm genug.
    Natürlich ist die Familienpolitik eine Politik zugunsten der Bevölkerung, ebenso wie eine sinnvolle Vermögenspolitik oder eine gute Wirtschaftspolitik. Das sollte doch ganz emotionslos gesehen werden. Die Probleme der Zukunft aber dürfen doch nicht durch Untätigkeit noch verschärft werden.

    (Zuruf von der SPD: Wer ist denn hier untätig?)

    Die Bundesregierung verschließt sich den akuten Problemen in diesem Lande.
    Bereits seit mehreren Jahren gehört die Arbeitslosigkeit zu den Problemen, unter denen die betroffenen Familien in einem überdurchschnittlichen Maße zu leiden haben. Neben den materiellen stellen sich psychische Schwierigkeiten ein, und meist ist es doch die Frau, die es mit diesen extrem schwierigen Situationen zu tun hat. Das ist eine Herausforderung auch an eine aktive Familienpolitik.
    Die Antwort des zuständigen Ministeriums aber bestand eigentümlicherweise z. B. in der Kürzung der Mittel für das Müttergenesungswerk — das, was Sie, Frau Focke, hier gesagt haben, hat sich doch nur auf bauliche Maßnahmen bezogen und gar nicht z. B. auf die notwendigen Kuren , eine Organisation, die sich beispielhaft der überlasteten Mütter annimmt. Dieser Umgang mit einer Einrichtung der freien Träger zeigt einmal mehr, daß die
    Gruppen, die nicht über eine mächtige Verbandslobby verfügen, bei dieser Regierung denkbar schlecht aufgehoben sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Katzer [CDU/ CSU] : Leider wahr!)

    Betroffen sind vor allem Arbeiterfrauen, Mütter von zwei, drei oder vier Kindern und Mütter, die durch die doppelte Belastung in Haushalt und Beruf besonders beansprucht werden.
    An einem solchen Beispiel wird so recht deutlich, was Sozialdemokraten meinen, wenn sie in ihrer Wahlplattform formulieren:
    Sozialdemokraten wissen den unverzichtbaren Beitrag zu schätzen, den die Wohlfahrtsverbände und die Kirchen in der Bundesrepublik in der Sozialarbeit erbringen.
    Solche Hintergründe müssen die Bürger wissen, um diese Wahlplattform richtig würdigen zu können. Die Politik der Bundesregierung engt die Freiheit der betroffenen Bürger und der freien Träger in einem Ausmaß ein, das sich gegen die Interessen der Bürger wendet.
    So wie die Bundesregierung in diesen Fragen versagt hat, so versagt sie in den Fragen der Erziehung in Elternhaus und Schule. Wir sehen jetzt überall Reformer durch die Lande ziehen, die erzählen, die Schule habe unsere Kinder krank gemacht. Meine Damen und Herren, diese sachfremden Reformer haben zuerst einmal unsere Schule krank gemacht und dann durch Aufhetzung der Kinder durch Rahmenrichtlinien auch noch die Familien.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist doch der Zusammenhang in dieser Sache.

    (Zurufe von der SPD)

    Hier hätten wir von der Familienministerin wirklich einmal ein Angebot erwartet, sich mit den Kultusministern der Länder über diese Fragen zusammenzusetzen, um eine Konzeption zu erarbeiten, die auch der Sorgfaltspflicht gegenüber den Familien gerecht wird.
    Sie wissen, daß es eine Aussage von Herrn Nipperdey, einem Mitglied der SPD, gibt: Es geht um die Auflösung einer personalen Bindung durch Soziologisierung, und zwar mit pädagogischen Mitteln, mit dem totalen Informations- und Machtanspruch der Schule, wie sie bisher nur vom Nationalsozialismus und Kommunismus bekannt waren. Wenn der verantwortliche Minister zu solchen massiven Angriffen gegen die Familie schweigt, dann muß er sich fragen lassen, ob er nicht vielleicht doch mit solcher Grundrichtung der Politik einverstanden ist, die die Familie nicht als Chance, sondern als Gefängnis unserer Gesellschaft begreift.
    Das halte ich für die denkbar schlechteste Vertretung der Interessen der Familie in unserem Land. Eine solche Politik nimmt die Verantwortung für die Familien in unserem Land nicht ernst. Ernst nimmt diese Regierung hingegen die Reform der Familien, um so die Grundlage für gesellschaftsverändernde Reformen zu schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der FDP: Dafür müssen Sie Beweise liefern!)




    Frau Dr. Wex
    Bundesregierung und SPD beschwören in Worten die herausgehobene Stellung der Familie. Die Taten aber sind genau anders. So wird folgerichtig im Regierungsprogramm 1976 bis 1980 formuliert: „Das Grundgesetz hat die Familie unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Das gilt auch für die Erziehung der Kinder durch die Familie." Wer könnte dem nicht zustimmen? Nur, was wir erwarten, ist, daß etwas für die Erziehung der Kinder in der Familie getan wird. Laut diesem Regierungsprogramm soll etwas für die Erziehung der Kinder außerhalb der Familie getan werden: Tagesstätten, Kindergärten, Ganztagsschulen. Folgt man der SPD, so heißt das Motto: Die Erziehung der Kinder in der Familie findet am besten außerhalb der Familie statt. Wir dagegen sagen: Jedes Kind hat das Recht auf seine Familie — und nicht auf irgendeine Familie, die die alten Strukturen ersetzt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Wir haben in den letzten Jahren erlebt, was man alles unter „Demokratisierung" und „Fortschritt" in der Interpretation durch diese Bundesregierung zu verstehen hat. Wir sehen vor allem: In der Stellungnahme der Bundesregierung zum Familienbericht wird einer undifferenzierten Demokratisierung der Familie das Wort geredet. Es wird schlicht behauptet, das Grundgesetz sei offen für die unterschiedlichsten familienpolitischen Zielvorstellungen. Lapidar formuliert sie: Es ist offen für den Fortschritt — wobei sie sich freilich um die Frage, worin denn dieser Fortschritt besteht, überhaupt nicht mehr kümmert.
    Das Entscheidende ist — und damit komme ich zum Abschluß —: für die Familienpolitik dieser Bundesregierung heißt das: Die Familie wird zu einer öffentlichen Veranstaltung erklärt. Ihre Funktionen werden folgerichtig am besten vom Staat wahrgenommen. Dem Bürger wird dieses Konzept als ein Zuwachs an persönlicher Freiheit angeboten. Aber schwächere, weniger belastbare Familien werden die Folge sein.
    Hier trifft sich die Bundesregierung in ihrer Politik mit den Hauptströmungen des 2. Familienberichts. Denn auch dort wird die Familie als eine öffentliche Einrichtung gesehen, deren Funktionen am wirkungsvollsten vom Staat wahrgenommen werden können. Auch die Bundesregierung verfährt ja seit langem nach der Methode, einseitig die Probleme der Familie darzustellen, die positiven Leistungen hingegen hintanzustellen. Auf so eine Weise wird hier eine systemändernde Bewußtseinsbildung betrieben.
    Wir aber wollen, daß die Familie Zufluchtsort und Startbasis der Menschen bleibt und nicht zu einer Sozialisationsveranstaltung funktionierender Glieder wird. Nach unserer Auffassung von Familienpolitik muß an erster Stelle die Frage stehen, wie die Funktionsfähigkeit der Familie politisch abgesichert werden kann, und nicht die Frage, wie man die Familie von ihren Funktionen befreien kann. Es ist ein großer Fehler, Familienpolitik allein vor dem Hintergrund von Emanzipationstheorien zu entwikkein; denn dann wird das bald offizielle Politik sein, was die SPD München zu diesem Themenkomplex vor einigen Wochen formuliert hat: Die Beschränkung der Frauen auf den häuslichen Bereich ist eines der wirksamsten Instrumente der Herrschaftssicherung und trägt dazu bei, die Chancen einer neuen Gesellschaft zu verschlechtern.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Diesen Weg können wir nicht mitgehen; denn die Zerstörung der freien Gesellschaft beginnt mit der Zerstörung der Familie.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Aus diesen vorgetragenen Gründen


    (Zuruf von der SPD: Das waren doch gar keine Gründe!)

    lehnen wir diesen Haushalt, der nach unserer Ansicht für eine falsche Politik dieser Regierung steht, ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, bevor wir in der Aussprache fortfahren, möchte ich folgendes feststellen. Insgesamt liegen noch drei Wortmeldungen vor. Wir können daher davon ausgehen, daß die Abstimmung über das Haushaltsgesetz — es ist namentliche Abstimmung angekündigt worden — zwischen 14.45 und 15 Uhr stattfindet. Das wird jedoch nur gelingen, wenn wir uns alle bemühen, Ruhe zu bewahren; dann geht es etwas flüssiger.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Eilers (Bielefeld).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Elfriede Eilers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme, drei Vorbemerkungen.
    Erstens. Ich habe den Eindruck, daß die Ausführungen der sehr verehrten Frau Kollegin Wex auf der gleichen Linie bzw. auf der gleichen Nichtlinie lagen wie die Gesamtdebatte der CDU/CSU und deren Programmatik; denn sie waren voller Widersprüche und ohne jegliche Klarheit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Zum zweiten möchte ich feststellen: Es muß ein eigentümlicher Zufall sein, daß die familienpolitischen Leitsätze der CDU, die gestern veröffentlicht wurden, in dieser Debatte eine Rolle spielen. Allerdings müssen wir dabei auch feststellen, daß wieder einmal keine Bereitschaft bestanden hat, weder bei Herrn Biedenkopf, der die Leitsätze veröffentlicht hat, noch im Parlament, Antworten auf die Frage zu, geben, wo Abstriche gemacht werden sollen, um dieses Programm, das in einigen Passagen durchaus auch sozialdemokratische Vorstellungen beinhaltet, verwirklichen zu können.

    (Zuruf der Abg. Frau Dr. Wex [CDU/CSU]) — Darauf komme ich später noch zurück.

    Zum dritten möchte ich feststellen: Das Regierungs- und Wahlprogramm der Sozialdemokrati-



    Frau Eilers (Bielefeld)

    sehen Partei beschäftigt sich selbstverständlich mit der Familie und mit den Hilfen, die Familien zur Verfügung gestellt werden müssen. Aber sehen Sie: So anmaßend sind wir nicht, daß wir uns mit der Individualität der einzelnen Familie beschäftigen und ihre Inhalte bestimmen wollen; sondern wir als Regierungspartei fühlen uns verpflichtet, den Rahmen zu setzen, der es Familien erlaubt, gesichert zu leben.

    (Beifall bei der SPD)

    Die sozialdemokratische Familienpolitik geht vom Prinzip der Partnerschaft zwischen allen Familienmitgliedern aus. Frauen und Männer sollen nach unserem Verständnis in allen Lebensbereichen Partner sein. Sie sollen auch die gleichen Chancen haben, ihre Persönlichkeit voll zu entfalten, um auf diese Weise den Kindern ein Bild vermitteln zu können, das es diesen wiederum ermöglicht, zu Persönlichkeiten heranzuwachsen. Dabei ist es Aufgabe sozialdemokratischer Politik für Frauen, Hilfen anzubieten, die die Frauen in die Lage versetzen, in der Familie, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Leben überhaupt erst Partner werden zu können.
    Zu den Ausführungen der Frau Kollegin Wex bezüglich des Münchener Zitates — ich bin weiß Gott kein Freund von Münchener Verhältnissen —

    (Stücklen [CDU/CSU] : Warum nicht? Warum nicht?)

    muß ich Ihnen sagen, daß diese dort gemachten Ausführungen nach meiner Meinung den Kern getroffen haben, daß Frauen nämlich nicht allein auf den Haushalt verwiesen sein sollen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sagt ja keiner! Wer sagt das denn?)

    Wir weiblichen Abgeordneten dieses Hauses würden uns schämen müssen, wenn das der Platz der Frauen wäre

    (Burger [CDU/CSU] : Wer sagt das denn?) und wir uns hier herumtummeln.


    (Beifall bei der SPD)

    Darum sage ich zum wiederholten Male und möchte es betonen: Sozialdemokraten haben sich zu keiner Zeit das Leitbild der berufstätigen Frau zum Vorbild genommen. Nach unserer Vorstellung sollen Frauen die Freiheit haben, zu wählen, ob sie ihre Aufgabe im Beruf, im Haushalt oder in beiden Lebensbereichen gleichzeitig wahrnehmen möchten.
    Nur, eines muß ich dazu sagen: Wenn wir den Frauen diese Wahlfreiheit nicht geben, wenn wir ihnen nicht die Chance zur Bildung und Ausbildung geben, haben sie gar nicht die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Arbeitslosigkeit, die bei Frauen überproportional groß ist — das hat auch Frau Kollegin Wex vorhin beklagt —, ist doch das Produkt der Erziehung von Jahrzehnten und Jahrhunderten, einer Erziehung, die Mädchen schlechtere Chancen gegeben hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben also den Frauen von politischer Seite her Hilfen anzubieten, damit sie eine solche Wahl auch wirklich verwirklichen können. Wir haben die
    Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sich Frauen beruflich ebenso gut qualifizieren können wir ihre Kollegen, damit sie am Arbeitsplatz Partner sind. Wir haben die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Doppelbelastung von Frauen, wenn sie sich für Beruf und Haushalt gleichzeitig entscheiden, in zumutbaren Grenzen gehalten wird. Wir haben aber auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß eine Frau auch dann mit gesellschaftlichen Hilfen rechnen kann, wenn sie sich für eine ausschließliche Betätigung im familiären Bereich entscheidet.
    Diese Ziele oder diese gesellschaftspolitischen Eckwerte lassen nun einen breiten Raum für gesetzliche Maßnahmen. Hier konnte in den vorhergehenden Jahre sehr viel Positives erreicht werden, wenngleich wir uns darüber im klaren sind, daß noch manches zu tun bleibt. Und nur einmal die finanzielle Größenordnung — hier ist so viel von Ausgaben, Daten und Zahlen gesprochen worden — zu verdeutlichen: Alles in allem sind den Familien im Jahre 1975 finanzielle Leistungen in Höhe von mehr als 75 Milliarden DM zugute gekommen. Läßt man hier einmal die Ausgaben für Ausbildungsförderung sowie die Leistungen für Familien in der gesetzlichen Krankenversicherung und Wohngeld unberücksichtigt, dann sind für Kindergeld, Steuerermäßigung, Familienzuschläge im öffentlichen Dienst und für die Jugendhilfe im Jahre 1975 insgesamt 54 Milliarden DM ausgegeben worden. Das sind 26 % mehr als im vorhergehenden Jahr. Wir reden also nicht nur von Familienpolitik, sondern wir handeln, um diesen Raum wirklich ausfüllen zu können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — KrollSchlüter [CDU/CSU] : Das Schlimme ist, daß Sie das selbst glauben!)

    Daran ändern auch die demagogischen Töne nichts, die Herr Biedenkopf gestern angeschlagen hat, als er das Programm seiner Partei vorstellte, indem er sagte: Seit Jahren haben die Koalitionsfraktionen den Schutz und die Förderung der Familien vernachlässigt. Ich glaube, daß die von mir soeben genannten Daten gerade das Gegenteil beweisen. Und noch einmal: Ein Rezept, wie das Programm, das er vorgestellt hat, finanziert werden soll, ist nicht mitgeliefert worden.
    So bedeutet für Familien mit kleinen Kindern die Freistellung berufstätiger Elternteile von der Arbeit, um ein erkranktes Kind zu Hause pflegen zu können, eine nicht zu unterschätzende Hilfe. Besonders gern weise ich darauf hin, daß diese gesetzliche Maßnahme auf eine Initiative von Sozialdemokratinnen zurückgeht. Mit der Haushaltshilfe, die Mütter während eines Krankenhaus- oder ärztlich verordneten Kuraufenthalts in Anspruch nehmen können, haben wir vielen Müttern und Vätern helfen können. Frauen sind nicht mehr gezwungen, aus Sorge um unversorgt gebliebene kleine Kinder eigene gesundheitssichernde Maßnahmen zu verzögern.
    So ist in diesem Zusammenhang nur als ein ganz kleines Beispiel das Müttergenesungswerk zu nennen. Frau Kollegin Wex hat es vorhin angesprochen. Ihr scheint jedoch nicht bekannt zu sein, daß es



    Frau Eilers (Bielefeld)

    der Bundesregierung nur möglich ist, Baumaßnahmen zu fördern. Und die werden in einer Höhe von jährlich 3,5 Millionen DM gefördert. Allerdings sind in den letzten vier Jahren für das Müttergenesungswerk aus der Zonenrandförderung rund 4 260 000 DM dazugekommen. Aus den Konjunkturprogrammen der beiden letzten Jahre sind dem Müttergenesungswerk 9 088 000 DM zusätzlich zugeflossen, um dadurch die Renovierung und Modernisierung von Müttergenesungswerken zu ermöglichen.
    Die Eherechtsreform wurde vor kurzem von Bundesrat und Bundestag verabschiedet. Sie tritt in zwei Etappen in Kraft, Mitte 1976 und Mitte 1977. Dann werden Mann und Frau in den neu zu schließenden Ehen erstmals Partner sein, die die Möglichkeit haben, ihren Familiennamen frei zu bestimmen, die auch Aufgabenteilung innerhalb der Familie frei vereinbaren. Ein humaneres Scheidungsverfahren, eine sozial gerechtere Unterhaltsregelung und nicht zuletzt eine auf neue Rechtsgrundlagen gestellte soziale Absicherung nach der Scheidung, die in erster Linie den nicht erwerbstätigen Frauen zugute kommt, fügen sich in das politische Konzept der Sozialdemokraten ein. Soziale Ungerechtigkeiten auszugleichen und den Frauen zu tatsächlicher Gleichberechtigung zu verhelfen ist dabei unser Ziel.
    § 218 ist in dieser Legislaturperiode nach einem 50jährigen Kampf endlich geändert worden. Die strafrechtliche Regelung, die nach jahrelangen politischen Auseinandersetzungen verabschiedet worden ist, wird in Kürze in Kraft treten können. Die sozial begleitenden Maßnahmen, die für uns den primären Bereich darstellen, weil sie nämlich dazu beitragen, ungewollte Schwangerschaften von vornherein zu verhindern, sind dabei für uns ein wichtiger Tatbestand gewesen. Aber wir sind vor allen Dingen auch froh, Frauen durch diese Gesetzgebung endlich zu entkriminalisieren.
    Die im sozialliberalen Regierungsbündnis durchgesetzten Maßnahmen und Hilfen für Frauen sind aber keinesfalls sozialistische Experimente, um ein Schlagwort aus der CDU/CSU-Wahlplattform zu gebrauchen. Die Sozialdemokraten haben damit, daß sie mehr Einrichtungen für Familien geschaffen haben — und noch schaffen wollen , tatsächlich dazu beigetragen, die Lebenswirklichkeit der Familien zu ändern.
    Unsere Leistungsangebote haben — darauf ist unsere Politik in der kommenden Legislaturperiode auszurichten — die unterschiedlichen Lebens- und Familiensituationen zu berücksichtigen. Das Wahlprogramm meiner Partei sieht daher auch im frauen-
    und familienpolitischen Teil spezielle Maßnahmen für alleinstehende Elternteile, für junge Ehepaare, berufstätige Eltern sowie für kinderreiche Familien vor. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir eine alte Forderung der sozialdemokratischen Frauen verwirklichen, durch Unterhaltsvorschußkassen die ökonomischen Grundlagen der alleinstehenden Elternteile — meistens handelt es sich dabei um die Mütter — mit kleinen Kindern zu sichern. Junge Ehepaare sollen durch einen zinsgünstigen Kredit eine Starthilfe bekommen, und auch diese Maßnahme soll die Wahlfreiheit für Frauen, die sich zwischen familiären und beruflichen Verpflichtungen entscheiden müssen, erleichtern. Ebenfalls in der kommenden Legislaturperiode wollen wir das Angebot an Plätzen in Tagesstätten, Kindergärten, Ganztagsschulen weiter verbessern. Damit werden vor allen Dingen berufstätige Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe entlastet.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Wieviel kostet das, und woher kommt das Geld?)

    — Das Geld kommt, wie Sie nicht nur aus unseren Vorstellungen, die Sie vielleicht für zu optimistisch halten, sondern auch aus den wirtschaftspolitischen Daten ablesen können, aus dem, was sich zukünftig wirtschaftlich entwickeln wird.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Und beim Erziehungsgeld geht das nicht, was?)

    Zugleich werden aber auch die Startchancen von Kindern im Vorschul- und Schulalter verbessert, wenn ihnen im häuslichen Bereich nicht entsprechend geholfen werden kann. Wir werden uns in den kommenden vier Jahren auch dafür einsetzen, daß die Wohnungspolitik noch stärker als bisher auf die Belange der kinderreichen Familien zugeschnitten wird, daß also familiengerechte Wohnungen gebaut werden. Hierzu stellt der DeutschlandUnion-Dienst vom 11. Mai 1976 fest:
    Sollte die SPD Gelegenheit bekommen, dieses Wahlprogramm in die Tat umzusetzen, wird unser Land weiter in den Sozialismus abgleiten.
    Dieses Zitat spricht für sich. Die Opposition kann also — so verstehe ich den Deutschland-UnionDienst—dem von uns befürworteten Ausbau der Erziehungseinrichtungen und der wirtschaftlichen Absicherung von alleinstehenden Müttern nicht zustimmen. Allerdings ist das durch die gestrigen Aussagen im familienpolitischen Programm, wie mir scheint, als sozialistische Möglichkeit mit eliminiert worden.

    (Seiters [CDU/CSU] : Ich glaube, dazu braucht man nichts zu sagen!)

    Es sind einige Zweifel an den Aussagen zum Wahlprogramm der CDU anzumelden. Hier darf ich noch einmal die etwas eigentümliche Gegeneinanderstellung von Frau Wex zitieren, die mir nicht ganz verständlich geworden ist. Sie sprach davon, daß Erziehungskraft wichtiger sei als Erziehungsgeld.