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ID0724304900

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 243. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 Inhalt: Regelung für die Fragestunde der nächsten Woche 17185 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17185 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 — Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/5041 — Grobecker SPD 17185 D Katzer CDU/CSU 17187 C Arendt, Bundesminister BMA 17194 B Franke (Osnabrück) CDU/CSU 17202 B Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 17204 A Krampe CDU/CSU 17209 A Glombig SPD 17211 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 7/5045 - Carstens (Emstek) CDU/CSU 17215 C Dr. Sperling SPD 17217 B, 17242 A Frau Lüdemann FDP . . . . . . . . 17223 D Frau Dr. Focke, Bundesminister BMJFG . . 17226 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 17233 A Frau Eilers (Bielefeld) SPD 17236 D Frau Stommel CDU/CSU 17239 D Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 17241 D Haushaltsgesetz 1976 — Drucksachen 7/5058, 7/5104 —Leicht CDU/CSU 17243 A Namentliche Abstimmung 17244 A Behrendt SPD (Erklärung nach § 36 GO) . 17243 B Nächste Sitzung 17245 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17247* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17185 243. Sitzung Bonn, den 14. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 241. Sitzung, Seite 16969 C, Zeile 6, ist statt „Freizeit" zu lesen: „Freiheit". Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17247* Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 14. 5. Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14.5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Dr. Gradl 14. 5. Dr. Hauser (Sasbach) 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lampersbach 14.5. Lange * 14. 5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Milz 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Niegel 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Sauter (Epfendorf) 14. 5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14.5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Strauß 14. 5. Suck * 14. 5. de Terra 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 21. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Krampe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer als Leser oder Beobachter den Einzelplan 11, den Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, aufmerksam betrachtet, dem wird nicht entgangen sein, daß sich die schon einmal gestellte Frage dort niederschlägt, nämlich ob es einen Verbund zwischen Arbeits-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik gibt. Von einem Loslösen aus den Zwängen der Wirtschafts- und Finanzpolitik — ein Wunsch, der dem Bundesarbeitsminister zugeschrieben wurde — ist in diesem Einzelplan 1976 jedenfalls nichts mehr zu sehen.
    Vielmehr gilt, daß eine gestörte Wirtschaft und ungeordnete Finanzen ein Stagnieren der Sozialpolitik zur Folge haben. Diese Erkenntnis hat der Bundesarbeitsminister sicher für sich gewonnen; er sollte es auch öffentlich bekennen. Sein Nichtbekennen hat seine Ursache darin, daß er sicherlich sein ganzes Sinnen und Trachten auf den 3. Oktober diese Jahres ausgerichtet hat.
    Als Beispiel für diese Aussagen sind die Vorgänge um die Finanzierung der Arbeitslosigkeit im Haushalt 1975 — ebenso wie 1976 —zu sehen. Auf das Hin und Her der Ansätze im Jahre 1975 soll hier nur hingewiesen werden. Erst als das Haushaltsstrukturgesetz im Jahre 1975 verabschiedet wurde, stellte sich heraus, daß 1 Milliarde DM an Liquiditätshilfe für die Bundesanstalt für Arbeit einzusparen war. Dieses Verhalten ist für die Bundesregierung symptomatisch. In dem Haushalt 1976 waren zunächst 6 Milliarden DM als Liquiditätshilfe an die Bundesanstalt eingestellt. 574 Millionen DM wurden schon auf Grund der Berichterstattervorschläge vom Haushaltsausschuß gestrichen. Der weitere Kürzungsvorschlag der CDU/CSU-Haushaltsgruppe in einer Größenordnung von 500 Millionen
    DM, der im einzelnen auf Grund der Ergebnisse des Jahreswirtschaftsberichts, der Beitragsbemessungsgrenzenerhöhung, der Beitragsmehreinnahmen begründet wurde, wurde von der Mehrheit mit ausdrücklicher Bestätigung der Bundesregierung abgelehnt. Das war am 12. Februar 1976. Am 7. April 1976 kommt die Bundesregierung im Haushaltsausschuß zu der Auffassung, daß der Zuschuß an die Bundesanstalt um 1 000 Millionen DM gekürzt werden könne.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Dennoch bleibt festzustellen, daß ab 1. Januar 1976 — das sind die Fakten — die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit um 50 0/o angehoben wurden, der Bund sich also entlastete. Die Beitragszahler aber wurden mit der stolzen Zahl von 4 000 Millionen DM allein für 1976 belastet.
    Ähnlich sieht es im Kap. 11 13 — Zuschüsse an die Sozialversicherungsträger — aus. Der Anteil des Bundes an den Gesamtausgaben der Rentenversicherung betrug 1957 noch 29,8 %, 1975 waren es noch 15,7 %, und im Jahre 1976 macht sich eine weiter sinkende Tendenz der Bundeszuschüsse bemerkbar. Das und weitere Faktoren, wie Arbeitslosigkeit, Einschränkung der Überstundenarbeit, Abwanderung von ausländischen Arbeitnehmern, damit Minderung der Versichertenzahl, und abgeschwächte Lohnsteigerungsraten, machen für die kommenden Jahre, gemessen am heutigen Beitrags-und Leistungsrecht, die prekäre Finanzsituation unserer Rentenversicherung, der Arbeiter- und der Angestelltenversicherung, deutlich.
    Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesarbeitsminister, will das nicht sehen. Sie erklärt — wir haben das heute wieder erlebt — und wird nicht müde dabei, daß 1975 die Rentenversicherung kein Defizit habe, die Abschlüsse günstiger seien, als ehemals dargestellt.
    Tatsache ist — das weiß jeder, der im Selbstverwaltungsbereich der Rentenversicherungsträger tätig ist —, daß hier seit dem 1. Januar 1975 eindeutig mit buchungstechnischen Kniffen gearbeitet wird: auf der einen Seite 13 Monatseinnahmen, auf der anderen Seite 12 Monatsausgaben. Dabei muß doch irgendwie ein Überschuß übrigbleiben, wenn das nicht ganz in die Hose gehen soll! Das kann also nicht lange gut gehen mit dem Optimismus der Regierung.
    Hinzu kommen bei den Überschüssen die Einmalzahlungen in Höhe von 1,9 Milliarden DM im Jahre 1975 auf Grund der Nachversicherungsmöglichkeiten, ein Betrag, der nicht in die allgemeine Finanzierung der Rentenversicherung einbezogen werden kann.
    Der Bundesregierung — und dem Bundesarbeitsminister — ist deshalb als Lektüre die Rede des Vorsitzenden des Zusammenschlusses der Selbstverwaltungsorgane, des Verbandes der Deutschen Rentenversicherungsträger, in der letzten Mitgliederversammlung, am 28. April 1976 gehalten, zu empfehlen, und zwar auch dann, wenn sie gegen das, was aus München kommt, mehr allergisch und mit Einwänden schnell bei der Hand ist.



    Krampe
    Ich kann mich nur der Meinung der Mitgliederversammlung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger anschließen und nur hoffen, daß sich die Bunderegierung den mehrmals auch hier im Hause vorgetragenen Argumenten nicht verschließt und möglichst bald Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Finanz- und Liquiditätslage der Rentenversicherungsträger finden wird.
    Wir von der CDU/CSU sind bereit, unsere Möglichkeiten mit einzubringen und mitzuhelfen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    um dem bisherigen echten soliden Fundament der sozialen Rentenversicherung weiterhin die feste Basis innerhalb unseres Systems sozialer Sicherheit zu geben.
    Dazu gehört auch, daß der Bundesarbeitsminister die notwendigen Beitragsbemessungsverordnungen im Bereich der Krankenversicherung der Rentner erläßt, damit Klarheit darüber geschaffen wird — darauf warten die Geschäftsführer aller Krankenkassen, alle Selbstverwaltungsorgane, gleich ob Vertreter der Versicherten oder der Arbeitgeber —, wer in Zukunft was bezahlen muß.
    Damit ist das Krankenversicherungsweiterentwicklungsgesetz angesprochen. Ich kann es mir nicht verkneifen, dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Buschfort folgendes zu sagen. Gewiß, die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf dem Parlament zugeleitet. Nach seiner Auffassung liegt es am Bundestag, wann das Gesetz verabschiedet wird. So weit, so gut. Es ist doch aber so, daß die Koalitionsfraktionen hier in diesem Hause die Mehrheit haben, daß sie die Regierung tragen und für die Verzögerungspolitik in diesem Bereich verantwortlich sind. Die Krankenkassen und die Selbstverwaltungsorgane, die Rentenversicherungsträger und ihre Vorstände und Vertreterversammlungen warten darauf, daß dieses Krankenversicherungsweiterentwicklungsgesetz verabschiedet wird. Es ist ein Unding, politisch einmal mit den möglichen Auswirkungen und einmal ohne sie zu operieren.
    Beitragsbemessungsverordnung und Krankenversicherungsweiterentwicklungsgesetz stehen mit der Frage der Liquidität unserer Rentenversicherung und des Beitrags zur Krankenversicherung in engstem Zusammenhang. Damit wird die Frage nach den Liquiditätsengpässen aufgeworfen. Um solche Engpässe zu vermeiden, ist es nach Meinung von Fachleuten an der Zeit, daß der Bund seine Schuldverpflichtungen aus der Vergangenheit gegenüber den Rentenversicherungsträgern in barem Geld einlöst, um den Rentenversicherungsträgern letzten Endes finanzielle Vermögensverluste durch Versilberung ihres Vermögens zu ersparen.
    Dies berührt aber wiederum den Haushalt und die Finanzplanung des Bundes für die kommenden Jahre. Damit sind wir bei dem Thema, wie hart — das spüren wir, und darauf haben wir uns einzustellen, Herr Bundesminister der Verbund zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik in der Realität ist.
    Zum dritten. Zur Situation und Lage unserer Kriegsopfer ist bei den Beratungen über das Haushaltsstrukturgesetz und im Zusammenhang mit den von der CDU/CSU gestellten Anträgen zur Wiedergutmachung von — sicher im Eifer des Gefechts —abgebauten Sozialleistungen, insonderheit bei den Kriegerwitwen, einiges gesagt worden. In dem vorliegenden Einzelplan wird der stolze Betrag von 11 Milliarden DM ausgewiesen. Dies wird als Leistung der Bundesregierung herausgestellt. Es bleibt aber folgendes festzuhalten. Die Dynamisierung der Kriegsopfer- und der Versorgungsleistungen ist hier im Hohen Hause gemeinsam beschlossen worden. Ersparen Sie es mir, die Geschichte und den geschichtlichen Hintergrund — bis hin zu den Berliner Sitzungen — darzulegen. 1975 wurden in diesem Bereich haushaltsmäßig jedenfalls 330 Millionen DM eingespart, und zwar deswegen, weil der Bundesarbeitsminister drei Verordnungen, die eigentlich schon 1975 in Kraft gesetzt werden sollten, nicht in Kraft setzte. 1976 sollen sie nun in Kraft gesetzt werden. Ich weiß nicht, ob es inzwischen geschehen ist.
    Ich will in diesem Zusammenhang auch nicht die Frage nach den Stabilitätsopfern der Kriegsopfer neu stellen. Mein Hinweis sei nur als Erinnerungsposten für bessere Zeiten in diesem Bereich gedacht. Wir stellen auch keine Anträge, weil auf Grund der Erfahrung vergangener Monate mit der Ablehnung durch die Koalition zu rechnen wäre. Sie gibt ja lieber mehr für Papier aus, als direkte Hilfe in diesem Bereich anzubieten.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, von besonderm Interesse ist sicherlich die Entwicklung im Personalbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Wer den Haushalt des Jahres 1969 einmal zur Hand nimmt, kann nachlesen, daß bei allen Dienststellen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung im Jahre 1969 1 449 Bedienstete tätig waren. 1976 sind im Einzelplan 11 1 968 Bedienstete ausgewiesen, also 519 Bedienstete mehr. Im Bundesarbeitsministerium selbst zeigt sich folgende Entwicklung: 1969: 389 Beamte, 1976: 501 Beamte. Die Bezüge für planmäßige Beamte im Bundesarbeitsministerium, also im engeren Bereich, waren 1969 mit 10,9 Millionen DM ausgewiesen. 1976 stehen dafür 24, 5 Millionen DM zur Verfügung. Dem Haushaltsausschuß gelang es, diesen Wildwuchs der Personalvermehrung — anders ist es ja nicht zu bezeichnen im gesamten Bereich des Arbeitsministeriums anzugehen, indem er 33 Stellen, zumindest in den unteren Vergütungsgruppen, weggefallen ließ bzw. mit einem kw-Vermerk versah.
    Eine gewaltige Personalvermehrung kommt aber in einem anderen Bereich auf uns zu. Ob und inwieweit die Personalbesetzung beim Bundesamt für Zivildienst in der bestehenden und angeforderten Höhe der Effektivität dieses Amtes und seinen Notwendigkeiten entspricht, wird in den nächsten Monaten zu beobachten und zu überprüfen sein.
    Wildwuchs gab es auch bei einer anderen Position des Haushalts. 1969, auch in einem Wahljahr, standen, als Herr Kollege Katzer Arbeitsminister war, für Maßnahmen zur Aufklärung der Bevölkerung 650 000 DM zur Verfügung. 1976, ebenfalls in einem Wahljahr, stellen die Koalitionsfraktionen



    Krampe
    dem Arbeitsminister für diese Position 4,6 Millionen DM zur Verfügung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mehr Sozialismus!)

    Das entspricht einer Steigerung von rund 700 °/o.
    Schlußfolgerung. Beide Zahlen lassen den Verdacht aufkommen, daß des Guten zuviel getan wird, was an den Informationsständen der Sozialdemokratischen Partei im Land deutlich zu sehen ist.
    Bei den Betreuungsmitteln für ausländische Arbeitnehmer erhöhte sich der Bundeszuschuß von 15,3 auf 17,6 Millionen DM. Die Berichterstatter hatten 18 Millionen DM vorgeschlagen. Die von der Mehrheit des Ausschusses geforderte Kürzung trifft die Betreuungsorganisationen besonders hart, in einer Zeit, in der Betreuungsmaßnahmen nicht absondern infolge der großen Zahl der ausländischen Arbeitnehmerarbeitslosen ausgebaut werden müßten.
    200 Millionen DM wurden vom Bundesarbeitsministerium für zusätzliche Arbeitsförderungsmaßnahmen, die insbesondere für Jugendliche gedacht sind, in den Haushalt eingestellt. Wir begrüßen das. Wir müssen aber darauf hinweisen, daß ein ähnliches Programm schon im Jahre 1975 von der CDU/ CSU-Fraktion vorgelegt wurde. Leider kamen wir damals nicht zum Erfolg. Die jetzt eingeleiteten Maßnahmen kommen mit Verspätung. Ein Jahr, meine sehr verehrten Damen und Herren, bedeutet im Leben eines jungen Menschen sehr viel. In diesem Zusammenhang sei es mir gestattet, von dieser Stelle all denen Dank zu sagen, die sich in der Vergangenheit in den freien Organisationen und auch heute noch um die berufliche Bildung und die individuelle Förderung berufsvorbereitender Maßnahmen, um die berufliche Bildung und Umschulung junger Arbeitnehmer bemüht haben.
    Ich komme zum Schluß. Einzelplan 11 zeigt dem aufmerksamen Beobachter und Leser, daß das Netz der sozialen Leistungen in seinen Grundstrukturen von der CDU/CSU und nicht von der SPD/FDPKoalition geknüpft wurde. Die Fundamente des Sozialstaats der Bundesrepublik Deutschland sind von der CDU/CSU gelegt worden.

    (Frau Hürland [CDU/CSU] : So ist es!)

    Die Politik der jetzigen Bundesregierung hat sicherlich manche Masche des sozialen Netzes geknüpft, aber manche Masche wurde auch wieder zerrissen, und manche Masche ist fallengelassen worden. Durch diese Löcher sind noch im Mai 1976 1 Million und mehr Arbeitslose gefallen.

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Nicht zuletzt wegen dieser Tatsache lehnen wir, die CDU/CSU, den Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Glombig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eugen Glombig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will gleich mit dem letzten beginnen. Herr Kollege Krampe hat die unglaubliche Behauptung aufgestellt, daß 1 Million Arbeitslose in diesem Land durch die Maschen unseres Netzes der sozialen Sicherheit gefallen seien. Das glaubt er wohl selbst nicht, denn zu keiner Zeit hat die Qualität der Leistungen innerhalb der Arbeitslosenversicherung einen so hohen Rang gehabt wie zu dieser.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und das ist doch wohl unbestreitbar ein Verdienst der sozialliberalen Koalition. Da kann man doch nicht so tun, als lebten die Arbeitslosen von heute in einem ähnlichen Elend wie die Arbeitslosen vor dein ersten Weltkrieg, zwischen den beiden Weltkriegen oder nach dem letzten Weltkrieg.

    (Burger [CDU/CSU] : Hat das jemand behauptet?)

    — Na ja, das liegt in der Behauptung, die Arbeitslosen seien durch die Maschen des Netzes der sozialen Sicherheit gefallen. Ich glaube, das muß richtiggestellt werden.
    Aber, meine Damen und Herren, ich möchte, bevor ich zu ganz anderen, für Sie hoffentlich neuen Erkenntnissen komme, noch ganz kurz auf die Finanzlage der Sozialversicherung eingehen und dazu eine kurze Bemerkung machen, obwohl alle wesentlichen Argumente bereits mehrfach vorgetragen worden sind. Aber ich meine, hier muß zum Abschluß noch etwas klargestellt werden.
    Die Rentenversicherung befindet sich in einer konjunkturell bedingten, also in einer vorübergehenden Phase ungünstiger Einnahmen- und Ausgabenentwicklung; das wird von uns nicht bestritten. Der weitere Konjunkturaufschwung, den ja nun selbst die CDU/CSU nicht mehr leugnet, wird die Finanzsituation der Rentenversicherung verbessern; auch das ist ja wohl unbestritten. Die ungünstigen langfristigen Vorausrechnungen, die von interessierter Seite immer wieder auf den Markt gebracht werden, beruhen auf einem Wachstumspessimismus, der zwar konjunkturpsychologisch erklärbar, aber nicht gerechtfertigt ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Wir sollten uns allesamt den Blick nicht trüben lassen, auch am heutigen Tage nicht. Es kommt jetzt darauf an, bewußt die antizyklische Funktion — die Sie, wenn ich es richtig verstanden habe, ja doch vor allem auch gewollt haben — in unserem System der Rentenversicherung wirken zu lassen, wenn notwendig — und ich lege besonderen Wert darauf, das zu sagen — unter Einsatz der Rücklagen. Es müßte eigentlich selbstverständlich sein, daß die Rücklagen der Rentenversicherung nicht um ihrer selbst willen angesammelt werden, sondern eigens zu dem Zweck, im Interesse der Rentner, der Beitragszahler und der ganzen Volkswirtschaft die Renten auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ohne Schmälerung und ohne Beitragserhöhung zahlen zu können. Die Versicherungsträger müssen auch mit ihren Rücklagen die Liquidität sicherstellen. Wir wissen, daß sie bereits entsprechende Vorsorge getroffen haben. Die Sicherheit der Renten ist aber von diesen finanz-



    Glombig
    technischen Fragen nicht abhängig, und ich glaube, es ist gut, mit dieser Verunsicherung der Rentner und der Versicherten aufzuhören.
    Meine Damen und Herren, Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, daß ich jetzt einige Ausführungen mache, die nicht so sehr die Sozialpolitik von Herrn Katzer — der ja als Exponent der Sozialpolitik der CDU/CSU angesehen wird — im Mittelpunkt haben, sondern eigentlich diese andere Art und Richtung von Sozialpolitik, die ich einmal als konservative Sozialpolitik bezeichnen möchte und die doch, so meine ich, hier in diesen Tagen so plastisch zum Ausdruck gekommen ist. Ich denke, das kann so wirklich nicht unwidersprochen bleiben.
    Ich meine, hier muß auch einmal dieses ganze Spannungsfeld zwischen der konservativen Sozialpolitik auf der einen Seite und der von Ihnen, Herr Katzer, vertretenen Sozialpolitik — wenn sie nicht auch als konservativ bezeichnet werden soll - auf der anderen Seite dargelegt werden, und dasselbe gilt für das Spannungsfeld zwischen der konservativen Sozialpolitik der Union auf der einen und der fortschrittlichen Sozialpolitik der Sozialdemokraten auf der anderen Seite.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, es ist doch ein nicht zu beschreibender Unsinn,

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Das ist wirklich Unsinn!)

    in einem solchen Zusammenhang so ein Wort wie „Freiheit oder Sozialismus" ins Spiel zu bringen. Wenn ich mir vor Augen halte, daß Herr Carstens am Dienstag dieser Woche in diesem Hause — er konnte auch durch sein sicherlich gewinnendes Lächeln seine Unkenntnisse auf dem Gebiet nicht verbergen, aber immerhin — den Versuch gemacht hat, gewisse Konturen dieser konservativen Sozialpolitik zu entwickeln — bei Herrn Strauß haben wir ähnliches erlebt, sogar bei Herrn Dregger, aber vor allem bei Herrn von Weizsäcker —, dann muß festgestellt werden, daß die CDU/CSU schon seit einiger Zeit versucht, nämlich seit dem vorigen Jahr, die Sozialpolitik oder das, was sie dafür hält, zum Schwerpunktthema des Wahlkampfes zu machen, und dann ist es notwendig, festzustellen, daß die Behauptungen der CDU/CSU in sich völlig widersprüchlich sind.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie die Versicherten und Beitragszahler mit dem dauernden Gerede vom Zusammenbruch der Sozialversicherungsfinanzen ängstigen wollen, dann können Sie doch nicht gleichzeitig einer Rentenerhöhung um 11 °/o zustimmen, wie Sie es tatsächlich getan haben. Sie können nicht auf der einen Seite behaupten, in einigen Monaten sei die Auszahlung der Renten gefährdet, und dann auf der anderen Seite durch den Mund Ihres Vorsitzenden, Herrn Dr. Kohl, die nächste Rentenerhöhung zum 1. Juli 1977 verbindlich zusagen — was sich ohnehin erübrigt, weil wir sie durchsetzen werden.

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP)

    Außerdem versprechen Sie doch in Ihrem Wahlprogramm ganz generell, die Rentenansprüche nicht anzutasten. Sie können doch nicht im Ernst der Koalition vorwerfen, sie habe die wirtschaftliche Basis der Rentenversicherung unterhöhlt, und gleichzeitig, wie vorige Woche geschehen, Herr Franke, einem Gesetzentwurf des Bundesrates Ihre Stimme geben, der die Rentenversicherung mit unabsehbaren Milliardenaufwendungen belasten und ihre Finanzierung mit Sicherheit ruinieren würde.

    (Beifall bei der SPD)

    Da ist es ganz bestimmt ein Skandal, wenn Sie in diesem Zusammenhang behaupten, Herr Kollege Franke, daß dieses Gesetz eine Abstützung gegen die soziale Demontage bedeute; das haben Sie vorhin hier ausgeführt. Da kann ich nur sagen: das glauben Sie doch wohl selbst nicht.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, ohne Sinn und Verstand benutzen Sie wahllos Schlagworte, mit denen Sie irgendwelchen Gruppen imponieren wollen. Der einen Gruppe sagen Sie, es sei nicht genug Geld für die Renten da, und anderen Gruppen kommen Sie mit der entgegengesetzten Behauptung, es sei genug Geld da, um weitere Forderungen finanzieren zu können. Sie handeln nach dem Motto: Für die einen die Sonthofener Krisenstrategie und für die anderen die Sozialgarantie; das ist ein ganz neuer, allerdings verschwommener Begriff.
    Der wahre Grund für diese Taktik ist der, daß die CDU/CSU sich in der Sozialpolitik in großer Verlegenheit befindet. Das ist wohl nicht mehr zu bestreiten. Sie hat der Erfolgsbilanz der sozialliberalen Koalition nichts entgegenzusetzen, und sie weiß genau, daß die Wählermeinung nicht ihr, sondern der SPD die größere Leistungsfähigkeit und Kompetenz in der Sozialpolitik zutraut.

    (Zustimmung bei der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Siehe Baden-Württemberg!)

    — Es wird sich zeigen.
    Wir Sozialdemokraten haben — um das noch einmal zu unterstreichen — übrigens ja auch nie behauptet, daß zu Zeiten von Unionsregierungen keine sozialpolitischen Entscheidungen getroffen worden seien. Aber was hier geschehen ist — und das muß noch einmal unterstrichen werden in dem Zusammenhang —, blieb hinter dem Möglichen und hinter dem Notwendigen zurück oder konnte nur mit massivem Druck der Sozialdemokraten, der Gewerkschaften und anderer Sozialverbände durchgesetzt werden.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Als wir die absolute Mehrheit hatten!)

    — Auch als Sie die absolute Mehrheit hatten, haben Sie solche Dinge — gerade in der Zeit — nur unter diesem Druck gemacht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Als wir Sozialdemokraten im Bund die Regierungsverantwortung übernahmen — das begann ja



    Glombig
    bereits 1966, denn Sie waren damals am Ende und baten uns, in die Regierung zu kommen

    (Zuruf von der SPD)

    — ja, so ist es gewesen —, war das System der sozialen Sicherheit durch schwerwiegende Mängel gekennzeichnet. Das ist doch wohl nicht zu bestreiten. Jahrzehntelang war unser Sozialversicherungsschutz auf die Arbeitnehmer, teilweise sogar nur auf die Arbeiter beschränkt. Viele Angestellte, die Selbständigen und die Hausfrauen waren aus der Sozialversicherung ausgesperrt. Die Kriegsopfer wurden vernachlässigt

    (Burger [CDU/CSU] : Das stimmt doch alles nicht!)

    — wurden vernachlässigt; das ist wiederholt nachgewiesen worden, ich kann es im einzelnen noch einmal nachweisen, aber leider haben wir die Zeit nicht —, und sie mußten sich — das ist doch auch unbestritten — ihre gelegentlichen Rentenerhöhungen mit Protestmärschen auf Bonn erkämpfen.

    (Burger [CDU/CSU] : Wie auch jetzt!)