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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 243. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 Inhalt: Regelung für die Fragestunde der nächsten Woche 17185 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17185 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 — Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/5041 — Grobecker SPD 17185 D Katzer CDU/CSU 17187 C Arendt, Bundesminister BMA 17194 B Franke (Osnabrück) CDU/CSU 17202 B Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 17204 A Krampe CDU/CSU 17209 A Glombig SPD 17211 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 7/5045 - Carstens (Emstek) CDU/CSU 17215 C Dr. Sperling SPD 17217 B, 17242 A Frau Lüdemann FDP . . . . . . . . 17223 D Frau Dr. Focke, Bundesminister BMJFG . . 17226 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 17233 A Frau Eilers (Bielefeld) SPD 17236 D Frau Stommel CDU/CSU 17239 D Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 17241 D Haushaltsgesetz 1976 — Drucksachen 7/5058, 7/5104 —Leicht CDU/CSU 17243 A Namentliche Abstimmung 17244 A Behrendt SPD (Erklärung nach § 36 GO) . 17243 B Nächste Sitzung 17245 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17247* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17185 243. Sitzung Bonn, den 14. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 241. Sitzung, Seite 16969 C, Zeile 6, ist statt „Freizeit" zu lesen: „Freiheit". Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17247* Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 14. 5. Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14.5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Dr. Gradl 14. 5. Dr. Hauser (Sasbach) 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lampersbach 14.5. Lange * 14. 5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Milz 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Niegel 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Sauter (Epfendorf) 14. 5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14.5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Strauß 14. 5. Suck * 14. 5. de Terra 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 21. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Katharina Focke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich versuchte soeben, ihm das zu sagen. Ich habe im übrigen anerkannt, daß der Antrag mit dem Erziehungsgeld hier aus einer gewissen Einsicht zurückgenommen worden ist. Um so weniger kann ich natürlich verstehen, daß er jetzt in der Form, wie das geschieht, im CDU-Wahlprogramm dennoch wieder auftaucht.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Sie lesen schlecht! Schade!)




    Bundesminister Frau Dr. Focke
    Ich muß versuchen, meine Ausführungen zu konzentrieren. Ich komme auf das wichtigste Förderungsinstrument für die Jugend: den Bundesjugendplan. Wir haben ihn seit 1969 sowohl finanziell stark ausgebaut als auch inhaltlich weiterentwickelt. Von 1969 bis 1976 ist das Mittelvolumen des Bundesjugendplans von 73,5 Millionen DM auf rund 146,7 Millionen DM angehoben worden. Das entspricht einer Steigerung von nahezu 100 °/o. Neben der Förderung der allgemeinen, politischen kulturellen, sportlichen Bildung haben wir neue Schwerpunktprogramme für solche Jugendliche geschaffen, die zum Ausgleich individuell oder gesellschaftlich bedingter Benachteiligungen der besonderen Hilfe bedurften. Hierzu gehört die Hilfe für lernbehinderte, für berufsunreife, für arbeitslose Jugendliche. Zur Lösung des brennenden Problems der Jugendarbeitslosigkeit sind gezielte Maßnahmen zur Bildungs-und zur Arbeitsmarktpolitik notwendig. Darüber haben wir an anderer Stelle schon gesprochen. Insbesondere ist natürlich die Verabschiedung der Berufsbildungsreform zu erwähnen, über die jetzt gleichzeitig und parallel zur heutigen Beratung eine so wichtige Entscheidung im Bundesrat fällt.
    Die Jugendarbeit muß jedoch mit ihren Möglichkeiten dazu beitragen, daß diesen Jugendlichen ergänzende Bildungsangebote und Hilfen gemacht werden. Weitere neue Schwerpunktprogramme dieser Art zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen beziehen sich auf die Jugendarbeit mit Behinderten, auf die Kinder ausländischer Arbeitnehmer, auf Hilfen zur Eingliederung jugendlicher Zuwanderer, wobei ich insbesondere auf die gesteigerten Anstrengungen für jugendliche Zuwanderer aus Polen hinweisen möchte.
    In der 27jährigen Geschichte des Bundesjugendplans wird es im übrigen zum erstenmal von dieser Bundesregierung versucht, in den Perspektiven zum Bundesjugendplan eine programmmatische Konzeption für die Weiterführung des Bundesjugendplans zu entwickeln. Diese Konzeption soll den Jugendlichen und ihren Organisationen nicht etwa von oben herab aufgepfropft werden. Sie wird vielmehr in Diskussion und partnerschaftlicher Auseinandersetzung mit den Jugendverbänden und den Trägern der Jugendhilfe erarbeitet. Ich bin überzeugt, daß am Ende der zweiten Diskussionsrunde eine gute Basis für die Fortentwicklung des Bundesjugendplans gegeben sein wird.
    Was im Hinblick auf die Erziehungsbedingungen junger Menschen in der Familie alles geschehen ist, habe ich bereits dargelegt. Die Bundesregierung hat die Entscheidungs-, Mitwirkungs-, Mitverantwortungschancen weiter ausgebaut, und zwar durch die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters — nach der des Wahlalters — genauso wie durch den Ausbau der Rechte der Jugendvertretungen nach dem Personalvertretungsgesetz wie zuvor durch das Betriebsverfassungsgesetz. Wir haben das Gesetz über das freiwillige soziale Jahr novelliert und damit für das Engagement junger Menschen in der Sozialarbeit bessere Bedingungen geschaffen. Ich wiederhole es noch einmal: Das Engagement junger Menschen in der Sozialarbeit ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Schließlich haben wir den Kampf gegen die Gefährdung junger Menschen durch Drogen, insbesondere auch durch Alkoholmißbrauch, fortgeführt und intensiviert, und zwar durch ein ganzes Netz von Beratungsstellen und gezielter Information.
    Auch im Bereich der internationalen Jugendpolitik gibt es eine positive Leistungsbilanz. Wir haben gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode eine Strukturreform des Deutsch-Französischen Jugendwerks durchgeführt. Wir haben die Verwaltung um 25 °/o gestrafft und die Durchführung der Programme qualitativ verbessert.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Da ist der Deutsche Gewerkschaftsbund anderer Meinung!)

    Wir haben erreicht, daß unter gewissen Voraussetzungen jetzt auch Teilnehmer aus anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft an den Programmen des Deutsch-Französischen Jugendwerkes beteiligt werden können. Der internationale Jugendaustausch ist überhaupt erweitert und qualitativ verbessert worden. Wir sorgen beim internationalen Austausch — z. B. auch bei den deutsch-französischen Programmen — dafür, daß vermehrt junge Berufstätige und auch Behinderte an solchen Programmen teilnehmen können. Die Ostpolitik der Bundesregierung trägt im Hinblick auf eine erleichterte Zusammenarbeit mit osteuropäischen Ländern auch auf diesem Felde des Jugendaustauschs Früchte. Auf der Ebene des Europarates ist das Europäische Jugendwerk, das auf einer Initiative und erheblichen finanziellen Beiträgen der Bundesrepublik beruht, nach der Anlaufphase nun zu einer bewährten Dauereinrichtung geworden.
    Am Schluß dieses Teils über die Jugendpolitik möchte ich gern noch einige grundsätzliche Worte sagen. In der Jugendpolitik beweist sich die Liberalität eines Staates und einer Gesellschaft. Jugendförderung ist für uns kein Mittel zur Disziplinierung. Zur politischen Bildung, die wir unterstützen, gehören die Einübung in die Demokratie, die Auseinandersetzung mit politisch Andersdenkenden, ja, auch mit Gegnern unserer Gesellschaftsordnung. Dazu bedarf es eines weiten Freiheitsraumes. Gerade für junge Menschen dürfen die Grenzen nicht zu eng gezogen werden. Diskussionen über die Ordnung, in der wir leben, und darüber, wie sie weiterentwickelt werden kann, dürfen nicht abgewürgt werden. Wir wollen keinen Zwang zu Anpassung und Konformismus. Um eine Gesellschaft, die es nicht ertragen kann, in Frage gestellt zu werden, wäre es schlecht bestellt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Auf der anderen Seite sind wir natürlich sorgsam darauf bedacht, daß die Förderungswürdigkeit eines Verbandes gemäß § 9 Abs. 1 des Jugendwohlfahrtsgesetzes gegeben sein muß, wenn er aus dem Bundesjugendplan finanziert wird. Die Entscheidung darüber, ob ein Jugendverband die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche



    Bundesminister Frau Dr. Focke
    Arbeit bietet, machen wir uns aber alles andere als leicht. Die Aberkennung der Förderungswürdigkeit kann nur das letzte Mittel sein, dem sorgfältige Klärungen, Beobachtungen, Gespräche mit den jungen Menschen und eine gewisse Zeit des Abwartens, in der für den jeweiligen Verband die Chance gegeben ist, sich womöglich eines Besseren zu besinnen, vorausgehen müssen. Dies ist ein Punkt, an dem sich beweist, wie ernsthaft man es mit seinen Beschwörungen der Freiheit meint.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, für die Bundesregierung der sozialliberalen Koalition war und ist schließlich das dritte Feld des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, die Gesundheitspolitik, eine gesellschaftspolitische Aufgabe ersten Ranges. In den letzten Jahren sind entscheidende Fortschritte gemacht worden. Mein Kollege Walter Arendt hat dies heute vor mir in einer Reihe von Punkten dargestellt. Ich füge einige Beispiele aus dem Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit hinzu.
    Ein größerer Schutz unserer Bürger vor Gesundheitsgefahren ist durch eine Reihe von Gesetzen geschaffen worden. Ich greife die erst in der letzten Woche in zweiter und dritter Lesung behandelte Arzneimittelrechtsreform heraus. Sie wird die Arzneimittelsicherheit erheblich erhöhen. Sie wird dafür sorgen, daß der Arzneimittelverbraucher in Zukunft sehr viel besser informiert ist, auch daß einmal zugelassene Mittel sehr viel strenger beobachtet werden. Sie wird darüber hinaus bei dennoch eintretenden Schäden den wirtschaftlichen Schutz der Geschädigten sicherstellen. Das Gesetz bringt, wie ich betone, auch dem Arzt größere Transparenz und läßt zugleich der Therapiefreiheit vollen Raum.
    Durch die Gesamtreform des Lebensmittelrechts wird der Verbraucher vor möglichen gesundheitlichen Gefährdungen durch Lebensmittel, vor Täuschung und Irreführung erheblich besser geschützt. In der immer wieder entstehenden Konfliktsituation zwischen wirtschaftlichem Nutzen und Gesundheit der Menschen hat sich die Reform des Lebensmittelrechts praktisch als eine Entscheidung für den Vorrang der Gesundheit erwiesen. Wir sind dabei, das Gesetz selber durch eine Reihe von Verordnungen noch mehr für die Menschen zu aktivieren.
    Diese und andere Maßnahmen für einen besseren gesundheitlichen Schutz unserer Bürger muß man natürlich im Zusammenhang mit der Umweltschutzgesetzgebung der sozialliberalen Koalition und auch z. B. mit den Maßnahmen für eine gesundheitsgerechtere Gestaltung der Arbeitsbedingungen sehen.
    Durch das Krankenhausfinanzierungsgesetz und die Bundespflegesatzverordnung wiederum wurden die Finanzierung und Planung unseres Krankenhauswesens auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Meine Damen und Herren, dies ist eine Grundlage, um die uns andere Länder beneiden. Bund und Länder haben seit 1972 insgesamt 10,5 Milliarden DM an Finanzhilfen für Investitionen der Krankenhäuser aufgebracht. Damit ist der lange zurückgestaute, notwendige Neubau ermöglicht
    worden. Überalterte Bausubstanz konnte ersetzt werden. Medizinisch-technische Einrichtungen wurden verbessert. Vor allen Dingen wurden auch die früheren finanziellen Defizite der Krankenhausträger abgebaut.
    Mit dem Bericht über die Auswirkungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, d. h. über unsere Erfahrungen in den ersten drei Jahren damit, hat die Bundesregierung eine Bilanz der positiven und negativen Erfahrungen offengelegt und Vorschläge gemacht, wie die Steuerungsinstrumente, die wir eigentlich schon haben — die Krankenhausbedarfsplanung, die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit, die Art, wie die Kosten ermittelt werden, nach denen die Pflegesätze festgelegt werden —, besser als bisher ausgeschöpft werden können. Im übrigen sind wir mit den zum Teil außerordentlich schwierigen Verordnungen, die eine sehr intensive Abstimmung mit allen Beteiligten erfordern, ein erhebliches Stück weitergekommen.
    Zusammen mit den Ländern und allen Beteiligten hat die Bundesregierung für das Gesundheitswesen insgesamt - hier spreche ich jetzt aber insbesondere vom stationären Bereich — Maßnahmen ergriffen und nicht nur davon geredet, die zur Dämpfung der Kostenentwicklung beitragen. Während wir dabei sind, meine Damen und Herren von der Opposition, nüchtern, in zäher Kleinarbeit, in vielen Gesprächen, gerade auch mit den Trägern der Selbstverwaltung — das gelungene Beispiel der Begrenzung des Kostenanstiegs im ambulanten Bereich ist heute morgen schon erwähnt worden , das Kostenproblem in den Griff zu bekommen, erlebe ich von seiten der Opposition ständig neue Zahlengebäude und den Versuch, auch hier einen Katastropheneffekt zu erhaschen. Die Opposition versucht damit nur zu verdecken, daß sie sich bisher eben nicht zu eigenen Vorschlägen hat durchringen können. Die könnten ja jemandem wehtun.

    (Katzer [CDU/CSU]: Sie wären doch im Ministerium eingeschlafen!)

    Auch in dem Entwurf einer Wahlplattform habe ich nur den lapidaren Satz gefunden, daß Sie eine Reihe geeigneter Maßnahmen ergreifen wollen.

    (Katzer [CDU/CSU] : Was haben Sie denn in zehn Jahren getan? Überhaupt nichts! Gar nichts haben Sie gemacht!)

    Welche, fragt sich der Leser vergebens.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihr Ministerium aufzulösen!)

    Aber ich kann Ihnen einen ganz konkreten Vorschlag machen. Ich kann Ihnen vorschlagen, daß z. B. im Lande von Herrn Kohl durch den Einsatz von Herrn Geißler versucht wird, das gute Beispiel nachzuahmen, das der Kollege Horst Schmidt im Lande Hessen für das Jahr 1975 schon geschaffen hat. Dort sind nämlich durch die konsequente AnWendung der bestehenden Instrumente für die Pflegesatzentwicklung diese Sätze nur noch um 6 % gestiegen, in Rheinland-Pfalz leider um beinahe das Doppelte.

    (Beifall und Hört! Hört! bei der SPD)




    Bundesminister Frau Dr. Focke
    Dies wäre ein sehr konkreter Beitrag, der zum Beispiel zu diesem so wichtigen Punkt der Kostenbegrenzung in einer Wahlplattform der CDU durchaus auch Erwähnung finden könnte.

    (Büchner [Speyer] [SPD] : Zu konkret für die CDU!)

    Wir haben — ein Punkt, den ich trotz der vorgerückten Zeit nicht außer acht lassen möchte — in einer Frage, bei der, glaube ich, die Solidarität in unserer Gesellschaft ganz besonders angesprochen ist, in dieser Legislaturperiode wenigstens eine Bestandsaufnahme, Vorschläge und erste Schritte zu konkreten Maßnahmen geschaffen; ich meine den Bereich der psychiatrischen Versorgung.

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Dazu haben wir Sie doch gezwungen! Dieser Bundestag hat Sie veranlaßt!)

    — Dies war eine gemeinsame Initiative,

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    und es ist zustande gekommen durch die Arbeit der Enquete-Kommission in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung.

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Schmücken Sie sich doch nicht mit fremden Federn!)

    Wir haben festgestellt, wie die Situation aussieht, wie groß der Nachholbedarf ist,

    (Genau! bei der SPD)

    und wir haben vor allem eines getan: Wir haben den Bericht der Enquete-Kommission an die Länder weitergereicht. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wissen sehr gut, daß fast alles, was hier geschehen muß, Zuständigkeit und Verantwortung der einzelnen Bundesländer ist,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wozu brauchen wir dann überhaupt ein Bundesgesundheitsministerium?)

    aber wir versuchen zugleich, hier durch Modellvorhaben auch aus unserem Einzeletat zu helfen, und für gesundheitliche Modellaktionen stehen deshalb im Einzelplan 15 für das Jahr 1976 31/4 Millionen DM.
    Schließlich noch ein letztes Wort zur Gesundheitserziehung, Aufklärung und Beratung über das, was jeder einzelne persönlich für seine Gesundheit tun kann. Sie besitzen für diese Koalition einen hohen Stellenwert, sie sind in unseren Augen für moderne Gesundheitspolitik genauso wichtig wie staatliche Maßnahmen des Gesundheitsschutzes oder der Ausbau der Gesundheitsversorgung durch Staat und Selbstverwaltung. Sie können allerdings letzteres nicht ersetzen.
    Wir brauchen dazu keine Ermahnung, meine Damen und Herren von der Opposition. Wer hat denn — wenn ich daran auch noch einmal erinnern darf — eigentlich die Bundeszentrale für gesundheitliche
    Aufklärung, dieses dafür so entscheidend wichtige Instrument, geschaffen?

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Wer ist denn der Direktor? Wie heißt der denn?)

    Es war die sozialdemokratische Gesundheitsministerin Käte Strobel, und ich danke ihr dafür.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Ein Jammerhaufen ist das in Köln! Nicht zu fassen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Zur Verbesserung der dringend notwendigen gesundheitlichen Aufklärung der Bevölkerung wurden die Gesamtaufwendungen für diesen Bereich von 5,3 Millionen DM im Jahre 1972 auf rund 13 Millionen im Haushaltsansatz 1976 gesteigert. Aber — und das haben wir ja eben hier wieder gehört — das wird von der Opposition dann wiederum als Regierungspropaganda verdammt. Der Erfolg unserer Kampagnen — gegen Rauchen, Alkoholmißbrauch, falsche Ernährung, für mehr Bewegung,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo ist denn der Erfolg? — Kein Erfolg!)

    unsere Informationen über die Probleme von behinderten Mitbürgern, über Familienplanung, über soziale Hilfen für Schwangere — kann man unter anderem daran ermessen, daß inzwischen wöchentlich 20 000 Einzelanforderungen an die Bundeszentrale gehen — neben der riesigen sonstigen Verteilung durch eine Reihe von Gruppen, die sich hier sehr aktiv beteiligen. In mehr als 30 000 Schulen in der Bundesrepublik Deutschland werden jetzt Unterrichtshilfen angewandt, die dort entwickelt worden sind.
    Als besonders positiv möchte ich die Kooperation mit der Ärzteschaft herausstellen. Die „Aktion Wartezimmer führt dazu, daß jetzt mehr als 10 000 Ärzte das Informationsmaterial in ihren Wartezimmern für die Patienten auslegen.
    Die betriebene gesundheitliche Aufklärung richtet sich an Jugendliche, an junge Familien, an alle, die gesundheitlich besonders gefährdet sind, an Kranke, an Behinderte, an Eltern, an werdende Mütter, an alte und pflegebedürftige Menschen, also an alle diejenigen, die auch sonst zu der Gruppe derer gehören, um die sich das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit ganz besonders zu kümmern hat.
    Der Ihnen zur Abstimmung vorliegende Haushaltsplan ist so bemessen, daß wir diese Aufgaben trotz erheblicher Einsparungen — auch bei uns —, über die wir nicht glücklich sein können, die wir jedoch für unumgänglich hielten, erfüllen können, Aufgaben, die erfüllt werden müssen, wenn wir nicht diejenigen vernachlässigen wollen, die ihre Interessen nicht so sehr aus eigener Kraft durchsetzen können.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe deshalb sehr wenig Verständnis dafür, daß



    Bundesminister Frau Dr. Focke
    Sie dem Einzelplan 15 Ihre Zustimmung verweigern wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, zu diesem Einzelplan liegen insgesamt noch drei Wortmeldungen vor. Ich möchte die Rednerinnen und Redner bitten, sich möglichst an eine knappere Zeit zu halten, weil wir sonst mit unserer Gesamttagesordnung nicht fertig werden.

(Zustimmung auf allen Seiten) Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Wex.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helga Wex


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich gern an Ihre Mahnung halten. Aber die Frau Ministerin hat hier gerade Ihre Rede beendet. Es wäre dringend nötig, daß wir uns mal zusammentäten, um zu erreichen, daß die Fragen Jugend, Familie und Gesundheit nicht nur am Ende einer solchen Debatte behandelt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denn wir können ein paar dieser wichtigen Fragen — das gilt natürlich verständlicherweise für alle, die jetzt eine besondere Verpflichtung haben — nicht in dieser Schnelligkeit besprechen und verabschieden. Das war ein freundliches Angebot von mir. Ich meine, das wäre auch eine politische Aussage, wenn wir daraus Konsequenzen zögen.
    Das Erstaunliche an der familienpolitischen Debatte des heutigen Tages ist für mich, daß die familienpolitischen Leitsätze der CDU im Mittelpunkt der Debatte gestanden haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Da gehören sie natürlich auch hin.


    (Lachen bei der SPD)

    Was für ein Unterschied: Auf der einen Seite dieses Konzept, auch wenn es sich nur um Leitsätze handelt; auf der anderen Seite haben wir ein ganzes Ministerium vor uns, das kein Konzept anzubieten hat. Das sehen wir auch in den Auswirkungen. Aber da schon gestern Herr Minister Friderichs und Herr Ehrenberg auf Anfrage diese familienpolitischen Leitsätze in die Diskussion eingeführt haben, muß ich ein paar Dinge zur Richtigstellung dazu sagen.
    Erstens steht darin: „Dabei ist die erste Voraussetzung für eine optimale Familienpolitik, daß Arbeitslosigkeit und Inflation abgebaut werden. Damit wird der Familie direkt und indirekt am besten geholfen."

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann: „Die dauerhafte Sicherung des wirtschaftlichen Aufschwungs und die Gesundung der Staatsfinanzen sind unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Durchsetzung der von der CDU konzipierten Familienpolitik.
    Jetzt kommt das Wichtigste: „Die familienpolitischen Vorschläge fügen sich in das gesellschaftspolitische Gesamtkonzept der CDU ein, nämlich: die Staatsausgaben effektiver einzusetzen, sie umzustrukturieren, um neue Akzente und Prioritäten zu setzen." Das kann man nur, wenn man ein Konzept hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    „Die Familienpolitik bietet ein gutes Beispiel dafür, daß der Sozialaufwand wirtschaftlich sinnvoller und humaner im Sinne einer Selbsthilfe eingesetzt werden kann." Meine Damen und Herren, wir sind eben der Meinung, nur innerlich und äußerlich starke Familien, sichere Familien können die Ausweitung des Staatshaushalts auf die Dauer wirksam verhindern. Dies alles können Sie doch nicht bestreiten, auch nicht, was dann folgt:
    In einem mittelfristig wirksamen Stufenprogramm ist im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Staates die wirtschaftliche Benachteiligung der Familie zu beseitigen.

    (Frau Lüdemann [FDP] : Wie wollen Sie das machen?)

    Es ist billiger, Frau Lüdemann, und menschlicher, die Funktionsfähigkeit der Familie zu stärken, als Aufgaben der Familie Institutionen wie Heimen und Tagesstätten für Kleinkinder zu übertragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wissen, daß ein Heimplatz heute 1 800 DM im Monat kostet. Wir möchten dieses Geld zunächst einmal den leiblichen Eltern anbieten, insbesondere jungen Ehepaaren, die aus finanziellen Gründen, besonders auch wegen Ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik, gezwungen sind, arbeiten zu gehen, auch wenn sie kleine Kinder zu Hause haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies alles — das können Sie doch nicht bestreiten — ist ein ideenreiches Programm und ist eine realistische Politik, die Sie unterstützen müßten, wenn Sie wirklich den Familien helfen und nicht mit Worten verbrämen wollen, daß Sie die Institution Familie auf die Dauer für eine überholte Angelegenheit halten. Meine Damen und Herren, wir können doch nicht aufhören, Politik für die Zukunft zu machen, nachdem durch Ihre schlechte Wirtschafts-und Finanzpolitik die Kassen dieses Staates leer geworden sind. Hier fängt das Nachdenken über die Zukunft auch für die Opposition erst richtig an.
    Was sagen Sie denn zu Ihrem Bundeskanzler, (Zuruf von der SPD: Gut ist der!)

    der in seinem Regierungsprogramm, und zwar in seinem „Anspruchsprogramm" für die Jahre 1976 bis 1980, z. B. den Ausbau der Ganztagsschulen angekündigt hat?

    (Frau Lüdemann [FDP]: Gott sei Dank! Für Kinder Alleinstehender!)

    — Wir haben ja nichts dagegen, Sie sollen nur nicht mit zweierlei Maß messen. Wenn wir Zukunftsaussagen machen, so bestimmen wir damit die Richtung, die wir mit unserer Politik ansteuern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Alle Redner haben von dem Erziehungsgeld gesprochen. Das Schwergewicht der Aussage liegt



    Frau Dr. Wex
    hier nicht auf dem Geld, sondern auf der Stärkung der Erziehungskraft der Familien. Wenn Sie das gut finden, meine Damen und Herren, dann legen Sie das doch einmal einem Ihrer Parteigremien vor. Sie würden nie eine Zustimmung bekommen, weil Sie sich gerade bei diesen Fragen in allen Flügel auseinanderemanzipieren würden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht Ihnen doch gar nicht um das Geld. Für Dinge, die weitaus weniger wichtiger waren, haben Sie sinnlos Geld ausgegeben. Sie wollen diese Richtung nicht, und was Sie wirklich wollen, steht in den Rahmenrichtlinien von Hessen, NordrheinWestfalen und Niedersachsen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Frau Focke, Sie haben hier eine Bilanz vorgelegt, bei der man gegenüber dem, was heute im Lande vor sich geht, schon ziemlich unempfindlich sein muß, um das noch als Erfolg zu verkaufen. Die jungen Menschen warten immer noch auf ein modernes Jugendhilferecht, ein Gesetz, das die Bundesregierung einmal vorrangig behandeln wollte. Die Familien sehen sich im Stich gelassen, denn die hier gepriesene und von uns unterstützte Kindergeldreform kann nicht verdecken, daß das Niveau des Familienlastenausgleichs insgesamt unter das Niveau von 1964 zurückgefallen ist.

    (Leider wahr! bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    — Meine Damen und Herren, wir könnten hier viel besser diskutieren, wenn wir ein bißchen mehr Zeit hätten.
    Der Entscheidungsspielraum der Frauen — ich weiß, was ich damit jetzt sage —, soweit er von Ihrer Politik abhängig war, ist enger geworden, denn noch nie war die Zahl der weiblichen Arbeitslosen prozentual so hoch wie heute.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Auch das stimmt! — Egert [SPD] : Das ist kein Debattenbeitrag! — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Lassen Sie sich nicht stören!)

    — Machen Sie doch einmal einen Entwurf und bestreiten, daß es noch nie so viel Unbeweglichkeit für Frauen gab, die gerne berufstätig sein wollen, es in einer Zeit der Arbeitslosigkeit heute aber nicht können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die eigenständige soziale Sicherung aller Frauen erleidet das Schicksal aller Reformen dieser Bundesregierung. Sie verläuft im Sande, enttäuscht die Gutgläubigen und macht damit auch einen großen Elan in dieser Bevölkerung zunichte, der für eine zukunftsorientierte Politik dringend notwendig ist.
    Zur Gesundheitspolitik ist von der Bundesregierung in den letzten Jahren kein Vorschlag gekommen, der geeignet gewesen wäre, dieses Gebiet langfristig zu sichern. Es gab widersprüchliche Aussagen prominenter Politiker, Ärztebeschimpfung überall. Meine Damen und Herren, einmal sind die Beamten schuld an vielen Entwicklungen, ein andermal die Ärzte, nur niemals diese Bundesregierung, die eigentlich für die Politik in diesem Lande verantwortlich ist. Seit vier Jahren fehlen Verordnungen zum Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie Ausführungsbestimmungen zur Bundespflegesatzverordnung. Beim Jugendalkoholismus gehen die Zahlen nach oben.
    Ich empfand es als eine unglaubliche Unverfrorenheit von Herrn Sperling, zu sagen,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Das kann man wohl sagen! — Katzer [CDU/ CSU] : Sehr gut! — Zurufe von der SPD)

    das Arzneimittelgesetz — ich habe mir das wörtlich aufgeschrieben, Herr Sperling — wäre auch ohne die Opposition verabschiedet worden. Das glauben wir wohl; aber die Naturheilmittel wären damit auf der Strecke geblieben.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU — Hauck [SPD] : Nein, das ist doch unwahr! — Dr. Hammans [CDU/CSU] : Ja, das ist die Wahrheit!)

    Es gibt kein Konzept der Familienministerin. Ich erinnere daran, daß wir wesentliche Stellungnahmen zu wichtigen Gesetzen nicht gehört haben, daß dieses Ministerium z. B. zum neuen Ehe- und Familienrecht nichts Entscheidendes beigetragen hat. Auch die Kindergeldreform ist kein ernsthaftes Argument gegen diese Feststellung; denn diese Reform ist durch die Inflationspolitik der Regierung weithin aufgehoben worden. Unter dieser Bundesregierung sind viele Familien mit mehreren Kindern an den Rand unserer Gesellschaft gedrückt worden. Dies kann den Rückschritt in der Familienpolitik nur noch näher bezeichnen.
    Es kommt folgendes hinzu. Es sind nicht immer nur finanzielle Dinge, die bei einem solchen Haushalt eine Rolle spielen, sondern wichtig ist auch die Atmosphäre, in der dieser Haushalt vorgelegt und durchgeführt wird.

    (Katzer [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Der Familie mit mehreren Kindern fehlt es heute an gesellschaftlicher Anerkennung. Aber die Bundesregierung vernachlässigt den Schutz und die Förderung solcher Familien seit Jahren. Sie hat zugesehen, wie unser Staat immer kinderfeindlicher wurde. Appelle reichen nicht aus. Auch Klagen darüber, was alles heute notwendig ist, reichen nicht aus. Die Kinderfeindlichkeit besteht zum großen Teil im Atmosphärischen, im mangelnden Zutrauen in die Zukunft dieses Landes. Ein großer Teil der jungen Frauen und jungen Ehepaare bekommt nicht etwa deswegen keine Kinder, weil sie zu bequem sind, sondern weil sie Angst davor haben, was heute aus den Kindern in dieser Gesellschaft wird.
    Die Geburtenrate der Bundesrepublik hat einen Stand erreicht

    (Zurufe von der SPD)

    — wenn Sie eigene Kinder haben, weiß ich nicht, warum Sie das bestreiten —, die sie an das Ende der Liste aller vergleichbaren Länder verweist. Dazu kommt, daß sich der Prozeß der Überalterung in



    Frau Dr. Wex
    unserem Lande beschleunigt. Wenn keine Änderung eintritt, ist bereits heute abzusehen, daß die aktive, im Arbeitsprozeß stehende Generation so stark abnehmen wird, daß selbst die Erhaltung des Volkseinkommens aufs höchste gefährdet und auf reales Wachstum kaum zu hoffen ist.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Das ist aber eine materialistische Betrachtung!)

    Die zwangsläufige Folge — Sie wollen doch eine Arbeitnehmerpartei sein — wäre, daß die Erwerbstätigen — und das muß Ihnen doch auch zu denken geben — nur dann ihren Aufgaben und Pflichten gegenüber den alten und nicht erwerbstätigen Menschen gerecht werden können, wenn ihnen noch größere Opfer abverlangt werden. Nach Auffassung der CDU/CSU ist es Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, daß ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Generationen erhalten und die Belastung des im Arbeitsprozeß stehenden Bevölkerungsteils zumutbar bleibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Familienpolitik ist keine Bevölkerungspolitik. Das betont die zuständige Ministerin dauernd. Aus ihrem Munde ist das mehr als peinlich, wenn sie es lediglich feststellt, anschließend den Kopf in den Sand steckt und sich von den Problemen überraschen läßt. Mit ideenreicher Politik hat das nichts zu tun.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Die Folgen für die Familien sind bereits schlimm genug.
    Natürlich ist die Familienpolitik eine Politik zugunsten der Bevölkerung, ebenso wie eine sinnvolle Vermögenspolitik oder eine gute Wirtschaftspolitik. Das sollte doch ganz emotionslos gesehen werden. Die Probleme der Zukunft aber dürfen doch nicht durch Untätigkeit noch verschärft werden.

    (Zuruf von der SPD: Wer ist denn hier untätig?)

    Die Bundesregierung verschließt sich den akuten Problemen in diesem Lande.
    Bereits seit mehreren Jahren gehört die Arbeitslosigkeit zu den Problemen, unter denen die betroffenen Familien in einem überdurchschnittlichen Maße zu leiden haben. Neben den materiellen stellen sich psychische Schwierigkeiten ein, und meist ist es doch die Frau, die es mit diesen extrem schwierigen Situationen zu tun hat. Das ist eine Herausforderung auch an eine aktive Familienpolitik.
    Die Antwort des zuständigen Ministeriums aber bestand eigentümlicherweise z. B. in der Kürzung der Mittel für das Müttergenesungswerk — das, was Sie, Frau Focke, hier gesagt haben, hat sich doch nur auf bauliche Maßnahmen bezogen und gar nicht z. B. auf die notwendigen Kuren , eine Organisation, die sich beispielhaft der überlasteten Mütter annimmt. Dieser Umgang mit einer Einrichtung der freien Träger zeigt einmal mehr, daß die
    Gruppen, die nicht über eine mächtige Verbandslobby verfügen, bei dieser Regierung denkbar schlecht aufgehoben sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Katzer [CDU/ CSU] : Leider wahr!)

    Betroffen sind vor allem Arbeiterfrauen, Mütter von zwei, drei oder vier Kindern und Mütter, die durch die doppelte Belastung in Haushalt und Beruf besonders beansprucht werden.
    An einem solchen Beispiel wird so recht deutlich, was Sozialdemokraten meinen, wenn sie in ihrer Wahlplattform formulieren:
    Sozialdemokraten wissen den unverzichtbaren Beitrag zu schätzen, den die Wohlfahrtsverbände und die Kirchen in der Bundesrepublik in der Sozialarbeit erbringen.
    Solche Hintergründe müssen die Bürger wissen, um diese Wahlplattform richtig würdigen zu können. Die Politik der Bundesregierung engt die Freiheit der betroffenen Bürger und der freien Träger in einem Ausmaß ein, das sich gegen die Interessen der Bürger wendet.
    So wie die Bundesregierung in diesen Fragen versagt hat, so versagt sie in den Fragen der Erziehung in Elternhaus und Schule. Wir sehen jetzt überall Reformer durch die Lande ziehen, die erzählen, die Schule habe unsere Kinder krank gemacht. Meine Damen und Herren, diese sachfremden Reformer haben zuerst einmal unsere Schule krank gemacht und dann durch Aufhetzung der Kinder durch Rahmenrichtlinien auch noch die Familien.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist doch der Zusammenhang in dieser Sache.

    (Zurufe von der SPD)

    Hier hätten wir von der Familienministerin wirklich einmal ein Angebot erwartet, sich mit den Kultusministern der Länder über diese Fragen zusammenzusetzen, um eine Konzeption zu erarbeiten, die auch der Sorgfaltspflicht gegenüber den Familien gerecht wird.
    Sie wissen, daß es eine Aussage von Herrn Nipperdey, einem Mitglied der SPD, gibt: Es geht um die Auflösung einer personalen Bindung durch Soziologisierung, und zwar mit pädagogischen Mitteln, mit dem totalen Informations- und Machtanspruch der Schule, wie sie bisher nur vom Nationalsozialismus und Kommunismus bekannt waren. Wenn der verantwortliche Minister zu solchen massiven Angriffen gegen die Familie schweigt, dann muß er sich fragen lassen, ob er nicht vielleicht doch mit solcher Grundrichtung der Politik einverstanden ist, die die Familie nicht als Chance, sondern als Gefängnis unserer Gesellschaft begreift.
    Das halte ich für die denkbar schlechteste Vertretung der Interessen der Familie in unserem Land. Eine solche Politik nimmt die Verantwortung für die Familien in unserem Land nicht ernst. Ernst nimmt diese Regierung hingegen die Reform der Familien, um so die Grundlage für gesellschaftsverändernde Reformen zu schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der FDP: Dafür müssen Sie Beweise liefern!)




    Frau Dr. Wex
    Bundesregierung und SPD beschwören in Worten die herausgehobene Stellung der Familie. Die Taten aber sind genau anders. So wird folgerichtig im Regierungsprogramm 1976 bis 1980 formuliert: „Das Grundgesetz hat die Familie unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Das gilt auch für die Erziehung der Kinder durch die Familie." Wer könnte dem nicht zustimmen? Nur, was wir erwarten, ist, daß etwas für die Erziehung der Kinder in der Familie getan wird. Laut diesem Regierungsprogramm soll etwas für die Erziehung der Kinder außerhalb der Familie getan werden: Tagesstätten, Kindergärten, Ganztagsschulen. Folgt man der SPD, so heißt das Motto: Die Erziehung der Kinder in der Familie findet am besten außerhalb der Familie statt. Wir dagegen sagen: Jedes Kind hat das Recht auf seine Familie — und nicht auf irgendeine Familie, die die alten Strukturen ersetzt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Wir haben in den letzten Jahren erlebt, was man alles unter „Demokratisierung" und „Fortschritt" in der Interpretation durch diese Bundesregierung zu verstehen hat. Wir sehen vor allem: In der Stellungnahme der Bundesregierung zum Familienbericht wird einer undifferenzierten Demokratisierung der Familie das Wort geredet. Es wird schlicht behauptet, das Grundgesetz sei offen für die unterschiedlichsten familienpolitischen Zielvorstellungen. Lapidar formuliert sie: Es ist offen für den Fortschritt — wobei sie sich freilich um die Frage, worin denn dieser Fortschritt besteht, überhaupt nicht mehr kümmert.
    Das Entscheidende ist — und damit komme ich zum Abschluß —: für die Familienpolitik dieser Bundesregierung heißt das: Die Familie wird zu einer öffentlichen Veranstaltung erklärt. Ihre Funktionen werden folgerichtig am besten vom Staat wahrgenommen. Dem Bürger wird dieses Konzept als ein Zuwachs an persönlicher Freiheit angeboten. Aber schwächere, weniger belastbare Familien werden die Folge sein.
    Hier trifft sich die Bundesregierung in ihrer Politik mit den Hauptströmungen des 2. Familienberichts. Denn auch dort wird die Familie als eine öffentliche Einrichtung gesehen, deren Funktionen am wirkungsvollsten vom Staat wahrgenommen werden können. Auch die Bundesregierung verfährt ja seit langem nach der Methode, einseitig die Probleme der Familie darzustellen, die positiven Leistungen hingegen hintanzustellen. Auf so eine Weise wird hier eine systemändernde Bewußtseinsbildung betrieben.
    Wir aber wollen, daß die Familie Zufluchtsort und Startbasis der Menschen bleibt und nicht zu einer Sozialisationsveranstaltung funktionierender Glieder wird. Nach unserer Auffassung von Familienpolitik muß an erster Stelle die Frage stehen, wie die Funktionsfähigkeit der Familie politisch abgesichert werden kann, und nicht die Frage, wie man die Familie von ihren Funktionen befreien kann. Es ist ein großer Fehler, Familienpolitik allein vor dem Hintergrund von Emanzipationstheorien zu entwikkein; denn dann wird das bald offizielle Politik sein, was die SPD München zu diesem Themenkomplex vor einigen Wochen formuliert hat: Die Beschränkung der Frauen auf den häuslichen Bereich ist eines der wirksamsten Instrumente der Herrschaftssicherung und trägt dazu bei, die Chancen einer neuen Gesellschaft zu verschlechtern.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Diesen Weg können wir nicht mitgehen; denn die Zerstörung der freien Gesellschaft beginnt mit der Zerstörung der Familie.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Aus diesen vorgetragenen Gründen


    (Zuruf von der SPD: Das waren doch gar keine Gründe!)

    lehnen wir diesen Haushalt, der nach unserer Ansicht für eine falsche Politik dieser Regierung steht, ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)