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ID0724218200

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    Vokabeln: 10
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 242. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Müller (Remscheid) 17033 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17033 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und des Gesetzes über das Branntweinmonopol —Drucksache 7/4518—, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5096 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes — Drucksache 4428 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses —Drucksache 7/5149 — in Verbindung mit Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 —, Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 7/5038 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 7/5053 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 7/5057 — Dr. Becker (Mönchengladbach) CDU/CSU . 17034 B Dr. von Bülow SPD 17035 A Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 17043 B Kirst FDP 17050 C Dr. Apel, Bundesminister BMF . 17058 C, 17122 B Strauß CDU/CSU 17068 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 17080 D Dr. Häfele CDU/CSU 17092 A Frau Huber SPD 17099 A Frau Funcke FDP . . . . . . . . . 17105 A Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17107 D Bremer CDU/CSU 17109 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Dr. Böhme (Freiburg) SPD 17111 D Schinzel SPD 17113 C Wohlrabe CDU/CSU 17115 B Dr. Dübber SPD 17118 A Dr. von Bülow SPD . . . . . . . . 17118 D Pieroth CDU/CSU 17119 A Frau Renger, Präsident . . . . . . . 17076 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 7/5039 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1976 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1976) — Drucksache 7/4513 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/5135 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . . 17123 C Dr. Ehrenberg SPD 17126 C Dr. von Bismarck CDU/CSU 17131 B Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17134 D, 17145 B Höcherl CDU/CSU . . . . . . . . . 17141 B Frau Dr. Glotz-Martiny SPD 17145 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 7/5042, 7/5085 — in Verbindung mit Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/5043 — Müller (Nordenham) SPD 17148 A Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU . 17150 C Ollesch FDP 17153 A Dr. Jobst CDU/CSU 17157 D Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 17161 C, 17179 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 17168 C Wrede SPD 17170 B Dr. Dollinger CDU/CSU . . . . . . . 17172 C Wuttke SPD 17174 C Hoffie FDP 17176 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 7/5044 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 7/5055 — 17180 A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 7/5051 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, Hoffie, Dr. Graf Lambsdorff, Frau Schuchardt, Kern, Wolfram (Recklinghausen), Flämig, Dr. Jens, Kaffka, Dr. Lohmar, Reuschenbach, Scheu, Schwedler, Stahl (Kempen) und der Fraktionen der SPD, FDP betr. rationelle und sparsame Energieverwendung und zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 7/4600, 7/4607, 7/4948 — . . 17181 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 7/5052 — 17181 D Nächste Sitzung 17182 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17183* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 17033 242. Sitzung Bonn, den 13. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 240. Sitzung, Seite 16922 C, Zeile 24, ist statt „einer Gegenstimme" zu lesen: „zwei Gegenstimmen" ; 241. Sitzung, Seite 17026 C, Zeile 2, ist statt „3,3 Millionen DM" zu lesen: „3,3 Millionen Bürger". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Frau von Bothmer ** 13. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Dr. Enders ** 13. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14. 5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lange * 14.5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lenzer ** 13. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Müller (München) ** 13. 5. Müller (Remscheid) 13. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14. 5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Suck * 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Wende 21.5. von Wrangel 13. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hermann Höcherl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst, bevor ich mich dem Herrn Bundeswirtschafts minister zuwende, mit dem wirtschaftspolitischen Kreuzritter der SPD-Fraktion, meinem verehrten Freund Dr. Ehrenberg, befassen, der die wirklichen Zusammenhänge natürlich viel, viel besser kennt, wie er das heute bewiesen hat. Er hat mir ja eine seiner Kreationen gewidmet. Ich habe das nachgelesen. Was würden Sie sagen, Herr Dr. Ehrenberg, wenn wir in der Regierung wären und mit diesen Tatsachen — eine Million Arbeitslose, eine leider noch große Zahl von Kurzarbeitern, die Konkurszahl — aufwarten würden? Da möchte ich Sie hören. Sie mußten eine Pflichtübung machen und eine Offizialverteidigung übernehmen.
    Ich bestreite gar nicht, daß etwas in Bewegung ist. Ich sage Ihnen ganz offen: Im Interesse des Ganzen wäre es mir lieber, wenn diese Erholung Wirklichkeit wird. Der Herr Bundeswirtschaftsminister sagte Erholung; für Herrn Dr. Ehrenberg ist es schon ein Aufschwung, der bereits festgeschrieben ist. Nein, lassen Sie sich erst einmal Zeit. Hier folge ich lieber Ihrem Experten auf diesem Gebiet in der Bundesregierung.
    Wir haben es ja einmal durchgespielt, und zwar an einem ganz kleinen Beispiel 1966: Wie sind Sie über uns hergezogen! Was würden Sie sagen, Herr Ehrenberg, wenn wir Ihnen eine derartige Bilanz vorlegen würden?

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wir wünschen Ihnen und uns gemeinsam, daß sich diese Dinge festigen

    (Demonstrativer Beifall bei der SPD und der FDP)

    und aus sich selbst heraus tragen, weil wir das alle brauchen.

    (Zurufe von der SPD)

    Noch ist es nicht so weit.
    Sie sind jetzt seit sieben Jahren in der Regierungsverantwortung. Sie haben mit fünf Programmen 30 Milliarden DM ausgegeben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn dabei gar nichts herauskommen sollte, wäre das schlimm genug; denn Sie haben die 30 Milliarden DM noch gar nicht bezahlt. Da haben wir noch die Ehre, in späteren Jahren das gemeinsam zu finanzieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Herr Ehrenberg, ich war ganz überrascht: Sie haben etwas von einer Wahlplattform erzählt! Davon müssen Sie auf telepathischem Weg erfahren haben. Mir ist das noch nicht bekannt. Gleichwohl muß ich sagen, daß Sie sich um das Problem des Erziehungsgeldes überhaupt nicht kümmern. An dieses Problem der finanziellen Unterstützung der Mutter bei der Erziehung des Kindes in den ersten drei Lebensjahren denken Sie gar nicht. An die Lösung dieses Problems gehen Sie nicht heran, weil das nicht in Ihre Gleichmacherei paßt. So ist es doch.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)




    Höcherl
    Nun darf ich mich aber dem Herrn Bundeswirtschaftsminister Friderichs zuwenden. Ich bin versucht, Herr Dr. Friderichs, ein kleines wirtschaftspolitisches Psychogramm von Ihnen zu zeichnen. Ich kenne Sie ja schon ziemlich lange und erinnere mich mit Vergnügen an die Zeit, als Sie noch in reinem marktwirtschaftlichem Geiste aus der Handelskammer kommend als junger Abgeordneter in dieses Haus einzogen, noch nicht verdorben durch das Untermietverhältnis, das Sie zur Zeit mit der SPD unterhalten.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich muß sagen, Sie haben ein scharfes und gutes Florett gefochten. Wenn Sie diese Grundsätze von damals auf Ihre praktische politische Arbeit übertragen hätten, würde es uns allen etwas besser ergehen.
    Dann haben Sie eine Lehrzeit durchgemacht, eine sehr gesunde Lehrzeit, auch eine strukturpolitische Lehrzeit, und dann kamen Sie wieder. Ich will die Einzelheiten Ihrer damaligen Berufung jetzt hier nicht vortragen. Sie wurden gekürt; das wissen Sie. Wir haben auch im Grunde gar nichts dagegen. Sie sind uns lieber als ein sozialdemokratischer Wirtschaftsminister.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber ich darf Sie vielleicht an Ihre erste Rede erinnern, die Sie im durchaus verständlichen und begreiflichen Selbstgefühl der neu erworbenen Würde zur Regierungserklärung gehalten haben. Es war nicht uninteressant, was Sie damals gesagt haben. Sie haben erklärt, wir stünden vor einem Aufschwung, also in einer Situation, die für den Kollegen Ehrenberg schon wieder existiert, für Sie aber erst bis zur Erholung gediehen ist. Ich lasse nur diese Vorsicht eingehen. Wir sind hier kein analytischer Verein und kein Proseminar, obwohl wir bei Ihren Ausführungen oft den Eindruck hatten, daß der neu Habilitierte uns seine Weisheiten vermittelte. Aber immerhin: dies ist kein analytisches Seminar, sondern wir haben hier operative Vorschläge zu machen. Wir haben damals, 1972, solche Vorschläge gemacht.
    Jetzt gehe ich aber nicht so weit, Sie in Sippenhaft für alte Sünden Ihrer Vorgänger zu nehmen, die heute ganz hohe Würden innehaben. Wir haben hier auch eine interessante Entwicklung zu verzeichnen. An der Spitze steht ein Direktorium, ein diplomiertes, volkswirtschaftlich gebildetes Direktorium mit einem schweren Hamburger Einschlag. Aber auch aus der österreichischen Schule kommt jemand, nämlich Sie. Eigentlich dürfte wirtschaftspolitisch überhaupt nichts fehlen. Eine derartige Ausstattung, Bestückung hatten wir an der Spitze der Bundesregierung noch nicht. Kürzlich hat der Herr Bundeskanzler es für richtig gehalten, in der „Wirtschaftswoche" zu erklären, er habe zwar einen gewissen Respekt vor dem ersten Bundeskanzler, müsse ihm aber alle wirtschaftspolitischen Fähigkeiten absprechen. Er hatte immerhin so viele Fähigkeiten, daß er den richtigen Mann gesucht und auf ihn gehört hat, einen Mann, der 20 Jahre
    lang eine blühende Wirtschaftspolitik treiben konnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. h. c. Dr.Ing. E. h. Möller [SPD] : Er hat nicht immer auf ihn gehört! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Herr Dr. Friderichs, es war 1972 nicht verboten, die Entwicklung, die sich schon seit 1970 angebahnt hatte, zu erkennen. Sie meinten damals, es sei ein Aufschwung; in Wirklichkeit war die Temperatur des Wirtschaftsaggregates bereits ziemlich heiß. Sie hätten schon im Jahre 1970 erkennen können, daß man abschöpfen mußte und daß es dafür allerhöchste Zeit war. Hier in diesem Saale wurde bei der Aussprache zur Regierungserklärung ein für eine Opposition einmaliges konstruktives Angebot gemacht,

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    nämlich — Herr Dr. Barzel hat es getan — diese Maßnahmen gemeinsam mit Ihnen zu tragen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Dann wären vielleicht die Folgen der Ölkrise und der Erhöhung der Rohstoffpreise, all diese Dinge, die von außen auf uns einstürmten und die wir auch nicht leugnen, nicht so schwerwiegend gewesen, wenn das damals geschehen wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nein, meine Damen und Herren, damals lagen die Dinge ganz anders. Man befand sich in einer Euphorie, wie sie jeder inflationäre Vorgang zunächst erzeugt, der sich draußen sehr angenehm auswirkt, weil die meisten ihn nicht sehen. Sie haben die Öffentlichkeit ja nicht aufgeklärt. Sie hätten sie aufklären müssen. Wir wollen ja hier von Ihnen die Wahrheit und nicht irgendwelche Verschönerungen und kosmetische Leistungen hören. Wenn Sie das damals rechtzeitig gemacht hätten und auf unsere Vorschläge eingegangen wären, hätten wir die Folgen nicht so verspürt. Das ist genauso wie bei einer Krankheit: Der verspätete Eingriff ist ein chirurgischer. Von der Homöopathie mußten Sie zur Allopathie greifen.
    Warum hat man damals nichts unternommen? Das war ein herrliches Bühnenstück. Bei den außenpolitischen Absichten, für die Sie natürlich ein gutes Klima brauchten, und für die Wahl 1972, die Sie noch vor sich hatten, durfte man natürlich nicht zugreifen, durfte man nicht ernsthaft marktwirtschaftliche Politik treiben. Es durfte kein Schmerz verursacht werden, nein, das Klima mußte zephyr-mäßig sein, damit Sie das alles über die Bühne bringen konnten.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nun sagen Sie, sehr einschneidend sei das Hereinströmen von 20 Milliarden an Devisen auf unseren Markt gewesen, und das hätten wir wegen „Bretton Woods" nicht bereinigen können. Es ist richtig, daß wir noch in der Pflicht dieser Vereinbarung waren. Sie ist aber später auch geändert worden. Ich meine, erhebliche Anstrengungen, ernsthafte Anstrengungen, die Sie gar nicht unternommen haben, hätten vielleicht dazu geführt, Remedur



    Höcherl
    zu schaffen. Sie haben es nicht gemacht, an der Spitze die drei diplomierten Volkswirte, Sie haben nichts unternommen. Auf einmal wurde dann das Ruder herumgerissen, nachdem wir eine Inflationsrate von 7 % hatten, aus der Inflationsrate in eine zunehmende Arbeitslosigkeit und dann mitten hinein in die Rezession gekommen sind. Das war doch der klassische Ablauf. Aber, Herr Friderichs, das lernt man doch in den ersten Semestern. Wir leben ja nicht mehr in der Zeit, als es keine Konjunkturtheorie gab. In den ersten Semestern lernt man das. Ich möchte sagen, das gehört bei den Volkswirten zum zweiten oder dritten Schein.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich brauche die Folgen auch im Interesse der fortgeschrittenen Zeit nicht aufzuzählen. Sie sind x-mal dargestellt worden, sie bewegen sich nach wie vor in Größenordnungen, die uns vor aller Augen nur peinlich sein können. Wenn eine Million Menschen, die arbeiten wollen, nicht arbeiten können, zur Volkswirtschaft nichts beitragen können und 10 Milliarden DM für ihre Alimentation beanspruchen, so sind das ernsthafte Vorgänge.

    (Zuruf des Abg. Dr. von Bülow [SPD])

    Meine Damen und Herren, die entscheidende Frage scheint mir aber eine ganz andere zu sein. Sie und viele andere geben Bekenntnisse zur Marktwirtschaft ab. Ich gestehe Ihnen durchaus zu, daß sie subjektiv durchaus zutreffend sind. Diese Bekenntnisse fließen Ihnen mit frommem Augenaufschlag elegant von den Lippen. Ich habe aber immer das Gefühl, Sie können sich nicht so richtig durchsetzen, weder in Ihrer eigenen Partei noch in der Regierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da gibt es ein peinliches Defizit zwischen Worten, Verkündigungen und Taten. Auch Ihre eigene Fraktion ist ja marktwirtschaftlich nicht so einwandfrei. Wenn ich an die sehr verehrte Frau Kollegin Schuchardt, eine gesellschaftspolitische Amazone, denke,

    (Heiterkeit)

    kann ich mir vorstellen, daß Sie das gar nicht so leicht haben. Sehr geachtete Kollegen, deren marktwirtschaftliches Gewissen absolut rein ist, mußten einen Listenplatz einbüßen.

    (Erneute Heiterkeit)

    In der Regierung selbst ist Ihr Durchsetzungsvermögen auch sehr schwach, außerordentlich schwach ausgeprägt. Ich weiß nicht, ob es Ihnen im Streit dieser drei Volkswirte nicht gelingt, die Hamburger Schule zu überwinden und die alte österreichische Schule, die auf diesem Gebiet sehr solide ist, zur Anwendung zu bringen.

    (Heiterkeit)

    Noch ein ernstes Wort dazu: Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren insbesondere von der SPD, daß Sie sich vom Pfad der Tugend der Marktwirtschaft mehr und mehr abwenden. Natürlich wird das unter der Strategie von Herrn Wehner nicht gesagt. Nein, das geht genauso, wie damals
    von ihm die Große Koalition gesteuert worden ist. Das war ein Meisterstück, ich gebe es Ihnen zu.

    (Heiterkeit und Zurufe von der SPD)

    Beim Abweichen vom Pfad der Tugend der Marktwirtschaft geht man natürlich nicht grobkörnig vor,

    (Zuruf von der SPD)

    da kommen Dinge, an die man vielleicht früher einmal gedacht hat, wie etwa Verstaatlichungen, nicht vor. Nein, da wird eine kleine Maßnahme an die andere gesetzt. Außerdem bedient man sich neuer Ausdrücke. Es war ja gestern in dieser — na ja — moralischen Veranstaltung

    (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall)

    sehr viel vom demokratischen Sozialismus die Rede. Das ist natürlich keine Lautverschiebung und auch kein semantisches Glasperlenspiel. Zufälle, Herr Wehner, gibt es bei Ihnen nicht. Es ist so praktisch, schön langsam sich von dem ehrlichen, anständigen Namen „Sozialdemokraten" wegzubewegen. Ein neues Wort — und schon geht es auf. Das hört sich auch wunderbar an; ich bestreite das gar nicht. Es geht auch unter die Haut. Und dann kann man auf einmal über Jahre hinweg mit leichtfertiger Duldung der sogenannten Liberalen bei uns — —


Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rapp.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Höcherl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ja, bitte sehr.