Rede von
Dr.
Ulrich
Dübber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eben noch einmal den Herrn Bundesfinanzminister nach den Meinungsverschiedenheiten über den Swing gefragt, die es da angeblich zwischen Bundesregierung und Bundesbank geben soll. Er hat mir gesagt, dies sei nicht der Fall. Damit stellt sich also die Frage nach der Glaubwürdigkeit gleich in einem ganz anderen Zusammenhang. Ich meine, es kann zu dieser Stunde, zu der wir zu einem bestimmten Haushaltsplan kommen wollen, nicht unsere Aufgabe sein, uns im einzelnen über Zahlen aus einer Kleinen Anfrage und ihrer Beantwortung zu unterhalten.
Ich will auf die politischen Möglichkeiten in den Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten abstellen, die sich auch finanziell niederschlagen, mit anderen Worten, ich will die politische Frage nach der Zweckbindung erörtern. Herr Wohlrabe sagte hier, wenn man länger verhandelt hätte, wenn man mehr Atem gehabt hätte, so hätte man auch mehr erreichen können. Das hört sich alles ganz schön an. Jenes „hätte man" ist aber immer vor dem Hintergrund der Frage zu sehen, wie lange die CDU/CSU Gelegenheit gehabt hätte, ihren langen Atem in Verhandlungen mit der DDR zu beweisen.
Nun, davon hat sie keinen Gebrauch gemacht. Sie sagt uns jetzt, daß wir dies zu tun haben.
— Herr Mertes, politische Leistungen sind sehr wohl erbracht worden. Stellen Sie sich heute an die Grenze oder fahren Sie im Transitverkehr nach Berlin. Dann merken Sie, was die politische Leistung ist. Das ist an manchen westlichen Grenzübergängen anders.
Die CDU/CSU hat die Transitpauschale im Haushaltsausschuß abgelehnt. Ich will in aller Nüchternheit sagen, was wäre, wenn die Mehrheit so gehandelt hätte, wie die Opposition es getan hat. Dies würde bedeuten — das kann man in aller Nüchternheit und ohne Übertreibung feststellen —, WestBerlin in den Status des kalten Krieges zurückzuversetzen.
Dann kassiert die DDR nämlich ihre 5 Mark wieder einzeln von jedem Kraftfahrer auf der Autobahn von Berlin nach Helmstedt.
— Herr Wohlrabe, ich würde Ihre Frage gern beantworten, aber ich bitte Sie, daran zu denken, daß
wir zum Schluß kommen wollten. — Schönen Dank!
Dann würde die DDR die 5 Mark also wieder einzeln auf der Straße von Berlin nach Helmstedt oder auf den anderen Transitstraßen kassieren. Das würde bedeuten, daß die Westberliner wieder in einem sehr umständlichen Verfahren an den Grenzübergängen Schlange stehen müßten. Sie müßten
erst an einen Bankschalter treten und müßten 5 Mark in 5 Mark (Ost) umwechseln. Im Rahmen dieses bürokratischen Verfahrens müßten sie dann an einen anderen Schalter gehen und dort die Straßenbenutzungsgebühren einzahlen. So ist das ganze 20 Jahre gelaufen. In dieser Zeit sind auf diese Weise mehrere Milliarden von der DDR kassiert worden. Sie hat dieses Geld in alles mögliche gesteckt, sicher auch in uns sehr unangenehme Vorhaben. Sie hat dieses Geld nicht für den Ausbau der Straßen verwendet.
Es wäre also zu erwarten, daß die Wartezeiten für den einzelnen sich wieder um Stunden verlängern.
— Das ist kein Greuelmärchen, das würde die Folge sein. Die DDR würde gerne das Geld bekommen, das ihr rein rechnerisch zusteht, wenn man von dem gestiegenen Verkehrsaufkommen ausgeht. Wir zahlen dieses Geld auf der Grundlage des Transitabkommens, der darauf folgenden Vereinbarungen, der innerdeutschen Regelungen und der bundesinternen Regelungen jetzt im Bundeshaushalt. Ich kann der CDU/CSU nur dies sagen: Sie hätte in über einem Dutzend von Jahren Gelegenheit gehabt, den Westberlinern wenigstens diesen Betrag — darüber hätte sie gar nicht mit der DDR zu verhandeln brauchen — abzunehmen, indem sie ihn in den Bundeshaushalt übernommen hätte. Das hat sie aber nicht getan. Die einzelnen haben bezahlen müssen. Ihre Geschichte sieht, so gesehen, sehr fragwürdig aus.
Ich meine, wir haben keine Veranlassung — das sage ich besonders als Berliner Bundestagsabgeordneter —, daran zu zweifeln, daß die Bundesregierung ihr Äußerstes getan und versucht hat, die bestmögliche Regelung zu erzielen. Die Erhöhung der Transitpauschale ist sachlich gerechtfertigt.
Daß die Bundesregierung für Berlin eintritt und daß sie auch die Zahlungen übernimmt, die nötig sind, können Sie dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen entnehmen, nach dem unter anderem wegen der Steigerung der Personalkosten der Ansatz für Berlin um 80 Millionen DM erhöht werden soll, um Berlin die Leistungen aus der Tarifrunde abzunehmen. Dies ist eine praktische, eine wirksame Hilfe im geteilten Land. Das ist positive Hilfe und nicht Lippendienst und Phraseologie.