Rede:
ID0724217500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 12
    1. Meine: 1
    2. Damen: 1
    3. und: 1
    4. Herren,: 1
    5. das: 1
    6. Wort: 1
    7. hat: 1
    8. der: 1
    9. Herr: 1
    10. Bundeswirtschaftsminister: 1
    11. Dr.: 1
    12. Friderichs.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 242. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Müller (Remscheid) 17033 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17033 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und des Gesetzes über das Branntweinmonopol —Drucksache 7/4518—, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/5096 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes — Drucksache 4428 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses —Drucksache 7/5149 — in Verbindung mit Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 —, Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 7/5038 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 7/5053 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 7/5057 — Dr. Becker (Mönchengladbach) CDU/CSU . 17034 B Dr. von Bülow SPD 17035 A Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . . 17043 B Kirst FDP 17050 C Dr. Apel, Bundesminister BMF . 17058 C, 17122 B Strauß CDU/CSU 17068 B Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 17080 D Dr. Häfele CDU/CSU 17092 A Frau Huber SPD 17099 A Frau Funcke FDP . . . . . . . . . 17105 A Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17107 D Bremer CDU/CSU 17109 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 Dr. Böhme (Freiburg) SPD 17111 D Schinzel SPD 17113 C Wohlrabe CDU/CSU 17115 B Dr. Dübber SPD 17118 A Dr. von Bülow SPD . . . . . . . . 17118 D Pieroth CDU/CSU 17119 A Frau Renger, Präsident . . . . . . . 17076 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 7/5039 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1976 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1976) — Drucksache 7/4513 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/5135 — Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . . 17123 C Dr. Ehrenberg SPD 17126 C Dr. von Bismarck CDU/CSU 17131 B Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 17134 D, 17145 B Höcherl CDU/CSU . . . . . . . . . 17141 B Frau Dr. Glotz-Martiny SPD 17145 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 7/5042, 7/5085 — in Verbindung mit Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/5043 — Müller (Nordenham) SPD 17148 A Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU . 17150 C Ollesch FDP 17153 A Dr. Jobst CDU/CSU 17157 D Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 17161 C, 17179 B Lemmrich CDU/CSU . . . . . . . . 17168 C Wrede SPD 17170 B Dr. Dollinger CDU/CSU . . . . . . . 17172 C Wuttke SPD 17174 C Hoffie FDP 17176 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 7/5044 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 7/5055 — 17180 A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 7/5051 — in Verbindung mit Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann, Hoffie, Dr. Graf Lambsdorff, Frau Schuchardt, Kern, Wolfram (Recklinghausen), Flämig, Dr. Jens, Kaffka, Dr. Lohmar, Reuschenbach, Scheu, Schwedler, Stahl (Kempen) und der Fraktionen der SPD, FDP betr. rationelle und sparsame Energieverwendung und zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Haenschke, Konrad, Schäfer (Appenweier), Dr. Ehrenberg, Junghans, Kern, Liedtke, Reuschenbach, Dr. Schäfer (Tübingen), Dr. Hirsch, Dr. Wendig, Kleinert, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Graf Lambsdorff, Zywietz und der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 7/4600, 7/4607, 7/4948 — . . 17181 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 7/5052 — 17181 D Nächste Sitzung 17182 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17183* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 17033 242. Sitzung Bonn, den 13. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 240. Sitzung, Seite 16922 C, Zeile 24, ist statt „einer Gegenstimme" zu lesen: „zwei Gegenstimmen" ; 241. Sitzung, Seite 17026 C, Zeile 2, ist statt „3,3 Millionen DM" zu lesen: „3,3 Millionen Bürger". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Frau von Bothmer ** 13. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Dr. Enders ** 13. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14. 5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lange * 14.5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lenzer ** 13. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Müller (München) ** 13. 5. Müller (Remscheid) 13. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14. 5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Suck * 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Wende 21.5. von Wrangel 13. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Philipp von Bismarck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, ich möchte es nicht tun. Sie haben mir ja gesagt, daß meine Zeit dadurch verkürzt wird.
    Sie nähren unten einen emotionellen Klassenkampf

    (Möllemann [FDP] : Was heißt „unten"?)

    mit der Gegenüberstellung: hier Arbeit, dort Kapital; hier Arbeiter, dort Unternehmer; hier Gute, dort Böse.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Hier Entspannung, dort kalter Krieg!)

    Sie fördern indirekt, aber nicht immer unbewußt die gefühlsmäßige und politische Diffamierung des Gewinns als Profit, als böse, weil angeblich nur im Interesse der Kapitalisten.
    Meine verehrte, charmante Kollegin Antje Huber, hat das vorhin ja bezeugt. Sie sagt: Gewinn, den man erzielt, um ihn einigen wenigen, manchmal denjenigen, denen das Unternehmen gehört, irgendwie zugute kommen zu lassen, ist etwas ganz anderes, als wenn der Staat Steuern einnimmt. Sie sagt: Der will nämlich keine Gewinne erzielen; das ist der Unterschied: Wir wollen keine Gewinne erzielen. Hier kommt unbewußt zum Ausdruck, daß Gewinn bei Ihnen einen sehr niedrigen Rang hat.



    Dr. von Bismarck
    Und dies ist natürlich die Folge einer vorausgehenden Unklarheit, die Sie mit dem Wort „Sozialismus" geschaffen haben und zu unserem und Ihrem Unglück weiter erhalten.
    Ich weiß, daß Sie das nicht gerne hören, aber wir sind nun einmal im Wächteramt

    (Möllemann [FDP]: Nachtwächteramt!)

    und können es Ihnen nicht ersparen, daß Sie diese Sache endlich in Ordnung bringen. Und wir wissen ja sehr wohl, daß es unter Ihnen sehr viele gibt, die diese Frage genauso ernst nehmen wie wir.
    Sehen Sie, ich lese im Orientierungsrahmen, Herr Ehrenberg, daß Sie sagen:
    Eine Wirtschaftsordnung, die auf der einzelwirtschaftlichen Verfügung über die Produktionsmittel, auf der Marktkonkurrenz beruht, orientiert ihre Produktion nicht unmittelbar an den Bedürfnissen der Menschen nach bestimmten Gütern und Dienstleistungen, sondern prinzipiell an der gewinnbringenden Verwendung des eingesetzten Kapitals durch Befriedigung der vorhandenen kaufkräftigen Nachfrage.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Na und?)

    Dies ist ein Irrtum. Hier wird so getan, als ob der Gewinn das Steuerrad wäre. Herr Ehrenberg, Sie wissen, daß das die Verwechslung von Steuerrad und Hydraulik ist. Der Gewinn zwingt — wie die Hydraulik den Damen das Lenken des Wagens erleichtert — den Unternehmer, auf die Marktsignale zu achten; sonst brauchte er das gar nicht. Ihre Darstellung ist die Darstellung marxistischer Spätüberlegungen und soll mit dazu dienen, den Gewinn in die Ecke zu bringen, daß man ihn eigentlich nicht haben darf. Die verschämten Äußerungen der letzten Zeit insbesondere aus dem sozialdemokratischen Lager, daß man den Gewinn nun doch wieder braucht, können hier einfach nicht überzeugen.
    Wer dem Gewinn als dem Vater der Investitionen nicht traut, der ist genau auf dem Wege, den Sie geschildert haben, nämlich auf dem Wege, in Wirklichkeit die Arbeitslosigkeit zu programmieren. Die Arbeitslosigkeit ist doch die Folge der zu geringen Investitionen,

    (Beifall bei der CDU/CSU) und genau das haben Sie hier vorgebracht.


    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Wer dem Markt als Einrichtung nicht traut, mißtraut im übrigen auch der Freiheit.

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Sehen Sie, wenn man sich die Preissignale nicht als die eigentlichen Steuerleute vorstellen kann, muß man den Wunsch haben, durch Investitionskontrolle und schärfere Mittel in den Markt einzugreifen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Und daß das nicht erfunden ist, daß das ständig von Ihren Freunden gesagt wird, können Sie aus einigen Zitaten ersehen. Herr Vetter, kein Geringer in unserem Staat, sagt:
    Wir müssen radikal brechen mit den bislang unsere Wirtschaft und Gesellschaft beherrschenden Prinzipien des privaten Gewinns.
    Und Herr Loderer fügt hinzu:
    Die Marktwirtschaft ist mit ihrer Scheinrationalität nicht in der Lage, den öffentlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Sie räumt den partikularen Interessen Vorrang ein gegenüber dem allgemeinen Interesse. Wo aber die Gewinnmaximierung zum ökonomischen Leitbild und zum bestimmenden Faktor des Wirtschaftens erhoben wird, kommen die Gemeinschaftsaufgaben zu kurz, rangiert das Menschsein hinter den Profiterwartungen einer Minderheit. Wir wollen eine geplante Wirtschaft.
    Herr Ehrenberg, um es noch deutlicher zu sagen: Herr Hensche, der eben im Druckerstreik eine Rolle gespielt hat, sagt in der Schrift „Mitbestimmung jetzt — keine halben Sachen" vom Frühjahr 1973:
    Wir müssen feststellen, daß die Gesetze des Marktes, das Spiel von Angebot und Nachfrage in weiten Bereichen nicht mehr existieren.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Wollen Sie das bestreiten?)

    Nur in den Gebetsmühlen der bezahlten Propheten der Marktwirtschaft, der Unternehmensverbände, der bürgerlichen Presse und mancher Professoren
    — passen Sie auf, was jetzt kommt —
    fristet sie noch ein Leben nach dem Tode. (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Ich lese Ihnen das vor, damit Sie nicht meinen, die sozialistischen Töne seien etwa ausgestorben.
    Ich meine, daß die Verwechslung dieser beiden Dinge, nämlich „soziale Demokraten" — —

    (Zuruf von der SPD: Sie treiben schon den Kollegen Schmidt aus dem Saal!)

    — Ja, der Sozialdemokrat kann auch gehen; der braucht das nicht zu wissen. Aber es gibt andere, denen Sie das sagen müßten, denn sie sind ja diejenigen, die diese Vermischung vornehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Hensche sagt in der „Zeit" der vorigen Woche:
    Für mich sind drei Elemente wesentlich, erstens
    eine Mitbestimmung nach dem Montan-Muster,

    (Zuruf von der SPD: Die haben wir doch!)

    zweitens die Investitionslenkung mit verbindlichen Auflagen und Festlegungen und drittens eine volkswirtschaftliche Planung mit Sozialisierung der Schlüsselindustrien. 100 Konzerne genügen.
    Meine Damen und Herren, wenn Sie das nicht überzeugt, daß das sozialistische Konzept in Ihren Reihen eine Rolle spielt, dann weiß ich nicht, was Sie



    Dr. von Bismarck
    mit der Wirklichkeit anfangen, die Sie ja ständig sehen.

    (Möllemann [FDP] : Nun fangen Sie mal langsam mit Herrn Blüm und Herrn Katzer an!)

    Nun lassen Sie mich diese Zusammenhänge anwenden auf die Wirtschaftspolitik, die Sie gemacht haben. Ich erinnere Sie an das Frühjahr 1970. An der Wende vom Februar zum März waren diejenigen, die marktwirtschaftlich denken, sich bewußt, daß gebremst werden mußte. Sie waren sich dessen bewußt, daß das Stabilitätsgesetz anzuwenden war. Die Kernmannschaft der sozialistischen Gruppe in Ihrem Lager hat das damals verhindert.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Was ist denn das für eine Legende?)

    Sie haben erst am 7. Juni angefangen. Sie haben die Bundesbank alleingelassen. Der Diskontsatz wurde von 6 auf 7,5 % erhöht.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schachtschabel [SPD])

    Die Zinsen gingen nach oben, die Bremse wurde angezogen. Das war der erste Augenblick, in dem unsere Währung durch Einströmen von fremdem Geld in Gefahr gebracht wurde.
    Sehen Sie, alle diese Entscheidungen, die Sie dann getroffen haben, haben den gleichen Mangel gehabt.

    (Lachen bei der SPD)

    Als Sie sich endlich im Sommer 1973 entschlossen, zu bremsen, haben Sie wiederum aus Furcht vor der richtigen Lösung, nämlich eine allgemeine Dämpfung herbeizuführen, die Investitionsbremse betätigt und damit die Investitionen zurückgedrängt. Die Folgen dieser Handlungsweise sehen wir jetzt.
    Herr Ehrenberg, was Sie vorhin verniedlicht haben, ist genau der Grund dafür, daß wir eine Arbeitslosigkeit haben, die wir „strukturell" nennen müssen und die wir wahrscheinlich so schnell, wie wir das alle wünschen, nicht beseitigen können. Ich möchte das deswegen in diesen Zusammenhang bringen, damit Sie sich darüber klar sind, daß die Kontroverse, die Sie im Augenblick unter sich austragen, und zwar an vielen Stellen und nicht nur in München, bei Ihnen konkrete Folgen gehabt hat und der eigentliche Grund dafür war, warum Sie trotz hohen Sachverstands in Ihren Reihen nicht handeln konnten, wie Sie hätten handeln sollen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

    Ich will Ihnen zwei unverdächtige Zeugen dafür nennen. Als der Herr Möller zurücktrat, hat er sich genauso klar über die Situation geäußert wie der Herr Schiller.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Wer ist das? — Dr. Ehrenberg [SPD] : Der Friedrich von?)

    Als Herr Schiller zurücktrat, sagte er: „Ich bin nicht bereit, eine Politik zu unterstützen, die nach außen den Eindruck erweckt, die Regierung lebe nach dem Motto ,Nach uns die Sintflut". Als Herr Möller zurücktrat, sagte er: „Worum es mir ging, ist die Hoffnung, daß mein Schritt dazu beitragen wird, eine
    Haushaltsführung zu sichern, die auf den Pfeilern der Stabilität und Solidität ruht."
    Meine Herren, die Zeit drängt mich, früher zum Ende zu kommen. Aber ich möchte doch festhalten: Das, was Sie in der Frage „Sozialismus oder Freiheit?" angeht und was Sie entscheiden müssen, ist, ob Sie Markt wollen oder Marx,

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Das ist unter Ihrem Niveau!)

    oben Markt und unten Marx, Markt hier und Marx an der Front des Wahlkampfs.

    (Zuruf des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

    Alle diese bisherigen Erscheinungen, die wir haben, zeigen, daß Sie vor der Emotion, die unten erzeugt wird, Ihr Schiff im Winde fahrenlassen und nur hier das Gesicht der Marktwirtschaft zeigen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Genau das ist der Punkt, um den es geht. Sie sollten es sich nicht zu leicht machen und nicht so tun, als wäre es eine Anklage an die sozialen Demokraten. Es ist eine Ermahnung an diejenigen, die Augen haben, zu sehen, daß in ihren Reihen die Gefahr besteht, den Sozialismus zu verharmlosen, Bündnisse einzugehen, wo Sie Europa gefährden, und die junge Mannschaft in dem Irrtum zu lassen, daß sie wählen könne zwischen Markt und Marx, ohne dabei Freiheit oder Unfreiheit zu wählen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Sehr schwach!)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister Dr. Friderichs.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Ich hatte ursprünglich geglaubt, wir könnten hier eine vertiefte wirtschaftspolitische Debatte über den Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums führen.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Der Berichterstatter hat die Probleme dieses Haushalts auch dankenswerterweise in die Debatte eingeführt; aber es scheint anders beabsichtigt zu sein. Ich kann feststellen: Wir haben soeben einen wirklich konservativen Redner gehört, was man daran sieht, daß er sich mit einem Thema beschäftigt hat, mit dem sich seine Vorfahren schon beschäftigt haben, nämlich mit den Sozialisten,

    (Heiterkeit — Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU)

    und nicht mit den Fragen der Wirtschaftspolitik.

    (Gallus [FDP] : Als Vorsitzender des CDUWirtschaftsrates! — Jäger [Wangen] [CDU/ CSU] : Länger, als Sie glauben!)

    Ich hatte ursprünglich die Absicht, den Versuch zu machen, unsere jetzige Lage noch einmal in einen größeren Zusammenhang zu rücken; aber lassen Sie mich das angesichts der fortgeschritte-



    Bundesminister Dr. Friderichs
    nen Stunde bitte nur in Stichworten machen. Bei der jetzigen Lagebeurteilung, wohl auch einschließlich der Beurteilung des Ausblicks, hätte man einen Rückblick machen sollen; aber der Vormittag hat bereits im wesentlichen der Vergangenheitsbewältigung auch auf wirtschaftlichem Gebiet gedient. Ich nenne nur noch einmal die Stichworte, wie Weltwährungskrise, Welterdölkrise und Weltrezession, die einfach in diesem Zusammenhang zu sehen sind, einschließlich der daraus in der Bundesrepublik Deutschland gezogenen Konsequenzen.
    Lassen Sie mich zu der Rede des Abgeordneten Dr. Strauß nur in einem Punkt sagen, daß ich nicht glaube, daß diese Auffassung zutrifft. Er sagte heute vormittag — ich zitiere wörtlich einen einzigen Satz —:
    Bis zum Herbst 1973 gibt es überhaupt keine Ausrede: weder das Weltwährungssystem noch eine Ölkrise noch etwa eine weltweite Rezession.
    Er meinte das für die ökonomische Entwicklung, insbesondere für die inflationären Erscheinungen in der westlichen Welt und bei uns. Ich bin in diesem Punkt schlicht und einfach anderer Meinung; denn nach meiner Auffassung war es genau bis zum Frühjahr 1973 nicht möglich, die erforderlichen stabilitätspolitischen Maßnahmen — ich betone „die erforderlichen", denn es waren welche möglich — hier einzuführen, und zwar ganz einfach deswegen, weil das System von Bretton Woods uns damals wegen einer Reihe von Ungleichgewichten eine Fülle von Problemen an der Währungsfront in das eigene Land hineingeschwappt hat, gegen die wir uns bei dem damaligen System fester Wechselkurse

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Dem Herr Strauß nachtrauert!)

    nicht in der Form wehren konnten, wie es nötig gewesen wäre. Die Bundesbank und der Sachverständigenrat haben dann auch bestätigt, daß wir danach bei freien, schwankenden oder sich frei bildenden Kursen die erforderlichen stabilitätspolitischen Maßnahmen sehr wohl ergriffen hatten.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Diesen Faktor würde Strauß auch nicht leugnen!)

    Nun kann man lange darüber diskutieren — auch das ist heute morgen angeklungen —: hat man rechtzeitig versucht gegenzusteuern, als die rezessiven Tendenzen sichtbar wurden? Man wird immer über den Zeitpunkt streiten können. Ich könnte mit einer Fülle von Zitaten aus den Oppositionsparteien auch beweisen, daß innerhalb der Oppositionsparteien permanent darüber gestritten wurde. Ich zitiere nur wenige. Herr Stoltenberg sagte am 2. Dezember 1973: Notwendig ist eine sofortige regionale Lockerung des Restriktionskurses. Er sagte am 3. Mai 1974 — derselbe Redner wohlgemerkt —, das verspätet eingeleitete Stabilitätsprogramm sei bereits im Dezember wieder außer Kraft gesetzt worden, ohne daß Wirkungen erkennbar geworden seien. Derselbe sagt also erst: zu früh gelockert, dann: zu spät gelockert. Ich könnte diese Äußerungen beliebig fortsetzen. Herr Biedenkopf sagte am 13. April 1974: Die Regierung hat im Dezember mit ihren Lockerungsbeschlüssen falsche Signale gesetzt. Heute morgen hat man uns vorgeworfen, wir hätten die Rezession im eigenen Lande durch eigenes Zutun verschärft, und hier wurden wir kritisiert, weil wir im Dezember die stabilitätspolitischen Entscheidungen des Frühjahrs korrigiert haben.
    Ich gebe offen zu, daß wir in der Bundesregierung lange darüber diskutiert haben, ob wir es tun sollten oder nicht. Wir waren uns nämlich nicht ganz sicher, wie sich der Erdölschock auswirken würde; denn wir hatten kein statistisches Erfahrungsmaterial. Wir fürchteten aber, daß die Vervielfachung dieses wichtigen Preises dazu führen würde, daß weltweit ein Abschwung eintreten könne, und dann wollten wir allerdings unseren eigenen restriktiven Kurs sehr schnell auflockern, um wenigstens im Inland eine gewisse Gegenbewegung in Gang setzen zu können. Wir sind wegen der Maßnahmen, die ergriffen worden sind — ich denke an die ganzen Sonderprogramme etc. —, hier ja auch hinreichend kritisiert worden.
    Lassen Sie mich vorab nur einen Punkt erwähnen. Der Herr Berichterstatter hat — nicht im Rahmen der Berichterstattung, aber danach — auch Kritik geübt oder jedenfalls kritisch angemerkt, daß das erste Sonderprogramm vom Frühjahr 1974 so, wie die Bundesregierung es ausgeführt habe, mit Art. 104 a GG nicht vereinbar sei und daß das Bundesverfassungsgericht auch entsprechend negativ, wenn Sie so wollen, über meine Tätigkeit entschieden habe. Lassen Sie mich dazu nur folgendes sagen. Das ist richtig: dieses Urteil ist ergangen. Wir hatten bis zu diesem Termin keinerlei Erfahrung in der Abwicklung von Konjunkturprogrammen, bei denen die Gemeinden unmittelbar Mitwirkende sein sollen. Dies hielt ich allerdings aus konjunkturpolitischen Gründen für erforderlich;

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    denn wir wußten, daß die Gemeinden diejenigen waren, die, jedenfalls mehr als der Bund und, wie sich nachträglich herausgestellt hat, auch mehr als die Länder durchführungsreife Projekte in den Schubladen hatten, die ausschließlich an der Finanzierung hingen, z. B. im Bereich Abwasser, Trinkwasserversorgung und auch Müllbeseitigung, um nur drei Umweltbereiche zu nennen. Wir sind daraufhin, nach Diskussionen im Konjunkturrat und in der Konferenz der Wirtschaftsminister der Länder, zu diesem Verfahren gekommen. Wir haben das Programm abgewickelt. Der Freistaat Bayern hat geklagt. Ich lege nur Wert auf die Feststellung, daß schon das zweite Konjunkturprogramm — ohne vorliegendes Urteil — im Einvernehmen so ausgestaltet worden ist, daß es mit Art. 104 a GG vereinbar war.
    Ich persönlich bin gar nicht traurig, daß geklagt worden ist; denn dieses Urteil gibt uns jetzt eine sichere Basis bei eventuellen Programmen, bei denen Bund, Länder und Gemeinden — das ist ja das Problem — unmittelbar zusammenwirken. Denn wir werden auch in Zukunft, meine Damen und Herren, Konjunkturpolitik erfolgreich nur treiben kön-



    Bundesminister Dr. Friderichs
    nen, die Konjunktur nur dann ankurbeln können, wenn wir auch die Kommunen in die Investitionsmaßnahmen einbeziehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich glaube, das war von der Sache her richtig. Daß wir dies verfassungsgemäß machen wollen, halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Wichtig war, daß es schnell gewirkt hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Da kommt der Zwischenruf: Über die Länder oder direkt? Seien wir doch ganz ehrlich: Je mehr Instanzen mit je mehr differenzierten Wünschen Sie darin haben, desto schwieriger ist die Anforderung an die Geschwindigkeit zu erfüllen. Wir werden diesen Preis unserem föderativen Staat zahlen; denn ich meine nach wie vor, daß der Föderalismus diesen Preis wert ist. Wenn ich die Situation in den Nachbarländern sehe, komme ich erst recht zu dieser Auffassung. Man muß aber sehen, daß es dann eben nicht immer einfach ist, elf Ländermeinungen und eine Bundesmeinung in Übereinstimmung zu bringen, insbesondere dann — wie beim letzten Programm —, wenn es Übereinstimmung zwischen den Gemeinden und dem Bund in der Sache gibt, die Länder aber eine andere Auffassung haben. Wir mußten es dann entsprechend machen.
    Wir sind dann kritisiert worden wegen einer, wie ich meine, sehr entscheidenden Maßnahme: wegen der Investitionszulage. Sie erinnern sich an die Diskussionen in diesem Hohen Hause. Sie wissen, was uns alles vorgeworfen worden ist. Hier genügen wenige Bemerkungen. Der Abgeordnete Katzer sagte am 26. Juni 1975, die 7 Milliarden DM hätte man sich schenken können — so sagte er wörtlich —, und der Bundesvorstand der CDU sagte: Derartige Maßnahmen sind nur vertretbar, wenn sie auf strukturpolitisch bedingte Aufgaben begrenzt werden. Ich betone: begrenzt werden.

    (Zurufe von der SPD)

    - Diese Frage wäre auch noch zu untersuchen. — Hätten wir die Konjunkturprogramme auf Strukturprogramme allein begrenzt, dann — das versichere ich Ihnen — stünden wir heute nicht da, wo wir stehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Daß wir eine strukturelle Komponente hineinnahmen, ist doch eine Selbstverständlichkeit. Daß wir im wesentlichen Bauinvestitionen gefördert haben, weil hier der Einbruch am tiefsten war, ist doch klar. Daß wir die Mittel regional nach der Arbeitslosenquote verteilt haben, ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit. Deswegen aber, meine Damen und Herren, sind wir am Ende kritisiert worden. Wir wurden in Baden-Württemberg von Herrn Filbinger landauf, landab kritisiert, weil wir als Bemessungsgrundlage die Zahl der Arbeitslosen genommen hatten und der Meinung waren, daß bei beschäftigungspolitischen Programmen dieser Zahl eine bestimmende oder mitbestimmende Rolle im Interesse der Menschen zukomme.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Aber gut, lassen wir den Streit, ob das richtig oder falsch war! Alle Maßnahmen — ich sage: alle — sind im Plenum und auch in der Öffentlichkeit kritisiert worden, allen Maßnahmen aber hat die Opposition am Ende zugestimmt. Man darf dann wohl auch fragen, wie wir heute dastehen.
    Meine Damen und Herren, die neueste Schätzung, die zu Beginn dieser Woche im interministeriellen Arbeitskreis fertiggestellt worden ist, ergibt, daß wir die Zahlen des Jahreswirtschaftsberichts zu korrigieren haben. Wir können nach den Schätzungen des interministeriellen Arbeitskreises in diesem Jahr mit einem realen Wachstum des Bruttosozialprodukts von gut 6 % in der Bundesrepublik Deutschland rechnen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Nach dieser neuesten Schätzung, meine Damen und Herren, würden die Bruttoanlageinvestitionen der deutschen Wirtschaft um real 8 bis 9 °/o steigen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Damit ist, meine Damen und Herren, genau das Ziel erreicht, das wir von der sozialliberalen Koalition vom ersten Konjunkturprogramm an als mittelfristiges Ziel angepeilt haben. Ich sage ganz klar: Das reicht mittelfristig noch nicht, weil wir das Niveau früherer Investitionsperioden noch nicht erreicht haben. Aber nun seien Sie doch bitte auch einmal — so darf ich es einmal sagen — so freundlich und geben zu: 8 bis 9 % Zunahme

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Geschätzt!)

    der Bruttoanlageinvestitionen ist jedenfalls nicht der Beweis für ein totales Mißtrauen in die Stabilität der Bundesrepublik Deutschland, einschließlich der Regierung.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn ich mir die anderen Länder anschaue in ihrer Wachstumsrate, wenn ich sie mir anschaue in ihrer Preisrate, frage ich mich ohnehin: Wo leben wir denn eigentlich? Wenn man draußen ist und nach Hause kommt, stellt man das sehr schnell fest. Der Kollege Four-cade, in Nairobi getroffen, unterhielt sich mit mir darüber, nicht er allein. Es gibt doch praktisch kein wichtiges Industrieland der westlichen Welt, das nicht zugibt, daß die Vereinigten Staaten von Amerika und die Bundesrepublik Deutschland die Führungsrolle im konjunkturpolitischen Zug übernommen haben

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Straßmeir [CDU/CSU]: Das ist ja ganz was Neues!)

    — das ist doch einfach ein Faktum, meine Damen und Herren —, und dies, obwohl es kein Land gibt, das in einem so extremen Ausmaß vom Export abhängig ist wie wir. Fast ein Viertel unseres Sozialprodukts geht in die Welt. Wenn die Weltnachfrage nicht funktioniert, fehlt eben ein großes Nachfragevolumen — anders als in Amerika, wo ganze 6 bis 7 % ins Ausland gehen. Wir haben auch dies, meine Damen und Herren, überstanden. Ich finde, wir sollten gegenüber der internationalen Öffentlichkeit und insbe-
    Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Mai 1976 17137
    Bundesminister Dr. Friderichs
    sondere gegenüber der Europäischen Gemeinschaft unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Wir sind das einzige Land gewesen, das mitten in der Rezession seine Importquote erhöht und damit einen Beitrag zur Beschäftigung und Stabilisierung in Europa geleistet hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Was soll hier die ganze Diskutiererei über Sozialismus! Das sind doch die Fakten!

    (Gallus [FDP] : Jawohl, die müssen uns loben!)

    Ich wünschte, es wäre in allen Ländern so wie in unserem, auch in dem Land, in dem Christdemokraten die Regierung stellen. Ich habe auch das Gefühl, daß die Auswanderungslust der deutschen Unternehmer nicht gerade zugenommen hat, im Gegenteil: Ich spüre, daß ausländische Investoren diese Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer inneren Stabilität — ich meine jetzt nicht nur die ökonomische — nach wie vor als eines der interessantesten Investitionsländer der Welt empfinden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir sind offen für diese Entwicklung, und wir lassen sie bei uns investieren.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Eines der interessantesten Investitionsländer trotz dieser Bundesregierung, nicht wegen!)

    — Herr Abgeordneter aus meinem Wohnsitz Mainz, es steht Ihnen frei, zu bemerken: „trotz dieser Bundesregierung, nicht wegen". Ich verstehe, daß Ihnen diese Bundesregierung nicht gefällt, weil Sie sie selbst stellen wollen. Das ist natürlicher Wettbewerb. Versuchen Sie es doch am 3. Oktober. Sie haben es 1969 versucht, Sie haben es 1972 versucht
    — warum denn nicht ein drittes Mal? Die Wähler werden das doch alles entscheiden.
    Nur habe ich nicht den Mut, heute schon zu sagen, wie sie entscheiden werden. Ich wundere mich, daß manche das so genau wissen. Im Sommer 1972 haben es auch mache gewußt, wurden allerdings im November 1972 eines besseren belehrt. Jedenfalls macht mich eines stutzig, Herr Gerster, nämlich daß, nachdem Sie zwei Jahre lang die Wirtschaftspolitik in den Mittelpunkt Ihrer Attacken gegen die Regierung gerückt haben,

    (Gallus [FDP] : Jawohl!)

    plötzlich Herr Biedenkopf sagt, das sei in der Wahlkampfzeit gar kein wichtiges Thema mehr.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Das hat er gesagt, vor 14 Tagen etwa. — Natürlich ist es für Sie kein wichtiges Thema mehr. Warum? Weil Sie einfach anerkennen müssen, daß mittlerweile 6 % reales Wachstum, Zunahme der Investitionen, Rückgang der Arbeitslosigkeit und — was ich prophezeit habe - ein überproportionaler
    Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit zu verzeichnen sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Pfeifer [CDU/CSU] : In bezug auf die Jugendarbeitslosigkeit sagt der Herr Rohde immer noch das Gegenteil! — Dr. Jenninger [CDU/ CSU] : Das haben alles Sie gemacht!)

    Wir sollten froh darüber sein. Und ich frage mich, ob Ihre permanente Kritik an den Zuständen in der Bundesrepublik den Menschen, die einen Arbeitsplatz suchen, nutzt oder schadet. Das müssen Sie sich auch einmal selber überlegen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich gebe zu, daß damit bei weitem nicht alle Probleme gelöst sind,

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Das kann man wohl sagen!)

    daß wir mittelfristig eine ganze Reihe von Strukturfragen vor uns haben; denn, meine Damen und Herren, das, was wir jetzt erlebt haben, ist eben nicht nur Konjunktur.

    (Zuruf von der CDU 'CSU)

    - Aber natürlich, wenn Sie ein Land haben, daß zu den Höchstlohnländern der Welt zählt und daß damit zu den Ländern mit dem höchsten Wohlstand der Welt zählt, dann ist es doch wohl eine Selbstverständlichkeit, daß Sie dann Strukturprobleme in lohnintensiven Bereichen mit der Fertigung einfacher Güter haben. Oder glauben Sie, das hänge davon ab, wer hier gerade an dieser Stelle steht, ob es ein Christlicher Demokrat, ein Sozialdemokrat oder ein Liberaler ist? Darauf kommt es doch gar nicht an. Das sind doch natürliche Entwicklungen im Weltprozeß und im Weltmarkt. Wir sind offen für diese Dinge.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wenn ich in Nairobi gesagt habe, unser Angebot an die Entwicklungsländer müßte eine Integration dieser Länder in die Weltwirtschaft -- nicht eine neue Weltwirtschaftsordnung — sein und dies heißt eine Öffnung unserer Märkte für deren Produkte, dann bedeutet das permanenten Strukturwandel. Das weiß doch auch jeder Unternehmer. Sie richten sich auch darauf ein. Das sollte hier einmal deutlich gesagt werden.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Das müssen Sie doch aber tun!)

    -- Natürlich tun wir es, Herr Todenhöfer. Wir sehen uns ja, wie ich hoffe, in Kürze in Kenia wieder. Da können wir uns dann sehr gerne und sehr lange darüber unterhalten. Wir sind in Brüssel diejenigen — das nehme ich für mich in Anspruch —, die bei der Liberalisierungsdebatte über die Importe die führende Rolle gespielt und nicht gebremst haben. Das läßt sich doch wohl unter Beweis stellen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Aber, verehrter Herr Todenhöfer, eins kann ich Ihnen sagen: Wenn ich die Anfragen aus Ihrer Fraktion zum Thema Importe sehe, dann sind sie alle miteinander in der Tendenz restriktiv. Das werden Sie mir auch zugeben müssen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)