Rede von
Antje
Huber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Darauf komme ich in einem späteren Teil meiner Ausführungen noch zurück.
— Die Ausführungen von Herrn Strauß, die ich eben zitiert habe, sind sehr grundsätzlicher Art, nämlich über den wachsenden Staatsanteil, über seine Notwendigkeit. Genau diesen wachsenden Staatsanteil haben Sie eben unserem Bundeskanzler vorgeworfen, als sei das so eine Art sozialistische Masche, die von allen Bürgern beklagt werden müsse. Das war es doch, oder nicht?
Selbstverständlich ist die Mehrwertsteuererhöhung — das wird hier gar nicht geleugnet — eine Mehrbelastung. Bei der Anhörung des Finanzausschusses in der vorigen Woche ist das auch gesagt worden. Sie wird sich im Preisniveau dort niederschlagen, wo sie überwälzt werden kann und nicht den Gewinnen entnommen werden muß. Es kann sein, daß sie mit 1,3 oder 1,4 % in das Preisniveau eingeht.
— Ich sage nur: Unter der Voraussetzung, daß die Mehrwertsteuererhöhung kommt, wird das so sein.
— Da bin ich nicht so sicher, Herr Rawe, was Sie nach der Wahl sagen.
Ich fand es sehr bemerkenswert bei der Anhörung
— und dies möchte ich hier dem Plenum nicht vorenthalten —, daß ein Vertreter der Arbeitnehmerschaft, nämlich des DGB, ein gewisses Verständnis für die Anhebung der Mehrwertsteuer zeigte, wenn auch nicht für die geplante Höhe.
Er hat gesagt: Wir haben Verständnis für den Mehrbedarf des Staates, wir wünschen aber, daß die Steuer nur um 1 % angehoben wird; wir sind gegen 2 °/o.
Das sagen diejenigen, die die Mehrwertsteuer zahlen müssen. Diejenigen, auf die die Erhöhung überwälzt wird, haben das gesagt. Die Unternehmer waren voll dagegen — —
— Sie müssen sich gerade auch als DGB-Funktionäre vor der Arbeitnehmerschaft verantworten, und das wissen sie ganz genau.
Die Unternehmer haben dagegen alle die Mehrwertsteuererhöhung abgelehnt, obwohl sie direkt oder indirekt aus der staatlichen Kreditpolitik in den letzten Jahren Nutzen gezogen haben, obwohl man ihnen dadurch über die Runden geholfen hat und viele Betriebe deshalb nicht kaputtgegangen sind, weil dem so war. Jeder in dem großen, vollbesetzten Raum hat genau gewußt, daß dies der Grund dafür war, daß wir relativ gut über die Runden gekommen sind.
Dieser Staat — das sage ich hier aus voller Überzeugung — ist ein guter Staat. Wie gern würden andere ihre Sorgen mit seinen Sorgen tauschen. Entgegen früheren Irrlehren hat er sich in der Konjunkturflaute nicht aufs Sparen verlegt, und er hat damit allen geholfen. Der Preis dafür ist nun die Konsolidierung in der wiederbelebten Konjunktur, d. h. ab 1977. Ich wünschte, man würde sich in manchen Zeiten einmal so laut und kräftig über Preiserhöhungen in der Wirtschaft unterhalten, wie dies in dem Hearing geschehen ist, z. B. über Autopreiserhöhungen. Aber dazu gibt es keine öffentliche Anhörung. Es ist ja auch kein öffentliches Geld, um das es hier geht. Dennoch sind solche Preisbeschlüsse von außerordentlichem öffentlichem Gewicht. Dieser Staat will keine Gewinne erzielen. Das ist der Unterschied: wir wollen keine Gewinne erzielen.
Das muß man dem Bürger in dieser Zeit klarmachen, in der der Staat angegriffen wird, weil er angeblich zuviel Einnahmen aus den Taschen der Bürger nimmt. Dieser Staat will das, was er einnimmt, im Dienste der Bürger wieder ausgeben.